Protokoll der Sitzung vom 05.03.2004

Verlauf des ersten Thüringer Pflegegipfels Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/4069

So weit zu den vorliegenden Anträgen. Wünscht einer der Antragsteller Begründung? Das ist nicht der Fall. Die Landesregierung hat angekündigt, zu dem Antrag in Drucksache 3/4069 die Sofortberichterstattung vorzunehmen. Dann hören wir zunächst die Berichterstattung durch die Landesregierung und kommen dann zur Aussprache. Bitte, Herr Minister Dr. Zeh.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, wir haben aus verschiedenen Gründen über die Pflege unserer älteren Mitbürger zu diskutieren. Erstens, vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung in unserem Land: Erfreulicherweise werden auch in Thüringen die Menschen immer älter. Die meisten von ihnen können ihr Alter unbeschwert genießen. Es wird aber auch eine zunehmende Anzahl hoch

betagter und pflegebedürftiger Menschen geben. Zweiter Grund: Die Bundesregierung hat die notwendigen Reformen zur Pflegeversicherung gerade erst wieder auf Eis gelegt. Ebenso wie bei der Rentenversicherung und der Krankenversicherung sind auch bei der Pflegeversicherung dringend Reformen notwendig.

(Beifall Abg. Arenhövel, CDU)

Dabei hat sich die Thüringer Landesregierung seit langem für die bessere Einbeziehung von demenzkranken Menschen ausgesprochen. Das Sonderinvestitionsprogramm für den Bau und die Sanierung von Altenpflegeheimen durch den Bund und das Land läuft ja bekanntlich im Jahr 2005 aus. Hier muss die Thüringer Landesregierung die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen, um pflegebedürftige Menschen auch zukünftig würdevoll betreuen zu können. Dies muss nicht unbedingt immer in einem Heim sein. Es gilt vielmehr und vorrangig, die ambulanten Angebote, auch neue Wohnformen usw. zu entwickeln.

Meine Damen und Herren, Anlass für die heutige Diskussion sind die festgestellten Mängel in zwei Thüringer Pflegeheimen. Als Erstes stelle ich fest: Ich möchte diese Vorgänge auf keinen Fall beschönigen, eher im Gegenteil. Es kann keinen ruhig lassen, wenn diejenigen, die sich nicht mehr selbst helfen können, die auf Hilfe anderer Menschen angewiesen sind, die auch anderen Menschen vollständig ausgesetzt sind, in der geschilderten Art und Weise vernachlässigt werden. Wenn es um die Pflege unserer älteren Mitbürger geht, haben wir alle eine sehr hohe Verantwortung. Wir haben unseren älteren Mitbürgern viel zu verdanken, daher haben sie ein Recht darauf, einen würdevollen Lebensabend zu verbringen. Aber die festgestellten Mängel allein sollten nicht der einzige Anlass sein, uns über die Pflege zu unterhalten.

Meine Damen und Herren, bei meinen Diskussionen mit Experten und mit Heimbewohnern in den letzten drei Wochen habe ich immer wieder feststellen können, dass das Niveau der Altenpflege in Thüringen insgesamt sehr gut ist. Die meisten Heimbewohner leben in neu gebauten oder sanierten Heimen, die sich auf modernstem Standard befinden. Im Vergleich zur ehemaligen DDR hat sich hier ganz Erhebliches verbessert. Auch die festgestellten Mängel in der letzten Zeit sind kein Grund, die tatsächliche Situation schlechtzureden und damit Tausende ältere Mitbürger in Thüringen zu verunsichern.

(Beifall bei der CDU)

Die bloße Statistik, soweit überhaupt Zahlen vorliegen, bildet die Lebenswirklichkeit nur sehr ungenau ab. Wer die Situation kritisch beurteilen will, der muss sorgfältig differenzieren. Pflegemangel ist eben nicht gleich Pflegemangel. Wir müssen unterscheiden zwischen pflegerischen und organisatorischen Mängeln. Des Weiteren muss beurteilt werden, wie schwer wiegend diese Mängel sind.

Es ist ein Unterschied, ob bei Kontrollen beanstandet wird, dass z.B. in einer Einrichtung zu wenig Fachliteratur vorhanden ist oder ob ein hilfloser Bewohner einen schmerzhaften Dekubitus hat. Beides sind Verstöße gegen bestehende Regelungen. Beide werden in der Statistik als Mängel gezählt. Die pauschale Aussage, dass die Pflegemängel in Thüringer Heimen immens und gravierend sind, kann so nicht gehalten werden. Die festgestellten Mängel sind eher ein Zeichen dafür, dass die Kontrollen sehr, sehr sorgfältig und genau durchgeführt werden und selbst kleinste Verstöße beanstandet werden. Ich sage ausdrücklich, das ist gut und auch richtig so. Der MDK, das sind die medizinischen Dienste der Kassen, und die Heimaufsicht haben in den letzten Jahren die Heimbesuche erheblich gesteigert. Immerhin hat die Landesregierung die Anzahl der Mitarbeiter bei der Heimaufsicht von 21 auf 30 erhöht.

(Beifall Abg. Arenhövel, CDU)

Meine Damen und Herren, es ist vielleicht so wie beim Arzt: Auch wenn Sie sich gesund fühlen, ein Arzt findet immer etwas, was behandelt werden muss. Verstehen Sie bitte das nicht falsch, ich will mit diesem Vergleich auf keinen Fall verharmlosen. Ich sage das ausdrücklich. Wenn alte Menschen in Pflegeheimen einen Schaden erleiden, dann ist das kein Kavaliersdelikt und muss mit aller Konsequenz verfolgt werden.

(Beifall Abg. Arenhövel, CDU)

Meine Damen und Herren, dies haben auch die Verantwortlichen in den genannten Einzelfällen getan. Wir haben entschlossen gehandelt und alle notwendigen Schritte eingeleitet. In den allermeisten Heimen gibt es eine ausreichende Anzahl von qualifizierten und sehr engagierten Altenpflegerinnen und Altenpflegern. Die leisten eine hervorragende Arbeit, die mit sehr viel Mühe verbunden ist. Und gestatten Sie mir, an dieser Stelle einen besonders herzlichen Dank all denjenigen Menschen auszusprechen, die im Bereich der Altenpflege in Thüringen tätig sind.

(Beifall bei der CDU, PDS)

In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle erledigen die betroffenen Mitarbeiter ihre Aufgabe sehr gut.

Meine Damen und Herren, wer es kennt, Altenpflege ist ein knochenharter Job und reich kann man dabei nun gerade auch nicht werden. Es gibt jedoch immer wieder, nicht nur bei uns in Thüringen, Einzelfälle, bei denen ein Verstoß gegen das bestehende Heimgesetz vorliegt, und auch Fälle von so genannter gefährlicher Pflege. Wenn das bei Kontrollen festgestellt wird, greifen rechtlich vorgeschriebene Maßnahmen, die auch in unseren beiden Fällen hier in Thüringen vollständig erfüllt worden sind. Es müssen die Mängel umgehend abgestellt werden und alle Maßnahmen müssen getroffen werden, damit ähnliche Fälle für die Zukunft weitestgehend ausgeschlossen

werden können.

(Beifall Abg. Arenhövel, CDU)

Meine Damen und Herren, eine absolute Sicherheit gibt es trotz all dieser Maßnahmen nicht. Aber - und das darf ich auch feststellen, das ist mir besonders wichtig - nirgendwo wird so kontrolliert wie in Thüringen. Mit dieser Aussage war sich der zuletzt stattgefundene Pflegegipfel insgesamt einig. Darauf will ich aber später noch einmal eingehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte Sie um Verständnis dafür, dass die Landesregierung Ihnen heute keinen Sofortbericht mit vielen Zahlen in dieser Angelegenheit vorlegen wird. Der Antrag der SPD-Fraktion ist erst wenige Tage alt und die hier gewünschten Zahlen liegen mehrheitlich noch nicht vor. Sie müssen teilweise durch umfangreiche Erhebungen recherchiert werden und deshalb ist eine Sofortberichterstattung zu diesem Punkt an dieser Stelle nicht möglich. Die AOK hat vorgestern in einer Pressekonferenz Zahlen vorgetragen, die derzeit von meinem Haus ausgewertet werden. Diese Daten beziehen sich jedoch nicht nur auf die Altenpflegeheime, sondern auch auf die ambulante Pflege, Krankenpflege und vieles andere mehr. Außerdem ist die AOK die zuständige Pflegekasse für etwa 70 Prozent der Betroffenen, so dass auch bei den anderen Kassen recherchiert werden muss. Aber wir sollten uns nicht nur über Zahlen unterhalten, sondern wir sollten natürlich viel mehr von den Menschen reden, um die es geht. Die Thüringer Landesregierung wird die gewünschten Daten, soweit dies möglich ist, erheben und den Abgeordneten des Landtags die Ergebnisse schriftlich mitteilen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte kurz auf den ersten Teil der Begründung des SPD-Antrags eingehen. Die über 200 Altenheime in Thüringen mit etwa 17.100 Plätzen werden regelmäßig vom MDK und der Staatlichen Heimaufsicht kontrolliert. Es muss quasi jedes Heim täglich mit einer unangemeldeten Kontrolle rechnen. Angemeldete Kontrollen sind nur im Falle der Abnahme eines Heimes notwendig. Bei diesen Kontrollen sind in der letzen Zeit zwei Heime, nämlich in Bad Klosterlausnitz und in Bad Salzungen, beanstandet worden. Dies ist nicht hinnehmbar, wie ich bereits sagte, aber auch ein Zeichen dafür, dass die sehr sorgfältig und genau durchgeführten Kontrollen funktionieren. Übrigens sind die beiden Fälle in Bad Klosterlausnitz und in Bad Salzungen nicht ohne weiteres miteinander vergleichbar; leider werden sie in der Öffentlichkeit immer in einem Atemzug genannt. Die Mängel in Bad Klosterlausnitz sind sehr viel erheblicher als in Bad Salzungen. Bei den allermeisten Mängeln in Thüringens Altenheimen sind nicht die Bewohner direkt betroffen, sondern es handelt sich in 90 Prozent der Beanstandungen um Mängel in der Pflegedokumentation, oder es handelt sich um Verstöße gegen die Heimmindestbauverordnung oder um Mängel in der Organisation. Fälle von

so genannter gefährlicher Pflege gibt es nach unserer Erkenntnis relativ selten. Nach Feststellungen der Mängel in den vergangenen Wochen wurde von den zuständigen Behörden umgehend alles Notwendige veranlasst, um diese Mängel zu beseitigen und zukünftig bestmöglich auszuschließen. In einem Fall in Bad Klosterlausnitz wurde ein sofortiger Aufnahmestopp verhängt und es wurden strenge Auflagen erteilt. Bei diesem Maßnahmekatalog gibt es genaue Rechtsvorschriften, wie verfahren werden muss. So kann z.B. ein Heim nicht ohne weiteres geschlossen werden, bevor nicht andere Möglichkeiten ausgeschöpft worden sind. Über die entdeckten Mängel hat das Ministerium die Öffentlichkeit informiert. Die Träger beider Heime haben inzwischen in der Öffentlichkeit ihre Fehler eingeräumt und eine Abhilfe in Aussicht gestellt bzw. bereits vollzogen. Die Beseitigung der Mängel wird von den Kontrollinstitutionen überwacht und es finden regelmäßig Nachschauen statt. Darüber hinaus hat sich mein Staatssekretär, Heinz-Friedrich Benner, in beiden betroffenen Heimen persönlich umgesehen und sowohl mit den Verantwortlichen als auch mit den Bewohnern gesprochen. Herr Staatssekretär konnte sich davon überzeugen, dass die Anordnungen der Heimaufsicht befolgt wurden. Durch die eingeleiteten Maßnahmen hat sich der Zustand der einzelnen Bewohner bereits gebessert. Teilweise ist der Dekubitus nicht mehr feststellbar, Dehydrierungen, also Austrocknungen, waren beseitigt, Gewichtszunahmen bei vorherigen Mangelernährungen waren zu verzeichnen. Ich wiederhole es noch einmal, dass mir mitgeteilt werden konnte, dass bei allen aufgesuchten Bewohnerinnen und Bewohnern eine Gewichtsstabilität oder Gewichtszunahme festgestellt werden konnte. Bei zwei Heimbewohnerinnen war ein Dekubitus nicht mehr feststellbar. Der Prozess der Pflegedokumentation, der Wunddokumentation und der Pflegeplanung, also um die Pflegeplanung aussagefähiger zu gestalten, wurde eingeleitet. Darüber hinaus besuchen Herr Staatssekretär Benner und ich regelmäßig die Pflegeeinrichtungen in Thüringen, so z.B. den ambulanten Pflegedienst in Nordhausen Anfang dieses Jahres oder das Richard-Zimmer-Haus in Weimar. Die langfristige Sicherung der Altenpflege ist, wie ich bereits sagte, kein aktuelles Modethema, sondern eine ständige Herausforderung, der sich alle Verantwortlichen stellen müssen.

(Beifall Abg. Arenhövel, CDU)

Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund hat die Thüringer Landesregierung zu einem Pflegegipfel eingeladen. Lassen Sie mich über die wesentlichen Ergebnisse berichten, wie dies auch im CDU-Antrag gewünscht worden ist. Teilnehmer an diesem Pflegegipfel waren die Liga der Freien Wohlfahrtspflege, die Pflegekassen, die kommunalen Spitzenverbände, die Kassenärztlichen Vereinigungen, um damit auch die Ärzte einzubeziehen, die Landesseniorenvertretung, die Heimaufsicht, der MDK und weitere Verantwortliche. Es wurde eine gemeinsame Allianz der Verantwortung besprochen. Ich sage ausdrücklich, nicht eine Allianz der Verantwortlichen, denn

das würde nur diejenigen betreffen, die beruflich mit der Altenpflege zu tun haben, wir wollen diesen Bogen weiter spannen, es soll eine gemeinsame Allianz der Verantwortung geben. Denn nur durch das Zusammenwirken aller Beteiligten kann die Sicherung der Pflegequalität auch wirklich dauerhaft gelingen. Das ist, wie ich bereits sagte, nicht nur eine Angelegenheit von Organisationen und Institutionen, sondern, meine Damen und Herren, das ist eine Angelegenheit eines jeden Bürgers. Besonders hervorheben möchte ich natürlich in erster Linie das Pflegepersonal, die Betreuer, die Heimbeiräte oder z.B. - und das ist mir ganz wichtig - die Familienangehörigen, auch die behandelnden Ärzte oder auch die Seelsorger, die ja gelegentlich in den Heimen ein- und ausgehen. Allianz der Verantwortung bedeutet, dass jeder Beteiligte sensibilisiert ist und Hinweisen nachgeht, die auf Pflegemängel schließen lassen. Die Angehörigen sind meines Erachtens eigentlich die besten Kontrolleure, denn die Angehörigen sind die regelmäßigsten Besucher ihrer Angehörigen. Die Allianz der Verantwortung stellt sozusagen ein Frühwarnsystem dar, das die notwendigen Kontrollen, die wir auch weiterhin durchführen werden, ergänzen sollen. Außerdem sprachen sich alle Beteiligten des Pflegegipfels dafür aus, die schon bestehenden Meldesysteme durch eine landesweite Vereinheitlichung der Telefonangebote benutzerfreundlicher zu gestalten. Fachleute aus dem Bereich der Pflege müssen oder sollten möglichst unkompliziert erreichbar sein, um eingehende Mängel zu bewerten, eingehende Meldungen zu bewerten und ggf. an die zuständigen Stellen weiterzuleiten. Darüber hinaus möchte ich mich an dieser Stelle auch für mehr Transparenz im Pflegebereich aussprechen.

(Beifall Abg. Arenhövel, CDU)

In Thüringen gibt es eine Fülle von verschiedenen Qualitätssiegeln und Zertifizierungen, z.B. von der AOK, vom TÜV und von anderen externen Institutionen. Diese Qualitätssiegel sind zurzeit nicht ohne weiteres vergleichbar; mit manchen sind auch hohe Gebühren verbunden. Und die verschiedenen Qualitätssiegel müssen durch eine Zertifizierung ergänzt werden, die einen gemeinsamen Mindeststandard garantiert.

(Beifall Abg. Arenhövel, CDU)

Ich biete den Trägern der Thüringer Pflegeheime und den Pflegekassen an, die Diskussion darüber zu moderieren.

Meine Damen und Herren, ein weiteres Thema des Pflegegipfels war der langfristig steigende Bedarf an Pflegekräften. Ich betone, dass die Regelungen zur Ausbildung in der Altenpflegehilfe in der nächsten Wahlperiode des Thüringer Landtags novelliert werden müssen. Das neue Altenpflegegesetz des Bundes, das am 1. August des letzten Jahres in Kraft getreten ist, regelt nur die Ausbildung der Pflegefachkräfte. Die Ausbildung der Pflegehilfsfachkräfte muss durch Landesrecht neu geregelt wer

den. Dabei ist der Dialog aller Beteiligten wichtig. Um keine Zeit in dieser Diskussion zu verlieren, soll in der nächsten Zeit eine gemeinsame Fachtagung stattfinden, um bereits erste Impulse für ein neues Landesgesetz zu sammeln. Meine Damen und Herren, weitere Themen auf einer solchen Fachtagung werden die Weiterbildung von Altenpflegekräften sowie Eckpunkte für eine Ausbildungsinitiative sein. Und wer wie die PDS einen zusätzlichen Bericht zur pflegerischen Versorgung fordert, verkennt, dass bereits eine Fülle von statistischen Erhebungen und Veröffentlichungen auf diesem Gebiet gesetzlich vorgeschrieben sind. Beispielhaft nenne ich die vorgeschriebenen Berichte auf Grundlage des SGB XI und des Heimgesetzes. Sie sehen also, dass sowohl für den Aufgabenbereich der Pflegekassen als auch der Heimaufsicht jeweils umfassende Auskunfts- und Berichtspflichten verbindlich durch Gesetze vorgegeben sind. Für eine zusätzliche weitere Berichterstattung, wie in dem Antrag formuliert, sehe ich keine Notwendigkeit.

Sehr geehrte Abgeordnete von der PDS, die Landesregierung wird den 5. Thüringer Landespflegeplan erstellen. Zurzeit werden hierfür Vorarbeiten geleistet. In der übernächsten Woche wird eine Sitzung des Landespflegeausschusses stattfinden, der sich mit dieser Problematik befassen wird. Wichtige Anregungen dieses Gremiums werden nach Möglichkeit Berücksichtigung finden. Die Landesregierung lässt sich hierbei nicht unter Zeitdruck setzen, denn es gilt, ein rechtlich nicht zu beanstandendes und qualitativ hochwertiges Ergebnis zu erzielen.

Meine Damen und Herren, über die Reformen der Pflegeversicherung wird innerhalb der rotgrünen Bundesregierung zurzeit heftig gestritten. Die Bundesregierung ist aufgerufen, für Klarheit zu sorgen. Die unterschiedlichen Aussagen in den letzten Monaten, ob überhaupt noch eine Pflegereform erfolgen soll, sind schädlich und verunsichern die betroffenen Menschen.

(Beifall bei der CDU)

Sowohl die Rürup-Kommission als auch die HerzogKommission haben Vorschläge zur Reform der Pflegeversicherung unterbreitet. Beide sehen unter anderem vor, die Leistungen der Pflegeversicherung im ambulanten und stationären Bereich anzupassen, mit dem Ziel, dem Grundsatz des Vorrangs der ambulanten vor der stationären Pflege verstärkt Rechnung zu tragen.

(Beifall Abg. Dr. Pietzsch, CDU)

Den jetzigen Zeitpunkt halte ich für eine Novellierung des Ausführungsgesetzes zum Pflegeversicherungsgesetz für denkbar ungünstig. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich gehe davon aus, dass die Fraktionen die Aussprache beantragen. Das ist allseits der Fall, dann werden wir die Aussprache durchführen. Als Erste hat Frau Abgeordnete Thierbach, PDS-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich will Ihnen das nicht alles vorlesen, was ich jetzt hier mit nach vorn genommen habe.

(Beifall Abg. Kretschmer, CDU)

Aber eines wird deutlich, dass wir eigentlich einen Pflegebericht so schnell wie möglich bräuchten.

(Zwischenruf Abg. Dr. Pietzsch, CDU: Uralt- kamelle.)

Ja, Herr Dr. Pietzsch, ich glaube, Sie haben eine große Aktie daran, dass wir einen Landespflegeplan und einen neuen Pflegebericht brauchen,

(Zwischenruf Abg. Dr. Pietzsch, CDU: Ja, ja, haben wir ja.)

(Beifall bei der PDS)

weil nämlich offensichtlich etwas deutlich wird - und davor scheue ich mich überhaupt nicht -, dass, seitdem wir einen neuen Minister haben und einen anderen Staatssekretär und im August ein Staatssekretär aufgrund einer rechtlichen Unmöglichkeit, nämlich des so genannten Pflegewohngeldgesetzes, zurückgetreten ist, wir offensichtlich eine Chance haben, mit einer neuen Problemsicht auch im Pflegebereich umzugehen. Das haben die Umgänge mit den Problemen in den Heimen bewiesen. So war es eben formal eigentlich gar nicht notwendig, eine Sondersitzung im Thüringer Landtag zu beantragen, weil das Ministerium offen damit umgegangen ist, offen auch in der Information, offen auch gegenüber der Presse. Genau aus dieser Situation kann man Hoffnung ziehen. Natürlich gibt es unterschiedliche Auffassungen, aber in einem decken wir uns schon wieder, nämlich dass es eine Notwendigkeit der Reform der Pflegeversicherung in Berlin auf Bundesebene gibt. Die gibt es aus zwei unterschiedlichen Gründen, zum einen - und da unterscheidet sich PDS von CDU und SPD -, dass die Pflegeversicherung nämlich nach wie vor nicht bedarfsdeckend in der Sicherung der Leistungen existiert, dass die Pflegeversicherung eben nicht nur ein Problem der Finanzierung hat, sondern dass das, was mit Einführung der Pflegeversicherung schon kritisiert wurde, nämlich der so genannte Paradigmenwechsel, dass nicht mehr jede Leistung, obwohl sie nachweislich bei dem zu Pflegenden notwendig ist, durch die Pflegekasse bezahlt wird. Genau dieses Problem schleppen wir alle Mann mit und dieses Problem kann man auch heute

im Land Thüringen nachweisen.

Der Minister hat sehr, sehr viele Dinge benannt, die ich auch unterstütze. Ich nehme zwei Dinge raus, wo ich glaube, er irrt. Das Erste ist die Notwendigkeit des Pflegeberichts. Er sagt, unser Entschließungsantrag wäre überflüssig, er wäre nicht notwendig, weil es eine Menge von gesetzlichen Berichten in der Heimverordnung bzw. auch in der Pflegeversicherung gibt. Da es aber im Land Thüringen keinen Pflegebericht mehr gibt, haben wir in unserer Fraktion, nachdem wir dreimal den Antrag gestellt hatten, einen Landespflegebericht vorzulegen, uns die Mühe gemacht, 76 einzelne Fragen in Kleinen Anfragen zusammenzufassen, um selbst überlegen zu können, wo die Löcher in der Pflegeversicherung sind. Ich möchte Ihnen nicht alle 76 Fragen vorlesen und ich möchte Ihnen auch nicht alle Überschriften vorlesen.