Protokoll der Sitzung vom 14.09.2000

Verwaltungsmodernisierung in Thüringen Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/852

Auch hier ist signalisiert worden, dass es keine Begründung gibt, aber dass es einen Sofortbericht durch die Landesregierung geben wird. Ich bitte Herrn Minister Köckert zu diesem Bericht.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich freue mich, hier und heute zu einem Antrag zu sprechen, der in knappen Worten deutlich macht, worauf es bei der Verwaltungsmodernisierung in Thüringen ankommt. Wir alle sind Zeugen eines internationalen Modernisierungsprozesses, in dem Staaten, Regionen und kommunale Gebietskörperschaften um Investitionen und Arbeitsplätze konkurrieren. Die Politik ist mitverantwortlich für die Bedingungen, unter denen Thüringer Betriebe und die öffentliche Verwaltung sich im Freistaat in diesem Prozess positionieren können. Die große Leistungsbereitschaft und das Engagement der Mitarbeiter in der öffentlichen Verwaltung beim Aufbau unseres Landes sind ein ganz starkes Gewicht, das wir dabei mit in die Waagschale werfen können. Aufgebaut wurde in den vergangenen Jahren eine klassisch europäische Verwaltung, deren Vorzüge nämlich die Rechtmäßigkeit, die Zuverlässigkeit und die Berechenbarkeit waren und sind noch immer nach den Jahren des DDR-Verwaltungsvollzugs wichtigster Maßstab. Nach einem Jahrzehnt Erfahrungen mit einer rechtsstaatlichen Landes- und Kommunalverwaltung und einer zunehmenden Routine im Verwaltungsalltag rücken nun neue Anforderungen ins Blickfeld. Es sind zum einen zu nennen der Finanzbedarf eines Staates, der im starken Ausmaß Wohlfahrts- und Sicherungsfunktionen übernommen hat und weiter auch übernehmen soll. Damit verbunden ist eine hohe Steuer- und Abgabenlast, die den Bürgern und der Wirtschaft aufgebürdet werden. Gleichzeitig konfrontiert der wirtschaftliche Strukturwandel und die gesellschaftliche Pluralisierung von Lebensmustern den Staat mit gänzlich neuen Gegebenheiten. In einer globalisierten Informationsgesellschaft, gekennzeichnet durch eine Beschleunigung von Kommunikations- und Handelsbeziehungen, werden vor allen Dingen Schnelligkeit, Flexibilität und auch die Berücksichtigung differenzierter Ansprüche an die Verwaltung zu den zentralen Leistungsund Modernisierungsmaßstäben. Um den genannten Herausforderungen gerecht zu werden, muss unsere Verwaltung möglichst schnell, flexibel und kundenorientiert sein. Nicht der Vorgang oder die Aktenbearbeitung ist entscheidend, meine Damen und Herren, sondern was dabei herauskommt: das Ergebnis, die Menschen, die Unternehmen.

Die Landesregierung nimmt ihre Verantwortung sehr ernst für die Attraktivität des Standorts Thüringen und deshalb übernehmen wir nicht einfach irgendwelche Gesamtkonzeptionen der Verwaltungsmodernisierung. Denn wer die Praxis der Verwaltungsmodernisierung in Thüringen aufmerksam beobachtet, der wird feststellen, dass wir uns für einen Weg der fortschreibenden Modernisierung entschieden haben, der schon immer bei offensichtlichem Modernisierungsbedarf innovative Lösungen hervorgebracht hat, so beispielsweise bei der Gemeindegebietsreform und bei der Funktionalreform. Aber wir begegnen auch weniger greifbaren Problemen mit Umsicht, wie die Abschichtung von Aufgaben aus der Ministerialverwaltung auf das Landesverwaltungsamt beweist. Diesen Weg, meine Damen und Herren, werden wir auch in Zukunft beschreiten. Unser Ziel, unser Leitbild ist eine effiziente, schnelle und kundenorientierte Verwaltung. Die Maßnahmen der Verwaltungsmodernisierung folgen dabei zwei Leitgedanken: Erstens wollen wir eine kundenfreundliche, das heißt auch bürgernahe und vor allem schnelle Verwaltung. Daneben wollen wir zweitens eine effiziente, das heißt kostengünstige und leistungsfähige Verwaltung.

Zunächst zum ersten Leitgedanken: Was bedeutet das, eine kundennahe, kundenfreundliche und bürgernahe Verwaltung? Das bedeutet, dass wir die öffentliche Verwaltung sehr viel stärker als bislang auf die Bedürfnisse und Wünsche der Nachfragenden, auf die Bedürfnisse und Wünsche der Bürger ausrichten. Wir müssen die Verwaltung in noch stärkerem Maße so organisieren, wie der Bürger und die Unternehmen sie brauchen. Die berühmtberüchtigte Ämterrallye kann es überall dort nicht geben, wo es Bürgerbüros und Servicecenter gibt. Dabei ist die Einrichtung von Bürgerbüros in den Städten Thüringens - wie etwa in Erfurt - für eine derartige Ausrichtung auf die Kundenperspektive beispielgebend. Schnell bedeutet, dass die Verwaltungsdienstleistungen, mögen sie nun hoheitlicher oder nicht hoheitlicher Art sein, in der kürzest möglichen Zeit zu erbringen sind. Computer und Internet ermöglichen uns, den Menschen und Unternehmen in unserem Land Informationen schneller, unmittelbarer und ausführlicher zur Verfügung zu stellen, als es bisher möglich war. Die Wirtschaft, meine Damen und Herren, bewegt sich in der Welt des elektronischen Handels. Dem muss sich auch die Verwaltung stellen. Diese Entwicklung kann und wird an einer modernen Verwaltung nicht vorbeigehen und das erfordert Investitionen für die Zukunft. In die Zukunft unseres Standorts muss investiert werden. Kundenorientierung, meine Damen und Herren, aber heißt auch Konzentration auf die Kernkompetenzen. Der Staat muss sich von überflüssigem Ballast befreien und ein Übermaß an Regelungstatbeständen vermeiden. Die Landesregierung sieht sich daher auch in der Pflicht, den Abbau von Überregulierungen durch Rechtsbereinigung, einen Abbau von Statistik- und Berichtspflichten, einen Abbau von Verwaltungsverfahren und überflüssigen Standards sowie die Modernisierung der Rechtsanwendung zu betreiben, und auch auf die

sem Weg werden Bürger und Wirtschaft von staatlichen Eingriffen entlastet. Ziel muss sein, dass der Staat seine ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen auf diejenigen Aufgaben konzentriert, die von Privaten nur unbefriedigend oder zum Nachteil des Gemeinwesens wahrgenommen werden können. Kurz gesagt: Der Staat muss so viel tun wie nötig und so wenig wie möglich.

Diesen Gedanken folgend haben wir beispielsweise die Ausbildung zum Straßenwärter auf das Berufsförderwerk Thüringen übertragen. Aufgaben des Steuerberatungswesens haben wir der Steuerberaterkammer überlassen und den Munitionsbergungsdienst haben wir privatisiert. Dieser Weg muss weiter gegangen werden. Das damit zur Geltung kommende Subsidiaritätsprinzip muss in Zukunft stärker sowohl zwischen öffentlichem und privatem Sektor als auch für die Aufgabenzuordnung zwischen Bund, Ländern und Kommunen gelten. Neben dem organisatorischen Leitprinzip der Einheit der Verwaltung leitet dieses Prinzip, das Subsidiaritätsprinzip, unsere weiteren Maßnahmen der Funktionalreform. Wir müssen prüfen, wo und inwieweit unsere Behörden von Aufgaben entlastet werden können. Zum einen betrifft dies weitere Überlegungen zur Verlagerung von Aufgaben innerhalb der Landesverwaltung oder auch auf die kommunale Ebene, zum anderen betrifft dies Privatisierungsüberlegungen.

Wie bereits zu Beginn der neuen Legislatur von Ministerpräsident Vogel angekündigt, hat die Landesregierung nun am 5. September weitere strukturelle Veränderungen in der Landesverwaltung beschlossen. Diese Veränderungen dienen durch Maßnahmen der fachlichen Konzentration und der behördlichen Neuzuordnung der Optimierung sowie der Freisetzung von Synergieeffekten und damit einer effizienteren Aufgabenwahrnehmung. Ich erwähne nur beispielhaft die Entscheidung, das Oberbergamt in das Landesverwaltungsamt einzugliedern oder die 17 staatlichen Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter bei den Landratsämtern zu kommunalisieren. Zu fragen, meine Damen und Herren, ist aber nicht nur, was erwarten Bürger und Wirtschaft von der Verwaltung, das heißt, wie kann die Verwaltung kundenorientierter werden; zu fragen ist doch auch, mit welchen internen Veränderungen kann die Verwaltung ihre Aufgaben effektiver, schneller, kostengünstiger erbringen. Ich möchte deshalb zum zweiten Leitprinzip der Verwaltungsreform überleiten, das ist die effiziente, das heißt die kostengünstige und leistungsfähige Verwaltung. Entscheidend ist, wie das Ergebnis aussieht. Betriebswirte nennen dies auf neudeutsch Outputorientierung. Wir brauchen diese Neuorientierung auch vor dem Hintergrund der finanziellen Rahmenbedingungen, denen sich der Freistaat nicht entziehen kann. Die Haushaltsdebatte in den folgenden Wochen und Monaten wird es uns noch einmal deutlich vor Augen führen: Wie jede Familie, wie jedes Unternehmen muss auch der Staat vor diesem Hintergrund seine Betriebskosten auf den Prüfstand stellen. Mit dem im Juni 2000 durch die Landesregierung verabschiedeten Perso

nalabbaupfad bis zum Jahr 2004 bzw. 2005 und mit dem Beschluss, 8.904 Stellen bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode abzubauen, haben wir einen weiteren Schritt zur langfristigen Konsolidierung des Personalhaushalts unternommen. Diese quantitative Seite der Personalentwicklung ist angesichts der immensen Haushaltsbelastung durch Personalkosten und durch die kommenden Pensionskosten unausweichlich. Gleichzeitig brauchen wir aber ein modernes Personalmanagement. Nur wenn wir auch in unsere Mitarbeiter investieren, wenn wir ihnen signalisieren, dass wir ihnen die Übernahme von Verantwortung zutrauen und wenn wir Motivation und Leistungsbereitschaft honorieren, nur dann wird es uns gelingen, mit weniger Personal mehr zu erreichen und gleichzeitig die notwendige Akzeptanz der Reform zu sichern. Die Landesregierung wird in dieser Legislaturperiode ein modernes Personalmanagement weiter entwickeln und mit Nachdruck fördern.

Meine Damen und Herren, wir wollen diejenigen Instrumente von den privaten Unternehmen übernehmen, die Effizienz- und Effektivitätsvorteile auch für das öffentliche Management versprechen. Das ist z.B. beim Steuern über Ziele der Fall. Warum soll es nicht auch Zielvereinbarungen mit Beamten geben? Wir brauchen - so denke ich - ein neues Steuerungssystem, meine Damen und Herren. Ein derartiges Steuerungssystem setzt die Zuweisung von Haushaltsmitteln auf der Basis von konkreten Leistungsvorgaben an die zuständigen Verwaltungseinheiten voraus. Es setzt weiterhin voraus ein System dezentraler Ressourcen-Verantwortung, es setzt voraus ein Rechnungswesen, das genaue Informationen über die Kosten und die Erträge verursachergerecht und produktbezogen abbildet. Die Einführung von Controllingsystemen bildet aus diesem Grund einen weiteren Schwerpunkt der Landesregierung. Das Landesamt für Statistik hat bereits erfolgreich ein Controlling auf der Basis einer Kostenund Leistungsrechnung eingeführt und auch in einigen Ministerien, wie z.B. dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur, sind bereits Einrichtungen von Controllingstäben vorgenommen und damit erste Schritte unternommen worden.

Erste Pilotprojekte zu Formen der Budgetierung, die beispielsweise der Landesanstalt für Umwelt oder dem Landeskriminalamt mehr Flexibilität bei der Mittelbewirtschaftung einräumen, sind positiv bewertet worden. In zwei ausgewählten Forstämtern wird der Haushalt seit Oktober 1999 auch auf der Grundlage der kaufmännischen Buchführung erstellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, fragen wir doch einmal: Was treibt die Wirtschaft an? Die Antwort ist einfach - der Markt. Einen Markt für Verwaltungsleistungen gibt es in der Regel nicht. Der Staat übt hier sein Monopol aus. Was wir brauchen und schaffen können, das ist ein virtueller Markt, ein Wettbewerb von Verwaltungen um den effizientesten Weg. Seit Anfang 1999 führen vier Finanzämter einen Leistungsvergleich durch,

der den Leistungsstand der einzelnen Behörden mit Blick auf die Kundenzufriedenheit, auf die Mitarbeiterzufriedenheit, auf die Auftragserfüllung und auf die Wirtschaftlichkeit wiedergeben soll. Aus der vergleichenden Bewertung der eigenen Leistung folgt ein Anreiz zur Verbesserung der eigenen Position.

Meine Damen und Herren, unsere Verwaltung in Thüringen hat mit dem Ende der Aufbauphase kein Stadium der Statik oder Bewegungslosigkeit erreicht. Dies mag für diejenigen schmerzhaft sein, für die die öffentliche Verwaltung noch die bildliche Rolle des Fels in der Brandung übernimmt, der Ort der Stabilität in einer sich rasch wandelnden Umwelt sein sollte. Dies sei aber auch gegen die Spötter gesagt, die meinen, Mikado sei das beliebteste Spiel in der Verwaltung. Denn, meine Damen und Herren, zukunftsfähig kann eine Verwaltung nur dann sein, wenn sie sich ebenfalls bewegt und ihre Gestaltungsfähigkeit bewahrt. Bekanntlich ist ja nichts beständiger als der Wandel. Die Verwaltungsmodernisierung kann deshalb keine einmalige Sache sein, sondern erfordert dauerhaft unsere Aufmerksamkeit und unser Engagement. Ich werde der Landesregierung im Herbst ein Eckwertekonzept als Leitbild für die Verwaltungsreform vorlegen und ich werde vorschlagen, dieses vor einer endgültigen Entscheidung zur Anhörung freizugeben. Auf diese Weise werden wir unsere Leitbilder auf eine breite Basis stellen. Ergänzend möchte ich darauf hinweisen, dass die kommunalen Spitzenverbände eingeladen werden, den vor uns liegenden Weg im Dialog mit der Landesregierung zu begleiten.

Im Interesse Thüringens erwarte ich deshalb eine konstruktive und gute Diskussion um unser Leitbild und den Landtag werden wir halbjährlich über den Fortgang des Reformprozesses unterrichten.

(Beifall bei der CDU)

Wie Sie sicher alle vor Augen haben, haben wir es jetzt mit einem Antrag zu tun, zu dem die Aussprache geführt werden kann und es kann auch zu dem Bericht die Aussprache geführt werden. Es liegen Redemeldungen vor. Ich gehe davon aus, dass die sich sowohl auf den Antrag als auch auf den Bericht, den der Innenminister gegeben hat, beziehen. Ich rufe als Ersten in dieser Aussprache auf den Abgeordneten Dittes, PDS-Fraktion.

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Sie haben ja große Verwaltungserfahrung.)

Herr Zeh, Sie haben das richtig erkannt. Meine Damen und Herren, wir haben schon viel von der CDU erlebt. Nun kommt ein weiteres Erlebnis hinzu, die CDU-Fraktion fungiert mit ihrem Antrag in Drucksache 3/852 als

das Begrüßungskomitee der Landesregierung ganz in der Tradition des Erfurter Bezirkstags, der in demselben Saal bereits getagt hat. Ich kann deshalb, Herr Köckert, Ihre Äußerung zum Antrag nicht ganz nachvollziehen, wenn Sie sagen, im Antrag ist in knappen Worten das formuliert, worauf es ankommt. Ich glaube, in der Diskussion um Verwaltungs- und Funktionalreform kommt es auf weit mehr an als nur zu bekunden, dass man den Willen der Landesregierung als Thüringer Landtag begrüßt.

Es gibt gerade mal einen positiven Aspekt im Antrag und dies ist die halbjährliche Berichterstattung. Den ersten Bericht hat der Innenminister gegeben. Ich danke dem Innenminister ausdrücklich dafür, weil er dieser Beratung des Tagesordnungspunkts im Gegensatz zum Antrag seiner Fraktion wenigstens etwas Substanz hatte verschaffen können. Aber, meine Damen und Herren, eine bloße Berichterstattung reicht nicht aus, der Gesetzgeber muss selbst Rahmenbedingungen für eine Funktional- und Verwaltungsreform abstecken. Dies darf nicht alleinige Aufgabe der Verwaltung und Regierung bleiben oder werden. Aus Sicht der PDS-Fraktion ist die Funktional- und Verwaltungsreform eine ständige Aufgabe für das Land und die Kommunen. Bei der Funktionalreform handelt es sich um keinen abgeschlossenen Prozess, sondern, hier sind wir sicherlich im Haus einer übereinstimmenden Meinung, um eine Reform, die zu Gunsten der ständigen Verbesserung der Verwaltungsstrukturen kontinuierlich fortgeschrieben werden muss.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Das sagte der Innenminister auch.)

Ich habe ja durchaus eingeräumt, dass wir hier übereinstimmender Meinung sind, Frau Groß. Aber die bisherigen Erfahrungen in Thüringen zeigen, dass eine Vielzahl einzelner Maßnahmen und Vorhaben im Rahmen einer Funktional- und Verwaltungsreform konzipiert und realisiert wurde, die beabsichtigten Effekte wurden dabei jedoch nicht immer erreicht. Die bisherigen Maßnahmen und Vorhaben hatten aus Sicht der PDS-Fraktion eine einseitige Ausrichtung auf finanzielle Einsparungspotenziale und hier unterscheiden wir uns eben wieder ganz deutlich von der CDU. In der Begründung zum Antrag wird auch gerade dieser Aspekt der haushaltsbedingten Sparzwänge, was nichts anderes heißt als Kürzungspolitik, deutlich hervorgehoben. Die bisher von der Landesregierung vollzogenen Maßnahmen hatten nahezu ausschließlich nur improvisierenden Charakter und waren von reinem Pragmatismus und finanzwirtschaftlichem Kalkül geprägt. Ein klares Konzept der Landesregierung für eine funktionale Verwaltungsreform ist nicht erkennbar. Auch wenn der Innenminister in seinem heutigen ersten Bericht eine Zielstellung der Landesregierung benannt hat, muss ich feststellen, aus der von Innenminister Köckert formulierten Zielstellung, eine fortschreitende Modernisierung betreiben zu wollen, wird noch lange kein geschlossenes Konzept, was wir als PDS-Fraktion als Gesamtkonzept für eine

Reform für notwendig erachten.

Dies verdeutlicht das im Juni 2000 veröffentlichte so genannte Personalentwicklungskonzept. Heute ist der Innenminister in der Bezeichnung dieses Konzepts schon sehr viel ehrlicher gewesen, hat von Personalabbau und Personalabbaupfad gesprochen. Ich wiederhole ja gern, was ich in der damaligen Beratung gesagt habe, ein Personalentwicklungskonzept darf nicht am Beginn eines Konsolidierungs- und Reformprozesses stehen, sondern muss letztendlich darin integriert sein, muss Ergebnis einer inhaltlichen und kritischen Bewertung der Aufgaben sein.

Meine Damen und Herren, die Funktional- und Verwaltungsreform dient der gesamten Verwaltung, sowohl auf staatlicher als auch auf kommunaler Ebene. Die Reform darf deshalb nicht dazu führen, dass zulasten der Aufgabenträger auf unterer Verwaltungsebene staatliche Aufgabenträger saniert werden.

(Beifall bei der PDS)

Eine unverzichtbare Notwendigkeit ist es deshalb für die Fraktion der PDS, dass Aufgabenverlagerungen auf die Kommunen kostendeckend erfolgen. Beispiele aus der Vergangenheit - ich erinnere an die Kosten für Bundespersonalausweise, die Regelung des Thüringer Gesetzes zur Kommunalisierung staatlicher Aufgaben, die Gebäudeund Wohnungszählung von 1995 - haben gezeigt, dass die Aufgabendelegierung oftmals mit finanzieller Schlechterstellung des neuen Aufgabenträgers einher ging. Die im Zusammenhang, meine Damen und Herren, mit dem Doppelhaushalt 2001/2002 geplanten Aufgabenverlagerungen lassen Ähnliches vermuten. Ein innovativer Reformansatz ist die einfache Kostenverlagerung auf die kommunale Ebene bei weitem nicht.

Meine Damen und Herren, staatliches Handeln muss aus Sicht der PDS-Fraktion auch künftig Entwicklungsprozesse aktiv mitgestalten; die Sicherung der Daseinsvorsorge als ein Mittel des sozialen Ausgleichs bildet auch zukünftig den Schwerpunkt staatlicher Tätigkeit. Diesen Aufgaben können Land und Kommunen nur dann gerecht werden, wenn eine tatsächliche Funktional- und Verwaltungsreform erfolgt. Es ist davon auszugehen, dass in den einzelnen Fachressorts bereits genügend analytische und konzeptionelle Vorarbeiten geleistet wurden und die Ankündigung, dass der Innenminister in der öffentlichen Diskussion ein Eckwerteprogramm der Landesregierung vorstellen wird, spricht dafür und belegt diese Annahme. Aber aus Sicht der PDS-Fraktion reicht es nicht aus, dass der Landtag einen Willen der Landesregierung für eine Verwaltungsmodernisierung begrüßt und lediglich halbjährlich informiert wird. Vielmehr ist der Gesetzgeber gefordert, der Landesregierung Empfehlungen für eine Funktional- und Verwaltungsreform zu geben und hierfür die Rahmenbedingungen zu setzen. Die Ziele, Grundsätze, Entscheidungsgrundlagen und Rahmenbedingungen für eine Funktional- und Verwaltungsreform sollten

in einem Rahmengesetz zusammengefasst werden. Damit würde gesichert werden, meine Damen und Herren, dass der Gesetzgeber seine Vorstellungen in die Diskussion um die Reform mit einbringen kann. Andererseits wird ein solches Gesetz für die Landesregierung einen eindeutigen Handlungsauftrag enthalten. Auf der Grundlage des durch den Landtag beschlossenen Rahmengesetzes können anschließend die notwendigen Einzelentscheidungen bezüglich der Aufgabendefinierung, der Aufgabenverteilung, der Verwaltungsorganisation und der personellen Besetzung der Verwaltungseinheiten des Landes und der Kommunen getroffen werden.

Meine Damen und Herren, auch Folgendes gilt es zu berücksichtigen: Die derzeitige Privatisierungsstrategie ist in zu starkem Maße durch Deregulierung, Arbeitsplatz- und Sozialabbau sowie Standardabsenkung gekennzeichnet und schränkt künftige Gestaltungsspielräume zu stark ein. Hinzu kommt, dass öffentliche und private Aufgabenrealisierung eben nicht beliebig austauschbar sind. Das gesamte Reformvorhaben ist nach Auffassung der PDS mit den Zielen zu betreiben:

1. Stärkung von demokratischer Kontrolle und Mitwirkung,

2. Ausbau kommunaler Selbstverwaltung,

3. klare Umsetzung des Subsidiaritäts- und Konnexitätsprinzips sowie

4. Abbau überflüssiger verzichtbarer Entscheidungsebenen und vermeidbarer Bürokratie im Sinne einer orts-, bürgernahen und bürgerfreundlichen Verwaltung.

Herr Köckert, effiziente Verwaltung heißt eben nicht nur die kostengünstigste Verwaltung, sondern Effizienz drückt das Verhältnis zwischen einem qualitativen Output und dem finanziellen Input aus und das sollten wir in der Diskussion mit Sicherheit mit berücksichtigen.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, Sie werden sicherlich Verständnis haben, dass die PDS einen etwas anderen Politikanspruch als die CDU hat. Der PDS-Fraktion würde es sicherlich nicht ausreichen, einen Willen einer Landesregierung zu unterstützen, vielmehr wollen wir und wir erklären unsere Bereitschaft dazu, den Diskussionsprozess selbst aktiv mitzubegleiten.

Deshalb beantrage ich namens meiner Fraktion die Behandlung des Antrags der CDU-Fraktion im Innenausschuss, um auch Fragen, wie z.B. die, ob man nicht in Thüringen konsequent zu einem zweistufigen Verwaltungsaufbau wie in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg übergehen sollte, mit zu diskutieren. An solchen Fragen, meine Damen und Herren, sollte sich die Diskussion im Landtag orientieren und nicht,

wie Sie mit Ihrem Antrag vorhaben, an reinen Begrüßungsappellen. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Als nächster Redner hat sich Abgeordneter Höhn, SPDFraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir haben ja heute im Verlauf dieses Tages schon recht viel über uns ergehen lassen müssen. Wir haben des Öfteren von Schnellschüssen gehört, wir haben zum Teil wahre Dankesorgien an die Landesregierung - wenn ich an den Kollegen Fiedler denke - über uns ergehen lassen müssen. Offensichtlich schließt sich dieser Antrag der CDUFraktion nahtlos an dieses Niveau an. Auch die Qualität dieses Antrags spricht da seine eigene Sprache, eine negative,

(Beifall bei der SPD)

denn, meine Damen und Herren, gegenseitiges Schulterklopfen zu diesem Thema ist doch völlig fehl am Platze.

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Das sage ich doch.)

Zu wenig wurde im Jahr seit Ihrer Regierungsübernahme im Hinblick auf diese Verwaltungsmodernisierung getan. Zu viele offene Fragen gibt es und vor allem zu wenig sind Parlament und noch weniger die Beschäftigten in diese Überlegungen zur Verwaltungsmodernisierung mit einbezogen worden.

(Beifall bei der SPD)

Letztendlich zu wenig vorbereitet - und ich habe den Eindruck, auch zu wenig durchdacht - sind die geplanten oder bereits in Angriff genommenen Maßnahmen. Und das sollen wir hier in diesem Haus auch noch begrüßen? Was mutet man denn diesem Landtag eigentlich zu?

(Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Das hat Dr. Dewes gesagt.)