noch die Möglichkeit, flexibel im Laufe eines Plenums zu reagieren; aber im Gegenzug sichert sich die Mehrheitsfraktion politische Flexibilität, indem sie die Kürzung sogar von Beratungsfristen nicht mit Beginn der Tagesordnung feststellen lassen, sondern während laufender Sitzung festschreiben will. Für die politische Handlungsfähigkeit der Opposition macht es aber schon einen Unterschied, meine Damen und Herren, ob man für eine Reaktion einen Tag oder vielleicht einige Wochen Zeit hat. Meine Damen und Herren der CDU, wollen Sie in Zukunft Ihre Vorhaben noch stärker im Schweinsgalopp durch das Parlament treiben?
Ganz besonders deutlich wird diese Arroganz der Macht aber auch an den Änderungsvorschlägen - und das muss ich hier noch mal ausführen - zu den parlamentarischen Instrumenten wie Große und Mündliche Anfragen. Obwohl es sich bei den Themen von Anfragen, gerade von Mündlichen, meist um sehr aktuelle und sehr brisante Themen handelt, soll faktisch keine Weiterberatung in einem Ausschuss stattfinden; § 92 wird einfach gestrichen.
Ja, natürlich, aber wenn es das gab, ist es doch ein Abbau der Demokratie, Herr Stauch. Es ist ein Abbau, wenn es so etwas schon gab in den letzten zehn Jahren. Und weiter noch: Jeder Abgeordnete - Herr Stauch hat das versucht hier zwar uns plausibel zu erklären und hat hier Geschäftsordnungen hin und her geschoben; ich erkläre Ihnen noch einiges dazu - soll nur noch eine Frage in der Fragestunde haben und der Vergleich mit dem Bundestag, der zieht mir ja die Schuhe aus, Herr Stauch. Sie haben das hier so dargelegt, als wenn im Bundestag vielleicht zwei Abgeordnete mehr sitzen als hier in diesem Thüringer Landtag.
Ich kann Ihnen sagen, dass im Bundestag eins zu sieben ungefähr das Stärkeverhältnis der Abgeordneten ist wie hier
und die haben noch die Möglichkeit zwei Fragen zu stellen. Also das ist ja wirklich das Allerletzte, was Sie hier aufgeschrieben haben und auch noch versucht haben uns zu begründen.
Das kann ich überhaupt nicht verstehen. Und die drei anderen weiteren Fragen sollen dann noch schriftlich innerhalb von drei Wochen beantwortet werden. Ich frage Sie: Wie soll da politisches Handeln möglich sein, das wirklich auf der Höhe der Zeit sich bewegt? Aber das wollen Sie ja gar nicht, dass die Opposition auf der
Höhe der Zeit ist. Oder, meine Damen und Herren der CDU, diese Variante, das denke ich nämlich auch, ist Ihnen als Notlösung eingefallen, weil sich in letzter Zeit mancher Minister und Beauftragte der Regierung als nicht besonders gut vorbereitet und informiert erwiesen hat bei Anfragen von uns. Ich habe das Gefühl, dass gerade diese Änderungen, die Sie hier eingebracht haben, Ihnen von der Landesregierung selbst aufgedrängt wurden. Schon im Mai letzten Jahres sagte ich im Hinblick auf ähnliche Vorgänge zum Bürgerbeauftragtengesetz und ich möchte das hier noch einmal wiederholen: Es ist schon wieder ein Versuch, wie ich es seit Jahren erlebe, das Parlament zu unterlaufen, die Demokratie zu beschneiden, oder auch ein Versuch, das Parlament eben ganz auszuschalten. Auch die Änderung, meine Damen und Herren, des § 91 Abs. 5 ist ja ganz aktuellen Ereignissen in diesem Plenum geschuldet. Statt im Sinne der Demokratie darauf hinzuwirken, dass die Minister und Staatssekretäre dem Parlament gegenüber ihrer Informationspflicht und Auskunftspflicht im umfangreichen Maße nachkommen, wird das Problem von Ihnen lieber zur Seite der absoluten Machtausübung gelöst. Das kann ja wohl nicht sein.
Es ist, Herr Wolf, Ihnen als Mehrheitsfraktion offensichtlich natürlich ein Dorn im Auge, sonst hätten Sie diese andere Lösung nicht gesucht, ein Dorn im Auge, dass Präsidentinnen der Opposition hier in diesem Landtag entscheiden können, ob Mitglieder der CDU-Regierung ihren ganz einfachen gesetzlichen Pflichten nachgekommen sind oder nicht.
Und nun natürlich entscheidet das Plenum, also die CDU-Mehrheit darüber, ob die CDU-Regierung eine Frage ausreichend beantwortet hat.
(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Das sind keine Parlamentspräsidentinnen. Das sind Parteipräsidentinnen... Politik auf dem Podium machen.)
Die parlamentarischen Instrumente der Anfragen, Herr Böck, haben zum einen die Funktion, falls Sie es noch nicht wissen sollten, Informationen zu beschaffen, die für die Entscheidungsfindung des Parlaments wichtig sind. Zum anderen natürlich stellen sie auch Mittel dar, den Verlauf und die Ergebnisse von Regierungshandlungen zu kontrollieren. Und da natürlich, vielleicht wissen Sie das noch nicht, Sie können es ja noch nicht wissen, aber vielleicht nächste Wahlperiode, da natürlich vor allem die Opposition diese Aufgabe wahrnimmt, sind Anfragen vor allem für die Opposition als Instrument ungeheuer wichtig - nicht zuletzt auch, um das Informationsdefizit der Opposition gegenüber der Regierungspartei
auszugleichen, und dass es das gibt, das haben wir am heutigen Tag bei mehreren Dingen hier erlebt, z.B. als Herr Schuster gesagt hat, wir haben eine Studie, die wir überhaupt nicht haben. Ich denke, es ist also kein Wunder, dass die CDU-Fraktion zwecks Zementierung ihrer Macht eben auf solche Vorschläge verfällt. Ganz offensichtlich, meine Damen und Herren, haben Sie große Angst, dass die Opposition und die Bürgerinnen und Bürger, und die beziehe ich hier mit ein, zu viel Schlechtes über das Treiben der Regierung und ihrer eigenen Fraktion hier im Landtag erfahren.
Ich werde auch den Eindruck nicht los, dass der berechtigte Anspruch, den die Opposition nun mal hat und auch die Öffentlichkeit, auf die viel beschworene Transparenz von Parlaments- und Regierungshandeln, die CDUFraktion und die Regierung als unverschämte Zumutung von ihrer Seite empfinden. Ich habe diesen Eindruck und ich muss Ihnen sagen, mehr verqueres Demokratieverständnis und auch machtverblendete Borniertheit
ist mir noch nicht vorgekommen. Wie kann man es in diesem Zusammenhang anders verstehen, wenn Sie mit Ihren Änderungsvorschlägen eben die Datenschutzbeauftragte, den Bürgerbeauftragten gleich mit sowie die Vertreter des Rechnungshofs praktisch zu Ihren Laufburschen degradieren.
Es ist so. Sie müssen zu Sitzungen, auch nicht öffentlichen Ausschuss-Sitzungen erscheinen, wenn sie von Ihnen als Mehrheitsfraktion herbeizitiert werden. Diese Institutionen bzw. Amtsinhaber haben aber kein eigenständiges Teilnahmerecht unabhängig von einer Mehrheitsentscheidung, einfach an diesen Ausschüssen teilzunehmen, und das kann ja wohl eigentlich nicht sein. Und, Herr Stauch, in diesem Zusammenhang haben Sie eben nicht andere Geschäftsordnungen anderer Länder zitiert, die haben nämlich solche Regelungen und das geht ganz einfach in der Umsetzung.
Ich denke - ich denke nicht nur, es ist so -, die Mehrheitsfraktion richtet sich offensichtlich auch gegen die Bürgerinnen und Bürger im Land selbst. Wie kann man es sonst verstehen, dass in § 95 ein neuer Punkt 4 aufgenommen wird, der dem Petitionsausschuss erlaubt, die Bearbeitung einer Petition dann abzulehnen, wenn sie einen z.B. sachlichen Inhalt aufweist. Ich frage mich, was soll das denn heißen.
Unsachlichen Inhalt, Entschuldigung. Ja, ist richtig, unsachlichen Inhalt. Aber ich frage Sie, was soll das denn heißen. Die meisten Menschen, und das wissen die Mitglieder des Petitionsausschusses, die sich an den Petitionsausschuss selbst wenden, sind persönlich in einer sehr schweren Situation. Sie haben oft Schlimmes erlebt, auch mit den Behörden selbst und sie sehen in einer Eingabe an den Petitionsausschuss eigentlich einen allerletzten Ausweg, und dass man da emotional reagiert, das, denke ich, ist doch absolut selbstverständlich. Deswegen sollte dieser Punkt 4 überhaupt nicht einbezogen werden, überhaupt in einen Gedanken, in eine Geschäftsordnung einzuführen. Ich denke, dass - oder ich denke eigentlich wieder nicht,
ich denke nicht, denn es ist eine Tatsache, dass es, solche Fälle nicht zu bearbeiten, die einen aus ihrer Sicht es ist ja nicht mal definiert, was unsachlicher Inhalt ist unsachlichen Inhalt haben, von Arroganz zeugt, aber auch natürlich von Angst, aber vielleicht auch von Angst bei Ihnen. Und ich frage Sie, Herr Wolf, weil Sie hier gerade so schreien, aber auch alle anderen Ihrer Fraktion: Empfinden Sie es vielleicht als eine Art Majestätsbeleidigung, wenn Menschen ihre persönliche Lage, aber auch die Situation im Land kritisieren und dabei...
Natürlich, aber sicher, sonst hätten Sie doch wahrscheinlich das nicht eingeführt, aber ich denke, auch darüber kann man im Justizausschuss reden. Deswegen habe ich Sie gefragt, ob Sie es vielleicht als Majestätsbelästigung empfinden.
Okay, dann kann man ja darüber reden und sagen, Sie ziehen diesen Punkt 4 wieder zurück. Aber wenn Sie diesen Punkt 4 lassen, wenn Sie diesen Punkt 4 wirklich drinlassen mit Ihrer Mehrheit, dann haben Sie offensichtlich keine Skrupel davor, Betroffenen auf diese Art und Weise das in der Verfassung verbürgte Petitionsgrundrecht praktisch zu entziehen.
Und ich rufe leider, aber auch das ist eben nicht ordnungsgemäß in der Geschäftsordnung und auch nicht im Bürgerbeauftragtengesetz geregelt, leider nicht, sonst wäre vielleicht Herr Dr. Wilsdorf hier, der heute Morgen vereidigt wurde. Ich denke, er ist ein Anwalt der Bürgerinnen und Bürger und ich erwarte von Herrn Dr. Wilsdorf einen klaren und deutlich vernehmbaren Pro
test gegen solche geplanten oder drohenden massiven Einschnitte in die Rechte der Bürgerinnen und Bürger.
Ich denke, das Gesagte genügt vollauf, um den Schluss ziehen zu können, hier möchte die Mehrheitsfraktion die Geschäftsordnung noch mehr zu einem Machtinstrument in ihren Händen umfunktionieren. Hier soll die Kontrolle der Regierung durch die Opposition eingeschränkt und erschwert werden oder faktisch gar nicht mehr möglich sein. Hier sollen auch die Möglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger erschwert werden, Zugang zur Parlamentsebene zu finden. Diese Mehrheitsfraktion führt vor, was Recht im schlechtesten Sinne ist, ja was nach Marx die Funktion des Rechts ausmacht, nämlich ein Machtund Herrschaftsinstrument derer, die das Sagen haben.
Verehrte Damen und Herren der CDU-Fraktion, wenn Sie so weitermachen, beschädigen Sie das Ansehen der Demokratie als politische Staatsform bei den Bürgerinnen und Bürgern erheblich. Wollen Sie diese Verantwortung auf sich nehmen? Oder vielleicht haben Sie natürlich auch geplant, den Haushalt des Landes nachträglich zu entlasten und verzichten gänzlich auf Ihre Diäten, denn diese sind nach Ihren Vorschlägen für das bisschen Arbeit, was noch bleibt, in gar keiner Höhe mehr gerechtfertigt.
Im Übrigen wollte ich nur noch zu einer weiteren Klärung beitragen. Da die Verwaltung sehr gewissenhaft ist, ist sie natürlich sofort auf die Spur von eventuellen Briefen oder "Nichtbriefen" gegangen und meine Aussage, dass die parlamentarischen Geschäftsführer gleichbehandelt werden, stimmt natürlich, aber in diesem Falle besteht die Gleichbehandlung wohl darin, dass sie keinen Brief bekommen haben, alle drei nicht, sondern
es gibt einen Vermerk der Landtagsverwaltung - wer Gegenteiliges weiß, den bitte ich mir es zu sagen. Das ist der momentane Kenntnisstand hier. Gut. Aber es gibt das Zitat, was Herr Pidde gebracht hat, das stimmt, es ist aus einem Vorspann eines Vermerks der Landtagsverwaltung.
Äußerungen der Präsidentin sind nicht zu kommentieren, deswegen erspare ich mir jetzt weitere Bemerkungen dazu. Zum Ablauf, wie es gewesen ist, hat Harald Stauch vorhin sehr ausführlich seine Ausführungen gemacht. Ich darf noch ergänzen: Auch im Justizausschuss haben wir in den letzten Sitzungen regelmäßig darauf hingewiesen, dass ja in Absprache mit den parlamentarischen Geschäftsführern im Ältestenrat vorgesehen ist, die Geschäftsordnung zu ändern und aus diesem Grund haben wir auch im Justizausschuss bisher bestimmte Dinge immer geschoben. Das vielleicht nur noch einmal zur Ergänzung dazu.
Aber vielleicht noch mal zu meinen beiden Vorrednern von der PDS und von der SPD. Sie müssen natürlich mit Ihren Argumenten und vor allem mit Ihren Vokabeln etwas vorsichtiger umgehen. Es kann nicht sein, dass das Allerschlimmste hier in Thüringen passiert, wenn es die CDU macht und wenn die SPD-regierten Länder, oder auch im Bundestag hat ja die SPD zurzeit leider die Mehrheit, wenn es dort von Seiten der SPD oder Mecklenburg-Vorpommern sogar gemeinsam mit der PDS gemacht wird, dann ist es etwas völlig Normales. Da müssten Sie schon ein bisschen vorsichtig in der Wahl Ihrer Vokabeln sein.
Deswegen will ich vielleicht doch auf ein paar Dinge eingehen. Es ist schon einmal angesprochen worden, es gab mehrere Änderungsvorschläge für die Geschäftsordnung von Seiten des Landtags und auch unsere Fraktion hat sich dieser Vorschläge zum Teil angenommen. Ich will jetzt hier nicht alle Änderungsvorschläge im Einzelnen vortragen. Das kann jeder nachlesen. Es geht um Dinge, die sich zum Teil aus der bisherigen Anwendung als Praxis so bewährt haben, z.B. die Frage des Unsachlichen, um das vielleicht gleich mal klar zu machen: Es kommt zum Beispiel in Mitberatung des Petitionsausschusses, weil es bisher geübte Praxis im Petitionsausschuss war, aus dem Vorschlag der Landtagsverwaltung, wenn nämlich etwas unsachlich ist, sich also nicht mit einer Sache befasst, das, was Sie vorgetragen haben, wird natürlich weiterhin regelmäßig zur Beratung im Petitionsausschuss aufgerufen werden, aber wenn es sich um einen Brief handelt, der keinen Sachverhalt anspricht,