Protokoll der Sitzung vom 06.05.2004

praktisch doch wohl auf den Sankt Nimmerleinstag; ich, meine Damen und Herren, bin dann 98. Jeder von Ihnen in der SPD-Fraktion kann sich dann mal ausrechnen, ob er noch eine Chance hat, mit dem Zug mitzufahren.

Ich kann Ihnen, meine Damen und Herren von der SPDFraktion, angesichts der Verkehrspolitik der gegenwärtigen Bundesregierung auch nur empfehlen, mit dem Wort von der Täuschung der Öffentlichkeit nicht so herumzufuchteln.

(Beifall bei der CDU)

Zumindest hier in Thüringen, glaube ich, weiß jeder mit dem Sie sich auf der Straße unterhalten, sehr genau, wer von wem an der Nase herumgeführt wird. Denn in diesem

(Beifall bei der CDU)

Trauerspiel Schiene, Herr Höhn, gibt es noch ein paar weitere Überraschungen. Die will ich Ihnen gern darlegen. Zum ICE-Bahnhof Erfurt, meine Damen und Herren, liegen meinem Ministerium inzwischen Informationen vor, dass die zugewiesenen Mittel überhaupt nicht ausreichen, um im Jahr 2006 fertig zu sein. Mit den eingeplanten 10 Mio.     4  )  1 bindung bis zum Jahr 2008 lassen sich die bis zur Bundesgartenschau 2007, Herr Gerstenberger, in Gera ursprünglich geplanten Vorhaben unter gar keinen Umständen realisieren. Das betrifft insbesondere den dringend erforderlichen Knotenausbau von Gera, die Erneuerung der Sicherungstechnik und, was für alle besonders wichtig ist, die Erhöhung der Geschwindigkeit, sonst macht diese Strecke nämlich null Sinn. Dies, obwohl der Freistaat Thüringen - und das kommt ja noch dazu - ausdrücklich zugestimmt hat, 77 Mio. *:A* 4   -  (  Ostthüringen einzusetzen. Mittel, die wir sonst auch für eine andere Stelle nehmen könnten. Das läuft doch, wenn man das Wort Täuscherei gebraucht, meine Damen und Herren von der SPD, schon auf Rosstäuscherei hinaus.

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Das habe ich immer gesagt.)

(Beifall bei der CDU)

Ich kann auch noch eins obendrauf setzen: Die ebenfalls am gleichen Tag vorgelegte Finanzplanung für die Erhaltung des Bestandsnetzes sieht für Thüringen um nicht einen Deut besser aus. Bis 2008 sollen pro Jahr nur 70 Mio.  investiert werden. Das heißt, nur etwa halb so viel wie in Sachsen und weniger als ein Drittel als in SachsenAnhalt. Die Auswirkungen für den Fahrplan 2004/2005 zeichnen sich heute nämlich schon ab. Unvermeidliche Fahrzeitverlängerungen wegen Langsamfahrstrecken werden zu ganz erheblichen Anschlussproblemen führen, möglicherweise auch dazu, dass manche Züge an manchen Orten überhaupt nicht mehr halten können, damit sie am Endpunkt überhaupt noch den Anschlusszug erreichen.

Meine Damen und Herren, Thüringen braucht Klarheit zur ICE-Strecke und keine Lippenbekenntnisse von Vertretern der Bundesregierung.

(Beifall bei der CDU)

Was sich hinter dem so oft verwendeten Begriff von Bundespolitikern aus Berlin "gestreckte Zeitachse" verbirgt, haben wir ja nun schon seit 1999 in epischer Breite erlebt. Am 18. März habe ich daher an Herrn Bundesverkehrsminister Dr. Stolpe geschrieben. Ich habe ihn damals gebeten, anlässlich der Verkehrsministerkonferenz in Weimar am 30. März nun eine verbindliche Aussage zum Weiterbau dieser Strecke zu geben, und zwar mit dezidierten Angaben, wie viel Geld steht in welchem Jahr zur Verfügung. Leider ist weder das geschehen noch erhielt ich in dem Antwortschreiben vom 6. April eine klare Aussage. Ich bin auch immer wieder erstaunt, wie wenig man bei eineinhalb Seiten Papier inhaltlich aufschreiben kann. Aus diesem Grund habe ich Herrn Dr. Stolpe am 20. April noch einmal angeschrieben und das ist schon fast klippschulenartig. Ich habe ihn ausdrücklich gebeten, ohne jegliche Klauseln, ganz dezidiert einfach nur einmal, das kann doch nicht so schwer sein, von mir aus auch in Tabellenform, darzustellen, welches Geld 2004, 2005, 2006, 2007, 2008 für 8.1 und 8.2 zur Verfügung steht und das würde ich dann sehr gern als Thüringer Landesregierung in Thüringen auch veröffentlichen. Ich denke mal, meine Damen und Herren, was ich dort als Antwort bekomme, ist entweder nichts, denn bis heute ist auch noch nichts da, oder es ist wieder ein inhaltsloses Schreiben, wie ich sie mir inzwischen der Reihe nach im Büro aufhängen kann.

Ich kann noch eins obendraufsetzen, Herr Höhn. Inzwischen hat die CDU/CSU-Fraktion im Verkehrsausschuss des Bundestages den Antrag gestellt, eine verbindliche Aussage unter Benennung des Zeithorizonts bis zur Inbetriebnahme der ICE-Trasse abzugeben. Er wurde am 28. April, also vor nur wenigen Tagen, mit rotgrüner Mehrheit ignorant abgeschmettert.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: So sind sie.)

Das, meine Damen und Herren von der SPD, ist die Wahrheit jenseits alles Täuschens und Tricksens und so viel zum Tricksen und Täuschen. Es gibt bei der Bundesregierung keinen konkreten Plan, diese Strecke zu einem benennbaren Termin zu bauen oder fertig zu stellen. Ich wäre dankbar, wenn Sie dort etwas Licht in die Dunkelheit bringen könnten und wenn Sie vielleicht nachher ein paar konkrete Zahlen sagen könnten, wann welcher Streckenabschnitt mit welchem Geld in Thüringen weitergebaut wird. Wer uns was anderes glauben machen will, unternimmt meines Wissens nach wider besseren Wissens ebenfalls einen Täuschungsversuch in Größenordnungen, wie Sie sich vorher schon eingereiht haben.

Sehr geehrte Damen und Herren, wer wirklich will, dass der ICE über Erfurt nach Nürnberg verkehrt, der muss die Lücke zwischen Erfurt und Ebensfeld schließen.

Hierfür werden ca. 2 Mrd.  / B##4  sind bereits investiert. Daran würde ich gern noch mal erinnern, denn es kann doch nicht sein, dass wir damit von Erfurt nach Ilmenau die teuerste S-Bahn-Strecke der Welt gebaut haben und der Rest die beliebteste Strecke für Mountainbiker wird. In einer Bundesratsinitiative werden wir uns als Thüringer - und darüber werde ich am 14. Mai im Bundesrat reden - noch einmal an die Bundesregierung wenden und für den weiteren Ausbau der Bundesverkehrswege eine ausreichende Mittelausstattung fordern. Es ist zu gewährleisten, dass ein Verfall des Baurechts bei den Verkehrsprojekten des Bundes verhindert wird. Außerdem sollen die Mauteinnahmen auch wirklich mal tatsächlich in den Verkehrshaushalt und nicht in das allgemeine Säckel von Herrn Eichel fließen.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Erst mal müssen sie kommen!)

Erst mal müssen sie kommen und wir hoffen, dass auch das irgendwann mal gelingt.

Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, stellen Sie sich nicht länger halbherzig dahinter, wenn der Bund das Land Thüringen zu täuschen versucht. Besinnen Sie sich auf Ihre Loyalität zum Land und lassen Sie uns gemeinsam darauf hinarbeiten, dass die Verkehrswege gebaut werden, die unser Land so dringend braucht und verlieren Sie sich nicht in irgendwelcher Polemik, sondern orientieren Sie sich an glasklaren vorgelegten Zahlen. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Wird Aussprache gewünscht? Die SPD-Fraktion wünscht Aussprache und dann bitte ich als ersten Redner Herrn Abgeordneten Lippmann ans Rednerpult.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich werde mich nicht der Täuschung der Öffentlichkeit schuldig machen. Ich werde auch nicht sagen, ich werde auch nicht sagen können, wie viel der Bund 2005, 2006, 2007, 2008 - das ist die Zeitschiene, die Sie vorhin genannt haben - für 8.1 und 8.2 zur Verfügung stellen wird. Das können noch nicht mal Sie, wenn ich die Landesstraßen sehe. Im Übrigen wird auch bei den Landesstraßen - bei den Verkehrsprojekten, für die wir eigentlich verantwortlich sind - recht ordentlich gestreckt. Ich denke an die Anfrage von Herrn Dr. Müller, die Sie beantwortet haben.

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Ablenkung!)

Ich lenke nicht ab, ich komme schon noch zum Thema.

(Unruhe bei der CDU)

Wenn Sie bei den Auslassungen des Herrn Wirtschaftsministers so tolerant gewesen sind, dann würde ich das auch in Anspruch nehmen, dass das auch meinen Äußerungen gegenüber so gehandhabt wird.

Also, am 24.03. - das war schon beim letzten Mal auf der Tagesordnung - wurde in einer Presseerklärung des Wirtschaftsministers Folgendes geschrieben: Es habe ein Treffen des Wirtschaftsministers mit Bahnchef Mehdorn gegeben. 2. Mehdorn soll festgestellt und geäußert haben, dass für den Weiterbau der ICE-Trasse zwischen Erfurt und Nürnberg kein Geld mehr bereitgestellt werde. Selbst für bauerhaltende Maßnahmen seien die Mittel ungewiss und gleiches treffe auch für den Bahnhof und ICE-Halt in Erfurt zu. Soweit die Äußerungen des Wirtschaftsministeriums am 24.03. dieses Jahres. Das ist noch gar nicht so lange her.

Dann hat am 31.03. der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags getagt und da war der Herr Mehdorn dort. Er hat erklärt, dass es kein Treffen mit Herrn Reinholz am 24.03.04 gegeben habe. Er hat erklärt, dass auch diese angeblichen Äußerungen von ihm zur Finanzierung der ICE-Strecke gegenstandslos seien. Das waren die beiden Tatsachen, die uns zu diesem Antrag veranlasst haben. Diese Pressemitteilung ging an der Wahrheit vorbei oder einer von beiden ging mit seinen Äußerungen an der Wahrheit vorbei. Ich kann es nicht beurteilen, wer es gewesen ist, ich kann es nicht; vorbei an der Sache und am Anliegen. Ich meine auch - und das ist nicht nur in der letzten Zeit der Fall gewesen -, dass diese ständigen Kassandrarufe der Sache schaden.

(Beifall Abg. Becker, SPD)

Die Kassandra war die Tochter vom Priamos und ist beim Trojanischen Krieg umgekommen, wenn ich das noch richtig weiß.

(Beifall bei der SPD)

Ich glaube nicht, dass wir durch diese Äußerung auch nur eine Mark mehr vom Bund bekommen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Oder hätten Sie gedacht, dass Eichel kommt und sagt: Ihr habt euch lange genug beschwert, hier ist eine Milliarde, verwertet sie und verwendet sie, aber nicht gerade für den ÖPNV und für 45 a-Mittel. Aber na gut.

Ich meine, diese zum Teil depressiven und aggressiven Äußerungen, die auch wahlkampftechnisch bedingt sind, schaden der Sache auf jeden Fall.

(Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Sollen wir noch Beifall klatschen für den Mist, der in Berlin gemacht wird?)

Das bleibt Ihnen unbenommen, Herr Schwäblein, ob Sie klatschen oder im Missfallensausdruck sich äußern hier.

Nun ist gestern im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages die erste Beratung zum Bundesverkehrswegeplan gelaufen. Es hat zahlreiche Änderungen zu den 3.000 Projekten, die der Bundesverkehrswegeplan vorsieht, gegeben. Im Übrigen ist Thüringen mit diesen Änderungen sehr gut - es waren nämlich drei - bedient worden. Es ist gerade das nicht eingetreten, was Sie, Herr Wirtschaftsminister, in Ihrer Pressemitteilung vom 24.03. prognostiziert haben. Es wird weder die in Rede stehende ICE-Trasse gestoppt noch die Mitte-Deutschland-Schienenverbindung. Für mich ist das ganz wichtig, das zu hören, denn wir wollen ja im Grunde genommen alle diese Strecke haben nicht nur die 8.1 und die 8.2, sondern für mich ist genauso wichtig die MitteDeutschland-Bahn.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Dies ist einstimmig auch mit den Stimmen der CDU/CSU im Wirtschaftsausschuss so beschlossen worden.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Wir wollen es noch erleben, nicht erst 2050.)

Sie werden es schon noch erleben, Herr Kretschmer. Da bin ich eigentlich ganz sicher. Das ist auch gut so, dass es zu einer ersten Einigung gekommen ist. Der Bund wird weiter finanzieren und wenn ich die Pressemitteilung aus der Sitzung des Verkehrsausschusses richtig verstanden habe, soll diese Maßnahme bis 2015 abgeschlossen sein. Das ist zwar immer noch nicht so, dass wir übermorgen auf dem ICE-Bahnhof in Erfurt in den ICE einsteigen können, aber wenn Sie unbedingt mit dem ICE nach München fahren wollen, dann fahren Sie nach Saalfeld mit dem Regionalexpress. Dort haben wir nämlich einen ICE-Halt und da können Sie ganz locker nach München fahren, auch nach Berlin. Das geht natürlich auch.

(Beifall bei der SPD)

Das sage ich nur am Rande und das ist ein wenig regional gefärbt. Ich gebe das zu. Der Bund, ich stelle das noch mal fest, wird weiterfinanzieren. Ich hoffe, er wird mit größeren Beträgen als mit den prognostizierten 100 Mio.   Jahr weiterfinanzieren, denn er kann im Grunde genommen auch nicht seine Haushaltskonsolidierung so betreiben, dass er in die Taschen der Länder greift, wie das heute im vorhergehenden Tagesordnungspunkt die Landesregierung mit den Mitteln des Bundes tut. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Gibt es weitere Redewünsche? Herr Schugens, bitte schön.

Frau Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, es ist sehr wohl die Frage, wer hier wen täuscht. Ich denke, da ist der Antrag eigentlich ganz zweckmäßig gestellt. Ich will darauf eingehen, was in den letzten Jahren geschehen ist. Ich danke erst mal unserem Herrn Minister für seinen umfangreichen und auch sehr treffenden Bericht über die Lage, die eigentlich nicht in Erfurt zu verzeichnen ist, sondern chaotisch in Berlin zu verzeichnen ist.

Meine Damen und Herren, ich stelle fest, Rotgrün täuscht seit Jahren. Ich will es dann auch noch unterlegen, sogar ganz aktuell.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie genau die Zeit seit 1990 verfolgt haben, meine Damen und Herren, dann wissen Sie sicherlich noch, dass die "Verkehrsprojekte Deutsche Einheit" eine Aufgabe erfüllen sollten, dass die beiden Teile Deutschlands schneller zusammenwachsen. Nach dem wirtschaftlichen Niedergang 1991 ist sehr zielgerichtet 1992 und 1993 der Plan "Verkehrsprojekte Deutsche Einheit" aufgelegt worden, 1993 noch mal nachgebessert und ab dann auch zielgerichtet umgesetzt worden. So ist es auch in Thüringen. Wir hatten 1998 die Schaffung des Baurechts, wir hatten 1996 Baubeginn für die ICE-Trasse und viele andere Projekte. 1999 war es eine der ersten Maßnahmen von Rotgrün, den Baustopp auszusprechen. Auch wenn es am 10. März 2002 aufgehoben wurde, wie hier bereits dargestellt, durch den Bundeskanzler als möglicherweise Wahlgeschenk für uns in Thüringen, so war es bis heute doch der Realisierung ferngeblieben.