Protokoll der Sitzung vom 17.05.2001

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Schauen Sie doch mal in anderen Bundesländern nach.)

Auch zu den Quellen: Sie verlangen von einem Dienst, der aus bestimmten Szenen Informationen holen soll und die er nur von Wissensträgern bekommt, etwas Ähnliches wie jemand, der sich zum Formel-1-Rennen anmeldet und dort vorher versprechen muss, er will nur mit hundert Sachen über den Parcours fahren. Wie soll denn der an dem Rennen teilnehmen können? Genau das ist die Logik von dem, was Sie hier vorgetragen haben.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Der Innenmi- nister hat doch selbst gesagt, bei der Auswahl der Informanten gibt es Grenzen. Diese Gren- zen sollten eingehalten werden.)

Kollege Pohl, das sind alles Fragen, die Sie in der nächsten PKK dem Innenminister stellen können.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wie kommen Sie denn darauf?)

Ich bin überzeugt, Sie bekommen darauf Ihre Antworten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Absicht ist hier sehr leicht zu durchschauen. Die PDS möchte insgesamt das Landesamt für Verfassungsschutz abschaffen, möglichst selbst vielleicht mit einem eigenen Dienst, der Informationen zusammenträgt, die Szene beherrschen, als Antifa-Führer öffentlich und auf der Straße dagegen vorgehen, gleich nebenbei den Minister mit wegputzen und so am Ende die Szene beherrschen, während ich dem Fraktionsvorsitzenden der SPD-Fraktion dankbar bin, dass er sich zu den demokratischen Spielregeln bekennt. Natürlich ist es Aufgabe der Opposition, den Minister anzugreifen und zu versuchen, in Opposition auch manchmal mit nicht ganz fairen Mitteln öffentlich Aufmerksamkeit zu erzielen, das ist Ihnen unbenommen; aber in der Sache, Herr Kollege, lagen Sie vollkommen daneben. Ich denke, beide Anträge sind abzulehnen. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Dewes zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Ministerpräsident, ich hatte bisher zumindest den Eindruck, dass wir fünf Jahre gemeinsam in diesem Land regiert haben, und bei den Aussagen Ihres Innenministers habe ich den Eindruck gehabt, als habe es 1999 einen Regierungswechsel von der SPD zur CDU gegeben.

(Heiterkeit bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Wen interessiert das?)

Im Innenressort schon, sagen Sie. Unter Ihrem Vorsitz, fünf Jahre, und wir waren uns einig, als wir aufgehört haben, dass wir für dieses Land gute Arbeit geleistet haben. Es ist nicht das erste Mal, dass der Innenminister, auch jetzt nach einem Jahr und fast acht Monaten, im Oktober sind es nach vier Monaten zwei Jahre, dass diese Regierung allein amtiert, sehr allein die Verantwortung für das Innenressort übernommen hat, übrigens etwa genau so lange, wie Herr Böck Innenminister gewesen ist. Nach dieser Zeit wird immer wieder der Versuch unternommen, eigene Verantwortung dadurch zu ersetzen, dass man Verantwortung dem oder den Amtsvorgängern zuschiebt, was die Anwerbung von Quellen angeht, gegebenenfalls

(Beifall bei der SPD)

über 1994 hinaus bis zu den Vorgängern. Was die Amtsübergabe angeht, ich will das hier ganz deutlich sagen, ich habe meinem Nachfolger ein Landesamt für Verfassungsschutz übergeben, das funktions- und handlungsfähig gewesen ist und in fünf Jahren keine undichten Stellen aufgezeigt hat, das in fünf Jahren aktiv gearbeitet hat und der politischen Führung des Landes die Informationen zugespielt und zugeleitet hat, die ein Land braucht.

(Beifall bei der SPD)

Und insbesondere die Polizei hat bei schwierigen polizeilichen Einsätzen in diesem Bereich, ich erinnere an Saalfeld, bei diesen beiden Ereignissen hat das Landesamt für Verfassungsschutz hervorragende Arbeit geleistet und dies möchte ich auch hier noch einmal ganz deutlich sagen. Der Präsident, der dieses Amt in dieser Zeit geführt hat, ich habe ihn im Übrigen von meinem Vorgänger, dem Kollegen Schuster, übernommen, er ist in dieser Zeit fünf Jahre lang im Amt geblieben und er ist durch den Nachfolger entlassen worden. Ich will es nicht bewerten. Im Übrigen hat der Vizepräsident des Landesamts für Verfassungsschutz heute beantragt, aus dem Amt heraus versetzt zu werden.

(Zwischenruf Abg. B. Wolf, CDU: Neue Situation.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir eine Anmerkung zur Sache. Ich glaube, ich bin einer, der nicht nur aus seiner beruflichen Erfahrung als Landesbeamter des Landes Baden-Württemberg, sondern insbesondere aus den neun Jahren als Staatssekretär und Innenminister im Innenressort durchaus in der Lage ist, die Funktionen und Aufgabenstellungen im Bereich der Innenbehörden zu erfassen und darzustellen. Und das gilt auch für das Landesamt für Verfassungsschutz. Im Übrigen, was die Geheimdienste angeht, ein Fach für sich, das will gelernt sein, das kann ich Ihnen versichern, was die Funktion und die Abläufe der Geheimdienste in Deutschland angeht. Ich kann nur jedem, der sich politisch, im politischen Feld mit dieser Materie beschäftigt, ermahnen, dies mit der notwendigen Zurückhaltung und Bereitschaft zu tun, dazuzulernen. Auch dies ist ganz wichtig in diesem sensiblen Bereich.

Was die Quellenführung angeht, ich habe dies im Kontext mit der Problemfrage Dienel mehrfach gesagt und ich habe es in den letzten Tagen auch Journalisten, nachzulesen, mehrfach gesagt. Ein Geheimdienst, ein Inlandsgeheimdienst, das gilt für das Bundesamt für Verfassungsschutz genauso wie für alle Landesämter für Verfassungsschutz - all diese Behörden sind so gut wie ihre Quellen. Da stimme ich dem hier zuvor Gesagten zu. Allein vom Zeitungslesen kann eine solche Behörde nicht befähigt sein, ihre Arbeit zu machen, sondern es ist notwendig, gute Quellen zu haben, und gute Quellen bedeutet - und es gilt nicht nur, meine sehr verehrten Damen und Herren, für den Be

reich des Rechtsextremismus, das gilt für den Linksextremismus, das gilt für die Spionageabwehr und dies gilt bei den Landeskriminalämtern und beim BKA auch für die organisierte Kriminalität -, man braucht hochrangige Quellen. Wer nur Quellen hat im Bereich der Mitläufer, der ist nicht in der Lage, die Taktik und Strategie extremistischer oder krimineller Organisationen zu erfassen, darauf zu reagieren und gegebenenfalls auch Ermittlungserfolge zu erzielen. Dies gilt auch für den Rechtsextremismus. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, vielleicht hören Sie auch zu. Sie können auch dazulernen. Es ist auch im Bereich des Rechtsextremismus wichtig, dass Quellen geführt werden, die zu den mittleren und höheren Führungsgruppen dieser Organisationen gehören. Das ist notwendig und wichtig, dies gilt für das Bundesamt für Verfassungsschutz genauso wie für alle Landesämter in den deutschen Bundesländern.

Die Frage, die sich hier und heute stellt, ist ausschließlich die Frage: Wo sind Zäsuren zu machen? Wo sind Schnitte zu machen? Die Frage: Wann sind Quellen im Jargon der Verfassungsschützer abzuschalten? Wann hat man sich von Ihnen zu trennen? Unstrittig ist, dass, wenn Quellen, die Führungsfunktionen übernehmen, die für solche Organisationen federführend und lenkend sind, spätestens dann solche Quellen abgeschaltet werden müssen. Darüber sind wir uns einig. Dies ist auch die Gretchenfrage. Die Gretchenfrage in diesem Zusammenhang, ich sage es einmal so mit Goethes Faust - Heinrich - und Heinrich ersetze ich einmal durch einen anderen Namen - Heinrich, wie hältst du es, nicht mit der Religion in diesem Fall, sondern mit der vollen Wahrheit? Heinrich, wie hältst du es mit der vollen Wahrheit? Was die volle Wahrheit angeht, ich habe das auch heute Journalisten gesagt, das gilt sicher auch für die Kollegen Beckstein und Hardrath in Bayern und Sachsen, das gilt für Otto Schily. Wenn Sie den Günther Beckstein fragen nach Quellen seines Verfassungsschutzes, wird er Ihnen diese Frage nicht beantworten, weil er sie nicht weiß und auch nicht wissen will. Dies gilt für alle Innenminister in dieser Republik und das ist auch gut so. Das ist die Organisation der Nachrichtendienste und dies muss auch so sein. Nur, was die volle Wahrheit angeht, die Information der Medien, Herr Innenminister, die Information der Medien erfolgt aus unterschiedlichen Quellen, das ist mein Stand der Dinge und meine Information. Ich weiß von Thüringer Journalisten, dass sie schlicht mit Informationen bedrängt werden, die aus dem Amt und von außerhalb des Amts an sie herangetragen werden. Es ist doch einfach so, die Information, dass in Coburg ein solches Treffen mehrfach stattgefunden hat mit Herrn Brandt durch einen V-Mannführer des Verfassungsschutzes ist nicht von irgendjemand, sondern kann nur und ist auch aus dem Landesamt als Information an die Medienvertreter gegangen und deshalb konnten dort Bilder angefertigt werden. Hier hat die Presse ihre Informationspflicht wahrgenommen. Sie hat ihre Arbeit gemacht, schlicht und ergreifend. Ich muss Ihnen sagen, es ist doch für Sie ein Problem hoffentlich, dass aus diesem Amt so sensible Informationen an Medienvertreter gehen. Das ist ein Problem. Es

ist nicht so, dass es sich um Mitarbeiter handelt, in diesem Fall mit Sicherheit nicht, die irgendwo außerhalb des Amts sind, weil Sie sie gegen ihren Willen aus dem Amt heraus versetzt haben, sondern es handelt sich, und dies ist nur möglich, um Informationen aus dem Amt selber.

Und nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Fall Brandt. Zur Entwicklung: In den Verfassungsschutzberichten seit 1995, also der erste Verfassungsschutzbericht, den ich persönlich vorgelegt habe, ist bereits der Name Brandt aufgetaucht - damals war der junge Mann zwanzig Jahre alt -, übrigens auch der Name desjenigen, der jetzt zum Landesvorsitzenden der NPD bestellt oder ernannt oder berufen worden ist, ein Wahlverfahren hat es ja nicht gegeben, wurde damals schon im Kontext mit Tino Brandt genannt. In allen Verfassungsschutzberichten seit 1995 ist Tino Brandt aufgetaucht. Dieser hat aber, und dies ist eine entscheidende Frage und eine entscheidender Fakt im Hinblick auf das, worüber wir reden, im vergangenen Jahr, nämlich im Jahr 2000, seine Mitglieder des so genannten Heimatschutzes Ostthüringen aufgefordert, massenhaft der NPD beizutreten, wie das in Sachsen in den letzten zwei Jahren auch durchexerziert worden ist. Das haben sie getan und sie haben handstreichartig die NPD in Thüringen übernommen und sie haben den Herrn Brandt zum stellvertretenden Vorsitzenden und zum Pressesprecher gewählt. Sie hätten ihn zum ersten Vorsitzenden wählen können. Das haben Sie nicht gewollt, aber er ist ab diesem Zeitpunkt die Nummer 1 in dieser Partei NPD geworden. Diejenigen, die bisher als relativ autonome Gruppen im rechtsextremistischen Bereich tätig waren, haben die NPD übernommen. Man muss sehen, es steht im zeitlich engen Kontext mit einem Ereignis, das Thüringen nochmals über das Land hinaus bekannt gemacht hat, nämlich der Anschlag auf die Synagoge in Erfurt. Ich erinnere an dieses auch im Nachgang erfolgte Interview, das Herr Brandt dem MDR-Fernsehen gegeben hat, wo er auf die Frage, wie er es denn mit dem jüdischen Volk hält, erklärt hat, wenn er dies sage, würde er sich strafbar machen. Ich warte heute noch auf den Staatsanwalt, der ein Strafverfahren gegen ihn einleitet, weil diese Aussage aus meiner Sicht eine Straftat ist. Diese Aussage, so wie er sie gemacht hat, erfüllt für mich den Tatbestand einer Straftat und ich würde mich wirklich freuen, würde sich ein Staatsanwalt in Thüringen auf den Weg machen, dieser bösen Äußerung auch strafrechtlich nachzugehen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt sage ich drei Worte und setze einen Doppelpunkt. Herr Innenminister, ich bitte Sie ganz genau zuzuhören, weil es nun um die Frage geht, von der ich erwarte, dass Sie sie beantworten.

Mir ist bekannt:

1. Der damals noch amtierende Präsident des Verfassungsschutzes in Thüringen hat am 3. Mai 2000 durch schriftliche Verfügung den zuständigen Referatsleiter der Ab

teilung Beschaffung angewiesen, die Quelle Brandt abzuschalten.

2. Nach der darauf folgenden Beurlaubung des Präsidenten des Landesamts für Verfassungsschutz hat der amtierende Präsident, das heißt der Vizepräsident, eine gegenteilige Weisung erteilt (ich weiß nicht, ob in Abstimmung oder ohne Abstimmung mit dem Staatssekretär oder der Hauslei- tung des Innenministeriums). Der zuständige Referatsleiter für Rechtsextremismus in der Beschaffungsabteilung hat remonstriert. Wer das Beamtenrecht kennt, weiß, was das heißt. Nachdem seine Remonstration erfolglos war, hat er sich schriftlich in einem Brief an seinen obersten Dienstherrn, den Innenminister, gewendet und hat in dieser Sache um einen Gesprächstermin gebeten. Derselbe Beamte ist nicht mehr im Landesamt für Verfassungsschutz, sondern nunmehr im Landesamt für Statistik für dort zu bewältigende Fragen zuständig. Die Quelle Brandt ist im Februar 2001 abgeschaltet worden. Das heißt, von hier aus gerechnet etwa drei Monate.

Herr Innenminister, Sie haben eine eigene Verantwortung, was dieses Thema angeht, die nicht Ihre Vorgänger, weder mich noch meine beiden Amtsvorgänger, betrifft. Sie haben eine Bilanz vorgelegt in der polizeilichen Kriminalstatistik, die Straftaten im rechtsextremistischen Bereich aufzeigt, die Thüringen an der Spitze aller Bundesländer sieht. Wir haben fast eine Straftatenverdoppelung im Jahr 2000 gegenüber 1998 und 1999. Wir haben im Bereich der Gewaltstraftaten mehr als eine Verdoppelung. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass ich einen Kontext sehe, und ich bin bereit, auch den Nachweis zu führen in Ihrer Zulieferung an die Bundesregierung zur Vorbereitung des Antrags auf Parteienverbot gegenüber der NPD.

Ich will zum Schluss sagen: Herr Ministerpräsident, für diese Landesregierung, für dieses Land ist es ein Problem, dass ein so sensibles Landesamt augenblicklich nicht arbeitsfähig ist. Das ist meine Feststellung, die ich hier öffentlich mache. Dieses Amt ist so nicht arbeitsfähig. Ich würde mir wünschen, weil ich den Eindruck habe, dass wir aus eigenen Kräften im Moment nicht in der Lage sind, dieses Problem zu lösen, in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz, das ja auch vom Gesetz her dazu verpflichtet ist, alles zu tun, die Arbeitsfähigkeit dieses Amts wieder herzustellen. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Mir liegen keine weiteren Redemeldungen vor. Doch, aus der Landesregierung der Ministerpräsident, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, heute Morgen hat der Abgeordnete Dittes die Eilbedürftigkeit der Behandlung dieses Themas begründet mit

der Feststellung, der Verfassungsschutz in Thüringen habe an Vertrauen verloren und die Kontrolle des Verfassungsschutzes in Thüringen sei nicht gewährleistet. So sehr ich die Debatte jetzt begrüße, diese Begründung des Abgeordneten Dittes ist falsch. Der Verfassungsschutz in Thüringen verliert nicht an Vertrauen, wenn der Öffentlichkeit deutlich wird, dass der Verfassungsschutz sich aller Möglichkeiten bedient, so gut wie nur irgend möglich informiert zu sein. Zu dieser guten Information gehört in aller Welt auch das Abschöpfen gegnerischer Quellen. Ich nehme dafür als Zeugnis nicht gleich die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion oder Russland, sondern ich beziehe mich auf unsere europäischen Nachbarstaaten, auf das Bundesverfassungsschutzamt und auf alle Landesämter. Es kann gar nicht davon die Rede sein, dass, wenn zur Kenntnis genommen wird, dass alle Möglichkeiten informiert zu sein genutzt werden, das Vertrauen in das Amt für Verfassungsschutz sinkt.

Zweitens: Zur Kontrolle haben Sie genau festgelegt, was zu geschehen hat. Es steht in der Verfassung in Artikel 97, dass eine Landesbehörde zum Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung einzurichten ist, dass diese keine polizeilichen Befugnisse und Weisungen hat und dass ihre Tätigkeit durch eine parlamentarische Kontrollkommission überwacht wird. So haben Sie es beschlossen und so wird auch verfahren, Herr Dittes. Zuständig für die Kontrolle ist die PKK, wie es in der Verfassung steht.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Köckert, Innenminister: Die wissen das alles schon.)

Richtig ist allerdings, und ich habe darüber zu wachen, dass die Regierung die Verfassung einhält, Herr Abgeordneter Dittes, und dass nicht hier verkündet wird, es habe im Detail hier zu geschehen. Das wäre gegen das, was Sie beschlossen haben. Für die Tatsache, dass Sie der Verfassung nicht zugestimmt haben, kann ich nichts. Richtig ist allerdings, wir wollen nicht, dass Spitzenfunktionäre radikaler Parteien für den Verfassungsschutz tätig werden. Weil das in der Vergangenheit so war, hat der Innenminister das abgestellt, dies im Unterschied zu anderen Ländern der Bundesrepublik, wo so nicht verfahren wird. Ich weiß aus der Begründung des Bundesinnenministers für die Klage in Karlsruhe, dass ein erheblicher Teil seiner Quellen, die ihn veranlasst hat, uns zu bitten, zu klagen, aus solchen Informationen stammt. Die Behauptung, die Diskussion der letzten Tage schade unserer Klage in Karlsruhe, ist widersinnig und töricht.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen nicht, dass Spitzenfunktionäre radikaler Parteien für den Verfassungsschutz tätig werden, und sowohl der neu ernannte Präsident als auch der Innenminister haben das ausdrücklich erklärt. Der Innenminister hat es am letzten Dienstag noch einmal in einer Pressekonfe

renz ausdrücklich bekräftigt und bestätigt. Der Verfassungsschutz führt keine rechtsradikalen Spitzenfunktionäre als Quelle und ein stellvertretender Parteivorsitzender einer radikalen Partei ist selbstverständlich ein Spitzenfunktionär. Ich habe keinen Grund, an dieser Feststellung des zuständigen Amts und des Innenministers zu zweifeln. Nicht was in den letzten Tagen gesagt und geschrieben worden ist, rechtfertigt es, Zweifel an dieser Feststellung zu haben. Wenn sich Mitarbeiter des Verfassungsschutzes mit Spitzenfunktionären und eventuell auch mit früheren V-Leuten treffen, so ist das kein Gegenbeweis. Herr Kollege Dewes, wer sagt Ihnen denn, dass die Informationen über ein solches Treffen nur aus dem Verfassungsschutzamt stammen können? Soviel ich weiß, waren bei dem Treffen mehrere dabei. Das ist eine völlig mögliche, aber durch nichts zu beweisende Schlussfolgerung, es sei denn, man will Kohlen auf dem Haupt des Verfassungsschutzes sammeln. Dann zieht man diesen voreiligen Schluss. Daraus zu schließen, dass bei diesem Treffen ein V-Mann getroffen worden sei, ist durch nichts belegt. Denn, meine Damen und Herren, vielleicht nehmen einige der Reder wenigstens zur Kenntnis, die Bundesregierung hat Ende 2000 ein Aussteigerprogramm für Rechtsextremisten beschlossen und in den Anweisungen zu diesem Programm steht ausdrücklich, ich zitiere: "Ziel des Aussteigerprogramms ist einerseits, durch das Herausbrechen von Führungspersonen...", und dann heißt es weiter unten: "Das Aussteigerprogramm wendet sich in erster Linie an Schlüsselfiguren der rechtsexremistischen Szene." Und in diesem Programm heißt es dann drittens: "Die Initiative zur Kontaktaufnahme zwischen potenziellen Aussteigewilligen und dem Verfassungsschutz könnte durch gezielte Ansprache führender Neonazis und Aktivisten der gewaltbereiten rechtsextremistischen Szene erfolgen..." Meine Damen und Herren, ich zitiere den Willen und ich halte das für richtig, dass das Bundesinnenministerium das will. Und dann heißt es: "Diese Initiative ist ein Baustein zur Erhöhung der inneren Sicherheit. Sie kann alllerdings nur in engem Kontakt mit den Ländern zum Erfolg führen."

Meine Damen und Herren, wer aus den Bildern eines Treffens in Coburg einseitige Schlüsse ziehen will, kann das tun. Er muss sich nur nachsagen lassen, dass er offensichtlich erst die Ziele hier vorgibt und dann die Schlüsse zieht und nicht überlegt, was er damit eigentlich sagt.

Verehrter Herr Kollege Dewes, natürlich haben wir gemeinsam fünf Jahre regiert und an der Aussage, dass wir gute Arbeit in diesen fünf Jahren geleistet haben, stelle ich nichts in Frage. Wir sprechen ja heute nicht über die Arbeit der Regierung in fünf Jahren, sondern wir sprechen über das Funktionieren oder Nichtfunktionieren eines Amts. Sie werden ja nicht ernsthaft die Leistung von zehn Ministern in fünf Jahren an der Arbeit dieses einen Amts messen wollen und uns deswegen verbieten, uns auseinander zu setzen mit dem, was Sie zu diesem Amt vorhin von diesem Pult und heute Morgen gegenüber dpa gesagt haben. Lassen wir doch bitte die Relationen be

stehen. Ich habe eine dpa-Meldung von heute Mittag über Äußerungen von Ihnen vorliegen, Herr Dewes, und ich gehe davon aus, dass es stimmt. Wenn es nicht stimmt, kann ich die Schlüsse nicht ziehen. Sie haben gesagt, dass Sie zurzeit den Verfassungsschutz im Freistaat nicht für handlungsfähig halten. Ich bin der Überzeugung, der Verfassungsschutz ist im Jahr 2001 handlungsfähiger, als er es viele Jahre vorher gewesen ist.

(Beifall bei der CDU)

Dann sagen Sie zu meiner Überraschung, das ist hier ein wörtliches Zitat, Herr Dewes, Sie sollen in dpa wörtlich gesagt haben: "Für mich steht fest, dass Brandt als Quelle geführt worden ist." Und als man Sie dann mit einer Aussage in einer in Südthüringen erscheinenden Tageszeitung von heute konfrontiert, ob während Ihrer Amtszeit Herr Brandt als Quelle geführt worden sei, antworten Sie: "Ich kann die Frage nicht beantworten, weil das nicht Ministerwissen ist." Ich frage Sie, wieso ist es kein Ministerwissen, ob zu Ihrer Zeit Herr Brandt ein V-Mann war oder nicht. Aber es ist Ihr Wissen heute, dass feststeht, dass Brandt als Quelle geführt worden ist. Was denn nun bitte?

(Beifall bei der CDU)

Dann kommt dieser Vorschlag, den Sie hier auch noch einmal geäußert haben. Sie wünschten sich, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz sich stärker in Thüringen einbringt und dafür sorgt, dass das Landesamt funktionsfähig ist. Da kann ich nur sagen, der beste Beitrag des Bundesamts für Verfassungsschutz zur Funktionsfähigkeit des Landesamts war die Tatsache, dass der heutige Präsident dieses Landesamts aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz kommt.