3. die Zusammenführung von Daten zum Verlauf der Beobachtung und Bewertung der übrigen Maßnahmen der Landesarbeitsmarktpolitik gesichert werden muss, um eine vollständige Analyse der Wirksamkeit aller relevanten Förderprogramme und Maßnahmen zu erreichen;
4. die stärkere Konzentration der Bildungsträger auf die Vermittlung qualifizierter und anerkannter Berufsabschlüsse und auf eine verstärkte Unterstützung der Teilnehmer bei der anschließenden Arbeitssuche erfolgen muss sowie
5. und letztens, die Kooperation zwischen Bildungsträgern, Sozialpartnern, Berufsverbänden und lokaler Wirtschaft zur kontinuierlichen Abstimmung von Qualifizierungsmaßnahmen und regionalem Arbeitsmarktbedarf intensiviert werden sollte.
Das Letztgenannte ist ein Dauerproblem, das uns die Vertreter der Wirtschaft jedesmal vorhalten und sagen, wir bekommen nicht die richtigen Jugendlichen, die haben nicht die richtige Ausbildung oder bei der Umschulung würde das Arbeitsamt nicht das machen, was die Unternehmer in den Betrieben brauchen. Das Arbeitsamt beklagt, dass sie nicht wüssten, welche Anforderungen in den Betrieben sind. Also ein Dauerthema, das nicht nur bei dem Einsatz ESF-Fördermittel angemahnt wird, sondern eigentlich uns alle bewegen sollte auch landespolitische Akzente dort zu setzen, dass die Verzahnung besser miteinander funktioniert. Durch das IFO-Institut wurden bei der Zwischenevaluierung zum Europäischen Fonds regionale Entwicklungsvorschläge für die Weiterentwicklung der EFRE-Förderstrategie unterbreitet, die sich schwerpunktmäßig bezogen haben auf die Ausdehnung des Begriffs der Förderung wirtschaftsnaher Infrastruktur und der Fremdverkehrsinfrastruktur, um sowohl Maßnahmen zur Beschleunigung des Wirtschaftsverkehrs als auch des Fremdenverkehrs, wirtschaftspolitische Impulse z.B. der zahlreichen in Thüringen vorhandenen Baudenkmäler, Kultur- und Sporteinrichtungen besser nutzen zu können. Wenn man an Thüringen denkt, haben wir einerseits als Last, andererseits als Chance genügend Burgen und Schlösser. Wir müssen kein Disneyland bauen, weil wir so reich gesegnet sind, dass wir damit eine Chance nutzen können, um noch mehr Fremdenverkehr damit auch hier ins Land zu holen. Weiterhin die Nutzung der Förderpolitik, um interindustrielle Lieferbeziehungen zwischen Wirtschaftssektoren, Branchen, Unternehmen und Regionen zu stärken und so zur Clusterbildung beizutragen. Und es sollte die Nutzung der so genannten endogenen Entwicklungspotenziale vermehrt in die Förderung Eingang finden, um vor allem positive Auswirkungen auf die Beschäftigung, Flexibilität auf zur Verringerung sozialer Kosten sowie der Verkehrs- und Umweltbelastung zu erschließen.
Sehr geehrter Herr Minister Schuster, und wenn wir in die Betrachtung auch noch Erkenntnisse aus der Berichterstattung des Thüringer Europaabgeordneten Rolf Behrendt einfließen lassen wollen - Sie werden erstaunt sein, dass ich genau auf Ihren Parteikollegen hinweise -, dann wird es notwendig, dass im Wege der technischen Unterstützung mit Hilfe von Schulungsund Vorbereitungsmaßnahmen eine umfassende Beratung von Antragstellern und eine ordnungsgemäße Beurteilung der Anträge sicherzustellen, dass durch eine gelungene Projektauswahl und Schwerpunktsetzung entscheidende Weichen für die Inanspruchnahme und Abwicklung der Mittel zu sichern ist, dass im Arbeitsprozess in Thüringen Voraussetzungen für die begleitende Bewertung zu schaffen und die Möglichkeit der Programm- und Finanztabellenänderung über den Begleitausschuss, ausgehend von den Einschätzungen zu der Entwicklung auf Schwerpunktbereichen, zu nutzen und vor allem nicht nur Schwerpunkte und Finanzansätze für den Einsatz der Fondsmittel, sondern auch die zu
erreichenden inhaltlichen Ziele zu definieren, um damit auch eine inhaltliche Bewertung der Wirksamkeit der generellen Zielstellung für den Einsatz der Strukturfonds, nämlich die Stärkung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, sicherzustellen. Wo ihr CDU-Kollege Recht hat, hat er Recht. Ich denke, er hat Gründe gehabt, warum er das so formuliert hat.
Meine Damen und Herren, setzen wir uns allein unter diesen Gesichtspunkten mit dem gegebenen Bericht auseinander, dann stellen wir zumindest Diskrepanzen zwischen schon vorliegenden Erkenntnissen, auf die ich hingewiesen habe, und dem Berichtsinhalt fest. Wir müssen auch feststellen, dass heute zwar Ansätze und Ziele dargestellt, aber keine Erkenntnisse aus dem Verlauf der so genannten Beihilfekontrollen dargestellt wurden. Dass neben den hier schon mehrfach besprochenen Problemfällen, ich will die alle gar nicht mehr...
(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Das ist aber nicht der Antrag. Da müsst ihr einen Antrag machen "Pilzprogramm".)
Nein, ein "Wanderpilzprogramm", das wäre interessant. Aber es ist eben auch darauf hinzuweisen, dass nach Auskunft der Kommission im Bereich der Landwirtschaft zurzeit etwa 50 Maßnahmen, bei denen es sich zum großen Teil um Not- und Umstrukturierungshilfen handelt, geprüft und durch die Kommission zwei Verfahren nach Artikel 88 Abs. 2 des EG-Vertrags eingeleitet wurden. In dieser Einheit - Auswertung der bisher erreichten Ergebnisse, Situationsanalyse auf arbeitsmarktpolitischem, wirtschaftlichem und strukturpolitischem Gebiet und Definierung der Förderstrategie und der einzelnen Aufgabenschwerpunkte bei Festlegung der zu erreichenden Wirksamkeit des Mittelansatzes - sehen wir die Voraussetzung für einen verantwortungsvollen Einsatz der Mittel und für eine vergleichende Bewertung zwischen Vorgabe und Erreichung der Zielstellung. Geld ausgeben allein kann kein Credo sein. Arbeitslosigkeit nachhaltig senken, Herr Minister, da gebe ich Ihnen Recht, Ausbildung und Bildung befördern, Wertschöpfung erhöhen, Umwelt entlasten, Innovation nutzen - das haben Sie in Ihrem Bericht auch vorgetragen, ich denke, es müssen harte Fakten zur Ermittlung mit eingebaut werden, um festzustellen, ob wir auf dem Weg die Gelder auch richtig einsetzen. Dazu die Mittel der EU, des Bundes und des Landes zu bündeln und das Ergebnis messbar gestalten wird notwendig, wenn in unserem Land bis 2006 ent
scheidende Schritte zur selbsttragenden Entwicklung gegangen werde sollen. Der Bericht ist in entscheidenden Passagen hinter diesen Anforderungen zurückgeblieben.
Und, Herr Minister Schuster, abschließend ein Wort zur Terminkette für die ergänzende Programmplanung: Diese Untersetzung der OP-Schwerpunkte mit Förderprogramm muss drei Monate nach Bestätigung des OPs vorliegen, also spätestens am 15. März dieses Jahres. Die Weichen dafür sind zumindest dahin gehend gestellt, dass der Begleitausschuss für den 7. März eingeladen wurde. Er hat bloß noch keine Unterlagen und damit ist sowohl eine qualifizierte Vorbereitung als auch eine Berücksichtigung eventueller Hinweise für die Endfassung kaum gegeben. Hier wiederholt sich also das, was bei der Erarbeitung des OPs im Umgang mit den Akteuren schon geschehen ist und ich befürchte, dass jetzt schon wieder die Akteure nicht einbezogen werden. Nachdem es den Fondsverwaltern in der konstituierenden Sitzung des Begleitausschusses auch gelungen war, Zustimmung von den Regional- und Wirtschaftspartnern dafür zu erhalten, dass zur Beschleunigung von Entscheidungen die zwar mitreden, aber nicht mit entscheiden können, haben sie mit der Nichtberücksichtigung gegebener Hinweise auch keine Probleme, d.h., die Akteure sind in Thüringen außen vor gestellt worden. Ebenso wie sie auch keine Probleme darin sehen, bisher regionale Konsulter für die Bewirtschaftung des ESF in einem Ausschreibeverfahren wegen unangemessen niedrigem Angebot bei der Vergabe nicht zu berücksichtigen. Ich kann insgesamt nur sagen, Herr Minister, für diese Entwicklung nicht "herzlichen Dank", sondern da kann ich nur sagen "Danke schön", das ist Belletristik, das bringt das Land nicht weiter.
Als nächster Abgeordneter hat sich der Abgeordnete Bergemann gemeldet. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die CDUFraktion will mit diesem Antrag, dass Förderschwerpunkte und Förderstrategien der EU-Strukturreform im Rahmen der Regionalfonds EFRE und EFS beleuchtet und dargestellt werden. Und ich kann nur sagen, Herr Minister, wir haben einen umfassenden Bericht dazu gehört, genau zu diesem unseren Antrag.
Verehrter Kollege Bodo Ramelow, es war nicht in dem Antrag von uns gefordert, dass wir über den Förderzeitraum 1994/99 berichten sollen, dass wir evaluieren sollen - nein, das war nicht das Ansinnen unseres heutigen Antrags und das muss man einfach mal zur Kenntnis
nehmen. Der Minister hat in seinen Ausführungen, in seinem Bericht, ganz klar deutlich gemacht, worauf es ankommt. Der Bericht zeigt auch die Notwendigkeit, dass wir in Zukunft gerade mit den EU-Strukurtfonds für die Sicherung, für die Schaffung von Arbeitsplätzen - er hat mehrere Punkte aufgezählt - dieses Förderinstrument nutzen müssen im Zeitraum 2000 bis 2006. Klar ist, dieses 325-Seiten-Papier, so stark ist es, ich habe mir auch die Mühe gemacht, da mal in einige Passagen reinzugucken, ich will es uns ersparen, jetzt inhaltlich noch einmal darauf einzugehen - erstens haben wir den Bericht gehört, zweitens würde das den Rahmen sicher sprengen, denn ich müsste dann auch nicht in freier Rede sprechen, sondern ich müsste ablesen, das wollen wir nicht. Wir wollen ja hier zügig vorankommen, zumal wir auch - hier an der Stelle kann ich das schon sagen - die Ergebnisse aus diesem Bericht natürlich weiterverwenden wollen. Ich denke an die Enquetekommission Wirtschaftsförderung, weil das ja für uns notwendig ist.
Aber ich möchte noch zwei kritische Punkte auch an die Adresse der EU bei dieser Gelegenheit benennen: Man darf nicht vergessen, vom ersten Kabinettsdurchgang schließlich bis zur Genehmigung dieses Programms im Dezember letzten Jahres hat es vierzehn Monate gedauert. Das hieß eben, dass auch Mittel für investive Maßnahmen aus diesen Fonds nicht fließen konnten und hier, denke ich, muss man einfach auch einmal dem Land einen positiven Aspekt deutlich einräumen, der die kommunale Ebene betrifft. Wir sind in die Zwischenfinanzierung gegangen in dreistelliger Millionenhöhe.
Das heißt im Klartext, dass auch daraus für Thüringen Zinsen entstanden sind, das darf man nicht vergessen. Ich erinnere mich noch gut daran, im Mai letzten Jahres, als DPA groß getönt hat "EU-Gelder können nun fließen", Minister Sklenar hatte auch noch einmal darauf hingewiesen, was es für Thüringen heißt, im Dorferneuerungsprogramm überall Stillstand - das war einfach schlichtweg falsch, das muss man einfach zur Kenntnis nehmen, es ist bis Dezember nichts passiert. Und die Ursachen meiner Ansicht nach liegen eben nicht zuletzt in den langwierigen bürokratischen Abstimmungen mehrerer Generaldirektionen über die Genehmigungsfähigkeit untereinander. Das ist das Problem, das wird dort in Brüssel von einer Generaldirektion in die andere geschoben, alle müssen abstimmen, dass der Prozess so ist, ich denke, da muss der Ansatz gefunden werden, dass man zu Erleichterungen kommt. Und - zweiter Punkt - auch das Junktim, was geschlossen werden sollte, oder was immer konstruiert worden ist zwischen FFH-Förderungen auch in den neuen Ländern und der Auszahlung der Strukturfondsmittel, das ist von uns in Thüringen immer abgelehnt worden, aber Bundesumweltministerium und auch Kommissarin Wallström haben das immer schön am Kochen gehalten, damit man hier auch Argumente hat, warum diese zeitliche Verzögerung eingetreten ist.
Ich denke, meine Damen und Herren, es ist gelungen - das muss man sagen - durch die großzügigen Bescheide zum förderunschädlichen vorzeitigen Maßnahmebeginn, dass wir überhaupt ein Stück vorwärts gekommen sind auf dieser ganzen Ebene.
Und trotzdem - ich habe es erwähnt - sind die Kommunen hier natürlich immer, die in die Vorfinanzierung gehen mussten, am Ende benachteiligt gewesen. Kollege Ramelow hat auf einen wichtigen Punkt hingewiesen, das ist mir auch klar, man denkt in der Kommission ja jetzt deutlich darüber nach, was wird nach dem Strukturfondszeitraum 2006? Die EU-Osterweiterung, die vor der Tür steht, spielt eine Rolle, die Ziel-I-Region wird eine Rolle spielen. Diesen Fragen müssen wir uns stellen. Ich denke, das ist wichtig, weil das auch in den Gesprächen der Bundesregierung klar sein sollte und müsste, auch zum Solidarpakt II ist das eine wichtige Komponente. Namens der CDU-Fraktion beantrage ich die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik, weil wir glauben, dass es auch für die Enquetekommission wichtig ist. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich werde mich im Gegensatz zu meinem Kollegen Ramelow selbstverständlich nicht mit der Vergangenheit des Berichts befassen, sondern einige Gedanken zur Zukunft äußern. Ich glaube, das ist wichtig. Natürlich hat die Debatte darum den Beigeschmack, es sieht ja schon fast wie Leichenschändung aus, dass wir über eine Sache reden, die wir nicht beeinflusst haben und die längst bewilligt ist - Gott Lob jetzt bewilligt ist -, selbstverständlich ist das so. Aber dieser Interventionsfonds oder die Interventionsfonds der EU sind ja nun mal, Sie sagten es ganz richtig, Kollege Bergemann, im Zusammenhang zu sehen auch mit den anderen Fördermitteln, die wir hier vergeben und mit denen wir hier arbeiten, mit denen wir gearbeitet haben und noch sehr lange, hoffentlich sehr lange, arbeiten können, sind die GA-Mittel selbstverständlich auch Landesmittel, das ist richtig. Es geht im Grunde genommen also nach meinem Dafürhalten um eine Veränderung, vielleicht auch sogar um eine Neugestaltung der Förderkulisse in Thüringen, und das ist ja auch Aufgabe der Enquetekommission, die wir eingesetzt haben, und ich bin überzeugt, die wird sich bis Mitte oder bis in das III. Quartal
dieses Jahres damit sehr verantwortungsbewusst zu befassen haben. Die Einsatzziele des Strukturfonds - und ich will mich jetzt mal ausschließlich auf EFRE beziehen - sind im Allgemeinen die zwei, die auch bekannt sind. Das ist zum einen die Fortsetzung des wirtschaftspolitischen Konvergenzprozesses, deshalb waren wir ja Ziel-I-Gebiet und sind auch Ziel-I-Gebiet geblieben, und das ist die Beschäftigungsmehrung, um das mal ganz lax, eindeutig und klar auszudrücken. Und dazu, wenn wir schon über Strategien der Förderpolitik nachdenken, das ist schon richtig so, muss man natürlich auch die Situation, wie sie jetzt geht und steht, berücksichtigen. Das ist völlig klar. Es gehört nicht nur eine Stärke- und Schwächeanalyse dazu, ich rede ja nicht von Beta-Konvergenz, Sie hatten die wunderschönen Dinge, die hier drinstehen, gesagt, Kollege Ramelow, nein, nein es geht um eine kritische und sachliche Bewertung des Zustands unserer Wirtschaft und unseres Gemeinwesens in Thüringen überhaupt. Da gibt es natürlich verschiedene sich diametral gegenüber liegende Ansichten und beide sind extrem. Die einen sagen, wir sind auf dem besten Weg, Zahlerland zu werden, weil wir so gut sind - das wäre schön. Im Übrigen, das weiß jeder, der sich damit ein wenig befasst hat, wir können immer nur so gut sein, wie es die anderen zulassen. Das betrifft nicht nur die Situation der Konjunktur in Deutschland und wenn Sie daran denken, wie schwer jetzt Amerika auf den Bauch gefallen ist, da ist schon klar, was das für Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft und den deutschen Außenhandel hat. Also, das ist die eine Sache und der gehöre ich nicht an. Die zweite Extremsituation, die ist vielleicht noch verderblicher. Die sagen, ist ja völlig aussichtslos, das ist ja überhaupt nicht zu machen. Und das, was wir in den letzten Jahren erreicht haben, das berechtigt überhaupt nicht zu Optimismus, im Gegenteil.
Das ist auch falsch, wer auch immer. Ich sage das völlig leidenschaftslos. Ich will das nur mal darstellen. Zu denen gehöre ich auch nicht. Und das ist natürlich dann leicht zu sagen und das ist auch legitim zu sagen, über das, was wir an Förderung genießen in den neuen Bundesländern, wir brauchen ein Sonderprogramm. Ich will auch gern ein Sonderprogramm. Das ist natürlich fatal, über weitere Sonderprogramme deshalb jetzt zu reden, weil der Länderfinanzausgleich noch nicht klar ist, die Anschlussregelung vom Solidarpakt für den Solidarpakt II noch nicht sichergestellt worden sind. Das wird alles problematisch. Aber selbstverständlich möchte ich dann auch noch darüber hinaus gehend ein Sonderprogramm, um beispielsweise die Kommunen mit investiven Mitteln auszustatten, um Verkehrsprogrammen Zusätzliches aufzulegen. Ich bin aber sowohl nicht der einen als auch der anderen Richtung zugehörig und noch immer optimistisch, dass wir das schaffen werden hier im Osten, natürlich auch in Thüringen. Ich bin aber nicht op
timistisch, was den Zeitraum anbelangt, der ursprünglich mal angedacht gewesen ist, von wegen fünf und zehn Jahre und 15 Jahre. Wir werden das in diesen Zeiträumen nicht schaffen können. Diese Betrachtung ist eigentlich nur nüchtern; Wachstumsdynamik, so wie das immer gesagt wird, aus eigener Kraft wird in den nächsten kommenden fünf Jahren hier in Thüringen und in den neuen Bundesländern noch nicht so ausgeprägt möglich sein können. Wo sind also die Schwächen? Ich meine, es gibt eine ganze Reihe von Schwächen. Man kann eine ganze Latte nennen. Die Schwächen betreffen die Thüringer, die betreffen die Sachsen und die Brandenburger in gleichem Maße und man kann sie zwar auflisten der Reihe nach, aber ich weiß, dass sie im kausalen Zusammenhang stehen, diese Schwächen. Ich will sie der Vollständigkeit halber nennen. Da ist zum einen, der Minister Schuster hat das gesagt, die mangelhafte Kapitalausstattung, die liegt bei 40 bis 60 Prozent branchenunterschiedlich. Damit kann man natürlich auf die Dauer nicht gut leben und am Markt bestehen und das führt zu Absatzschwankungen, das führt auch zu Defiziten bei der Ausstattung in Forschung und Entwicklung. Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt ist die mangelhafte industrielle Basis, die wir haben. Wir haben gute Unternehmen geschaffen, mehr im mittelständischen Bereich, ein bisschen weit oben angesiedelt, das ist klar, aber die Struktur ist noch nicht so ausgeprägt, dass sie für den Mittelstand sich als fördernd erweist. Unser Mittelstand gerät jetzt an die Grenze, weil uns ganz einfach die Industrie fehlt. Auch die Größe der Industriebetriebe spielt eine Rolle. Das Bruttosozialprodukt ist seit 1996 - das habe ich nachgelesen, ich dachte, es wäre später passiert - nicht signifikant gestiegen hier bei uns im Osten, es liegt zwischen 61 und 66 vom Hundert. Das ist noch deutlich zu wenig. Dann kommen natürlich die strapaziert in diesem Haus mehrfach behandelten infrastrukturellen Nachteile, nicht nur bei der Verkehrsinfrastruktur, da stehen sie ganz besonders, ich glaube, da sind wir uns einig, sie bestehen aber auch, merkwürdigerweise für mich, und das stand in dem Bericht auch zu lesen, im Bereich der industrienahen oder der wirtschaftsnahen Forschung und Entwicklung. Da habe ich gedacht, da sind wir gut drauf oder zumindest an der Rolle. Offenbar sind wir das nicht, zumindest, was der Sachverständigenrat da sagt. Und das Schlimmste und der folgenschwerste Standortnachteil meiner Meinung nach und auch Knackpunkt und mit allem anderen zusammenhängend ist die noch immer geringe Arbeitsproduktivität unserer Industrie. Beispielsweise ist Brandenburg Spitzenreiter im Osten. Wir sind auch in einigen Bereichen Spitzenreiter. Die Brandenburger liegen mit ihrer Arbeitsproduktivität bei 75 Prozent des Saarlandes und das Saarland ist das wirtschaftsschwächste Land der alten Bundesländer. Die Ursachen sind natürlich wieder, und das ist dieser kausale Zusammenhang, der hergestellt werden muss, die geringe Kapitalausstattung, die in der zweiten Hälfte der 90er Jahre ausdrücklich forcierten lohninten
siven Arbeitsprozesse, ist logisch, und die Preisnachteile, die unsere Industrie noch hat. Wir sind mit Dumpingpreisen auf den Markt gegangen Anfang der 90er Jahre und wir können immer noch nicht, im Durchschnitt noch nicht die Weltmarktpreise realisieren. Das sind alles die Folgen. Die schlimmsten Folgen sind, was diese Arbeitsproduktivität, die bei uns noch nicht in diesem Maße steigt, also der Anstieg der nähert sich fast asymtotisch im Bereich an und es ist keine Steigerung zu erkennen und merkwürdiger- und schlimmerweise ist die Folge, die wir hier in diesem Landtag vor einigen Wochen diskutiert haben, nämlich die Abwanderung von Fachkräften. Arbeitsproduktivität ist die Voraussetzung für eine bessere Bezahlung und ohne bessere Bezahlung laufen uns die Leute weg. Das hat natürlich auch Folgen, denn wer geht? Die Besten gehen, die Bestausgebildetsten gehen. Das hat Folgen für die private Kaufkraft, das hat Folgen selbstverständlich auch für potenzielle Existenzgründer, die uns fehlen, und wir verlieren an Humanressourcen. Das ist klar. Das ist erst mal die Situation, wie sie jeder kennt, wie sie eigentlich mehr oder weniger jedem bewusst ist. Jetzt müssen wir darüber nachdenken, wie wir das verändern können. Wir müssen langfristig und gründlich darüber nachdenken und ich bin der Auffassung, man sollte auch ohne parteipolitische Scheuklappen darüber nachdenken können, ohne Aufgeregtheiten. Ich hoffe, die Enquetekommission, der auch Fachwissen von außen zur Verfügung steht, wird dieses können.
Ich habe jetzt ganz einfach - und da möchte ich zum Abschluss kommen - mal ein paar Gedanken zu äußern, von denen es möglich sein müsste, dass man darüber spricht. Ich will es mal versuchen in fünf Punkten zusammenzufassen. Es muss, so meine ich, möglich sein, ernsthaft darüber nachzudenken, die Vergaberichtlinien der Gemeinschaftsaufgabe völlig kompatibel mit dem von EFRE zu machen, das sind sie nämlich nicht. EFRE ist deutlich großzügiger ausgestattet, seit Jahren im Übrigen schon, die GA nach wie vor, obwohl es der Artikel 104 a des Grundgesetzes eindeutig hergibt, dass man auch Forschung und Entwicklung und Straßenbau fördern kann mit GA. Also wir müssen darüber nachdenken, dieses kompatibel zu machen. Das führt selbstverständlich nicht dazu, dass die Mittel mehr werden, aber es führt zu einer Vereinheitlichung. Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt: Es muss doch möglich sein, ernsthaft darüber nachzudenken, ob es noch zeitgemäß ist, Neu-, Erweiterungsinvestition und Rationalisierungsinvestition unterschiedlich zu fördern. Ich weiß, dass ich da Widerspruch von allen, vielleicht auch von meiner Partei, bekomme, aber ich kann es nicht mehr einsehen. Ich habe Fälle erlebt, wo eine Rationalisierungsinvestition wichtiger ist für das Umfeld und den Effekt, der in der Umwelt entsteht, als eine Neuinvestition. Das ist ganz eindeutig so und das hängt ja auch mit der Arbeitsproduktivität und dem Lohngefälle wieder zusammen. Also, ich würde dieses anregen wollen, dass man das tut, dass
man darüber nachdenkt. Warum müssen denn so deutliche Unterschiede gemacht werden, was die Höchstfördersätze anbelangt, bei diesen drei Investitionsarten. Und es muss auch möglich sein, ernsthaft darüber nachzudenken - und mit Qualität, da gibt es natürlich verschiedene Indikatoren, ich meine Innovationspotenzial, ich könnte meinen die Wertschöpfung, ich könnte die Arbeitsproduktivität auch meinen -, ob es nicht möglich wäre, jede einzelne Investition, die wir fördern, nach diesen Qualitätskriterien zu fördern und deutlich unterschiedlich zu fördern. Ich will mal ein Beispiel nennen: Es ist nicht einzusehen, dass ich ein Sägewerk genau so zu fördern habe oder könnte wie beispielsweise einen Spezialmaschinenbau oder ein Unternehmen, das Reinraumtechnik produziert. Das ist für mich nicht nachvollziehbar und deshalb sage ich: Darüber sollte man wohl auch nachdenken.
Vierter und vorletzter Punkt: Es muss doch möglich sein, ernsthaft darüber nachzudenken - und das hängt jetzt wieder mit der Kompatibilität von GA und EFRE zusammen -, ob man nicht aus GA-Mitteln, wenn es denn so weit wäre - ich weiß, dass das schwierig ist, das mit der Bundesregierung zu verhandeln, das können Sie nicht allein entscheiden und wir können das auch nicht hier -, ein Landesstraßensonderprogramm aus GA-Mitteln aufzulegen, und zwar dergestalt, dass es auch wirksam wird. Sehen Sie, ich bin aus einer Gegend, wenn wir beispielsweise den Landesverkehrsplan hernehmen, der am Ende ein so genanntes schwarzes Loch enthält, das ist meine Gegend, hier unten Bad Blankenburg, SaalfeldRudolstadt. Die Anbindung dieser Region ist selbst unter Fertigstellung aller Maßnahmen des Bundesverkehrswegeplans eine - Pardon - beschissene, wenn wir mal fertig sind. Ich bitte um Verzeihung, Frau Präsidentin. Es ist natürlich für die Unternehmen bei uns, ich sage Ihnen, das Stahlwerk Thüringen mit 900.000 Tonnen Walzstahl pro Jahr, das frachtet zwei Drittel über die Straße ab. Zwei Drittel geht da über die Straße und vorrangig nach Norden und nach Westen, und genau da gehen wir über die Landesstraßen, über die 11 18 oder wie sie heißt - Herr Kallenbach, Sie werden es genau wissen - und darüber werden hunderttausende Tonnen abgewickelt. Das kann doch nicht gut sein. Ich kann mir vorstellen, dass nicht jeder Ort in Thüringen 1 a angebunden werden kann an das Landesverkehrsnetz, aber ich kann mir schon vorstellen, dass Regionen angebunden werden können, zuverlässig, so dass man nicht das Gefühl haben muss, wir sind langfristig abgekoppelt.
Und letzter Punkt: Es muss auch möglich sein, darüber nachzudenken, meine sehr verehrten Damen und Herren, den wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen - ich rede jetzt nicht von Forschung und Entwicklung, da gibt es ja genügend Geld -, wir haben 21 noch an der Zahl, und vor allen Dingen denen, die durch das Evaluierungssieb gefallen sind, in einer Art und Weise zu helfen, die über eine Projektförderung hinausgeht und eine dauerhafte Grundausstattung, sie kann ja auch degressiv verlaufen,
Diese fünf Punkte bitte ich vielleicht mit in die Debatten einzubeziehen, wenn dann in der Enquetekommission darüber gesprochen wird. Ich weiß, dass das eine oder andere Thema ein Tabuthema für viele ist, auch aus politischer Sicht, aber ich glaube, man sollte über diese existenziellen Fragen, die für die Zukunft unseres Landes wichtig sind, schon ohne Aufgeregtheiten und ohne politische Scheuklappen diskutieren, beraten und entscheiden können. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich glaube, es kann einiges nicht so unwidersprochen stehen bleiben. Wir müssen uns schon - Herr Minister, Herr Lippmann auch mit Fragen, die aus der Vergangenheit herrühren, beschäftigen. Es geht gar nicht anders. Wir haben es mit einem Programm zu tun, was bereits neun Jahre hier wirkt. Und wir haben es mit einer Stärken-Schwächen-Situation nach neun Jahren Wirkung zu tun, die durchaus aufhorchen lässt. Und wenn der Minister Schuster erklärt, er macht in bewährter Art und Weise weiter - so waren wörtlich seine Worte -, dann stellt sich mir natürlich die Frage, ob wir in dieser bewährten Art und Weise diese Schwächen, die wir offensichtlich haben, beseitigen können. An der Stelle muss man darauf hinweisen, dass auf Seite 56 im Papier der Landesregierung "Operationelles Programm des Freistaats" als Schwäche aufgeführt ist, deutliches BIP im pro Kopf rückständig im Durchschnitt der EU. Das heißt im Klartext, wir haben 62 Prozent des EU-Durchschnitts des Bruttoinlandsprodukts nach neun Jahren oder auch zehn Jahren bewährter Förderung in diesen Programmen, die wir so fortsetzen wollen.
Meine Damen und Herren, es ist die letzte Förderperiode, die uns in diesem Umfang Geld zur Verfügung stellt, die allerletzte. Wir wissen alle, dass 2006 Schluss ist mit dem Geldsegen. Die Rechnung, die uns aufgemacht wurde, spricht eine deutliche Sprache. Wir sprechen über ein Fördervolumen in Höhe eines Gesamtjahreshaushalts dieses Freistaats, und dort gehen wir lediglich nach Meinung der Landesregierung mit dem Ansatz heran, in bewährter Art und Weise so fortzusetzen wie bisher. Das scheint mir eine mehr als zweifelhafte und illusorische Vorstellung, um das Ziel, das doch so hehr verkündet wird - blühende Landschaften und Angleichung der Lebensverhältnisse Ost und West in vertretbaren Zeiträumen - zu erreichen. Das sollte der Ehrlichkeit halber dann auch dazugesagt werden, Herr Schuster, dass mit diesem Programm Hilfe für einzelne,
aber nicht Angleichung der Lebensverhältnisse für die 2,4 Mio. zurzeit noch in Thüringen Gebliebenen - der Rest ist ja mittlerweile weg - erreicht werden kann, um auf diese Art und Weise eine entsprechende Angleichung zu bekommen. Ich bin also der Meinung, es macht schon Sinn, auch über Vergangenes nachzudenken und Fragen zu stellen, auch in der Art und Weise, wie sie mein Kollege Bodo Ramelow gesagt hat, der eben darauf hingewiesen hat, dass wir endlich Schwerpunkte setzen müssen und weg müssen von der Rasenmähermethode. Da teile ich durchaus Ihre Auffassung, Herr Lippmann, dass wir uns auch über einige neue Faktoren in der Förderung Diskussionspunkte suchen müssen und Ansatzpunkte finden müssen, um sie umzusetzen, wenn nämlich hier als Stärke festgestellt wird für die Achse Weimar Erfurt - Jena, dass es dort eine gute Anzahl von weichen Standortfaktoren gibt, heißt das doch im Klartext, in den restlichen Regionen gibt es genau diese Faktoren nicht. Wenn wir also keine Entwicklung in diesen Regionen wollen, müssen wir auch die zusätzlichen Faktoren nicht fördern. Wenn wir allerdings eine Entwicklung wollen, müssen wir diese Weichen mitfördern, Herr Schuster. Das heißt aber Schwerpunktsetzung und dieser Schwerpunktsetzung gehen Sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus dem Weg.
Wenn Sie, Herr Schuster, feststellen in Ihrem eigenen Material unter den Risiken eine begrenzte Finanzierungsmöglichkeit der öffentlichen Hand sowohl in der Kommune als auch in den Ländern und im Bund, Herr Schuster, dann frage ich mich, warum Sie den Vorschlägen zur verstärkten Mittelbereitstellung für die Kommunen im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs bzw. der Haushaltsdiskussion im Dezember letzten Jahres, die von unserer Seite eingebracht wurden, nicht zugestimmt haben. Genau das waren Ansatzpunkte, um dieses Risiko etwas zu minimieren. Ich gebe gern zu, es war keine Chance, dieses Risiko zu beseitigen, aber wir hätten zumindest eine Chance gehabt, dieses Risiko zu minimieren. Das ist von Ihrer Seite abgelehnt worden und heute dazu kein Wort. Ich glaube schon, dass an dieser Stelle die Betrachtungsweise, für die Sie Ihr Fraktionskollege Bergemann so gelobt hat, doch etwas unzureichend war und es durchaus möglich gewesen wäre, etwas stärker in dieser Richtung zu argumentieren. Ich befürworte deshalb auch die Ausschussüberweisung, weil wir dann genau über diesen Punkt mit reden müssen, denn eines haben wir alle gelernt, Herr Bergemann, wenn ich die analytische Basis nicht habe, komme ich mitunter zu hanebüchenen Schlussfolgerungen. Das müssten ausgerechnet die, die in der DDR groß geworden sind, ganz besonders gut wissen - Herrn Schuster mache ich keinen Vorwurf, der hat diese Zeit nicht miterlebt -, aber zumindest Sie müssten sich daran erinnern, dass die größten und dümmsten Fehler dadurch passieren, dass man die Vergangenheit nicht sauber analysiert und nicht klar erkennt und auch klar zugibt, welche Fehler man gemacht hat. Das geht nicht, indem man einfach über das Thema weggeht und sagt, Leute, macht mal den Deckel drauf, was war, ist geschehen, wir