Ich verzichte auch an dieser Stelle auf die Feststellung oder die Bezweiflung meiner Fraktion an der Beschlussfähigkeit des Landtags, obwohl ich das natürlich schon bedauerlich finde zu diesem Tagesordnungspunkt, der ja offensichtlich für zwei Fraktionen und immerhin fast der Hälfte dieses hohen Hauses eine enorme Bedeutung hat, und eigentlich beweist die Debatte in der Öffentlichkeit auch, dass die Bedeutung nach wie vor noch steht.
Meine Damen und Herren, die vergangenen parlamentarischen Debatten und auch die Aktuelle Stunde im letzten Plenum und natürlich auch ein Stück weit die veröffentlichte Staatsschutzdeliktstatistik haben, denke ich, wahrnehmbar deutlich gemacht, dass die Landesregierung keinerlei tatsächliche und wirksame Konzepte zur zivilgesellschaftlichen Bekämpfung von Rechtsextremismus, Ras
sismus und Antisemitismus hat. Anstatt Programme aufzulegen, die sich mit diesen vorhandenen gesellschaftlichen Problemen in einem ganz immensen Ausmaß auseinander setzen, flüchtet sich die Landesregierung in verharmlosende Interpretationen der veröffentlichten Statistik über Staatsschutzdelikte und obendrein auch in Vorwürfe der Heuchelei gegenüber PDS und SPD und damit natürlich auch in Vorwürfe der Heuchelei gegenüber denjenigen Initiativen und Organisationen, die ein zivilgesellschaftliches Handlungsprogramm gegen Rechtsextremismus einfordern. Der Thüringer Innenminister versucht es darin zu begründen, dass es bei der Forderung um ein Landesprogramm zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus der Opposition im Thüringer Landtag lediglich um einen Namen geht.
Meine Damen und Herren, in dem von der PDS-Fraktion vorgelegten Antrag zur heutigen Sitzung geht es um eine landesseitige Ergänzung des Bundesprogramms CIVITAS. Meine Damen und Herren, bleiben wir doch ein wenig bei Namen und Worten: CIVITAS bedeutet nichts anderes als Bürgerschaft, deren Engagement als ein Hauptbestandteil, eigentlich als der Kernpunkt der zivilgesellschaftlichen Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und Rassismus mit diesem Programm durch die Bundesregierung gefördert werden soll. Der Programmteil CIVITAS des Bundesprogramms "Jugend für Toleranz und Demokratie, gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus" umfasst einerseits die Förderung von Modellprojekten zur mobilen Beratung, Ausbildung und Unterstützung von Initiativen gegen Rechtsextremismus und die Förderung von Modellprojekten zur Beratung von Opfern bzw. potenziellen Opfern rechtsextremer Straf- und Gewalttaten jeweils in den neuen Bundesländern mit jeweils 5 Mio DM. Darüber hinaus werden Maßnahmen gefördert, die die Stärkung und Entwicklung zivilgesellschaftlicher demokratischer Strukturen im Gemeinwesen begünstigen, und weitere Maßnahmen der Kinder- und Jugendarbeit im Programm "Maßnahmen gegen Gewalt und Rechtsextremismus". Mit unserem Antrag, meine Damen und Herren, beabsichtigen wir eine Förderung in Thüringen zu erreichen, die Initiativen, die durch das Bundesprogramm gefördert werden, ergänzen soll, die aber auch Initiativen ganz unabhängig einer Förderung durch die Bundesregierung, aber den inhaltlichen Anforderungen des genannten Bundesprogramms entsprechend, ebenso fördern soll. Eines der Ziele, die wir auch damit verfolgen, ist, dass mittelfristig der Modellcharakter des Bundesprogramms durch eine kontinuierliche und gesicherte Landesförderung ersetzt wird.
Ich eröffne die Aussprache und bitte als Ersten Herrn Abgeordneten Fiedler an das Rednerpult. Herr Fiedler, würden Sie sich bitte ein bisschen sputen.
Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich spute mich ans Pult zu kommen, um die Meinung der CDU-Fraktion zu den beiden Anträgen - dem Antrag der PDS, wie gerade Kollege Dittes versucht hat das zu erläutern, zu CIVITAS und dem Antrag der SPDFraktion "Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt in Thüringen" in Drucksache 3/1469 - dem hohen Hause zur Kenntnis zu bringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist ja nicht das erste Mal, dass wir über dieses Thema hier im hohen Hause sprechen. Wir haben ja, ich glaube, es war vor drei Wochen, dieses Thema in diesem Hause schon ausgiebig erörtert. Ich war eigentlich der Meinung, dass das ausreichend war, dass insbesondere auch entsprechend die SPD nun endlich einmal mit ihrem politischen Schlachtgetümmel aufhört, um immer wieder dasselbe in den Vordergrund zu stellen und damit zu suggerieren, dass von der Landesregierung und auch insgesamt hier zu wenig im Freistaat Thüringen gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt unternommen wird. Ich will das noch einmal ausdrücklich zurückweisen, dass wir hier in Thüringen leider Gottes wie in der gesamten Bundesrepublik Deutschland mit diesen Problemen des Extremismus und der Gewalt zu kämpfen haben. Wir haben uns in diesem hohen Hause in - und ich glaube, das war noch nicht so oft vorgekommen - einer gemeinsamen Erklärung dagegen ausgesprochen. In diesem hohen Hause haben alle drei Fraktionen, die hier vertreten sind - alle hatten auch unterschiedliche Nuancen, jeder hat ein bisschen zurückgesteckt -, gesagt, wir wollen gemeinsam, dass dieser Extremismus im Lande bekämpft wird. Ich fand das einen guten Ansatz,
aber jetzt habe ich den Eindruck, dass dieser gute Ansatz von dem einen oder anderen verlassen wird, indem man versucht, politisches Kapital daraus zu schlagen.
Das ist nämlich das, was man jetzt endlich einmal auf den Tisch legen muss. Es kann nicht sein, dass hier immer wieder versucht wird, Unterstellungen in den Raum zu stellen. Natürlich, einer hat es wohl vorhin, glaube ich, gesagt - Herr Dittes, es ist die entsprechende Staatsschutzstudie des Innenministers vorgestellt worden. Wir
wussten das und ich wiederhole das noch einmal ausdrücklich, dass - und das hat der Innenminister damals schon gesagt, wir haben es auch vor drei Wochen und immer wieder gesagt - der Innenminister gesagt hat, es wird, nachdem wir den Verfolgungsdruck und auch die Statistikführung umstellen und verstärken, mehr Delikte geben. Das ist leider so, aber ich denke, es ist mir viel wichtiger, lass die Statistik auch nach oben gehen, wir müssen gemeinsam angreifen, damit wir überhaupt wissen, was im Lande los ist. Wir müssen weiterhin alle Kräfte mobilisieren, ob das die Schule ist, ob das die Ausbildung ist, ob das die Wirtschaft ist, dass wir weiterhin alle Möglichkeiten hier nutzen, um gemeinsam dagegen vorzugehen. Ich unterstreiche das "gemeinsam dagegen vorgehen", denn es bringt doch nichts, dass ich dazu immer wieder z.B. ein extra Landesprogramm fordere. Ich kann überhaupt nicht erkennen, dass dieses Landesprogramm in irgendeiner Form irgendwelche Vorteile bringt. Wir haben genügend Strukturen und wir haben die entsprechende Präventionsstelle im Innenministerium eingerichtet,
die interministeriell angegangen ist und die auch über die Ressorts hinweg agiert und auch arbeitet.
Herr Kollege Dr. Dewes, wir wissen beide gemeinsam, was wir meinen, dass es also hier diese Koordinierungsstelle ist, die im Innenministerium eingerichtet wurde und die vor allen Dingen übergreifend - und da lege ich auf das "übergreifend" Wert - sich dafür einsetzt, dass nicht nur die reinen, ich sage einmal, Straftaten registriert werden, dass übergreifend wissenschaftliche Erkenntnisse mit einfließen, dass übergreifend Erkenntnisse aus den unterschiedlichen Programmen mit einfließen. Ich denke, es muss eine vorrangige Aufgabe der Koordinierungsstelle sein, dass man die vorhandenen Programme nicht nur aufmerksam betrachtet, sondern analysiert, dass die vorhandenen Programme - und deren sind es viele, ich zähle sie jetzt nicht noch einmal alle auf, wir haben sie schon mehrfach genannt, es gibt eine Broschüre dazu und jeder weiß, was für Programme es in dem Land gibt -, dass diese vorhandenen Programme
Sie können sich doch nachher melden und vorgehen, da könne Sie doch Ihre Dinge vortragen; ich gehe doch davon aus, dass Sie das machen werden - wirklich analysiert werden, dass man auch umsteuert. Wenn man die Erkenntnisse hat, dass das Programm X jetzt in dem Fall, wie wir jetzt insbesondere Rechtsextremismus haben, nicht genügend wirkt, dann muss ich die Programme weiter ausbauen und muss sie auf das spezielle Klientel dann
ausrichten. Ich denke auch, und da möchte ich an der Stelle auch insgesamt noch einmal die Landesregierung bitten, bisher hat die Koordinierungsstelle hervorragend funktioniert und die Ergebnisse sind
im Innenausschuss haben wir diese Dinge doch auch beredet - durch den Innenminister vorgetragen worden und wie das Ganze wirkt. Aber meine Bitte und auch Forderung an die Landesregierung: Hier darf es nicht dazu kommen, dass wir uns vielleicht um zwei oder drei Stellen streiten, sondern da muss die Landesregierung geschlossen das Ganze unterstützen und den Innenminister insgesamt, dass er diese Aufgabe für die Landesregierung wahrnehmen kann. Ich denke, das gehört auch mit zur Fairness dieser ganzen Geschichte. Frau Bergmann hat in ihrer - das muss man einfach einmal wiederholen, denn darauf müssen wir noch einmal zurückkommen, damit es nicht irgendwie vielleicht verdächtig ist Pressemitteilung für Jugend und Toleranz noch einmal deutlich gemacht: Fremdenfeindlichkeit ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, aber vielfach sind es Jugendliche, die Gewalt ausüben. Fremdenfeindliches Klima ist dort möglich, wo es keinen Widerspruch gibt. Wir unterstützen deshalb Projekte und Netzwerke, die vor Ort aktiv gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit vorgehen,
im Betrieb, in der Schule, in Jugendtreffs oder an öffentlichen Orten. Ich könnte das weiter fortführen, denn das ist, denke ich einmal, unverdächtig, dass das vielleicht von uns erfunden wurde, das ist Ihre Bundesministerin und unsere auch mit, dass hier diese Dinge übergreifend aus der Gesellschaft heraus bekämpft werden müssen.
Das ist nicht nur ein Problem der Polizei. Die Polizei, und an der Stelle möchte ich noch einmal den Dank an die Polizei richten,
die nämlich am Ende eintreten muss, wenn Gewalt stattfindet, um dann gegebenenfalls auch friedliche Demonstranten wie Herrn Dittes oder andere davor zu schützen, dass nichts passiert.
Herr Dittes, es geht ja auch um den Antrag "Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt in Thüringen". Bei der Gewalt würde ich Sie
vielleicht auch ab und zu daran erinnern, wenn Sie vielleicht wieder zum Castor-Transport mit vollbepacktem Auto aufbrechen; ich weiß nicht, was Sie da so alles an Wurfmaterial und Ähnlichem drin haben; denken Sie daran, dass das auch Gewalt ist.
Das ist überhaupt keine Unverschämtheit, das ist die Wahrheit. Vielleicht fahren Sie noch mit dem Landtagsauto dorthin, um da noch Gewalt auszuüben. Das ist auch Gewalt, die hier ausgeübt wird.
Das ist überhaupt keine Unverschämtheit, das ist die Wahrheit und das ist nichts anderes als die Wahrheit.
Ach, wissen Sie was, Sie können sich doch dazu hier noch einmal melden und das ausführen. Es gibt genügend Erkenntnisse dazu, was Herr Dittes so treibt und andere.
Meine Damen und Herren, mir geht es noch einmal darum, dass hier die vorhandenen Instrumentarien gebündelt werden. Ich möchte in dem Zusammenhang noch einmal darauf verweisen, dass wir eigentlich schon viel weiter sind, als uns hier auch mit dem Antrag der SPD suggeriert wird. Wir haben hier eine Koordinierungsstelle. Der Landtag hat sich klar dazu bekannt, dass wir, egal wo die Gewalt herkommt, gemeinsam dagegen auftreten. Darauf lege ich schon ein bisschen Wert. Die Landesregierung hat dazu die entsprechenden Schritte eingeleitet. Ich glaube, wir brauchen jetzt keine vier Koordinierungsstellen, die vier regionalen Zentren für Demokratie, Kultur und Bildung und einer Betreuung eine Landesgeschäftsstelle. Meine
Damen und Herren, wo leben Sie denn eigentlich? Wir haben ein Netzwerk, das bis in die Landkreise hineingeht, bis in die Kommune vor Ort. Was wollen wir denn mit noch mehr Stellen schaffen, wo wir noch besonderes Personal einsetzen wollen? Nehmen wir lieber das Geld und bringen es in die vorhandenen Strukturen mit ein.