1. Wie hat die Landesregierung die oben genannte Aufforderung in Bezug auf die Erarbeitung einer Zuarbeit realisiert?
2. Welche inhaltlichen Positionen vertritt die Landesregierung hinsichtlich des oben genannten Gleichstellungsgesetzes für Menschen mit Behinderungen?
3. Wer arbeitet seitens der Landesregierung in der im Januar 2001 installierten Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Erstellung eines oben genannten Gesetzentwurfs mit?
4. Wie gedenkt die Landesregierung die thüringenweit agierenden Behindertenvereine und -verbände in die Diskussion zur Erarbeitung eines Thüringer Gleichstellungsgesetzes für Menschen mit Behinderungen einzubinden?
zu Frage 1: Mir ist keine diesbezügliche Aufforderung bekannt. Mir ist lediglich eine Einladung zu dem Kongress bekannt, und zwar vom August des vergangenen Jahres. Wenn ich das Ihrer Anfrage richtig entnehme, hat es allenfalls eine allgemein verbindliche oder unverbindliche Aufforderung zu einer schriftlichen Zuarbeit gegeben. Das ist der eher ungewöhnliche Umgang zwischen Institutionen der Bundesregierung mit Länderregierungen. Eine schriftliche Bitte hat es nicht gegeben. Mein Mitar
beiter kann sich nicht mehr an die mündliche Aufforderung entsinnen. Es mag sein, dass er wegen eines persönlich drängenden Problems für kurze Zeit nicht im Saal war, als dieses mündlich mitgeteilt wurde.
Zu Frage 2: Die Landesregierung ist der Auffassung, dass zunächst der Bundesgesetzgeber sein angekündigtes Vorhaben realisieren sollte, einen Gesetzentwurf vorzulegen, wenn er schon dort am Arbeiten ist. Von wichtigem Interesse wird es dabei sein zu sehen, in welchen inhaltlichen Handlungs- und Regelungsfeldern der Gesetzentwurf Festlegungen treffen wird, die die Belange von Menschen mit Behinderungen besser und effektiver regeln, als dies in den jeweiligen einschlägigen Spezialgesetzen möglich ist. Wir sind keineswegs bereits so fest davon überzeugt, dass diese Bündelung eine Verbesserung bringt, sondern möglicherweise eine stärkere Unübersichtlichkeit und vielleicht sogar zu größeren Abgrenzungsschwierigkeiten, auch Doppelungen, Widersprüchen usw. führen wird, denn Sie wissen, es müsste eine Vielzahl von Gesetzen dabei geändert werden. Wir warten erst einmal ab, was die Bundesregierung vorlegt, ob es nicht günstiger ist, die einzelnen Regelungen in den, sagen wir einmal, zuständigen Gesetzen dann zu regeln.
Zu Frage 3: Es gibt keine Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Ich vermute, Sie beziehen sich auf eine Presseinformation oder Pressemitteilung des Bundesbeauftragten. In dieser Pressemitteilung steht aber eindeutig: "Die Koalitionsarbeitsgruppe und ich als Behindertenbeauftragter der Bundesregierung werden in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesarbeitsministerium..." usw. Das heißt, das ist offensichtlich eine Koalitionsarbeitsgruppe, die dort tätig ist. Ich will nicht ausschließen, dass auch Länder dort vertreten sind, die parteipolitisch koalitionsnah stehen. Thüringen ist jedenfalls zu einer solchen Arbeitsgruppe bisher nicht eingeladen. Dementsprechend kann ich Ihnen nur vom Hörensagen berichten.
Zu Frage 4: Da möchte ich eigentlich auf das, was ich zu Frage 2 gesagt habe, unabhängig davon antworten. Sollte die Landesregierung ein eigenes Landesgesetz vorbereiten, werden wir natürlich wie im üblichen Gesetzgebungsverfahren handeln. Das heißt, es werden die Betroffenen, die Verbände im Rahmen einer Anhörung am Gesetzgebungsverfahren beteiligt. Ich denke mir auch, dass wir, wenn ein Bundesgesetz kommt, denn wir werden ja im Bundesrat auch etwas dazu sagen, ich werde mich natürlich über die Verbände und über die Liga zur Stellung dieser Organisationen zu dem neuen Gesetzentwurf informieren.
Zwei Nachfragen, die erste zu Frage 2. Ich vermute, Sie haben jetzt auch das SGB IX hier mit ins Kalkül gezogen, weil Sie von einer Bündelung geredet haben. Das ist mit dem Gleichstellungsgesetz natürlich nicht gemeint. Zu Frage 4 noch einmal: Es gibt ja ein außerparlamentarisches Bündnis für ein Gleichstellungsgesetz in Thüringen. Hier wurden ja im Dezember die Unterschriften übergeben. Es gab auch schon Gespräche mit Mitarbeitern Ihres Hauses. Ist das ausbaufähig oder gibt es da eine andere Haltung Ihres Hauses?
Die PDS-Fraktion beantragt die weitere Beratung der Frage und der Antwort im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit.
Darüber werden wir abstimmen. Wer für die Weiterberatung im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit stimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Ja, das ist bestätigt, die Frage ist überwiesen.
Wir kommen zur Frage in Drucksache 3/1293 der Abgeordneten Frau Dr. Stangner, vorgetragen von der Abgeordneten Dr. Klaubert.
Ende Dezember 2000 nahm der Präsident des Landeskriminalamts Thüringen öffentlich Stellung zur Gewalt an Thüringer Schulen. Er beklagte: "Die Täter werden immer jünger und immer brutaler... Die Altersgrenze verschiebt sich plötzlich nach unten."
1. Wie viele Fälle von körperlicher und psychischer Gewaltkriminalität sind an Thüringer Schulen und in deren Umfeld in den Jahren 1999 und 2000 bekannt geworden?
2. Welche Rückschlüsse zieht die Landesregierung aus oben genannter Entwicklung auf die Wirksamkeit in der Schule laufender Projekte und Initiativen, vor allem des
Streitschlichterprogramms, des fächerübergreifenden Themas "Erziehung zu Gewaltfreiheit, Toleranz und Frieden" und der Unterstützung des rechtskundlichen Unterrichts durch Richter und Staatsanwälte?
4. Sieht die Landesregierung die Notwendigkeit, die Zusammenarbeit von Lehrern und Eltern im gemeinsamen Kampf gegen Gewaltkriminalität zu verstärken und wenn ja, mit welchen Inhalten und Formen?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich beantworte die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Stangner namens der Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Die polizeiliche Kriminalstatistik des Thüringer Innenministeriums weist für 1999 119 Fälle von Gewaltkriminalität aus. Der Anteil an schwerer oder gefährlicher Körperverletzung beträgt 105 Fälle. Fallzahlen für den Berichtszeitraum 2000 stehen erst mit der Veröffentlichung der polizeilichen Kriminalstatistik verbindlich fest. Unsere Nachfrage hat erkennen lassen, dass die Tendenz in beiden Fällen sinkend ist.
Zu Frage 2: Die Förderung schulischer Einzelprojekte wird ebenso wie die Initiierung und Unterstützung von Projekten durch das Kultusministerium - das Programm "Konfliktvermittlung durch Schüler" ist ein Beispiel dafür als wichtiger Baustein zur Gewaltprävention an Thüringer Schulen angesehen. Die Wirkung dieser Projekte kann nur für die konkret einbezogenen Schulen beurteilt werden. Die vorliegenden Projektberichte lassen ebenso wie Gespräche mit den teilnehmenden Schülern und Lehrern den eindeutigen Schluss zu, dass die aktive Auseinandersetzung mit der Gewaltproblematik in Form von Projekten positive Rückwirkungen auf das Schulklima wie auch auf das Verhalten Einzelner hat. Gleiches gilt für die Einbeziehung von Richtern und Staatsanwälten in den rechtskundlichen Unterricht. Das fächerübergreifende Thema "Erziehung zu Gewaltfreiheit, Toleranz und Frieden" gibt Anregungen zur Befassung mit der Gewaltproblematik quer durch alle Schularten und in unterschiedlichen Fächern. Die Implementation der 1999 in Kraft gesetzten Lehrpläne wird zurzeit wissenschaftlich untersucht. Zur Umsetzung einzelner fächerübergreifender Aufgabenstellungen im Unterricht kann daher zum jetzigen Zeitpunkt noch keine begründete Aussage getroffen werden.
Zu Frage 3: In zentralen Fortbildungsangeboten des Thüringer Instituts für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien wie auch in regionalen Abrufangeboten, auch
in Zusammenarbeit mit freien Trägern der Landeszentrale für politische Bildung und dem Landesjugendring werden Lehrkräfte befähigt, sich der Gewaltproblematik zu stellen und vielfältige Strategien zu deren Bewältigung kennen zu lernen und anzuwenden. Hierzu gehört beispielsweise die Fortbildung von Schulleitern über rechtliche Möglichkeiten zur Abwehr von Gewalt an Schulen. Von Bedeutung ist für die Lehrkräfte aber auch, Möglichkeiten und Handlungsansätze von Partnern wie der Justiz, der Polizei und der Jugendhilfe zu kennen. Kultus-, Justizund Innenministerium sowie der Minister für Soziales, Familie und Gesundheit haben deshalb vor kurzem ein gemeinsames Fortbildungsprogramm veröffentlicht, dem als zweiter Schritt ein auf die regionale Fortbildung zugeschnittenes Fortbildungsprogramm für Lehrer, Eltern, Schülervertreter, Sozialarbeiter und Polizisten folgen soll.
Zu Frage 4: Die enge Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus ist eine notwendige Bedingung für erfolgreiche Präventionsarbeit an den Schulen. Die Beratung von Eltern in Erziehungsfragen in einem von Vertrauen getragenen Verhältnis ist Aufgabe eines jeden Lehrers. Aber auch in den institutionalisierten Gremien wie den Elternvertretungen oder den Schulkonferenzen wird eine gute Zusammenarbeit gepflegt, die im Bedarfsfall von den Schulämtern oder dem Kultusministerium unterstützt wird. Auf der Landesebene kooperiert das Kultusministerium mit der Landeselternvertretung, die sich gerade im vergangenen Jahr intensiv mit Themen wie Gewalt oder Extremismus beschäftigt hat. Das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien hält für Eltern mit der Elternakademie ein besonderes Angebot vor. Als gemeinsames Projekt mit den Partnern Landeselternvertretung und Kultusministerium werden z.B. auch Veranstaltungen angeboten, die sich mit Strategien zur Konfliktlösung auseinander setzen.
Ich gehe davon aus, dass es eine solche Statistik gibt. Ich habe sie jetzt nicht dabei, aber ich werde mich erkundigen und Ihnen das dann zuleiten.
Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Danke, Herr Minister. Frau Abgeordnete Nitzpon, Sie haben sicher einen Antrag.
Die PDS-Fraktion beantragt die weitere Beratung der Anfrage und der Antwort im Ausschuss für Bildung und Medien. Wenn dies überwiesen wird, dann bräuchte Herr Krapp das uns nicht extra zuzusenden, sondern er könnte das dann im Ausschuss machen.
Wir werden darüber abstimmen. Wer für die Überweisung der Frage an den Ausschuss für Bildung und Medien votiert, den bitte ich um das Handzeichen. Ja, das ist ausreichend. Die Frage ist damit überwiesen.
Wir kommen zur Frage in Drucksache 3/1296, Herr Abgeordneter Huster. Frau Abgeordnete Nitzpon, Sie tragen die Frage vor.
In einer Tischvorlage des Landesjugendhilfeausschusses am 20. November 2000 wurde zum Stand der Diskussion zur Errichtung einer Einrichtung nach der Konzeption der aus Amerika stammenden Glen Mills Schools informiert. Die ersten Gesprächsrunden, an denen Vertreter des Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit, Vertreter des Thüringer Justizministeriums sowie Vertreter des Landesjugendamts teilnahmen, begannen bereits im September 1999.
1. Zu welchen Ergebnissen führten oben genannte Gespräche und Beratungen mit Vertretern der Landesregierung?
2. Liegen der Landesregierung Konzepte zur Errichtung von Einrichtungen nach dem Vorbild der amerikanischen Glen Mills Schools vor und wenn ja, von welchen Trägern?
3. Liegen der Landesregierung offizielle Anträge zur Errichtung von Einrichtungen nach dem Vorbild der amerikanischen Glen Mills Schools vor und wenn ja, von welchen Trägern?
4. Welchen Standpunkt vertritt die Landesregierung grundsätzlich zur Errichtung von Einrichtungen nach dem Konzept/oder Teilen des Konzepts der amerikanischen Glen Mills Schools in Thüringen.
Da in den angeführten Gesprächen nicht alle fachlichen Fragen geklärt werden konnten, bot das Landesjugendamt an, ein Expertengespräch zum Thema "Alternative Bildungs- und Betreuungskonzepte für schwierigstes Klientel in der Jugendhilfe" durchzuführen. Dieses Expertengespräch fand am 14.12.1999 in Erfurt statt und führte dazu, dass das Bundesjugendministerium Mitte letzten Jahres eine Expertise, insbesondere zu Fragen der Voraussetzungen und Leistungsfähigkeit des Glen Mills School-Konzepts beim Deutschen Jugendinstitut in Auftrag gegeben hat. Die Ergebnisse dazu liegen mir allerdings noch nicht vor.
Zu Frage 2: Dem Landesjugendamt liegt ein Konzeptentwurf der Glen Mills Academie Deutschland für das in Sülzhayn geplante Projekt vor. Es sind ja drei dieser Anfragen, mal bezieht es sich auf Nobitz, mal auf Sülzhayn. Also für Sülzhayn liegt ein Grobkonzept vor. Darüber hinaus gibt es lediglich ein erstes Arbeitspapier der Investorengruppe, die angrenzend an den Regionalflughafen Altenburg/Nobitz eine Einrichtung nach dem Vorbild der Glen Mill Schools geplant hat.
Zu Frage 3: Es ist ein Antrag auf Erteilung der Betriebserlaubnis bei dem insoweit zuständigen Landesjugendamt eingegangen, und zwar bezogen auf die in Sülzhayn geplante Einrichtung.