Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Botz beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Auf der Grundlage des § 14 Abs. 2 Bundeswaldgesetz kann in den Landeswaldgesetzen das Betreten des Waldes aus wichtigem Grund, insbesondere des Forstschutzes, der Wald- oder Wildbewirtschaftung, zum Schutz der Waldbesucher oder zur Vermeidung erheblicher Schäden oder zur Wahrung anderer schutzwürdiger Interessen des Waldbesitzers, eingeschränkt werden.
Zu Frage 2: Das freie Betretungsrecht nach § 14 Abs. 1 Bundeswaldgesetz ist nur zum Zwecke der Erholung gestattet. Eine gewerbliche Nutzung des Waldes unterliegt nicht dem Gemeingebrauch.
Zu Frage 3: Bei organisierten Reitausflügen eines Reiterhofs gegen Entgelt handelt es sich um eine gewerbliche Nutzung. Dies ist nur mit Zustimmung des jeweiligen Waldbesitzers statthaft.
Zu Frage 4: Aus den genannten Gründen bedarf es insbesondere bei einem hohen Anteil gewerblichen Reitens im Wald einer einvernehmlichen Regelung mit den Waldbesitzern.
Danke schön. Ich sehe keine Nachfragen. Damit ist die Frage beantwortet. Wir kommen zur Frage in Drucksache 3/855 des Abgeordneten Dr. Botz, wiederum von der Abgeordneten Heß vorgetragen.
Nach meinen Informationen sind in der Gemeinde Rückerswind Waldwege, die bisher als fest bzw. befestigt galten, während eines Verfahrens zur Einschränkung einzelner Benutzungsarten nach § 3 Abs. 1 der Ersten Durchführungsverordnung zum Thüringer Waldgesetz durch die Landesforstdirektion als unbefestigt neu klassifiziert worden. Eine Beschilderung nach § 6 Erste Durchführungsverordnung zum Thüringer Waldgesetz war für einige dieser Waldwege bereits ohne Verfahren erfolgt.
1. Welche Behörde ist in Thüringen für die Klassifizierung von Waldwegen in feste, befestigte, unbefestigte und nicht feste Wege zuständig?
2. Auf welcher sachlichen Grundlage beruht die Klassifizierung der Waldwege als unbefestigte Wege in der Gemarkung Rückerswind, die sich nicht im Eigentum der öffentlichen Hand befinden?
3. Welche Begründung hat das Forstamt für das Anbringen der Schilder zur Einschränkung des Reitens nach § 3 Abs. 2 Erste Durchführungsverordnung zum Thüringer Waldgesetz an die in Frage 2 genannten Wege, wenn diese Wege als nicht fest eingestuft sind?
4. Wie vereinbart sich der ausdrückliche Wille der Landesregierung, bei Nutzungskonflikten im Wald einvernehmliche regionale Lösungen zu erzielen, mit dem Vorgehen der Landesforstdirektion im oben genannten Falle?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Botz beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Keine, da es einer behördlichen Klassifizierung von Waldwegen in feste, befestigte, unbefestigte und nicht feste Wege nicht bedarf. Eine nähere Umschreibung dieser Wege ist § 2 der Ersten Durchführungsverordnung zum Thüringer Waldgesetz zu entnehmen. Danach muss es sich um mindestens zwei Meter breite Waldwege handeln, die zudem für den forstwirtschaftlichen Verkehr, also LKW-befahrbar, geeignet und bestimmt sind.
Zu Frage 2: Auch in der Gemarkung Rückerswind des Kreises Sonneberg gelten die in der Antwort zu Frage 1 geschilderten Grundsätze, wobei es keinen Unterschied macht, ob sich die Wege im privaten oder öffentlichen Eigentum befinden.
Zu Frage 3: Nicht feste Wege dürfen bereits nach der gesetzlichen Definition nicht beritten werden. Die zusätzlich angebrachten Reitverbotsschilder sollten dies lediglich noch einmal zum Ausdruck bringen.
Zu Frage 4: Die Landesforstdirektion hat in der Gemarkung Rückerswind eine mit den Waldbesitzern, Reitern und Jägern einvernehmliche Regelung zur Lösung des Nutzungskonflikts vorgeschlagen. Dieses Vorgehen der Landesforstdirektion steht somit nicht im Widerspruch zur Haltung der Landesregierung.
Vielen Dank. Es gibt keine Nachfragen, damit ist die Frage beantwortet. Wir kommen zur Frage in Drucksache 3/868. Herr Abgeordneter Carius, bitte.
Am 3. Oktober 2000 begehen wir den 10. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung. Eine Würdigung der historisch einmaligen Leistung und der zahlreichen damit verbundenen Vorteile für die Menschen findet im Alltag jedoch kaum statt. Damals wurden zwei deutsche Staaten wieder vereinigt, die historisch und kulturell zwar zusammengehörten, doch die noch vieles voneinander unterschied. Zu den trennenden Faktoren zählten neben der
ungleich kürzeren Demokratieerfahrung in der DDR auch wesentlich niedrigere Einkommen für mehr Arbeit und bezogen auf die Situation 1989 allerorten auftretende Versorgungsengpässe.
Zehn Jahre deutsche Einheit sollten Anlass geben zur Überlegung, inwieweit diese trennenden Faktoren, insbesondere Thüringen betreffend, überwunden bzw. abgemildert werden konnten.
2. Um wie viel ist die Kaufkraft einer durchschnittlichen Thüringer Familie im letzten Jahrzehnt angestiegen?
3. Entspricht dieser Anstieg etwa dem einer durchschnittlichen Familie in Thüringen bzw. den Vorgängerbezirken (Erfurt, Gera, Suhl) zwischen 1980 und 1990?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung beantworte ich die Fragen wie folgt:
Zu Frage 1: Nach Angaben des Landesamts für Statistik entwickelten sich die Nettoeinkommen der Thüringer von monatlich 751 DM im Jahre 1991 auf monatlich 1.400 DM im Jahre 1999. Das entspricht einem Anstieg um 86 Prozent im betrachteten Zeitraum, wobei die größten Steigerungen in den ersten Jahren erfolgt sind. Bei diesen Angaben ist allerdings zu berücksichtigen, dass sie auf einer einprozentigen Haushaltsstichprobe, dem so genannten Mikrozensus, beruhen.
Zu Frage 2: Als Kaufkraft wird die Gütermenge bezeichnet, die mit einer Geldeinheit bzw. dem gesamten Einkommen gekauft werden kann. Angaben des Amts für Statistik liegen hierzu nicht vor. Um die Frage sachgerecht beantworten zu können, muss die Entwicklung der Nettoeinkommen der Haushalte dargestellt werden. Dabei ist die nicht unerhebliche Zahl allein stehender Lediger (112.000 Personen in Thüringen) zu berücksichtigen. Das monatliche Haushaltsnettoeinkommen eines Thüringer Haushalts betrug 1991 1.720 DM. Es ist bis 1999 auf 2.905 DM, das heißt, um 69 Prozent gestiegen, wobei die Entwicklung der Lebenshaltungskosten zu beachten ist. Zum Vergleich betrug das monatliche Nettoeinkommen der Haushalte in den alten Bundesländern im Jahr 1999 3.111 DM, in den neuen Bundesländern einschließlich Thüringen 2.851 DM pro Haushalt. In den alten Bun
desländern konnte im Zeitraum von 1991 bis 1997 ein Anstieg der monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von 14,7 Prozent verzeichnet werden.
Zu Frage 3: Diese Frage ist nur schwer zu beantworten, da Auswertungen aus Haushaltsbefragungen, bezogen auf die Vorgängerbezirke aus den Daten der DDR-Statistik nicht vorhanden sind. Möglich sind aber Angaben zur Entwicklung des Ausstattungsgrades der privaten Haushalte mit ausgewählten langlebigen Gebrauchsgütern. Hierzu liegen amtliche Daten aus den Jahren 1980 und 1989 für die ehemalige DDR sowie aus den Jahren 1993 und 1998 für Thüringen vor. Lassen Sie mich hierzu anhand ausgesuchter Beispiele einige Zahlen nennen: Im Jahr 1989 konnten, bezogen auf das Gebiet der ehemaligen DDR, nur 54,3 Prozent der Haushalte einen PKW, 57,2 Prozent der Haushalte einen Farbfernseher und 47,5 Prozent der Haushalte einen Gefrierschrank ihr Eigen nennen. Im Jahr 1998 verfügten in Thüringen bereits 71,9 Prozent der Haushalte über mindestens einen PKW, 97,9 Prozent der Haushalte über einen Farbfernseher und 80,9 Prozent der Haushalte über einen Gefrierschrank. Hatten 1993 47,1 Prozent der Thüringer Haushalte bereits ein Telefon, waren es im Jahre 1998 bereits 94,9 Prozent der Haushalte mit stationärem und 9,9 Prozent mit mobilem Telefon. In den alten Bundesländern konnten bereits 1993 ca. 65,7 Prozent aller Haushalte ein Telefon ihr Eigen nennen, im Jahre 1998 belief sich diese Zahl dort auf 97,3 Prozent stationärer und 11,4 Prozent mobiler Telefone.
Herr Staatssekretär, eigentlich ist es keine Nachfrage, noch mal eine Verständnisfrage. Habe ich Sie richtig verstanden, dass vor 1989 keine statistischen Daten über die Haushaltseinkommen der Thüringer Bürgerinnen und Bürger vorliegen?
Gibt es weitere Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Die Frage ist damit beantwortet und wir kommen zunächst erstmal zur übernächsten Frage des Abgeordneten Mohring - Herr Mohring, wir schieben eine Frage zunächst erstmal - es ist die Frage in Drucksache 3/870.
Der 10. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung wird am 3. Oktober 2000 begangen. In der öffentlichen Wahrnehmung wird dieses historisch einzigartige Ereignis nicht immer gebührend gewürdigt. Damals wurden zwei deutsche Staaten wieder vereinigt, die historisch und kulturell zwar zusammengehörten, doch die durch zahlreiche Faktoren voneinander getrennt waren. Zu den trennenden Faktoren zählte neben vielem anderem vor allem eine desolate Wohnungssituation.
Zehn Jahre deutsche Einheit sollten Anlass geben zur Überlegung, inwieweit diese trennenden Faktoren, insbesondere Thüringen betreffend, überwunden bzw. abgemildert werden konnten.
1. Gibt es Erkenntnisse darüber, wie viele Familien 1990 auf dem Gebiet des Freistaats eine Wohnung suchten und wie groß das Wohnungsangebot war?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, namens und im Auftrag der Landesregierung beantworte ich die Fragen wie folgt:
Zu Frage 1: Auf dem Gebiet des Freistaats wurde Ende 1990 ein Wohnungsbestand von insgesamt 1,1 Mio. Wohnungen ermittelt. Eine zahlenmäßige Erfassung hinsichtlich der wohnungssuchenden Familien wurde seinerzeit nicht vorgenommen. Auf der Grundlage der damals in den Wohnungsämtern vorliegenden Wohnungsanträge wurde ohne Ansehung der Qualität der Wohnungen ein rein zahlenmäßiges Defizit von 80.000 bis 100.000 Wohnungen in Thüringen festgestellt.