Protokoll der Sitzung vom 02.04.2004

(Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Der hat keine Ahnung.)

die für die Windkraft zur Verfügung stehen. Eben gerade diese windhöffigen Standorte, Herr Krauße, wo Sie sagen, dort sollten Windkraftanlagen entstehen, weil sie sich dort rechnen, die sind in Thüringen zum größten Teil ausgeschlossen worden. Wodurch? Durch die Naturparkverord

nung "Thüringer Wald". Das einzige, was dort an naturschutzfachlichen Dingen drinsteht, ist eben, dass das Errichten von Windkraftanlagen im Naturpark "Thüringer Wald" verboten ist.

Meine Damen und Herren, das macht sicherlich in den Bereichen Sinn, wo für den Tourismus solche Windkraftanlagen einfach nicht angebracht sind. Aber wir haben auch andere Bereiche im Thüringer Wald, in denen das Landschaftsbild schon massiv Schaden genommen hat. Schaden durch Dinge, die Ihr Schönheitsempfinden scheinbar nicht berühren, wie z.B. Autobahnbrücken, Sendemasten, Hochspannungsmasten, Steinbrüche. In diesen Bereichen könnte man von mir aus problemlos Windkraftanlagen errichten und das auch im Thüringer Wald.

(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Schade, der Erholungseffekt ist enorm.)

Mal gar nicht davon zu sprechen, dass Ihnen ja sogar noch eingefallen ist, da eine Müllverbrennungsanlage reinzubauen, die sicherlich auch das Landschaftsbild wesentlich verbessern wird.

Meine Damen und Herren, sicherlich haben Bürger Probleme mit Windkraftanlagen, vor allem wenn diese ursprünglich auch falsch konzipiert wurden, zu nahe an Wohnorte rangebaut worden sind, so dass es dort zu Lärmbelästigungen und zu Schattenwurf kommt. So etwas darf durch künftige Planung nicht passieren, aber deshalb darf man nicht den weiteren Bau von Windkraftanlagen generell infrage stellen. Wir müssen dem Klimaschutz Rechnung tragen, denn sonst, meine Damen und Herren, kommt es noch zu ganz anderen Landschaftsbildern. Einen Teil davon kann man sich jetzt schon am Rande des Thüringer Waldes ansehen.

Gerade durch die extreme Trockenheit im letzten Sommer hat es zu einer immensen Schädigung des Thüringer Waldes geführt. Und wenn man sich die roten Wipfel von vielen Fichten anschaut, geschädigt durch den Borkenkäfer, gegen den die Bäume keine Abwehrmöglichkeiten hatten, weil es eben im letzten Sommer so gut wie nicht geregnet hat, dann erahnt man, wohin ein Klimawandel in dem befürchteten Ausmaß führen kann. Deshalb bitte ich Sie, lassen Sie uns Maßnahmen dagegen ergreifen, lassen Sie uns unser Energiesystem umbauen, damit wir hier dagegen steuern.

Wer entgegengesetzt handelt, der wird wie einst Don Quichotte, ein Edler aus einem Dorf von Lamancha, an dessen Namen sich noch nicht einmal der Cervantes erinnern konnte, Schiffbruch erleiden. Als dieser "Ritter von der traurigen Gestalt", wie er auch genannt wird, Windmühlen - die damalige Form der Windkraftanlagen - auf einem Feld stehen sah, sagte er zu seinem Knappen, ganz wie heute eine Landtagsfraktion hier, Folgendes: "Das Glück führt unsere Sache besser, als wir es nur

wünschen können, denn siehe, Freund Sancho, dort zeigen sich dreißig oder noch mehr ungeheure Riesen, mit denen ich eine Schlacht zu halten gesonnen bin und ihnen allen das Leben zu nehmen. Mit der Beute von ihnen wollen wir den Anfang unseres Reichtums machen, denn dies ist ein trefflicher Krieg und selbst ein Gottesdienst, diese Brut vom Angesicht der Erde zu vertilgen." Aber, meine Damen und Herren, wie ging es aus? Das wissen wir auch. Der Ritter galoppierte also: "wohl von seinem Schilde bedeckt, in der rechten die Lanze, sprengte er mit dem Rosinante mit vollem Galopp auf die vorderste Windmühle los und gab ihr einen Lanzenstich in den Flügel, den der Wind so heftig herumdrehte, dass die Lanze in Stücke sprang, Pferd und Reiter aber eine große Strecke über das Feld weggeschleudert wurden."

Meine Damen und Herren, denken Sie daran, stimmen Sie Ihrem Antrag nicht zu, damit Ihnen dieses Schicksal erspart bleiben möge. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.

(Beifall bei der PDS)

Für die Landesregierung hat sich Staatssekretär Baldus zu Wort gemeldet.

(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Ist das jetzt Sancho Pansa?)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Nutzung der Energie hat den Fortschritt der Menschheit dominiert. Ausgehend vom Einsatz von Tieren, die man eingesetzt hat, um den Acker zu bestellen,

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Die Erfin- dung des Rads.)

- die Erfindung des Rads, verehrter Herr Abgeordneter Gentzel, war sicherlich eine Energieleistung des menschlichen Geistes, aber sie war Voraussetzung dafür, dass der Landverkehr im heutigen Umfang stattgefunden hat -, Einsatz der Kohle

(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Jetzt haben Sie aber ein paar Epochen übersprungen.)

Herr Dittes, ich habe auch vor, bei den Windkrafträdern zu enden und nicht zwischendurch mich in Nirwana zu verlieren.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Aber vorher noch Methusalem.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der großtechnische Einsatz von Erdöl hat den Menschen dazu gebracht, Energieressourcen zunächst einmal für unendlich zu halten.

Und als in den 60er-Jahren die Erkenntnis dämmerte, dass die fossilen Energieträger wohl nicht unendlich nutzbar seien, weil sie ihrer Bestimmung gemäß bei der Umwandlung in Energie verbrennen, kam man auf die glorreiche Idee, Atomkraft einzusetzen, um fürderhin hoffentlich ohne Grenzen Energie zur Verfügung zu haben, die dann den wirtschaftlichen Fortschritt und den Wohlstand auf Dauer sicherstellen. Ich denke, wir stimmen darin überein, dass wir den Einsatz der Atomkraft, basierend auf der Kernspaltung, nicht für einen risikolosen Weg halten.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Vorsichtig formuliert.)

Vorsichtig formuliert, und als man erkannt hat, dass die Ressourcen insbesondere bei Erdöl nicht nur endlich seien, sondern dass auch die Versorgungssicherheit nicht gewährleistet sei, haben viele Menschen die Vision entwickelt, Energie dort zu erzeugen, wo sie gebraucht wird. Man hat das Konzept der dezentralen Versorgung entwickelt und hat sich - und insofern liegen Sie nicht völlig neben dem Thema, Herr Abgeordneter Kummer - u.a. der Tradition entsonnen oder besonnen, dass man früher schon einmal die Windkraft genutzt hat, um die menschliche Arbeitskraft zu verstärken und zu ersetzen. Und ich sage das deshalb, weil man damals ganz andere Ideen hatte. Man hat gesagt, man nutzt die Kraft der Sonne, um die Häuser zu heizen und um Warmwasser zu besorgen; man nutzt die Windkraft, um im gewerblich-industriellen Bereich dezentral Elektroenergie zu gewinnen und man nutzt überflüssige Biomasse aus der Pflanzenerzeugung und aus der tierischen Erzeugung, um im ländlichen Raum dezentral Energie zur Verfügung zu stellen. Dann hat man damit begonnen, man hat große Versuche gemacht - ich weiß nicht, wer sich noch erinnert - die Begriffe hießen: "Growian und Klewian", große Windanlage und kleine Windanlage. Man hat damals gesagt, die großen Windanlagen bringen eine Fülle von Nachteilen mit sich und hat sich für die Entwicklung der kleinen Windanlagen entschlossen. Folglich war es auch relativ unproblematisch, Bürger davon zu überzeugen, das ist etwas Gutes. Als die ersten Anlagen installiert waren, ist einiges aufgefallen: Der Wind bläst nicht ununterbrochen, man braucht nicht ununterbrochen Strom, die Biogasanlagen funktionieren so oder so - mal fällt viel an, mal fällt wenig an, mal hat man hohen Energieverbrauch auf dem Bauernhof und mal nicht. Da ist die Idee des Stromeinspeisegesetzes kreiert worden. Man hat gesagt, derjenige, der solche Anlagen errichtet und der sie betreibt, soll die Möglichkeit bekommen, überflüssige Energie in das allgemeine Stromnetz einzuspeisen und er soll dafür auch noch eine Vergütung erhalten.

Ich glaube nicht, dass auch nur ein Bundestagsabgeordneter und ein Mitglied des Deutschen Bundesrats, als man dieses Gesetz beschlossen hat, auf die Idee gekommen wäre, dass man im Jahre 2004 jährlich 5 Milliarden Volksvermögen umverteilt und dass trotzdem - der Herr Abgeordnete Krauße hat darauf hingewiesen - mit dem

Faktor 0,8 jede installierte Leistung in der Windkraft zusätzlich durch ein Grundlastkraftwerk abgeschirmt werden muss, sei es ein Kohlekraftwerk oder sei es ein Wasserkraftwerk. Herr Abgeordneter Kummer, ein wenig Essig in Ihrem Wein. Ich denke, Sie waren nicht der Einzige, der schon einmal in Goldisthal zu Besuch war und Sie waren auch nicht der Einzige aus diesem Hause, der sich dort hat vortragen lassen, welchen Zweck dieses Kraftwerk erfüllt. Ich war neulich noch da und habe zur Kenntnis genommen, dass dieses Kraftwerk in besonderer Weise als Kompensationskraftwerk für die Windkraft geeignet ist.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Das ist doch Quatsch!)

Meine Damen und Herren, Bauer als Energiewirt, Solarenergie zum Heizen unserer Wohnungen - das sind Ideen, die auch die Landesregierung unterstützt, das sind Ideen, die die Landesregierung fördert. Was die Landesregierung nicht unterstützt, das ist die Verschwendung von Ressourcen, und was die Landesregierung auch nicht unterstützt, das ist Fehlallokation von Kapital. Deshalb hat die Landesregierung auch im Bundesratsverfahren in dieser Richtung votiert, ich komme dann gleich noch darauf zurück.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung bedankt sich bei der CDU-Fraktion für diesen Antrag,

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Hervorragend.)

denn das Thema wird in der Öffentlichkeit diskutiert.

(Beifall bei der CDU)

Danke. Das Thema wird kontrovers diskutiert und sicherlich konnte niemand voraussehen, dass es in dieser Woche Titelthema des Spiegels sein würde, aber dort sind sehr viele der Argumente aufgeführt, um die es heute geht.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Die sind doch aber fast alle widerlegt worden, Herr Baldus.)

Die Menschen in unserem Lande, Frau Becker, erleben den Wandel des Landschaftsbilds und sie erleben auch den Wandel, der mit den wirtschaftlichen Interessen im Zusammenhang mit dem weiteren Ausbau der Windkraft verbunden sind. Der Antrag und die heutige Diskussion greifen zwei spannungsgeladene Aspekte der Veränderung auf, die Vergütungshöhe für den Strom aus Windkraft sowie die Windräder in der Landschaft. Immer mehr Menschen in unserem Lande empfinden das Aufstellen von Windrädern an naturgegeben prominenter Stelle als Beeinträchtigung des Landschaftsbilds. Wenn es ein Urteil gibt, das da sagt, ich denke, das betrifft die Uckermark, dass die Einsparung von CO2 höher zu bewerten sei, als das Empfinden des Bürgers hinsichtlich der Einschränkung

des Landschaftsbilds oder auch der Verschlechterung, denke ich, wird dieses Urteil keinen Bestand haben. Denn um Bestand zu haben, müsste die Einsparung des CO2 nachgewiesen sein. Und hier, Herr Abgeordneter Kummer, unterscheiden wir uns in der Bewertung der wissenschaftlichen Daten. Die Öko-Bilanz an nicht sonderlich windhöffigen Standorten ist nicht positiv. Damit kann kein CO2 eingespart werden. Voraussetzung dafür, dass CO2 eingespart werden kann, ist in erster Linie die Auswahl eines richtigen, und zwar windhöffigen Standorts. Es führt nicht...

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Wir sind uns alle einig.)

Ja, hier im Landtag. Ich will mich jetzt nicht auf die falsche Seite begeben, bin hier als Vertreter der Landesregierung und werde meine persönliche Auffassung zur Erzeugung von Wind zurückstellen, Herr Abgeordneter Ramelow. Sicherlich könnte man individuell unterschiedlich auch hier ein Windrad zum Einsatz bringen, aber das ist eine ganz andere Frage.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Alles ab- schaffen.)

Meine Damen und Herren, immer mehr Menschen empfinden Windräder als Beeinträchtigung des Landschaftsbilds, aber ich will der Fairness halber auch die positiven Aspekte des Ausbaus der Windenergie nicht in den Hintergrund rücken lassen. Thüringen bekennt sich ausdrücklich zum europäischen Ziel, den Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis zum Jahre 2010 auf 12,5 Prozent des Bruttostromverbrauchs zu steigern. Primär wollen wir dies durch die energetische Nutzung der Biomasse erreichen. Hier steht mehr die Effizienzsteigerung vorhandener Biomasseanlagen als die Neuerrichtung von Biomasseanlagen im Vordergrund. Auch die Windkraft trägt zur Erfüllung dieses Ziels bei. Im Jahre 2002 - aktuellere Daten stehen uns noch nicht zur Verfügung - hat die Windenergie 3,2 Prozent des Stromverbrauchs in Thüringen abgedeckt. Alle erneuerbaren Energien zusammen, allerdings 9,3 Prozent, und dies macht deutlich, dass die Windkraft in Thüringen und für Thüringen nicht die Bedeutung der Wasserkraft und nicht die Bedeutung der Biomasse erreicht. Thüringen und Sie erkennen, wir sind auf einem guten Weg, wir wollen auf 12,5 Prozent und sind heute auf 9,3 Prozent -, das wage ich zu prognostizieren, wird das Ziel bereits deutlich vor 2010 erreichen. Positiv an der Windenergie ist für Thüringen unbestreitbar, dass die Windenergie Arbeitsplätze geschaffen hat. Herr Abgeordneter Kummer, die Zahlen, die uns zur Verfügung stehen, deuten darauf hin, dass rund 700 Dauerarbeitsplätze in Thüringen durch die Windkraft geschaffen worden sind und, Frau Becker, ich stimme Ihnen gern und ausdrücklich zu, wir haben die gleiche Zahlenbasis zur Verfügung. Wichtige Zulieferbetriebe in Thüringen, das wollen wir doch nicht übersehen, sind die Meuselwitz-Guss-Eisengießerei, Silbitz

Guss GmbH und das Flanschenwerk in Thal, Ortsteil Thal, es liegt nicht in Thal, es liegt in Sättelstedt. Keine Daten liegen uns zur wirtschaftlichen Wirkung der Windenergie, etwa zu Pachteinnahmen der Grundstückseigentümer, auf deren Grundstücken die Anlagen betrieben werden, vor.

Meine Damen und Herren, und nun komme ich zu den von Ihnen zu Recht aufgeworfenen Fragen, die auch im Bundesratsverfahren eine entscheidende Rolle spielen. Erstens ist die Vergütung nicht zu hoch? Und zweitens, wie können wir die nachhaltige Beeinträchtigung des Landschaftsbildes vermeiden? Zunächst zur Höhe der Vergütungssätze. Sie haben völlig Recht, die Antragsteller, die derzeitigen Rahmenbedingungen führen dazu, dass die Investitionen in Windkraftanlagen sich zwischenzeitlich auch dort rentieren, wo die Windkraftanlagen nicht ausreichend mit Wind versorgt werden. Es hat etwas damit zu tun, dass die Kosten der Windenergie, die spezifischen Kosten, in den vergangenen Jahren weiter gesunken sind. Das ist eigentlich erfreulich, was die Kostenseite angeht, aber unerfreulich, was die Effizienzseite angeht. Die Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes, die, soweit ich mitbekommen habe, gestern vom Bundestag beschlossen worden ist,

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Heute ein- stimmig, wollte ich nur einmal sagen. Das ist doch ein gutes Zeichen.)

Frau Becker, der Freistaat Thüringen hat zumindest seitens der Landesregierung sich frühzeitig in den Diskussions- und Entscheidungsprozess eingebunden und wir haben uns auf der Seite der B-Länder abgestimmt und wir haben uns, wie es sich gehört, auch mit der Bundestagsfraktion in dieser Frage abgestimmt. Deshalb kann ich auch heute sagen, dass wir anschließend diesen Punkten des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes auch unsere Zustimmung wahrscheinlich, das steht unter Kabinettsvorbehalt, diesen Punkt

(Beifall bei der SPD)

nicht verweigern werden. Einmal wird der Vergütungssatz gesenkt; ich habe eben in diesem Raum gehört, dass die Absenkung des Vergütungssatzes problematisch sein könnte und ich habe eben auch in diesem Raum gehört, Frau Becker, schauen Sie bitte noch einmal in Ihren Unterlagen nach, dass die Windhöffigkeit keine Rolle spielen soll; das sind aber die zentralen Punkte der Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes.

(Zwischenruf Abg. Frau Ellenberger, SPD: Da haben Sie sich aber verhört, Ohren aufmachen.)

(Beifall bei der CDU)

Und das sind die Punkte, bei denen wir auch gern unsere Zustimmung geben, genauso wie bei dem für Thüringen zentralen Punkt der Verbesserung der Vergütung der Ener

gieerzeugung aus Biomasse.