Richard Dewes
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Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, Herr Kollege Fiedler, ich war mit den Ausführungen des Kollegen Dittes auch nicht zufrieden.
Ich bin allerdings in der hoffnungsvollen Erwartung, dass, wenn es um die konkrete Frage der Weiterentwicklung dieses Bereiches geht, auch aus den Reihen der PDS die Zustimmung dafür vorhanden ist, diesen Bereich auf der Grundlage des Grundgesetzes und der Landesverfassung als sensiblen wichtigen Bereich fortzuentwickeln und das nicht grundsätzlich in Frage zu stellen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, vielleicht zunächst einige Anmerkungen zu dem, was der Herr Ministerpräsident hier dargetan hat. Herr Dr. Vogel, ich muss Ihnen sagen, ich bin sehr enttäuscht darüber, ich habe mich zunächst gewundert, dass Sie sich gemeldet haben, aber ich bin vor allem enttäuscht über das, was Sie gesagt haben. Vor allem was Sie gesagt haben im Hinblick auf das Kapitel: Anzeigen des Staatssekretärs im Innenministerium gegen einen Bundestagsabgeordneten (gleichzeitig Lan- desvorsitzender der Thüringer SPD) und den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion. Herr Innenminister Köckert, wenn Sie sagen, es ist keine Anzeige, als Jurist kann ich Ihnen sagen, ein Brief an die Staatsanwaltschaft, der einen Sachverhalt wiedergibt, bei dem es möglicherweise um die Erfüllung von Straftatbeständen geht, braucht nicht das Vokabular Anzeige zu enthalten. Die Staatsanwaltschaft ist nach einem Zeitungsartikel von Amts wegen verpflichtet zu ermitteln und dies ist hier geschehen. Hier ist,
- nein - und das muss man doch schlicht und ergreifend sagen, der Versuch gemacht worden, den SPD-Landesvorsitzenden und das Mitglied der PKK Günter Pohl öffentlich zu diskreditieren und zu versuchen, öffentlichen Druck auszuüben durch einen solchen Brief.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, einmal was die rechtliche Seite angeht, es gibt eine Strafvorschrift dazu im StGB, im Strafgesetzbuch, nämlich § 353 b Abs. 4. Dort heißt es, dass es zwei Ermächtigungen voraussetzt, um solches zu tun, in diesem Fall. Die erste Ermächtigung ist eine Ermächtigung der Landesregierung und Herr Ministerpräsident, soweit ich mich noch erinnere an die fünf Jahre unserer gemeinsamen Zusammenarbeit, es gibt eine Geschäftsordnung der Landesregierung. Es hätte eines Kabinettsbeschlusses bedurft - belehren Sie mich - meine Auffassung ist es, es hätte eines Kabinettsbeschlusses bedurft, die Ermächtigung der Landesregierung hier zu erteilen und nicht des Briefes - und nicht nur in der großen Koalition, Herr Gnauck. Ich weiß nicht, ob Sie die Geschäftsordnung mittlerweile geändert haben. Es gibt rechtlich zunächst erst einmal keine Ermächtigung und Herr Ministerpräsident, was mich auch gewundert hat, ich habe der Frau Parlamentspräsidentin nach diesem Ereignis einen Brief geschrieben als Abgeordneter und dort dargelegt, dass ich dieses Verfahren weder für rechtlich geboten, noch für politisch angemessen halte und dass ich dies als einen Eingriff in Parlamentsrechte sehe. Wir haben auch ein Gespräch geführt und ich hatte den Eindruck, dass sie zumindest persönlich weder involviert noch besonders einverstanden waren mit dieser Verfahrensweise. Deshalb hat mich das gewundert, was Sie hier ex cathedra nun zum Besten gegeben haben, nämlich dass Sie sich vorbehaltlos vor den Innenminister und seinen Staatssekretär gestellt haben. Das ist für mich eine Offenbarung, Herr Dr. Vogel. Ich muss Ihnen sagen, mich wundert es, weil ich Sie bisher, was diese Dinge angeht, anders gekannt habe, nicht nur, was die politische Klugheit angeht, sondern auch was die demokratische Kultur und deren Begrifflichkeit und Ausfüllung angeht.
Herr Dr. Vogel, der Staatssekretär hat aber den Brief an den Staatsanwalt geschrieben und er hat ihn geschrieben im Auftrag und, so steht es in seiner Ermächtigung, für die Landesregierung.
Nein, Herr Dr. Vogel, der Staatssekretär im Innenministerium hat den Brief an die Staatsanwaltschaft gerichtet für die Landesregierung, die von Ihnen geführt wird. Ich hätte von Ihnen erwartet, dass zu dieser Vorgehensweise Sie sich klipp und klar distanziert hätten, distanziert hätten, weil dies ein Vorgehen ist, das ungeheuerlich ist, weil es dazu dient, Parlamentarier, insbesondere die Opposition, mundtot zu machen.
Was Ihre Anmerkung zum Abgeordneten Ramelow angeht, auch dies einmal in aller Deutlichkeit, die Präsidentin war ja aufgrund der Geschäftsordnung gehindert, Ihnen einen Ordnungsruf zu erteilen. Aber ich will hier in aller Deutlichkeit sagen, dies war unter der Gürtellinie. Auch dies muss ich Ihnen sagen,
bin ich von Ihnen in der Vergangenheit nicht gewöhnt gewesen, eine solche Bemerkung, die so ehrverletzend war.
Doch ehrverletzend, weil Sie einem Abgeordneten in aller Öffentlichkeit hier unterstellen, nicht zu wissen was er sagt. Das ist ehrverletzend, Herr Dr. Vogel. Ich will das nicht kommentieren, das mag die Öffentlichkeit selber tun. Herr Dr. Vogel und meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU: Ich kann Ihnen nur auch mit einer gewissen Süffisanz hier sagen, es sind noch etwas über 3 Jahre bis zur nächsten Landtagswahl. Aber ich kann Ihnen nur sagen, was die Anzeige angeht gegen den Landesvorsitzenden der SPD, machen Sie nur so weiter und glauben Sie nicht, dass wir einfach über solche Dinge zur Tagesordnung übergehen. Das verspreche ich Ihnen.
Das ist ein Hinweis darauf, wie man miteinander umgeht. Ich kann Ihnen sagen, ich werde persönlich sehr viel dafür tun, dass meine Partei solche Dinge nicht vergisst.
Gern.
Herr Kollege, ich kann Ihnen versichern und ich habe die Zeitung auch gelesen, dass der Landesvorsitzende der SPD weder Mitglied der PKK ist noch im Landesvorstand der SPD PKK-Sitzungen ausgewertet werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, vielleicht noch einige Anmerkungen zu dem aus meiner Sicht wichtigsten Teil des heutigen Antrags, nämlich dem Antrag, das Landesamt für Verfassungssschutz aufzulösen und es neu zu gründen. Herr Innenminister, wir nehmen für uns in Anspruch, keine Anträge in die Welt zu setzen, von denen wir der Auffassung sind, dass sie sachlich nicht begründbar und dass sie nicht umsetzbar sind. Ich sage dies in voller Verantwortung für das, was ich weiß und ich fühle mich mit meiner Fraktion nach wie vor verantwortlich dafür, dass wir einen funktionsfähigen Inlandsgeheimdienst in diesem Lande haben. Nach den vergangenen Wochen und Monaten steht für uns und auch für mich fest, das Landesamt für Verfassungsschutz ist derzeit nicht arbeitsfähig. Wenn es so ist, wie es heute zum Beispiel in der "Thüringer Allgemeinen" gewesen ist, dass wiederholt, und das war eine Wiederholung, interne Aktenstücke aus dem Landesamt, nämlich Verfügungen mit Aktenzeichen, in der Zeitung veröffentlicht werden. Heute hat Herr Pfeiffer in einem Artikel eine Verfügung dargetan mit dem entsprechenden Aktenzeichen und hat dargetan, dass im Zusammenhang mit dem Abschalten von Herrn Brandt ein bestimmter Vorgang stattgefunden hat und da sage ich, das ist wiederholt nun vorgekommen. Ich habe den Eindruck, dass dieses Amt nicht mehr dicht ist.
Ich will Ihnen auch etwas sagen im Kontext mit der heutigen Meldung, was die Festplatten aus dem Innenministerium angeht. Herr Dr. Vogel, ich bin sehr gespannt darauf, dass die Ermittlungsbehörden des Freistaats jetzt tätig werden, dass von der Zeitung "Freies Wort", da geht es nicht um das Privileg der Presse, Informanten zu schützen, sondern es geht darum, dass Datenträger, die durch strafbare Handlungen erlangt worden sind, die im Hinblick auf ihre staatspolitische Bedeutung einen bestimmten Geheimhaltungsgrad haben. Ich erwarte, dass die Justizbehörden entsprechende rechtliche Maßnahmen ergreifen, in den Besitz dieser Datenträger zu gelangen. Ich bin gespannt und ich habe es heute auch in einer Pressekonferenz gesagt, es gibt zwei Möglichkeiten. Es gibt Möglichkeiten, dass es Datenträger sind, die Kopie der Originale, die entwendet worden sind, darstellen oder es gibt eine Möglichkeit, das ist die zweite, dass es sich um Kopien der Datenträger handelt, die als Sicherungskopien 1997 gefertigt worden sind und die sich immer noch im Zuständigkeitsbereich des Innenministeriums befinden. Ich warte auf diese Ergebnisse. Denn nach Versicherung des Bundeskriminalamtes ist es kein Problem festzustellen, ob und von wem dann von welchen Datenträgern diese Kopien gezogen worden sind. Ich wünsche mir und Sie verstehen das sicher, dass es keinen gibt, der ein größeres Interesse daran hat, dass dies aufgeklärt wird und dass diese verschwun
denen Datenträger wieder aufgefunden werden.
Zurück zu der Neugründung: Unsere Auffassung ist es, dass es sinnvoll wäre und Herr Innenminister Köckert, hier geht es nicht um ein Mißtrauen gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesamtes für Verfassungsschutz, Fakt ist, dass es in diesem Landesamt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt, die Geheimschutz nicht als ihre Aufgabe ansehen, die bereit sind, Strafrechtsgrenzen zu überschreiten und Geheimnisse aus dem Amt weiterzugeben. Es ist eine Frage der staatspolitischen Klugheit, auch der staatspolitischen Verantwortung, wenn man die Arbeitsfähigkeit dieses Amtes wieder herstellen will. Wenn der neue Präsident des Amtes, den Sie installiert haben, tatsächlich eine Chance haben soll, dann wird er diese Chance nur bekommen, wenn das Amt vollständig neu personalisiert wird. Ich weiß vom Bundesinnenministerium, dass es bereit ist, hier mitzuhelfen.
Ich bin ganz sicher, dass auch die Innenminister der benachbarten Bundesländer, dass die Innenminister von Bayern, von Sachsen und Hessen und Sachsen-Anhalt bereit sind, hier mitzuhelfen, das Landesamt in einer überschaubaren Zeit neu aufzubauen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDULandtagsfraktion, ich kann Ihnen versichern, dies ist möglich und dies ist auch sachlich geboten. Der Innenminister wäre gut beraten, würde er auf diesen Vorschlag eingehen. Ich bin ganz sicher, er wird große Probleme haben und sein Amtschef auch in den nächsten Wochen und Monaten, die Arbeitsfähigkeit dieses Amtes wieder herzustellen. Was die Übergangszeit angeht, Herr Innenminister Köckert, Sie haben, ich habe mir das aufgeschrieben, von einem El Dorado der Radikalen in Thüringen geredet. Ich bin ganz sicher, wenn mit Verstand an diese Problematik herangegangen wird, dass diese Situation nicht eintreten wird. Ich bin ganz sicher, dass Sie dann in spätestens einem halben bis einem Jahr wieder ein Amt zur Verfügung haben, das in der Lage ist, seine Aufgabe zu erfüllen. Dies sollte unser gemeinsames Interesse sein. Und, Herr Ministerpräsident Vogel, der Schluss Ihrer Ausführungen in allen Ehren, der Aufruf zur Gemeinsamkeit, dafür sind Sie berühmt, dies zu tun. Nun, dann tun Sie auch etwas dafür.
Wir haben bisher Anträge gestellt und Vorschläge gemacht, die haben Sie allesamt abgelehnt. Sie waren nicht bereit, uns mit einzubeziehen, die Parlamentsfraktionen, Sie waren nicht bereit, die Verbände mit einzubeziehen, Sie waren nicht bereit, wirklich einen runden Tisch zu bilden zur Bekämpfung des Rechtsextremismuis. Diese Sprüche, die hier von diesem Pult aus abgesetzt werden, sind das eine, aber die Taten, nämlich uns mit einzubeziehen, die ausgestreckte Hand, unsere ausgestreckte Hand
tatsächlich wirklich aufzunehmen, das ist eine andere Sache und das würde ich mir wünschen. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Minister Schuster, der Ministerpräsident hat Ihnen offenbar sehr gezürnt wegen des Ergebnisses dieser Ausschreibung. Die CDU-Landtagsfraktion sieht das völlig anders. Ich verstehe den Herrn Ministerpräsidenten ob seines Zürnens, denn das Ergebnis...
Es stand in der "Thüringer Allgemeinen" und ich nehme an, das ist richtig.
Da sich das Ereignis auf den Fluren der Staatskanzlei zugetragen hat, gibt es sicher noch andere Quellen, die authentisch sind.
Ich will einmal die Frage stellen, ob das Ergebnis der Ausschreibung tatsächlich den Ausschreibungskriterien entspricht und wenn die Kommunale Entwicklungsgesellschaft Baden-Württemberg angesprochen wird, dann ist es wichtig, dass man einmal in die Gesellschaftsverträge dieser Gesellschaft hineinsieht und sieht, wer beteiligt ist an dieser Kommunalen Entwicklungsgesellschaft, nämlich die Landesbank Baden-Württemberg, der Landkreistag, der Städtetag, der Gemeindetag Baden-Württemberg, der Badische Sparkassen- und Giroverband, der Württembergische Sparkassenverband. Vielleicht gestatten Sie, Frau Präsidentin, dass ich zitiere nur einen Satz aus der Aufgabenstellung dieser GmbH: "Die GmbH hat die Aufgabe, Städte, Gemeinden, Landkreise und Kommunalverbände bei der Durchführung ihrer Aufgaben auf den Gebieten Stadtentwicklung, Strukturverbesserung Umwelt und Verkehr zu unterstützen." Nichts von dem Thema, um das es hier geht, nichts um die Verwaltung von Arbeitsmarktmitteln aus dem europäischen Sozialfonds. Was in der Ausschreibung enthalten war, war die Voraussetzung, dass man Erfahrungen, thüringenspezifische Erfahrungen, in diesem Feld mitbringt. Die sind nicht vorhanden, schlicht und ergreifend.
Es werden in den nächsten fünf Jahren 800 Mio. DM aus ESF-Mitteln durch eine Gesellschaft aus Baden-Württemberg verwaltet
und mir ist 800 Mio. DM insgesamt fünfmal 180 Mio. DM.
Ich will noch einmal Folgendes deutlich machen: Diese Gesellschaft aus Baden-Württemberg wird zunächst einmal eine GmbH in Thüringen gründen mit Sitz in Erfurt, wie ich gehört habe in der Neuwerkstraße, die ausgeschrieben hat Mitarbeiter einzustellen, die dann diese Aufgabe übernehmen sollen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, da verstehe ich schon den Ärger des Minister
präsidenten, dass eine Gesellschaft aus Baden-Württemberg - und das ist nicht nachvollziehbar und der Hinweis auf die GFAW, eine landeseigene Gesellschaft - nicht einmal in der Lage war, ordnungsgemäß in diesem Verfahren eine Bewerbung einzureichen, die Ihrer Fachaufsicht und Rechtsaufsicht untersteht. Das Verfahren, Herr Minister Schuster, ist in seinem Ablauf nur schwer nachvollziehbar. Wenn ich dort hinten den Herrn Präsidenten des Landesrechnungshofs sehe, aus meiner Sicht ist das ein Verfahren, das vom Landesrechnungshof überprüft werden sollte, weil es aus meiner Sicht weder politisch, noch handwerklich von den Rechtsvorschriften her sauber durchgeführt worden ist.
Herr Kollege Schuster, ich weiß nicht, was der Weg ist, der von Thüringen in diesem Fall nach Stuttgart geführt hat und zu dieser Kommunalen Entwicklungsgesellschaft, die keinerlei aber nicht die geringsten Erfahrungen hat im Verhältnis z.B. von dieser BBJ, die über 10 Jahre ohne Beanstandungen in Thüringen mit 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Geschäft betrieben hat. Wenn es richtig ist, dass die Kommunale Entwicklungsgesellschaft Baden-Württemberg zur Erfüllung dieser Aufgabe einen Personalbestand von 16 Personen vorgesehen hat, bedeutet dies in Thüringen unter dem Strich, wenn man davon ausgeht, dass die ausgeschriebenen Mitarbeiterstellen tatsächlich mit Thüringerinnen und Thüringern besetzt werden, im Saldo einen Verlust von 14 Arbeitsplätzen. Ich bitte Sie, dazu auch etwas konkret zu sagen. Was die Ausschreibung angeht: Diejenige Firma, nämlich die Kommunalentwicklung Baden-Württemberg, die die Ausschreibung gewonnen hat, wird sie selber gar nicht umsetzen, sondern sie wird eine Tochtergesellschaft in Thüringen gründen, die wird neu personalisiert und die wird das dann tun. Vom Ergebnis her kann ich nur sagen, politisch ist das nicht nachvollziehbar. Im Hinblick auf die Arbeitsmarktlage in diesem Lande halte ich sie nicht für verantwortlich. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Ministerpräsident, ich hatte bisher zumindest den Eindruck, dass wir fünf Jahre gemeinsam in diesem Land regiert haben, und bei den Aussagen Ihres Innenministers habe ich den Eindruck gehabt, als habe es 1999 einen Regierungswechsel von der SPD zur CDU gegeben.
Im Innenressort schon, sagen Sie. Unter Ihrem Vorsitz, fünf Jahre, und wir waren uns einig, als wir aufgehört haben, dass wir für dieses Land gute Arbeit geleistet haben. Es ist nicht das erste Mal, dass der Innenminister, auch jetzt nach einem Jahr und fast acht Monaten, im Oktober sind es nach vier Monaten zwei Jahre, dass diese Regierung allein amtiert, sehr allein die Verantwortung für das Innenressort übernommen hat, übrigens etwa genau so lange, wie Herr Böck Innenminister gewesen ist. Nach dieser Zeit wird immer wieder der Versuch unternommen, eigene Verantwortung dadurch zu ersetzen, dass man Verantwortung dem oder den Amtsvorgängern zuschiebt, was die Anwerbung von Quellen angeht, gegebenenfalls
über 1994 hinaus bis zu den Vorgängern. Was die Amtsübergabe angeht, ich will das hier ganz deutlich sagen, ich habe meinem Nachfolger ein Landesamt für Verfassungsschutz übergeben, das funktions- und handlungsfähig gewesen ist und in fünf Jahren keine undichten Stellen aufgezeigt hat, das in fünf Jahren aktiv gearbeitet hat und der politischen Führung des Landes die Informationen zugespielt und zugeleitet hat, die ein Land braucht.
Und insbesondere die Polizei hat bei schwierigen polizeilichen Einsätzen in diesem Bereich, ich erinnere an Saalfeld, bei diesen beiden Ereignissen hat das Landesamt für Verfassungsschutz hervorragende Arbeit geleistet und dies möchte ich auch hier noch einmal ganz deutlich sagen. Der Präsident, der dieses Amt in dieser Zeit geführt hat, ich habe ihn im Übrigen von meinem Vorgänger, dem Kollegen Schuster, übernommen, er ist in dieser Zeit fünf Jahre lang im Amt geblieben und er ist durch den Nachfolger entlassen worden. Ich will es nicht bewerten. Im Übrigen hat der Vizepräsident des Landesamts für Verfassungsschutz heute beantragt, aus dem Amt heraus versetzt zu werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir eine Anmerkung zur Sache. Ich glaube, ich bin einer, der nicht nur aus seiner beruflichen Erfahrung als Landesbeamter des Landes Baden-Württemberg, sondern insbesondere aus den neun Jahren als Staatssekretär und Innenminister im Innenressort durchaus in der Lage ist, die Funktionen und Aufgabenstellungen im Bereich der Innenbehörden zu erfassen und darzustellen. Und das gilt auch für das Landesamt für Verfassungsschutz. Im Übrigen, was die Geheimdienste angeht, ein Fach für sich, das will gelernt sein, das kann ich Ihnen versichern, was die Funktion und die Abläufe der Geheimdienste in Deutschland angeht. Ich kann nur jedem, der sich politisch, im politischen Feld mit dieser Materie beschäftigt, ermahnen, dies mit der notwendigen Zurückhaltung und Bereitschaft zu tun, dazuzulernen. Auch dies ist ganz wichtig in diesem sensiblen Bereich.
Was die Quellenführung angeht, ich habe dies im Kontext mit der Problemfrage Dienel mehrfach gesagt und ich habe es in den letzten Tagen auch Journalisten, nachzulesen, mehrfach gesagt. Ein Geheimdienst, ein Inlandsgeheimdienst, das gilt für das Bundesamt für Verfassungsschutz genauso wie für alle Landesämter für Verfassungsschutz - all diese Behörden sind so gut wie ihre Quellen. Da stimme ich dem hier zuvor Gesagten zu. Allein vom Zeitungslesen kann eine solche Behörde nicht befähigt sein, ihre Arbeit zu machen, sondern es ist notwendig, gute Quellen zu haben, und gute Quellen bedeutet - und es gilt nicht nur, meine sehr verehrten Damen und Herren, für den Be
reich des Rechtsextremismus, das gilt für den Linksextremismus, das gilt für die Spionageabwehr und dies gilt bei den Landeskriminalämtern und beim BKA auch für die organisierte Kriminalität -, man braucht hochrangige Quellen. Wer nur Quellen hat im Bereich der Mitläufer, der ist nicht in der Lage, die Taktik und Strategie extremistischer oder krimineller Organisationen zu erfassen, darauf zu reagieren und gegebenenfalls auch Ermittlungserfolge zu erzielen. Dies gilt auch für den Rechtsextremismus. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, vielleicht hören Sie auch zu. Sie können auch dazulernen. Es ist auch im Bereich des Rechtsextremismus wichtig, dass Quellen geführt werden, die zu den mittleren und höheren Führungsgruppen dieser Organisationen gehören. Das ist notwendig und wichtig, dies gilt für das Bundesamt für Verfassungsschutz genauso wie für alle Landesämter in den deutschen Bundesländern.
Die Frage, die sich hier und heute stellt, ist ausschließlich die Frage: Wo sind Zäsuren zu machen? Wo sind Schnitte zu machen? Die Frage: Wann sind Quellen im Jargon der Verfassungsschützer abzuschalten? Wann hat man sich von Ihnen zu trennen? Unstrittig ist, dass, wenn Quellen, die Führungsfunktionen übernehmen, die für solche Organisationen federführend und lenkend sind, spätestens dann solche Quellen abgeschaltet werden müssen. Darüber sind wir uns einig. Dies ist auch die Gretchenfrage. Die Gretchenfrage in diesem Zusammenhang, ich sage es einmal so mit Goethes Faust - Heinrich - und Heinrich ersetze ich einmal durch einen anderen Namen - Heinrich, wie hältst du es, nicht mit der Religion in diesem Fall, sondern mit der vollen Wahrheit? Heinrich, wie hältst du es mit der vollen Wahrheit? Was die volle Wahrheit angeht, ich habe das auch heute Journalisten gesagt, das gilt sicher auch für die Kollegen Beckstein und Hardrath in Bayern und Sachsen, das gilt für Otto Schily. Wenn Sie den Günther Beckstein fragen nach Quellen seines Verfassungsschutzes, wird er Ihnen diese Frage nicht beantworten, weil er sie nicht weiß und auch nicht wissen will. Dies gilt für alle Innenminister in dieser Republik und das ist auch gut so. Das ist die Organisation der Nachrichtendienste und dies muss auch so sein. Nur, was die volle Wahrheit angeht, die Information der Medien, Herr Innenminister, die Information der Medien erfolgt aus unterschiedlichen Quellen, das ist mein Stand der Dinge und meine Information. Ich weiß von Thüringer Journalisten, dass sie schlicht mit Informationen bedrängt werden, die aus dem Amt und von außerhalb des Amts an sie herangetragen werden. Es ist doch einfach so, die Information, dass in Coburg ein solches Treffen mehrfach stattgefunden hat mit Herrn Brandt durch einen V-Mannführer des Verfassungsschutzes ist nicht von irgendjemand, sondern kann nur und ist auch aus dem Landesamt als Information an die Medienvertreter gegangen und deshalb konnten dort Bilder angefertigt werden. Hier hat die Presse ihre Informationspflicht wahrgenommen. Sie hat ihre Arbeit gemacht, schlicht und ergreifend. Ich muss Ihnen sagen, es ist doch für Sie ein Problem hoffentlich, dass aus diesem Amt so sensible Informationen an Medienvertreter gehen. Das ist ein Problem. Es
ist nicht so, dass es sich um Mitarbeiter handelt, in diesem Fall mit Sicherheit nicht, die irgendwo außerhalb des Amts sind, weil Sie sie gegen ihren Willen aus dem Amt heraus versetzt haben, sondern es handelt sich, und dies ist nur möglich, um Informationen aus dem Amt selber.
Und nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Fall Brandt. Zur Entwicklung: In den Verfassungsschutzberichten seit 1995, also der erste Verfassungsschutzbericht, den ich persönlich vorgelegt habe, ist bereits der Name Brandt aufgetaucht - damals war der junge Mann zwanzig Jahre alt -, übrigens auch der Name desjenigen, der jetzt zum Landesvorsitzenden der NPD bestellt oder ernannt oder berufen worden ist, ein Wahlverfahren hat es ja nicht gegeben, wurde damals schon im Kontext mit Tino Brandt genannt. In allen Verfassungsschutzberichten seit 1995 ist Tino Brandt aufgetaucht. Dieser hat aber, und dies ist eine entscheidende Frage und eine entscheidender Fakt im Hinblick auf das, worüber wir reden, im vergangenen Jahr, nämlich im Jahr 2000, seine Mitglieder des so genannten Heimatschutzes Ostthüringen aufgefordert, massenhaft der NPD beizutreten, wie das in Sachsen in den letzten zwei Jahren auch durchexerziert worden ist. Das haben sie getan und sie haben handstreichartig die NPD in Thüringen übernommen und sie haben den Herrn Brandt zum stellvertretenden Vorsitzenden und zum Pressesprecher gewählt. Sie hätten ihn zum ersten Vorsitzenden wählen können. Das haben Sie nicht gewollt, aber er ist ab diesem Zeitpunkt die Nummer 1 in dieser Partei NPD geworden. Diejenigen, die bisher als relativ autonome Gruppen im rechtsextremistischen Bereich tätig waren, haben die NPD übernommen. Man muss sehen, es steht im zeitlich engen Kontext mit einem Ereignis, das Thüringen nochmals über das Land hinaus bekannt gemacht hat, nämlich der Anschlag auf die Synagoge in Erfurt. Ich erinnere an dieses auch im Nachgang erfolgte Interview, das Herr Brandt dem MDR-Fernsehen gegeben hat, wo er auf die Frage, wie er es denn mit dem jüdischen Volk hält, erklärt hat, wenn er dies sage, würde er sich strafbar machen. Ich warte heute noch auf den Staatsanwalt, der ein Strafverfahren gegen ihn einleitet, weil diese Aussage aus meiner Sicht eine Straftat ist. Diese Aussage, so wie er sie gemacht hat, erfüllt für mich den Tatbestand einer Straftat und ich würde mich wirklich freuen, würde sich ein Staatsanwalt in Thüringen auf den Weg machen, dieser bösen Äußerung auch strafrechtlich nachzugehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt sage ich drei Worte und setze einen Doppelpunkt. Herr Innenminister, ich bitte Sie ganz genau zuzuhören, weil es nun um die Frage geht, von der ich erwarte, dass Sie sie beantworten.
Mir ist bekannt:
1. Der damals noch amtierende Präsident des Verfassungsschutzes in Thüringen hat am 3. Mai 2000 durch schriftliche Verfügung den zuständigen Referatsleiter der Ab
teilung Beschaffung angewiesen, die Quelle Brandt abzuschalten.
2. Nach der darauf folgenden Beurlaubung des Präsidenten des Landesamts für Verfassungsschutz hat der amtierende Präsident, das heißt der Vizepräsident, eine gegenteilige Weisung erteilt (ich weiß nicht, ob in Abstimmung oder ohne Abstimmung mit dem Staatssekretär oder der Hauslei- tung des Innenministeriums). Der zuständige Referatsleiter für Rechtsextremismus in der Beschaffungsabteilung hat remonstriert. Wer das Beamtenrecht kennt, weiß, was das heißt. Nachdem seine Remonstration erfolglos war, hat er sich schriftlich in einem Brief an seinen obersten Dienstherrn, den Innenminister, gewendet und hat in dieser Sache um einen Gesprächstermin gebeten. Derselbe Beamte ist nicht mehr im Landesamt für Verfassungsschutz, sondern nunmehr im Landesamt für Statistik für dort zu bewältigende Fragen zuständig. Die Quelle Brandt ist im Februar 2001 abgeschaltet worden. Das heißt, von hier aus gerechnet etwa drei Monate.
Herr Innenminister, Sie haben eine eigene Verantwortung, was dieses Thema angeht, die nicht Ihre Vorgänger, weder mich noch meine beiden Amtsvorgänger, betrifft. Sie haben eine Bilanz vorgelegt in der polizeilichen Kriminalstatistik, die Straftaten im rechtsextremistischen Bereich aufzeigt, die Thüringen an der Spitze aller Bundesländer sieht. Wir haben fast eine Straftatenverdoppelung im Jahr 2000 gegenüber 1998 und 1999. Wir haben im Bereich der Gewaltstraftaten mehr als eine Verdoppelung. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass ich einen Kontext sehe, und ich bin bereit, auch den Nachweis zu führen in Ihrer Zulieferung an die Bundesregierung zur Vorbereitung des Antrags auf Parteienverbot gegenüber der NPD.
Ich will zum Schluss sagen: Herr Ministerpräsident, für diese Landesregierung, für dieses Land ist es ein Problem, dass ein so sensibles Landesamt augenblicklich nicht arbeitsfähig ist. Das ist meine Feststellung, die ich hier öffentlich mache. Dieses Amt ist so nicht arbeitsfähig. Ich würde mir wünschen, weil ich den Eindruck habe, dass wir aus eigenen Kräften im Moment nicht in der Lage sind, dieses Problem zu lösen, in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz, das ja auch vom Gesetz her dazu verpflichtet ist, alles zu tun, die Arbeitsfähigkeit dieses Amts wieder herzustellen. Herzlichen Dank.
Herr Staatssekretär, beabsichtigen Sie auch die Polizeiinspektionen in Artern, in Lobenstein, in Leinefelde aufzulösen, die in einer vergleichbaren
in Leinefelde befindet sich eine Polizeistation, Herr Böck beabsichtigen Sie, auch eine dieser Polizeiinspektionen, gegebenenfalls auch Schmölln, aufzulösen? Und die zweite Frage: Wenn sich das Modellprojekt Neuhaus/Sonneberg aus Ihrer Sicht rechnet, beabsichtigen Sie dann in jedem Landkreis bzw. jeder kreisfreien Stadt nur noch eine Polizeiinspektion vorzuhalten?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich könnte auch vom Platz aus reden, das ist aber nicht üblich in diesem Hause, deshalb habe ich mich für das Pult entschieden. Ich habe mich gemeldet auf die Äußerungen des Innenministers hin und er hat gleich zu Anfang seiner Rede beanstandet, dass SPD und PDS dieses Thema wieder auf die Tagesordnung des Landtags setzen. Herr Innenminister, dieses Thema gehört gesellschaftspolitisch mit zu den ganz wichtigen Themen, die uns in dieser Bundesrepublik und vornehmlich in den neuen Bundesländern beschäftigen. Sie haben, und dies war zwischen der letzten und heutigen Landtagssitzung, der Öffentlichkeit Zahlen aus der polizeilichen Kriminalstatistik vorgestellt,
die Staatsschutzzahlen vorgelegt und Sie haben dazu Ihre Kommentare abgegeben. Und wenn Sie am Ende Ihrer Rede, wie Sie das immer tun - Kollege Fiedler tut dies auch, ich tue es im Übrigen auch - Gemeinsamkeit bei diesem Thema anmahnen - der Kollege Fiedler sagt dann noch immer: Gemeinsamkeit der Demokraten, das ist richtig -, aber Gemeinsamkeit werden Sie bei diesem Thema nur zustande bringen, wenn Sie bereit sind, auch Vorschläge der beiden Oppositionsparteien mit einzubeziehen in Entscheidungsfindungen und mit einzubeziehen in die Arbeit der Landesregierung im Kontext auch mit den Verbänden und Vereinigungen, die sich vor Ort mit diesem Thema beschäftigen. Und heute, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist in diesem hohen Hause sehr viel über Demokratie, über Demokratieprinzip geredet worden. Wenn wir uns einig sind, dass es beim Thema Rechtsextremismus um die Verteidigung elementarer demokratischer Rechte geht, dann wünsche ich mir, dass Sie das, was wir vortragen und den Antrag, den der Abgeordnete Kollege Döring hier für die SPD begründet hat, dass Sie diese Vorschläge sehr viel ernster nehmen, als Sie dies tun.
Ich finde es nicht in Ordnung, dass versucht wird, einzelne Abgeordnete in bestimmte Ecken zu drücken, in die Ecke des Linksextremismus, die Ecke der Gewaltbereitschaft, wenn Sie z.B. vom Recht der Meinungs- oder Demonstrationsfreiheit Gebrauch machen. Ich halte dies für ganz wesentlich und elementar und ich bekenne mich dazu. Ich habe in den letzten 30 Jahren an vielen Demonstrationen teilgenommen, ich habe gegen den Vietnamkrieg demonstriert, ich habe an Blockaden gegen die Stationierung amerikanischer Raketen teilgenommen, ich habe gegen Atomkraftwerke demonstriert und ich kann sagen, es gibt kaum gesellschaftliche Bewegungen in Deutschland in den letzten 30 Jahren, die für diese Demokratie so befruchtend, positiv befruchtend gewesen sind wie all diese Bewegungen, die letztlich Bürgersinn und Bürgerengagement im Wege der Demonstration und der Meinungsfreiheit dokumentiert und versinnbildlicht haben.
Ich würde dem Herrn Kollegen gern die Möglichkeit geben, zum Schluss meiner Rede sich dann fragend zu äußern.
Demokratiekultur heißt auch, dem anderen nicht nur zuhören, Herr Innenminister, sondern es bedeutet auch, wenn wir Vorschläge machen, dass Sie darauf eingehen. Und Sie wundern sich, Sie haben es öffentlich beklagt, dass ich Ihre Statistik kritisiert habe. Ich habe Ihre Statistik deshalb kritisiert, weil Sie die Auffassung vertreten haben, dass sich die Lage nicht verändert habe, nicht dramatischer geworden sei, sondern die Statistik sich verändert
habe. Dies ist objektiv nicht so, denn die Zählweise hat sich nicht verändert und die polizeiliche Kriminalstatistik und deren Parameter haben sich nicht verändert. Wir haben die Situation, dass wir bundesweit etwa 16.000 rechtsextremistische Straftaten im vergangenen Jahr hatten, davon über 8.000 in den neuen Bundesländern. Wohl wissend, dass in den neuen Bundesländern nicht einmal 20 Prozent der Bevölkerung leben, sind 50 Prozent der Straftaten überproportional hoch und wohl wissend, dass in Thüringen nur 3 Prozent der Bevölkerung dieser Bundesrepublik zu Hause sind, aber fast 12 Prozent der rechtsextremistischen Straftaten in dieser Bundesrepublik geschehen sind in 2000, dann hat dies etwas zu bedeuten. Ich denke, mit dieser Problemlage muss man sich dann beschäftigen.
Was das Programm CIVITAS angeht, ich missbillige den süffisanten Ton, wie Sie dieses Programm der Bundesregierung hier würdigen und sagen, das ist gut, dass es das gibt, aber wir werden nichts dafür tun, dass es auch in Thüringen umgesetzt werden kann.
Doch, Sie tun es faktisch. In dieser Woche hat in Weimar eine Tagung des Landesjugendamts stattgefunden, wo Verbände und Jugendverbände und Vereinigungen informiert worden sind über den Umgang mit diesem Programm. Was wir erwarten, das ist, dass Sie z.B. Jugendverbände in Thüringen, Verbände und Kirchen dabei unterstützen, wenn sie dieses Programm in Anspruch nehmen wollen. Das heißt ja nicht, dass Sie den Rest ausfinanzieren müssen, aber dass Sie diejenigen, die sich in den verschiedenen Vereinigungen mit der Umsetzung von CIVITAS beschäftigen, dass Sie sie dabei unterstützen. Nur darum geht es.
Ich denke, dass wir, die SPD, vorgeschlagen haben, auf der Grundlage dieses Programms CIVITAS mobile und regionale Stellen einzurichten. Es ist doch etwas Ehrenhaftes, wenn ein Mann wie Herr Knigge, der Leiter der Gedenkstätte in Buchenwald, expressis verbis sagt, dies ist ein Ansatz, dieser Vorschlag der SPD, auf den man eingehen sollte. Wir haben dies auch im Bildungsausschuss schon mehrfach diskutiert, als wir darum gebeten haben, integrierte Fortbildung für alle Lehrerinnen und Lehrer im Zusammenhang mit diesen Projekten zu betreiben, um einfach die fast 30.000 Lehrerinnen und Lehrer in Thüringen mit in eine solche breite konzertierte Kampagne einzubinden. Dies kann alles zusammengeführt werden und Ihre Koordinierungsstelle, die Sie im Innenministerium gebildet haben - ich weiß gar nicht, ob sie mittlerweile personalisiert ist. Sie hatten ja selber
vergangene Woche angemahnt, dass z.B. der Sozialminister seine Abordnungen für diese Koordinierungstelle noch gar nicht durchgeführt hat. Vielleicht ist das zwischenzeitlich geschehen -, aber diese Koordinierungsstelle habe ich vor einer Woche einmal als Phantom ohne Wirkung bezeichnet und das meine ich auch damit. Koordinierungsstelle ist aus meiner Sicht nicht das, was wir brauchen innerhalb der Landesregierung. Wir brauchen eine Vernetzung der Aktivitäten der Landesregierung mit denen draußen in der Fläche, die diese Arbeit an der Basis und im unmittelbaren Kontakt mit denen wahrnehmen, die als Multiplikatoren bei einem solchen Projekt gefragt sind. Wir bräuchten keine Koordinierungsstelle, wenn wir die Aktivitäten der Landesregierung, der drei hier im Landtag vertretenen Parteien bündeln würdenbeziehen Sie uns doch mit ein in die Koordinierung, in diese Präventionsstrategie. Wir setzen uns zusammen mit den Kirchen, mit den Gewerkschaften und mit den Jugendverbänden, auch in koordinierenden Gremien. Wir sind bereit uns einzubringen als Parteien in diesen mobilen Dienst, diese Beratungsdienste, diese Aktionsdienste, auch in der Fläche. Nur so werden wir es schaffen, tatsächlich und auch kontinuierlich den Rechtsextremismus in Thüringen wirksam zu bekämpfen. Sie hätten es wesentlich einfacher, Herr Innenminister und die Landesregierung, wenn wir mit im Boot säßen, alle. Ich wünsche mir, dass wir bei diesem Projekt, wo es um Demokratie und Schutz der Demokratie geht, dass Sie uns mit ins Boot nehmen. Das bedeutet natürlich, dass Sie auch auf den einen oder anderen Vorschlag eingehen, den die SPD macht, den die PDS macht, den die Gewerkschaften machen und die Kirchen machen und ihn mit akzeptieren und umsetzen. Ich bin sicher, dass Sie sich viel wohler fühlen würden, wenn Sie eine polizeiliche Kriminalstatistik vorstellen, dass wir miteinander ganz anders in der Bewertung dieser Dinge wären, würden Sie tatsächlich die Einheit der Demokraten und die Einheit der gesellschaftlichen Kräfte in diesem Problemfeld herstellen wollen. Hier handeln Sie so, wie Sie seit anderthalb Jahren in diesem Landtag handeln, wie Sie mit dem Projekt der Bürgerinitiative für mehr Demokratie umgehen, wie Sie mit uns in diesem Landtag umgehen. Im Grunde passt dies genau in die Linie und ich denke, hier die Demokratie und die Einheit und letztlich die Entschlossenheit der Demokraten anzumahnen, dies muss dann ins Leere gehen, wenn so verfahren wird.
Meine Aufforderung, es ist nicht das erste Mal, dass ich das hier sage - schade, dass der Ministerpräsident nicht da ist -,
aber ich würde mir wünschen, dass Sie den Versuch machen, uns mit ins Boot zu nehmen. Wir sind bereit dazu. Ich weiß aus vielen Kontakten zu den Gruppen in der
Fläche, da nenne ich die Kirchen, den DGB, aber auch Einzelgewerkschaften, Jugendverbände, den Landesjugendring z.B., die sind alle bereit, sich hier mit einbeziehen zu lassen. Ich bin sicher, Sie müssen nicht sehr viel mehr Geld in die Hand nehmen, um dies umzusetzen. Aber ich glaube, wenn Sie dazu bereit sind, auch uns alle mit in die Verantwortung zu nehmen, und wir sind dazu bereit, dann brauchen wir keine Koordinierungsstelle, um die Aktivitäten der Landesregierung zu koordinieren; dann sind wir in der Lage, gemeinsam mit der Landesregierung dieses wichtige Projekt auf den Weg zu bringen und es auch auf eine größere Distanz kontinuierlich fortzusetzen. Nutzen Sie dieses Angebot! Beurteilen Sie die Anträge, die heute von SPD und PDS gestellt sind, nicht als überflüssig, sondern nehmen Sie sie ernst und setzen Sie sich mit uns an einen Tisch! Nutzen Sie dieses Angebot und nehmen Sie uns in die Pflicht! Ich bin sicher, wir werden bei diesem Thema nicht nur erfolgreicher sein, sondern Sie werden auch als Innenminister bei diesem Thema wesentlich ruhiger schlafen können.
Herr Kollege Schwäblein, ich erwarte von uns allen, dass wir den anderen in seiner Auffassung und Haltung respektieren, dass wir auch tiefen Respekt vor dem haben, der eine andere politische Auffassung vertritt und auch Respekt haben vor dem, der demokratischen Spielregeln folgend, z.B. demonstriert,
der Dinge tut, die man selber vielleicht nie tun würde, die aber durch die Verfassung und das Grundgesetz abgedeckt sind.
Herr Staatssekretär, ich will die Bonität dieses Geschäfts jetzt nicht vertieft würdigen, aber zwei Fragen habe ich. Die erste Frage: Halten Sie die Aussage aufrecht, dass der Finanzminister 15 Mio. DM nicht zur Verfügung hatte und Sie gezwungen waren, Wald einzubringen, was Sie zu Anfang gesagt hatten? Die zweite Frage: Ist das Gutachten über diese ca. 800 Hektar Wald von der Landesforstverwaltung selber erstellt worden oder hat dieses Gutachten ein externer Sachverständiger vorgenommen?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, heute ist in diesem hohen Hause sicher oft über
Standortfaktoren geredet worden, harte Standortfaktoren, weiche Standortfaktoren. Ich möchte deutlich machen, das Thema, über das wir hier reden, ist ein Standortfaktor, und zwar ein sehr negativer Standortfaktor. Was hier an Zahlen aus der polizeilichen Kriminalstatistik vorgetragen worden ist - ich weiß nicht warum, Kollege Schuster und ich haben die Staatsschutzdelikte immer innerhalb der PKS der Öffentlichkeit vorgestellt, wir haben das überprüft, Herr Kollege - ist, dass die Staatsschutzdelikte nicht mit der polizeilichen Kriminalstatistik vorgestellt worden sind. Ich unterstelle Ihnen, dass Sie dies wohlweislich nicht getan haben. Sie sind allerdings dem Bundeskriminalamt mitgeteilt worden, wie dies üblich ist, und von dort auch bekannt gemacht worden. Ich will hier nicht über Zahlen mit Ihnen debattieren und streiten, da hat mein Vorredner Recht, Zahlen sind einfach Marken, Zahlen sind Indizien und Hinweise. Die Indizien zeigen, dass wir in Thüringen einen sehr starken Anstieg rechtsextremistischer Straftaten zu verzeichnen haben. Die Tendenz ist so verheerend, dass man sagen kann, man muss sich dies sehr genau ansehen, nämlich eine Steigerungsrate in einem Jahr von fast 50 Prozent.
Wenn es dann auch richtig ist, dass wir die Nummer 1 unter den 16 Bundesländern wären, was diese Frage angeht, dann ist dies zunehmend eine Frage, die von hoher Brisanz ist und die auch etwas mit dem Standort Thüringen zu tun hat. Ich will deutlich machen, dass ich dem Innenminister nicht vorwerfe, wenn er nicht verhindern kann, dass ein ausländischer Mitbürger von Rechtsextremen überfallen wird, aber was ich der Landesregierung und dem Innenminister vorhalte, das ist eine Entwicklung seit ihrem Regierungsantritt, die bedeutet, dass offenbar der Druck auf diese Szene in Thüringen nachgelassen hat.
Wir haben Anschläge auf Synagogen in Erfurt, in Mühlhausen. Wir haben einen Anschlag auf ein Gotteshaus in Gera, wir haben Überfälle auf ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger und wir haben wieder Aufmärsche mit Fahnen und Fackeln, Springerstiefeln und Glatzköpfen auf Thüringer Straßen. Dies hat sich geändert, seit diese Regierung amtiert. Das muss hier festgestellt werden.
So war die Situation bei Beginn der Amtszeit dieser Regierung nicht. Was wir im Ausschuss für Bildung und Medien erlebt und gehört haben, auch durch den Präsidenten des Landeskriminalamts, auch im Bereich der Schulen gibt es eine kontinuierliche Zunahme von
Körperverletzungen und Sachbeschädigungen. Was tut die Landesregierung? Die Landesregierung verharmlost, sie beschönigt. Herr Seela ist typisch für diese CDULandtagsfraktion, wenn er sagt, eine Hand voll Spinner darf man nicht überbewerten.
Ich finde, wir dürfen dies nicht gering bewerten, sondern wir müssen mit dieser verheerenden Entwicklung umgehen. Ich habe es sehr bedauert, dass der Thüringer Innenminister und der Thüringer Justizminister sich mit dem Bundesinnenminister öffentlich in eine Debatte begeben haben, dass dies kein ostdeutsches Spezifikum sei. Rechtsextremistische Straftaten gibt es in allen deutschen Ländern, das ist richtig so, nur wir haben eine ostdeutsche Problematik, eine Sonderproblematik, dies hat der Vorsitzender der PDS hier eben deutlich gesagt. Wir haben z.B. weniger Drogendelikte in den neuen Bundesländern. Auch dies ist ein ostdeutsches Spezifikum. Wir haben doppelt so viele Verkehrstote wie in den alten Bundesländern. Auch dies ist ein Spezifikum der neuen Bundesländer. Ich finde, es ist wichtig, über die gesellschaftspolitischen Ursachen dieser Thematik zu reden und damit umzugehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ein junger Palästinenser in Suhl mitten in der Stadt, einer Stadt mit fast 50.000 Einwohnern, von Rechtsextremisten unter den Augen eines Busfahrers und von Passanten nicht nur geschlagen und misshandelt wird, sondern schwerstens körperlich verletzt wird, dann zeigt dies auch eines deutlich, dass wir sehr viel mehr dafür tun müssen, bei unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern für Zivilcourage zu werben, nämlich deutlich zu machen, dass wir nicht zusehen dürfen. Ich würde mir wünschen, dass die Landesregierung offensiver mit uns zusammen die Frage eines Landesprogramms noch einmal angeht, dass wir die Schulen stärker in diese Kampagne mit einbinden, Herr Kultusminister.
Machen Sie doch mit uns zusammen den Versuch, über mobile Lehrer-Task-Force z.B. in die Schulen hineinzugehen und dort integrierte Fortbildung zu diesem Thema zu betreiben und nicht nur beim Thüringer Institut für Lehrerfortbildung dies zu tun, sondern die Lehrer stärker auch etwas - ich sage - ein Stück nicht zwingen, aber Lehrer einfach stärker mit einbinden in diese Kampagne gegen den Rechtsextremismus in unserem Lande.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nur ein Wort zum Schluss noch. Ich habe es sehr begrüßt, dass die Stadt Erfurt jetzt ihre Stadien und Sportstätten für Leute sperren will, die mit rechtsextremistischen Emblemen, aber auch, und dazu gehören auch Springerstiefel - es ist ein Unterschied, ob einer in Springerstiefeln und mit Glatzkopf kommt, wenn es schon zehn sind, dann hat dies eine Bedeutung. Dies hat etwas mit Nationalsozialismus und dies hat etwas mit unserer leidvollen Vergangenheit zu tun. Deshalb ist das der Weg in die richtige Richtung. Hier sollten wir gemeinsam auch solche Kommunalpolitik unterstützen, die in diesem Punkt in die richtige Richtung geht. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die bildungspolitische Arbeit, Herr Kollege Emde, im Ausschuss ist auch seitens der Opposition und auch der SPD, denke ich,
nicht so schlecht, dass man sich vor allem in so abfälliger Weise hier öffentlich über Kollegen artikulieren sollte.
Ich habe in dieser Zeit den Eindruck gewonnen, in der ich nun dem Bildungsausschuss angehöre, dass in sehr großem Konsens und Übereinstimmung Bildungspolitik gemacht wird, und meine Auffassung ist auch die, dass das gut ist, wenn dies gelingt. Die Regierungserklärung, die Herr Kultusminister Prof. Krapp heute hier abgegeben hat, verdient es, dass man sich inhaltlich mit ihr auseinander setzt, verdient es aber auch, dass man deutlich macht, dass es wichtig ist, nicht nur - und mir ist das aufgefallen - dass auch sehr viele Floskeln verwendet worden sind
und vor allen Dingen, ich denke, dies ist aus Ihrer Sicht richtig, ich hätte mir gewünscht, dass nicht nur Dankadressen versandt worden wären, sondern auch im Hinblick auf das, was zu tun ist, kritische, auch selbstkritische Worte gebraucht worden wären. Ich stimme mit Ihnen überein, dass Bildungspolitik, Schulpolitik und Hochschulpolitik mit zu den wichtigsten gesellschaftspolitischen Themen unserer Zeit gehören und wer heute über den Standort Deutschland redet, der weiß, dass die Bildungspolitik, die Schulpolitik und die Hochschulpolitik und die Forschung, nicht zu vergessen, die Standortfaktoren höchster Kategorie sind, die letztlich mit darüber entscheiden, ob diese Bundesrepublik Deutschland im Wettbewerb mit anderen Volkswirtschaften innereuropäisch und darüber hinaus eine Chance haben wird und eine Chance haben kann. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns intensiv mit diesem Themenfeld beschäftigen. Wir werden uns sehr viel stärker als bisher mit der Frage der Europäisierung unserer Bildungspolitik beschäftigen müssen. Ich sage hier zunächst einmal nicht den gesellschaftspolitisch wichtigen Bildungsauftrag von Schule insgesamt, aber es beinhaltet vor allen Dingen auch die Vergleichbarkeit europäischer Schul- und Hochschulpolitik. Sie haben zu Recht angesprochen, dass wir gemeinsam, und es gibt ja Länder, die es schon umgesetzt haben neben den neuen Bundesländern, ich bin auch sicher, dass Bayern und Berlin, die Sie angesprochen haben, diesen Weg mitgehen, dass das Abitur nach 8 Jahren bereits erreicht werden kann. Wir sind dann immer noch nicht auf dem europäischen Durchschnittsstandard, was die Reifeprüfung angeht. Es ist wichtig, dass hier eine Europäisierung stattfindet und unsere Schülerinnen und Schüler mit der Reifeprüfung nicht zu spät in die Hochschule wechseln können. Herr Emde hat auch zu Recht die Problematik der Hochschule angesprochen. Hochschulgesetze gibt es in den meisten deutschen Bundesländern. Sie werden nur nicht in diesem Sinne als Hochschule umgesetzt. Aber auch hier zeigt der Blick in europäische und außereuropäische Länder, dass mit Schule bei Kindern in der Altersgruppe ab 4 Jahren vor allen Dingen wesentlich früher begonnen wird, systematisch begonnen wird, als dies hier in Deutschland üblich ist. Auch hier gilt es, pädagogisch geschickte und, ich denke, richtige, sensible Wege zu gehen, um Kinder in dieser Altersgruppe, was zumutbar und leistbar ist, bereits in Schule mit einzubinden, weil auch dies etwas mit der Schulentwicklung eines jungen Menschen zu tun hat und
auch etwas mit dem Ziel zu tun hat, junge Menschen möglichst früh zu fördern, zu fordern, aber auch dann möglichst früh den Sprung in die Hochschule schaffen zu können. Ich sage auch ganz deutlich an dieser Stelle, was notwendig ist. Und dies hat etwas mit dem Standortfaktor Deutschland zu tun. Wir müssen Schule und Hochschule in Deutschland noch sehr viel enger mit dem gesellschaftlichen, aber auch dem wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Bedarf verzahnen, als dies in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Ich weiß, dass dies gesellschaftspolitische Konsequenzen hat, auch gerade für meine Partei. Und wenn es um die Frage von Differenzierung und Integration geht, wird es in den Schulen auch Konsequenzen haben. Das heißt nicht, dass ich einer Bestimmung von Schule und Hochschule und Forschung durch die Wirtschaft das Wort rede, aber ich bin ganz sicher, wir werden unsere Wettbewerbsfähigkeit im Wettbewerb mit anderen Volkswirtschaften nur bewahren und ausbauen können, wenn es uns gelingt, eine wesentlich gesellschaftlich und auch wirtschaftsbezogene Bildung und Ausbildung und insbesondere auch Studium und Forschung zu betreiben.
Was das Schulsystem angeht, wir haben in Thüringen ein belastbares Schulsystem von seinem Aufbau her. Wir haben eine Hochschullandschaft in Thüringen, die in den vergangenen Jahren aufgebaut worden ist, die sich sehen lassen kann. Hier ist Vorbildliches geleistet worden. Diese Entwicklung, insbesondere der Aufbau im Bereich der Fachhochschulen, ist nicht abgeschlossen. Wenn ich die Universitäten nehme, Jena und Ilmenau, um nur die beiden zu nennen, dann kann man trefflich sagen, dass wir uns hier auf gutem Wege befinden
und dass hier auch Wettbewerbsfähigkeit mit anderen Standorten in Deutschland hergestellt werden kann. Hier ist nicht nur seit dem Regierungswechsel 1999 gearbeitet worden, ich glaube, hier hat auch die große Koalition von 1994 bis 1999 gerade im Bereich der Hochschulen und der Forschung Vorbildliches auf den Weg gebracht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Thema "Schule und Leistungsfähigkeit der Schule". Herr Kultusminister, was sehr notwendig ist, das ist, dass Schule in Ruhe arbeiten kann. Ich glaube, und das hat der Kollege Döring meines Erachtens zu Recht angesprochen, hier haben wir ein Problem. Ich habe den Eindruck, dass es Ihnen nicht gelungen ist, die notwendige Veränderung im Personalkörper an unseren Schulen im Bereich der Lehrerinnen und Lehrer und auch der Horte, hier ein Konzept auf den Weg zu bringen und auf die Schiene zu setzen, das es erlaubt, dass Schule in aller Ruhe weiterarbeiten kann, dass Pädagogen sich ihrer pädagogischen Arbeit widmen können und dass nicht die Angst die Schulen regiert,
dass Lehrerinnen und Lehrer nämlich befürchten müssen, ob sie in ihrem Arbeitsverhältnis bleiben können oder ob sie mit einer Kündigung rechnen müssen. Ich sage es ganz deutlich, es ist mir im Jahr 2001 kein deutsches Bundesland bekannt, in dem in einem Jahr 632 Lehrkräfte aus dem Grundschulbereich und dem Bereich der Horte aus dem öffentlichen Dienst durch Kündigungen entlassen werden. Das ist ein einmaliger Vorgang. Ich werfe hier die Frage auf: Wäre es nicht möglich gewesen, auch im Verhältnis zu denjenigen, die nicht bereit waren, sich in das Floating-Modell zu begeben, sozialverträgliche Lösungen zu finden - Stichwort Änderungskündigung -, die es ermöglicht hätten, nicht nur vor Gericht besser zu bestehen? Ich erwarte, dass Sie vor Gericht erhebliche Probleme mit den Kündigungen haben werden, wenn Sie sie aussprechen. Aber ich hätte erwartet, dass Sie so vorgehen, um insbesondere im Innenleben der Schulen mehr Ruhe zu erreichen und mehr pädagogische Arbeit zu ermöglichen, als dies bei Ihrer Vorgehensweise möglich ist. Und was hinzukommt ist ja, dass keiner so richtig weiß, was im nächsten Jahr auf sie zukommt. Sie haben jetzt hier von diesem Pult aus 632 Kündigungen im Grundschul- und im Hortbereich im Jahr 2001 angekündigt.
Habe ich falsch gerechnet? 637 - Entschuldigung. Sie haben aber noch nicht gesagt und keine Zahlen genannt, was Sie im Jahr 2001 vorhaben und was im Jahr 2003 ansteht, was die anderen Schulformen und Schularten in Thüringen betrifft. Glauben Sie mir, Herr Kultusminister, da bin ich ganz sicher, wenn Sie diese Unsicherheit nicht beseitigen, werden die Thüringer Schulen nicht ordnungsgemäß arbeiten können. Wenn Sie motivierte Lehrerinnen und Lehrer wollen,
dann müssen Sie diese Situation verändern, beseitigen, d.h., Sie müssen für diejenigen, die als Lehrerinnen und Lehrer Höchstleistungen erbringen sollen - Herr Emde, und da stimme ich Ihnen zu, wer Höchtsleistungen erbringen soll in der Schule in einem wirklich schwierigen und herausfordernden Beruf, der darf nicht unter diesem Damoklesschwert einer möglichen Kündigung arbeiten müssen. Dies ist nicht der richtige Weg, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir haben ein gutes Beispiel in einem Politikfeld, Herr Dr. Krapp, in Thüringen, wo ich meine, dort ist auch Veränderungsbedarf seit Jahren gegeben und man hat es geschafft, dadurch dass man sehr sorgfältig und sorgsam vorgegangen ist und immer noch vorgeht, dass es eben nicht zu Brüchen gekommen ist, weil man die Dinge auf eine Zeitachse gesetzt hat, das ist die Krankenhausplanung. Die Krankenhausplanung in Thüringen und ihre Umsetzung ist für mich ein gutes Beispiel, wie über ein Jahrzehnt hin
weg Krankenhäuser, die geschlossen werden mussten, geschlossen worden sind, dass Krankenhäuser, die man umgewidmet hat z.B. zu Rehabilitationseinrichtungen, umgewidmet worden sind, wo größere Einheiten neu entstanden oder umgebaut worden sind, und wir befinden uns, der Sozialminister, immer noch auf diesem Weg, diese Struktur der Krankenhausversorgung in Thüringen zu verbessern, zu optimieren. Ich hätte mir gewünscht, dass man auch in diesem Bereich der Schulen die Problemlösung im Personalbereich, und das ist ja der größte Personalbereich der Landesverwaltung überhaupt, hier mehr auf eine Zeitschiene gesetzt und dadurch vermieden hätte, dass es zu einer solch unerträglichen, finde ich, und schwierigen und auch negativen Situation für die Schullandschaft, die an sich gute Schullandschaft in Thüringen kommt.
Ich habe Sie nicht verstanden.
Herr Kultusminister, was aus Sicht der Politik wichtig ist, das ist, dass wir in Thüringen ein Schulsystem haben, insbesondere im Bereich der Grundschulen, das nicht nur ein vernünftiges Lehrer-Schüler-Verhältnis gewährleistet, sondern, und da sind die Kinder zwischen sechs und zehn Jahren, dass wir ein wohnortnahes Schulsystem gewährleisten. Thüringen ist ein Bundesland, das dünn besiedelt ist. Die meisten Menschen in Thüringen leben in den dünn besiedelten Bereichen und hier ist es notwendig, dem Grundsatz: kurze Beine, kurze Wege Rechnung zu tragen. Wir wollen nicht,
dass unsere Kleinsten im Alter von sechs bis zehn Jahren bereits stundenlang jeden Tag durch die Gegend gefahren werden. Das heißt, es ist auch hier notwendig, mit den Kreisen als Schulträger zusammen ein Konzept umzusetzen, das es ermöglicht, dass dies umgesetzt und diesem Anspruch - kurze Beine, kurze Wege - Rechnung getragen werden kann. Deshalb meine Bitte an Sie, diese Absicht, Kündigungen in diesem Umfang auszusprechen, noch mal zu überdenken, zu prüfen, ob es nicht sinnvoll ist, hier zeitlich versetzt und sozialverträglich an die Probleme heranzugehen. Ich bin ganz sicher, wenn Sie dies tun würden, würden Sie den Schulen und ihrem Innenleben, nicht nur den Lehrerinnen und Lehrern, den Schülerinnen und Schülern und ganz sicher auch den Eltern einen großen Dienst erweisen. Ich bitte Sie ganz herzlich, Klarheit zu schaffen, was beabsichtigt ist über das Jahr 2001 hinaus im Bereich der Regelschulen und anderen Schulformen in Thüringen. Die Lehrerinnen und Lehrer, aber auch Schülerinnen und Schüler und Eltern haben einen Anspruch darauf zu erfahren, wie die Konzeption des Landes, d.h. die Konzeption des Kultusministers, in diesem Bereich aussieht. Ich möchte nicht, dass Sie so reagieren müssen, wie der Innenminister gestern reagiert hat, als es
um die Frage des Personalentwicklungskonzepts für die Landesregierung ging - wie er es tun musste, dass er nämlich nicht in der Lage war, einen Sofortbericht zu geben und hier zu sagen, was denn beabsichtigt ist. Es ist wichtig, um vernünftig arbeiten zu können, dass solche Vorgehensweisen hier offen dargelegt werden.
Gestatten Sie mir, dass ich noch einige Bemerkungen mache zu einem Thema, das uns in den vergangenen Monaten nicht nur im Bereich des Bildungsausschusses, sondern auch im Bereich dieses Hauses mehrfach bewegt hat. Es ist die Auseinandersetzung mit dem Thema Toleranz, Gewalt, Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in unserer Gesellschaft und auch in unseren Schulen. Diejenigen, die heute Vormittag an diesem Festakt hier teilgenommen haben und das Referat des Überlebenden, des Herrn Wolf, gehört haben, die werden auch gehört haben, dass er Folgendes gesagt hat: Er ist der Auffassung, dass vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Situation, dass das Elternhaus zwar nicht seine Funktion ganz eingebüßt hat im Hinblick auf Einflussnahme auf Jugendliche und junge Menschen, dass aber der Einfluss der Elternhäuser und der Familien auf die Jugendlichen zurückgegangen ist, und er hat hier von dieser Stelle aus gesagt, er ist der Auffassung, dass hier Schule eine ganz große Herausforderung zu bewältigen hat. Diese Auffassung teile ich. Wir müssen die Schulen, und zwar von der Grundschule angefangen bis zur Berufsschule, sehr viel stärker, als wir es bisher getan haben, in diese Problematik und Problemlösung mit einbinden.
Herr Kultusminister, Sie haben von diesem Pult aus vor einigen Monaten auf eine Frage, die ich gestellt hatte, es verneint, dass es in Thüringen so genannte Brennpunktschulen gibt, was das Thema "Rechtsextremismus" angeht. Ich hatte gefragt, weil eine Abteilungsleiterin aus Ihrem Hause dieses Wort "Brennpunktschulen" im Zusammenhang mit der Gewaltproblematik in den Mund genommen hatte. Ich habe den Eindruck, das sage ich hier in aller Offenheit, dass auch vor dem Hintergrund sich verschlechternder Zahlen im Hinblick auf Straftaten, die mit Rechtsextremismus und Gewaltverherrlichung an unseren Schulen in Verbindung stehen, die Sie selber dargelegt haben, dass der Versuch gemacht wird, diese Thematik im Zusammenhang mit dem Thema Schule nicht so in der Öffentlichkeit zu diskutieren, wie dieses Thema es verdienen würde. Dies halte ich für falsch. Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass ein Konzept her muss, das vorsieht, wie alle Lehrerinnen und Lehrer, und dies ist Bildungsauftrag unserer Schulen, einbezogen werden können in ein solches Projekt gegen Gewalt, für Toleranz und für eine adäquate Aufarbeitung des Nationalsozialismus an unseren Schulen.
Es ist notwendig, dass alle Lehrerinnen und Lehrer, auch die Mathematiklehrer, die Chemielehrer und die Physiklehrer, und nicht nur die Deutschlehrer und diejenigen, die Ethik unterrichten, in dieses Problemfeld mit eingebunden werden.
Und es ist eine gesellschaftliche und gesellschaftspolitische Herausforderung erster Kategorie, dass sich alle daran beteiligen. Wir wissen, und das ist keine Diffamierung der Lehrerinnen und Lehrer, dass viele Lehrerinnen und Lehrer sich bisher, was diesen Punkt angeht, diesem Bildungsauftrag entziehen, und das darf nicht zugelassen werden. Die Lehrerinnen und Lehrer haben hier eine Aufgabe. Sie sind staatliche Bedienstete und sie haben einen Auftrag mitzuhelfen, dass dieses Problem Gewalt, nicht nur an den Schulen, Gewalt in der Gesellschaft durch Jugendliche, und in der Regel sind es Schülerinnen und Schüler, die von der Polizei festgenommen werden, die diese rechtsextremistischen Straftaten begehen. Es sind Schülerinnen und Schüler an den allgemein bildenden Schulen, es sind Schülerinnen und Schüler an den Gymnasien, es sind Schülerinnen und Schüler, die in unseren Berufsschulen zugange sind. Das ist die Hauptgruppe, um die es geht und deshalb ist diese Herausforderung für Schule und ihre Konzeptionen gegeben. Es ist nach wie vor für mich ein Problem, dass nach dem Curriculum erst in den Klassen 9 und 10 in Thüringen das Thema "Nationalsozialismus" behandelt wird. Der Hinweis, den Sie gegeben haben, das Problem wird ja an sich schon in den früheren Jahren behandelt, ich will es nicht ausschließen, dass das auch mit geschieht in Einzelfällen, aber es ist doch eine Herausforderung in der jetzigen gesellschaftspolitischen Situation, diese Thematik systematisch und verpflichtend früher den Kindern und Jugendlichen zu offerieren. Denn wenn sie 15 und 16 sind - und auch dies sehen wir doch, Sie reden doch, die CDU tut dies doch, sie will die Strafmündigkeit von 14 auf 12 Jahre heruntersetzen. Zumindest sind es hauptsächlich Stimmen aus der CDU, die dies fordern, z.B. aus Bayern. Es ist ein schwieriges Problem, über das man nachdenken muss, und es hat etwas damit zu tun, das heißt, die Forderungen haben etwas damit zu tun, dass die Straftäter immer jünger werden. Dies gilt nicht nur für das Thema Gewaltanwendung und Rechtsextremismus. Aber vor diesem Hintergrund wird doch deutlich, dass man sich intensiver mit der Frage beschäftigen muss, müssen wir nicht vor Klasse 9 und 10 bereits das Thema Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus auf die Tagesordnung unserer Schulen setzen.
Hier bin ich nicht bereit zu akzeptieren, wenn sich der Kultusminister hier herstellt und sagt, und Pädagogen haben dies bewertet, und ist es so richtig, und daran wollen wir nichts ändern. Das war nämlich das, was ich hier an dieser Stelle gesagt habe, das ist nicht akzeptabel für Menschen, die dieses Problem ernst nehmen und die der Auffassung sind, dass Schule hier eine besondere Aufgabe zu erledigen hat. Die Schule muss, und jetzt rede ich mal ein Stück so, wie Sie vorhin geredet haben in Ihrer Regierungserklärung, Schild und Schwert demokratischer Abwehrmechanismen
ja, Schild und Schwert demokratischer Abwehrmechanismen, die Schule muss Schild und Schwert demokratischer Abwehrmechanismen gegenüber Gewalt, Intoleranz und Verherrlichung des Nationalsozialismus werden. Die Schule muss diese wichtige Rolle wahrnehmen. Das heißt, sie muss in der Lage sein, sie muss Instrument einer demokratisch verfassten Gesellschaft sein, die dies ermöglicht und die dieser Aufgabe sich nicht nur stellt, sondern auch gerecht wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich wünsche mir, dass wir zum Thema Schule, aber auch Hochschule in Thüringen in diesem Hause den Versuch machen, weiterhin möglichst zu Konsens und Übereinstimmung zu kommen, vor dem Hintergrund, dass der Standort Thüringen auch etwas mit seinem Angebot im Bildungs- und im Ausbildungsbereich zu tun hat. Ein Standortfaktor erster Kategorie ist das Bildungs-, Ausbildungs- und Hochschulangebot.
Was das Thema Gewalt, Toleranz und Rechtsextremismus angeht, meine sehr verehrten Damen und Herren, da bin ich der Auffassung, dass wir gemeinsam den Versuch machen sollten, nicht nur punktuell in der Schule mit diesem Thema umzugehen. Herr Kultusminister, wenn ich die Zahlen sehe, die Sie vorgelegt haben zum Thema, was tut das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung im Zusammenhang mit dem Thema Gewalt und Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus, da muss ich sagen, wenn man die Zahlen dann vergleicht mit dem, was an Lehrerinnen und Lehrern in Thüringen beschäftigt ist, dann sind nicht mal im Jahr 5 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer in der Lehrerfortbildung, was dieses Thema betrifft. Wahrscheinlich ist das ThILLM auch gar nicht in der Lage, von seiner Kapazität her dieses umzusetzen. Das heißt, wir müssen auch insoweit neue Instrumente entwickeln, um dies ermöglichen und sicherstellen zu können.
Herr Emde, gestatten Sie mir, dass ich an dieser Stelle noch einen Satz sage zu einer Äußerung, die Sie gemacht haben und die ich nicht billige, die ich für falsch halte. Es sollte von diesem Pult aus nicht der Eindruck erweckt werden, dass gerade in einem neuen Bundesland mit den Problemfeldern, im Bereich insbesondere der 40-, 50- und 60-Jährigen, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger in einer Art und Weise dargestellt werden, die nicht adäquat ist.
Wir gehen, und ich habe das immer in diesem Hause so empfunden, davon aus, dass die große Mehrzahl der Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger in Thüringen bereit ist zu arbeiten, bereit ist sich einzubringen und eben die Voraussetzungen aufgrund dieser schwierigen, immer noch andauernden Umbruchsituation nicht gegeben sind. Und,
dass Firmen, und das gilt für ganz Thüringen, bestimmte Fachkräfte
nicht finden, die sie suchen - übrigens kein thüringenspezifisches Problem -, das hat nichts mit dem Willen und Wollen der Arbeitslosen zu tun, sondern es hat etwas damit zu tun, dass sie den Altersgruppen, die diese Firmen wollen, nämlich sie wollen die 20- und 30-jährigen Facharbeiter,
die nicht entsprechend ausgebildet sind und auf dem Markt nicht zur Verfügung stehen, im Grunde nichts anderes wie im Bereich der EDV-Technologie, wo über Greencards und Ähnliches geredet wird. Die Nachfrage ist da, aber das, was wir brauchen am Arbeitsmarkt, stellt der Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung und diese qualifizierten Arbeitskräfte kann auch das Arbeitsamt nicht zur Verfügung stellen. Ich denke, so sollte man auch hier mit diesem Thema umgehen. Herzlichen Dank.
Herr Dr. Krapp, ist Ihnen bekannt, dass in kirchengeschichtlichen Abhandlungen der katholische Orden der Jesuiten oft als Schild und Schwert des Papsttums bezeichnet wird?
Ich möchte, wenn ich das sagen darf, darauf hinweisen, dass ich diesen Ausdruck nicht benutzt hätte, hätte ich gewusst, dass er diese Irritation auslösen würde.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Kollege Dr. Schuchardt ist für seine Milde bekannt.
Ich will an dieser Stelle meine Einschätzung zu diesem Thema sagen. Das, was Sie hier vorgelegt haben, ist ein Affront, ein Affront für alle Demokraten in diesem Parlament.
Es ist eine Herausforderung für jeden, der parlamentarische Arbeit ernst nimmt und für jeden, der möchte, dass dieses Parlament in der Öffentlichkeit als Stütze demokratischer Auseinandersetzung ernst genommen wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn über Geschäftsordnungsfragen geredet wird, dann entsteht oft der Eindruck, als ginge es nicht um Essentials, als ginge es nicht um Bedeutendes und Wichtiges, sondern um Abläufe und Formalien. Das ist mitnichten so. Die Geschäftsordnung dieses Landtags beruht auf der Verfassung des Freistaats Thüringen und dem so genannten Geschäftsordnungsgesetz, das eigens dafür von diesem hohen Haus beschlossen worden ist. Es ist deshalb so bedeutend, weil es regelt, wie in diesem Parlament Meinungsbildung stattfindet und wie Entscheidungen in diesem Hause vorbereitet werden. Und wenn hier der Abgeordnete Wolf eben angeboten hat, über diesen Entwurf zu reden; das ist eine Selbstverständlichkeit. Aber Gerhard Schuchardt hat Recht, wenn er den Hinweis gegeben hat auf die anderen Parlamente in Deutschland, auf den Deutschen Bundestag und die Landesparlamente. Es ist schlechter Stil, einen solchen Entwurf den anderen vor die Füße
zu knallen, es ist schlechter Stil, sie dann aufzufordern, in Gespräche einzutreten, wenn der Versuch gemacht wird von einer Mehrheitsfraktion aus, die Minderheitenrechte der Opposition in dieser Weise mit Füßen zu treten, wie dies hier mit diesem Entwurf versucht wird.
In anderen Parlamenten ist es demokratischer Stil, dass, bevor solche Entwürfe in den Landtag eingebracht werden, man miteinander redet und gemeinsam werden in der Regel diese Entwürfe in das Parlament eingebracht. Dies ist die Vorgehensweise unter Demokraten in den deutschen Parlamenten.
Dies gilt für den Bundestag und dies gilt auch für die Landtage. Es passt alles so schön in dieses Regieren und Operieren nach Gutsherrenart, wie wir es seit knapp anderthalb Jahren hier im Lande und auch in diesem hohen Hause immer wieder erleben. Ich kann Ihnen sagen, wenn Sie diese Geschäftsordnung so beschließen, sie ist beschlossen für gut dreieinhalb Jahre und nicht mehr. Da bin ich ganz sicher. Denn ich bin ganz sicher, die Bürgerinnen und Bürger des Freistaats werden dies zur Kenntnis nehmen und ich kann hier nur dem Kommentator einer großen Thüringer Zeitung von vorgestern zustimmen, der Ihnen auf der ersten Seite hier einiges, was ich sehr für richtig halte, ins Stammbuch geschrieben hat und von dem ich hoffe, dass Sie es sich auch so zu Herzen nehmen, dass dies dazu führt, dass dieser Entwurf hier keine Umsetzung findet, sondern dass es tatsächlich noch zu einem Konsens in demokratischer Kultur in diesem Hause kommt.
Ich will noch einige Sätze zu den meines Erachtens Essentials sagen, die hier in diesem Entwurf berührt sind. Ich habe mir heute und gestern die Geschäftsordnungen der anderen Landtage in Deutschland angesehen.
Ich will nur, Herr Dr. Zeh, auf eine Geschäftsordnung Bezug nehmen, in einem Land, das uns so nahe ist und Ihnen noch näher, das ist der Freistaat Bayern. Ich würde Ihnen Folgendes vorschlagen, was die Redezeit angeht die Regelungen zur Redezeit in der bayerischen Geschäftsordnung -, dass wir diese nahtlos übernehmen, denn dort in Bayern haben alle - übrigens auch in Baden-Württemberg - Fraktionen im Landtag die gleiche Redezeit. Dies ist auf drei Seiten in einer Anlage ausgeführt. Mein Vorschlag - ich denke, dies wäre eine gute Grundlage, wenn es um demokratische Kultur geht: Nehmen wir doch diese Geschäftsordnung des bayerischen Landtags zum Thema "Redezeit" und machen wir sie zur Grundlage unserer Arbeit. Sie wird dem Anliegen gerecht, dass vielleicht die
eine oder andere Debatte nicht so lange und ausschweifend geführt wird, aber sie schafft Chancengleichheit zwischen den Fraktionen in diesem Landtag. Ich glaube, das ist doch etwas, über das Sie reden müssen, können mit uns, nämlich sicherzustellen, dass diese Grundregel - Parlamentskultur - nicht vor den Verfassungsgerichten, sondern hier in diesem hohen Haus selber entschieden wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch das Thema der Mündlichen Anfragen: Ist es denn und kann es denn richtig sein, den Abgeordneten darauf zu beschränken, dass er in einer Sitzung eine einzige Mündliche Anfrage an die Regierung stellen darf? Und dann verwehren Sie noch die Möglichkeit, dass wichtige Themen - und sie werden doch auch und nicht nur von den Oppositionsfraktionen, sondern auch von Ihnen werden Mündliche Anfragen gestellt - in den Ausschüssen behandelt werden. Warum soll dieses elementare Recht der Abgeordneten denn beschnitten werden durch diese Geschäftsordnung?
Ich finde, liebe Kolleginnen und Kollegen, es kann doch nicht Ihr Ernst sein, und das kann nicht einmal Mehrheit entscheiden, es kann doch nicht Mehrheit entscheiden, ob eins und eins zwei ist. Genauso wenig kann Mehrheit entscheiden, ob eine Anfrage beantwortet ist oder nicht. Das ist richtig bisher geregelt bei der jeweils amtierenden Präsidentin oder dem Präsidenten, zu entscheiden, ob eine Anfrage beantwortet oder nicht beantwortet ist. Es kann doch nicht so sein, dass Sie mit Ihrer Mehrheit in diesem Parlament dann darüber entscheiden, ob sachlich richtig geantwortet ist oder nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zusammenfassend: Dies ist keine Sternstunde des Parlaments und ich bin ganz sicher, wir werden bundesweit Resonanz haben, wenn wir dies so beschließen. Ich bin sicher, dass wir vor allen Dingen den Menschen in diesem Lande demokratische Streitkultur vorführen auf eine Art und Weise, wie sie nicht adäquat ist und wie Menschen sich nicht demokratische Streitkultur in einem deutschen Landtag vorstellen. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass die Mehrheit in der CDU-Landtagsfraktion der Auffassung ist, dass so Redezeit begrenzt werden soll, dass so parlamentarische Rechte eingeschränkt werden sollen, wie dies hier vorgelegt ist. Meine herzliche Bitte, dass man tatsächlich jetzt versucht Konsens zu schaffen auch am Beispiel der Geschäftsordnungen der anderen deutschen Landtage. Ich habe hier Bayern genannt, ich habe hier BadenWürttemberg genannt, wo jede Fraktion gleiche Redezeit hat, egal wie groß sie ist,
dass wir dies zugrunde legen und dies auch zur Grundlage der Arbeit dieses Parlaments machen. Mehrheitsentscheidung kann demokratische Rechte in einem Parlament nicht beschneiden. Ich denke, dies sollte uns die Grundregel sein mit diesem Thema in den nächsten Wo
chen umzugehen. Herzlichen Dank.
Herr Abgeordneter Wolf, ich bin jetzt etwas noch voraus zum Thema Arbeitsgerichtsbarkeit. Wäre es denn nicht sinnvoll, wenn man entschlossen ist, das Arbeitsgericht in Gotha aufzugeben, den weißen Fleck, den wir in Thüringen haben, wo sehr viele Menschen leben, nämlich den Bereich Saalfeld/Rudolstadt dann mit einem Arbeitsgericht auszustatten? Das würde dann zu einer gleichmäßigen Versorgung im Lande führen.
Frau Abgeordnete Arenhövel, ich möchte Ihren herzerfrischenden Vortrag nicht unterbrechen, aber
gestatten Sie eine Frage. Ist Ihnen bekannt, dass aktuell zur jetzigen Zeit eine CDU-alleingeführte Landesregierung in einem deutschen Bundesland die Kindergartenbeiträge der Eltern sogar auf null reduzieren möchte und bereits damit begonnen hat?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Schwäblein, es geht auch ein Stück um Moral, worüber wir heute reden,
nämlich um die Frage, wie wir mit einer Entscheidung des höchsten deutschen Gerichts als Thüringer Landtag umgehen, einer Entscheidung, die dieses Parlament betrifft, und wo ich der Auffassung bin, dass wir schon daran gemessen werden, wir stringent wir mit diesem Urteil und seinen Gründen umgehen. Es geht weniger um die Frage, welcher Aufwand entsteht. Im Bundesverfassungsgericht und den Richtern dort war es durchaus bekannt, dass parlamentarische Geschäftsführer, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Ausschussvorsitzende, wenn sie ihre Arbeit ernst nehmen, mehr Aufwand betreiben, als dies der normale Abgeordnete von der Aufgabenstellung her tut und zu tun hat. Dies war den Richtern bekannt. Ein Mitglied des Senats des Bundesverfassungsgerichts war vier Jahre Justizminister in Thüringen. Ich kann mir vorstellen, dass er auch die Belastungen in einem neuen Bundesland in die Entscheidungsfindungen mit eingebracht hat und dies nicht außen vor geblieben ist. Wir wissen doch alle, dass wir es bei dem Thema der Diäten und der Vergütung der Tätigkeit der Abgeordneten nicht nur hier in Thüringen, sondern bundesweit mit einem der sensibelsten Themen deutscher Politik zu tun haben. Es darf einfach nicht der Eindruck zum einen entstehen, dass wir dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht umsetzen, und zwar in aller Stringenz, und dass wir der Versuchung unterliegen, es zu ignorieren und zu umgehen. Es heißt auch nicht, dass wir mit allem einverstanden sein müssen, was das Bundesverfassungsgericht gesagt hat, dass wir es für richtig und sachlich nachvollziehbar halten. Das ist nicht der Punkt. Das Verfassungsverständnis des Grundgesetzes und der Landesverfassung gebietet es, dass, ungeachtet der Tatsache, ob man dieses Urteil für richtig hält oder nicht, wir es umsetzen, und zwar Buchstabe für Buchstabe. Das Bundesverfassungsgericht hat eine wichtige Vokabel benutzt, diejenigen, die das Urteil gelesen haben, wissen dies. Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt, es soll keine Bildung von Hierarchien in den Fraktionen geben, wobei ich jetzt mal in Klammern setze, meine Auffassung, die Fraktionsvorsitzenden zu belassen und die anderen herauszunehmen, vor dieser Fragestellung - Bildung von Hierarchien - ist mit einem Fragezeichen zu versehen, aber so hat das Bundesverfassungsgericht es festgestellt.
Nachher, wenn ich zu Ende bin, gern.
Und wenn das Bundesverfassungsgericht der Auffassung ist, dass keine Hierarchien im Hinblick auf besondere Funktionen gebildet werden sollen, hat es dann nicht, Frau Kollegin Lieberknecht, auch damit gemeint, dass dies nicht zusätzlich über Umwegfinanzierungen abgegolten werden sollte? Das ist doch die Frage, die sich hier stellt.
Es ist ein Verschieben der Problematik in die falsche Ecke. Wenn hier über den Aufwand geredet wird, und, Frau Kollegin Nitzpon, ich will Ihnen nicht zu nahe treten,
diese Frage konnte der Kollege Wolf sicher nicht beantworten, die Sie gestellt haben. Sie ist auch nicht entscheidend. Ich unterstelle, dass Sie als parlamentarische Geschäftsführerin und die parlamentarischen Geschäftsführer der beiden anderen Fraktionen wesentlich mehr Aufwand betreiben, als dies bei dem normalen Abgeordneten der Fall ist. Nur, das Bundesverfassungsgericht hat gesagt, darauf kommt es gar nicht an. Ich will auch eines hier deutlich sagen und das hat nichts mit Moralisieren zu tun. Die Abgeordnetendiäten in diesem Landtag sind in Ordnung. Wer besondere Funktionen anstrebt, der sollte dies vor dem Hintergrund tun, dass er mit dieser Aufgabenübernahme auch zusätzlichen Aufwand hat und dies dann trägt und erträgt, so wie das Bundesverfassungsgericht es vorgegeben hat. Ich habe die große Sorge - nicht nur, dass wir etwas tun, was verfassungsrechtlich nicht halten wird, nicht nur diese Sorge habe ich -, ich habe vor allem die Sorge, dass in der Öffentlichkeit bei den Bürgerinnen und Bürgern der fatale Eindruck entsteht, dass wir verbindliches und bindendes Recht - und diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat Gesetzescharakter, dies wissen alle, die sich mit der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland auskennen - nicht achten, nur weil es uns nicht passt und weil es für einige von uns materielle Nachteile mit sich bringt. Dies darf nicht die Botschaft sein, die aus diesem Parlament in die Öffentlichkeit geht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist kein Vorwurf an die Mehrheitsfraktion in diesem Haus, um das auch ganz deutlich zu machen, es ist ein Appell an uns alle, dieses Urteil so ernst zu nehmen, dass eine solche Botschaft nicht zu Stande kommen kann. Wenn dies so umgesetzt wird, wie es heute hier vorgelegt ist und wohl mit Mehrheit beschlossen wird, dann wird diese Botschaft in die Öffentlichkeit und an die Bürgerinnen und Bürger so herangetragen werden. Wir erweisen diesem Land und der Demokratie damit keinen guten Dienst. Ich bin, meine sehr verehrten Damen und Herren, meiner Fraktion sehr dankbar, dass sie sich dafür entschieden hat, nicht nur, wenn dies heute so beschlossen wird, den Verfassungsgerichtshof des Landes anzurufen, sondern auch durch den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung dafür Sorge zu tragen, dass dieses Gesetz so nicht vollzogen werden kann.
Herr Abgeordneter, Sie wollten noch eine Frage stellen?
Herr Kollege Kretschmer, Sie wissen sehr wohl,
dass die Abgeordneten, wenn sie an Parlamentssitzungen nicht vollständig teilnehmen, in der Regel sehr gute Gründe dafür haben, dass sie im Vollzug ihres Mandats entweder Aufgaben im Landtagsgebäude selber - Besuchergruppen zum Beispiel
oder aber auch innerhalb ihres Mandats wahrzunehmen haben und unabkömmlich sind, auch im Auftrag des Landtags wahrnehmen. Ich denke, das hiermit zu verbinden wäre nicht sachgerecht.
Zusammenfassend zum Schluss: Ich bin der Auffassung, dass das Parlament sich heute hier sehr wohl überlegen sollte, ob dieser Gesetzentwurf so das Parlament - dieses Plenum - passiert. Mein Appell wäre, von diesem Gesetzentwurf heute Abstand zu nehmen und seine Verabschiedung auszusetzen und sehr schnell gemeinsam dafür Sorge zu tragen, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts sehr schnell und stringent umgesetzt wird.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe heute aus dem Gehörten den Eindruck gewonnen,
dass sich alle Fraktionen dieses hohen Hauses für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einsetzen werden. Frau Kaschuba, ich hätte mich natürlich unter diesen Vorzeichen gefreut, hätte Ihre Fraktion und nicht nur ein Mitglied Ihrer Fraktion bei der Abstimmung zum Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrag diesem auch zugestimmt, weil die Erhöhung der Gebühren natürlich auch wichtig und notwendig ist, um öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen zukunftsorientiert in Deutschland weiter betreiben zu können. Dies hat etwas miteinander zu tun. Ich denke, das kann in die Zukunft hinein auch korrigiert werden.
Was die Ausführungen des CDU-Abgeordneten Seela angeht, dass dies endgültig mit dem Bericht des Ministers beschieden sei - die Gremien des MDR sehen dies nicht so. Weder der Verwaltungsrat, noch der Rundfunkrat sind der Auffassung, dass diese Dinge erledigt sind. Wir sind in einem Zwischenstadium, wobei wir der Auffassung sind, dass der Intendant und die Gremien, hier vor allem der Verwaltungsrat, gute Arbeit geleistet haben im Zusammenhang mit der Aufklärung der Vorwürfe, die öffentlich gegen den MDR erhoben worden sind. Wir müssen natürlich sehen, dass diese Vorwürfe zu einem Zeitpunkt die Öffentlichkeit erreicht haben, wo in Sachsen als dem letzten der 16 Bundesländer die Zustimmung zum Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrag noch aussteht oder ansteht. Und wir müssen natürlich auch sehen, dass es eine Medienlandschaft in Deutschland gibt, nicht nur Rundfunk und Fernsehen im privaten Bereich und in privater Hand, sondern insbesondere die Printmedien, die sich überwiegend in privater Hand befinden, die ein Interesse, ein wirtschaftliches Interesse daran haben, die Öffentlich-Rechtlichen nicht zu stärken, sondern zu schwächen. Dies in aller Klarheit zu den Rahmenbedingungen, unter denen wir über dieses Thema reden.
Was die Anlagepraxis des MDR insgesamt angeht, sage ich dies in aller Klarheit: Die Anlagepraxis war von 1992 bis 1999 bzw. 2000 erfolgreich. Wenn es einer Anstalt gelingt - und dies zu über 90 Prozent in mündelsicheren Anleihen -, innerhalb von acht Jahren über eine halbe Milliarde zu erwirtschaften, dann ist dies - und hier hat der Minister zu Recht auf die KEF hingewiesen, auf die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs, hier gibt es eine Vorgabe, nämlich 6 Prozent der Rendite zu erwirtschaften - ein Kunststück, mit soliden, ich sage mal Staatsanleihen, allein dieses Ziel zu erreichen. Der MDR hat in dieser Zeit gut gewirtschaftet, auch im Verhältnis zu den anderen Anstalten in der ARD und im ZDF. Und deshalb dies zu beanstanden wäre sicherlich nicht korrekt. Dass im Zusammenhang mit einer Anleihe, dieser so genannten Ecuador-Anleihe, ein Verlust entstanden ist in Höhe von 2,6 Mio., ist im Verhältnis zu den Gesamtanlagen sicher zu verschmerzen. Nur zu dieser Anleihe ist Folgendes zu sagen - und, Herr Minister, da möchte ich Sie ein Stück korrigieren, das ist in den Sitzungen der Gremien klar geworden: Es gibt keine Anleihe des MDR in die Währung des Staates Ecuador. Es war eine DM-Anleihe, die allerdings über die Schweiz dann in einer Sucre-Anleihe geendet hat. Es war ein Beratungsver
säumnis und Versehen einer deutschen Großbank und die Gremien haben den Intendanten beauftragt, rechtliche Schritte gegen diese Großbank einzuleiten, um auf der Grundlage dieses Beratungsfehlers den vollen Betrag dieser 2,6 Mio. DM als Schadenersatz wieder dem Vermögen des MDR zuzuführen. Was die Zukunft angeht - der Verwaltungsrat des MDR hat keine Richtlinien vorgegeben, er hat Vorschläge gemacht, wie in den nächsten Wochen und Monaten Richtlinien erarbeitet werden sollen, Eckpunkte für die Anlage der Finanzmittel, insbesondere -, plädiere ich auch dafür, was den MDR und seine Töchter angeht, die Rechnungshöfe der drei Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen stärker mit einzubeziehen. Diese Kontrollmechanismen sind wichtig für öffentlich-rechtliche Anstalten und auch ihre privatrechtlich organisierten Töchter. Zusammenfassend: Das Finanzanlagevorgehen des MDR in der Vergangenheit ist im Rahmen des Staatsvertrags rechtmäßig gewesen. Es wird in dem Segment der Risikoanlagen auf der Grundlage der so genannten Rankingliste - und auch dies hat der Verwaltungsrat in seinem Vorschlag dargelegt - darauf zu achten sein, dass nur in bestimmten Segmenten Anlagen getätigt werden, dies in enger Abstimmung mit dem Anlageausschuss, und das ist ein internes Gremium, kein Gremium der Gremien, sondern dieser Anlageausschuss soll auf Vorschlag des Verwaltungsrats vor allem durch die juristische Direktion des MDR ergänzt werden. Wir gehen davon aus, dass, wenn hier genauer hingesehen wird, sich solche Risikogeschäfte nicht ausschließen, aber Risiken doch erheblich minimieren lassen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was den Antrag der SPD-Fraktion angeht, hier hat sich nichts erledigt. Was heute hier stattfindet und auch in den Gremien des MDR stattgefunden hat, ist ein Zwischenbericht. Die Prüfer sind noch am Prüfen. Ich halte das, was Intendant, Verwaltungsrat und Rundfunkrat auf den Weg gebracht haben, für richtig in der Richtung, aber es ist wichtig, dass die Landesregierung in einigen Wochen, vielleicht auch in wenigen Monaten dann hier noch einmal zu diesem Thema berichtet. Allen, meine sehr verehrten Damen und Herren, denen an einem starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland gelegen ist, an starken ARD-Anstalten, an einem starken ZDF, der muss ein Interesse daran haben, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten in der Öffentlichkeit nicht negativ dargestellt werden. Wir sind uns einig, dies ist in diesem Hause schon mehrfach deutlich geworden mit großer Mehrheit, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk für diese Bundesrepublik Deutschland, für unser Gesellschaftssystem schlechthin unverzichtbar ist. Wir werden, auch dies ist in den Sitzungen der Gremien der letzten Wochen sehr klar geworden, spätestens im nächsten Jahr wieder an eine Änderung der Rundfunkstaatsverträge gehen müssen, um es den Öffentlich-Rechtlichen zu ermöglichen, auch in die Internet-Nutzung kommerziell und stärker einsteigen zu können, und dies zeigt der Blick in die anderen europäischen Länder. Gelingt dies nicht, dieses Medium auch offensiv in die Arbeit der Öffentlich-Rechtlichen einbinden zu können, bedeutet dies einen enormen Wettbewerbsnachteil, der zu einer Schwächung des öffentlich
rechtlichen Rundfunks und Fernsehens in Deutschland führen würde und damit letztlich zu einer Verdrängung gegenüber und im Verhältnis zu den privaten Sendern und Medien. Im Zusammenhang mit dem 5. Rundfunkänderungsstaatsvertrag und dem Thema Gebührenerhöhung - ich will auch dies noch einmal sehr deutlich machen -, es ist keinem der Abgeordneten in diesem Hause sehr leicht gefallen, dieser Erhöhung zuzustimmen, und Sie müssen dies auch draußen gegenüber den Wählerinnen und Wählern, den Bürgerinnen und Bürgern vertreten. Aber wem an diesem Staat und an dieser Gesellschaft als Informationsgesellschaft gelegen ist und wem daran gelegen ist, dass ungeachtet von Einkommen, Rang und Stellung in der Gesellschaft Menschen gleichermaßen Zugang zu Informationen haben sollen und haben müssen, weil nur so Demokratie funktionieren kann, wenn die Informationsflüsse gleichmäßig auf die Bürgerinnen und Bürger zufließen, wer nicht möchte, dass wir eine Informationsklassengesellschaft erhalten, in der nur derjenige sich bestimmte Informationen und Unterhaltung leisten kann, wenn er in der Lage ist, sich dies zu erkaufen gegenüber privaten Anbietern im Pay-TV, wer dies verhindern will, der muss dafür sorgen, dass der öffentlich-rechtliche Bereich gestärkt bleibt und auch ausgebaut wird.
Wir werden auch im europäischen Kontext darauf achten müssen, dass der deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunk auch eine Zukunft hat. Es gibt vergleichbare Organisationsstrukturen weniger staatsfern, zum Teil organisiert, wenn ich jetzt Frankreich nehme, als dies bei uns der Fall ist. Aber ich glaube, dass es auch hier einen europäischen Konsens nicht nur geben kann, sondern geben muss, sicherzustellen, dass Informationen in den europäischen Demokratien unabhängig von Einkommen und Vermögen von den Bürgerinnen und Bürgern Deutschlands und Europas in Anspruch genommen werden können.
Zusammenfassend meine Bitte, diesem Antrag, den die SPD-Landtagsfraktion hier vorgelegt hat, zuzustimmen. Es ist heute ein Zwischenbericht, den der Minister gegeben hat. Ich denke, dass dies auch so akzeptiert werden kann, aber die Bitte an den Minister und die Bitte an das hohe Hause, diesen Antrag so zu verabschieden, um sicherzustellen, dass auch in einigen Wochen, vielleicht schon Anfang des nächsten Jahres, ein endgültiger Bericht zu dem aktuellen Anlass dann dem Parlament, dem Thüringer Landtag, vorgelegt werden kann. Herzlichen Dank.
Herr Kollege Schwäblein, ist Ihnen bekannt, wie viel ein Privathaushalt bezahlen muss, um bei Premiere, dem PayTV, alle Bundesligaspiele der ersten und zweiten Bundesliga ein Jahr schauen zu können?
Herr Abgeordneter Schwäblein, ist Ihnen bekannt, dass dies durch Vertrag durch die Kirchgruppe mit dem DFB erkauft worden ist und damit auch das Recht, dies allein zu vertreiben, und dass ein Einzelhaushalt mehr als 1.000 DM im Jahr bezahlen muss, um alle Bundesligaspiele im vollen Umfang sehen zu können?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe selber vor über 15 Jahren einmal Gelegenheit gehabt, an einem Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Baden-Württemberg auf kommunaler Ebene mitzuwirken, in einer Gemeinde mit 2.800 Einwohnern. Da ging es um die Frage, ob eine Sporthalle und Gemeinschaftshalle gebaut werden soll oder ob Straßen ausgebaut werden sollen. Und ich muss Ihnen sagen, die Erfahrung dieses Bürgerbegehrens und Bürgerentscheids
hat mir persönlich in meiner Entwicklung sehr viel gegeben, obwohl ich damals zu denen gehört habe, die die Unterlegenen im Ergebnis gewesen sind. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, in einer Demokratie zu erreichen, möglichst viele Bürgerinnen und Bürger an Entscheidungen zu beteiligen. Ich habe mir aus diesem "Monitor 2000", das der Herr Ministerpräsident heute nach seiner Regierungserklärung uns gütig hat hier im Landtag zur Verteilung gelangen lassen, ich habe auf Seite 75 dieses "Monitor 2000" die Empfehlungen gesehen und, Frau Präsidentin, mit Ihrer Genehmigung möchte ich daraus ein kurzes Zitat hier wiedergeben. Dort heißt es unter Ziffer 2: "Im Blick auf die politische Kultur lassen sich aus den Aussagen über Demokratiezufriedenheit und Thüringenidentität folgende Empfehlungen herleiten: Erstens ist den politischen Parteien dringend zu empfehlen, sich stärker als bürgeroffene Foren zu organisieren, in denen Interessen, Anliegen, auch Ängste, Meinungen und Präferenzen der Bürger mit Aussicht auf Berücksichtigung artikuliert werden können. Zweitens erscheinen die jungen Menschen als eine politische Zielgruppe besonderer Sensibilität, deren Gewinnung für eine aktive Unterstützung des demokratischen Verfassungsstaates hohe Priorität haben sollte. Drittens sei den obersten Verfassungsorganen des Freistaats empfohlen, die Identifikation der Bürgerschaft mit Thüringen als republikanisches Selbstverständnis zum Ausdruck zu bringen. Thüringer sind alle die, die am Wohle des Landes mitbauen und die Würde und Freiheit jedes Einzelnen unabhängig von seiner Herkunft und kulturellen Prägung respektieren. Thüringen ist demokratisch und bedarf einer politisch aktiven Bürgerschaft."
Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, das können wir alle so unterschreiben, wie das hier aufgeschrieben worden ist. Ich nehme auch die Argumente derjenigen ernst, die sagen, zu viele plebiszitäre Elemente in einer repräsentativen Demokratie bergen auch Gefahren. Das ist richtig. Die Weimarer Republik zeigt, dass man sehr sensibel hier vorgehen muss. Aber ich will, weil immer wieder diese Gefahren so in den Vordergrund gestellt werden, darauf hinweisen, dass die Thüringer SPD 1998 in Weimar eine Tagung durchgeführt hat, und wir hatten dort zwei Festredner, die uns eine Absenkung der Quoren nachdrücklich empfohlen haben. Einer der Festredner war die ehemalige F.D.P.Abgeordnete des Bundestages Frau Dr. Hamm-Brücher und der andere war der ehemalige SPD-Bundesvorsitzende und ehemalige Justizminister Dr. Hans-Jochen Vogel. Beide waren bei dieser Tagung der Auffassung, wir sollten die Quoren absenken und wir sollten dies mit Bedacht tun.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Landesregierung und der CDU, was mir aufgefallen ist in den letzten Wochen, das ist die Art und Weise, wie diese Landesregierung mit denen umgeht, die dieses
Anliegen in die Tat umsetzen wollen, und vor allen Dingen, wie sie Druck ausüben, um einen Erfolg dieser Bemühungen zu verhindern. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass bis in die letzte Schreibstube der Landesverwaltung, bis in die letzten Katasterämter und Grundbuchämter des Freistaats Thüringen den Beamtinnen und Beamten per Duktus des Innenministers und anderer Behördenleiter aufgegeben wird, sich an diesem Anliegen nicht zu beteiligen, für eine Absenkung der Quoren einzutreten.
Der Innenminister hat durch das Landesverwaltungsamt an alle kommunalen Behörden, die Landräte und die Städte und Gemeinden des Landes einen Erlass verschickt, in dem darauf hingewiesen worden ist, dass die Beamtinnen und Beamten und Angestellten der kommunalen Ebene und die Kommunen selber aufgefordert werden, und dies mit rechtlicher Begründung, sich an dieser Aktion nicht zu beteiligen, d.h. nicht auszulegen und Beamtinnen und Beamten ist unter Hinweis auf das Landesbeamtengesetz gesagt worden, dass dies mit ihrer Loyalitätspflicht gegenüber der Verfassung und dem Staat nicht vertretbar und vereinbar ist. Da muss ich Ihnen sagen, das ist schlicht und ergreifend rechtswidrig, was hier geschehen ist.
Das verstößt nicht nur gegen das Beamtenrecht des Landes Thüringen, das verstößt gegen das Beamtenrechtsrahmengesetz und gegen die Verfassung des Landes und auch gegen das Grundgesetz, um dies in aller Deutlichkeit zu sagen. Und wenn dann...
Wenn dann am 9. November vor der Synagoge hier in Erfurt die Menschen, die Bürgerinnen und Bürger und vor allem die Jugend, zu mehr Toleranz und Bürgerbeteiligung aufgerufen werden, dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, stelle ich die Frage: Wie ist dies zusammenzuführen und zusammenzubinden mit dem, um was es hier geht, nämlich die ernsthafte Frage, wie können wir Bürgerinnen und Bürger - und lesen Sie doch einmal die Anlage zu dieser Umfrage, die heute verteilt worden ist, und Sie werden feststellen, dass es zwei Altersgruppen in dieser Gesellschaft in Thüringen gibt, die sehr viel gemeinsam haben, nämlich die 18- und 25-Jährigen und
die 60-Jährigen plus X. Ich möchte, meine sehr verehrten Damen und Herren, dafür werben, ich möchte Sie einladen: Ändern wir doch die Verfassung gemeinsam mit Bedacht, mit Augenmaß in diesem Punkt und senken wir hier mit Zweidrittelmehrheit die Quoren ab.
Ich denke, das wäre der Weg in die richtige Richtung und ein gutes Beispiel für die junge Generation in Thüringen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte eine persönliche Erklärung zu meinem Abstimmverhalten abgeben und ganz deutlich sagen, dass auch mit Mehrheit Tatsachen nicht wegbeschlossen werden können. Die Tatsache, dass der Abgeordnete Schwäblein in Bezug auf die amtierende Bundesregierung die Ausdrücke "Lüge"
und "Meineid" benutzt hat, sind dem Protokoll dieser Landtagssitzung zu entnehmen. Der Ordnungsruf der Präsidentin war nicht nur nach demokratischen Grundprinzipien richtig, sondern hat dem entsprochen, was Parlamentarismus im besten Sinne verlangt, und deshalb finde ich es außerordentlich bedauerlich und enttäuschend, dass hier mit der Mehrheit - und wir haben in den vergangenen Wochen schon oft über die Mehrheit in diesem Hause und wie sie umgesetzt wird, gesprochen - mit Mehrheit kann man so etwas nicht ungeschehen machen.
Herr Abgeordneter Ramelow, wir waren ja beide Gäste in diesem Ausschuss. Ich möchte Sie fragen, ohne gegen die Geschäftsordnung zu verstoßen: Stimmen Sie mir zu, dass der Justizminister auf mehrmalige Nachfrage nicht
bereit war, den Namen des Beamten zu nennen, der ihn über die Tatsache der Durchsuchung des Wirtschaftsministeriums unterrichtet hat?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hatte die Erwartung in diese Sitzung, dass sich die CDU-Landtagsfraktion sehr viel inhaltlicher und sehr viel gezielter vor Ihre Landesregierung stellt, sich insbesondere - und dies hat der Fraktionsvorsitzende als Vorredner überhaupt nicht getan, Herr Kretschmer mit keinem Wort, nämlich zum Thema dieser Sitzung heute geredet,
die sich mit dem Verhältnis der Thüringer Landesregierung zur Justiz in Thüringen beschäftigt. Dies ist das Thema und dazu gilt es heute hier zu reden. Ich weise für meine Fraktion in aller Klarheit den Vorwurf zurück, dass hier zum Schaden des Landes gehandelt würde. Was die Förderpolitik des Landes angeht, haben wir verantwortlich fünf Jahre gemeinsam Politik gemacht und gemeinsam aufgebaut. Dazu stehen wir auch. Wenn heute eine solche Diskussion im Landtag geführt werden muss, dann hat es etwas mit der Sorge der Thüringer SPD zu tun, dass Gewaltenteilung, d.h. Rechtsstaat in Thüringen, nicht so funktioniert, wie dies Grundgesetz und Landesverfassung vorsehen.
Deshalb bitte ich Sie ganz herzlich, nicht der Versuchung zu erliegen, den Eindruck zu erwecken, dies sage ich nicht nur für meine Partei, dies sage ich auch für die andere Oppositionspartei, die PDS, als wollten wir, die Opposition, in diesem hohen Hause Schaden für das Land erzeugen. Dies wollen wir nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was die Förderpolitik angeht und insbesondere die schwierigen Entscheidungen der vergangenen zehn Jahre und der Zeitraum, in dem die Förderentscheidungen, die heute zur Debatte stehen, in Sachen Pilz getroffen worden sind, war eine besonders schwierige und spannende Zeit. Alle, die hier mitwirken, wissen dies. Inwieweit gegen EU-Richtlinien verstoßen worden ist, inwieweit gegen andere Gesetzesregeln verstoßen worden ist in diesem Zusammenhang, dies muss die Justiz entscheiden. Dazu heute hier sich festlegen zu wollen, ich denke, meine sehr verehrten Damen und Herren, dies wäre nicht der richtige Platz und auch nicht der richtige Zeitpunkt. Die Justiz hat ihre Arbeit hier zu machen. Die EU-Kommission hat einen Bescheid ge
schickt. Über diesen Bescheid wird auch vor Gerichten verhandelt werden, die dann letztlich die Entscheidung treffen, ob die Bundesrepublik Deutschland in der genannten Höhe Gelder zurückzahlen muss oder nicht.
Herr Schuster, ich lasse mich da gern belehren. Ich will auf den Punkt eingehen, der heute Gegenstand dieser Sitzung ist. In den letzten Wochen ist zunehmend die Thüringer Justiz, dies ist doch der Eindruck der entstanden ist, in das Fadenkreuz des Handelns der Landesregierung gekommen. Die Thüringer Justiz ist Gegenstand der öffentlichen Erörterungen und die Frage, die sich heute hier stellt, ist doch allein die, ob diese Justiz Druck und Einfluss von der politischen Ebene der Landesregierung ausgesetzt ist oder nicht. Die Presseerklärung des Hauptrichterrates vom heutigen Tage macht doch deutlich, wie tief die Krise ist und wie tief die Zerrüttung im Verhältnis zwischen der Landesregierung und der Justiz in Thüringen.
Ich will in aller Kürze noch einmal die drei Punkte skizzieren, auf die, wie ich meine, es hier ankommt. Der erste Teil ist die Arbeit einer Kammer des Landesgerichts in Mühlhausen, einer Strafkammer, die, veranlasst durch die Landesregierung, eine Anzeige des Wirtschaftsministeriums, ein Strafverfahren gegen Herrn Pilz durchführt. Das Gericht hat, weil offenbar Unterlagen und Akten nicht anders erreichbar waren, wie dies Pflicht eines Gerichts ist, einen Durchsuchungsbeschluss gefasst, dass Akten beschlagnahmt werden aus dem Wirtschaftsministerium in Erfurt und aus der Thüringer Staatskanzlei. Und es hat eine Durchsuchung gegeben. Die Durchsuchung ist von Herrn Gnauck, dem Minister in der Staatskanzlei, mehrfach als Besuch bezeichnet worden. Es war zumindest der letzte Besuch eine Durchsuchung im Sinne der Strafprozessordnung und es sind Akten in der Staatskanzlei beschlagnahmt worden.
Gern.
Herr Kollege Schwäblein, und dies hätte ich auch zu Herrn Gnauck gesagt im Anschluss an seine Ausführungen heute Nachmittag hier an dieser Stelle, wir haben in Deutschland, in dieser Bundesrepublik, eine Gewaltenteilung und es ist ausschließlich Sache des Gerichts, welche Akten beschlagnahmt werden. Und z.B. die Frage, die hier auch von Herrn Althaus angesprochen worden ist: Es kann doch nicht in einem Rechtsstaat so sein, dass die Staatskanzlei darüber entscheidet, welche Akten an das Gericht herausgegeben werden und welche nicht und welche entscheidungserheblich sind und welche nicht.
Das ist doch die Unabhängigkeit unserer Justiz. Ich sage es in aller Deutlichkeit, ich habe mich sehr gewundert darüber, dass nicht die Thüringer Staatskanzlei die Türen geöffnet hat, die Archive geöffnet hat und dem Gericht und der Staatsanwaltschaft und den BKA-Beamten gesagt hat: "Geht in unsere Aktenräume, sucht, was ihr braucht, und nehmt das mit, von dem ihr der Auffassung seid nach bestem Wissen und Gewissen, dass ihr es braucht, um dieses Strafverfahren gegen Herrn Pilz ordnungsgemäß durchführen zu können."
Das verstehe ich unter einem wirklich rechtmäßigen Zusammenarbeiten zwischen Justiz und Exekutive.
Sehr gern, Frau Präsidentin.
Ist mir bekannt.
Dies ist auch schon heute mehrfach angesprochen worden, eine Sperrerklärung ist durch die Staatskanzlei nicht abgegeben worden und eine Sperrerklärung ist nachprüfbar auf ihre Rechtmäßigkeit durch die Verwaltungsgerichte. Dies ist hier offensichtlich bewusst und gezielt nicht geschehen, d.h., die Staatskanzlei hat sich dieses rechtlichen Instruments der Strafprozessordnung nicht bedient, aus welchen Gründen auch immer. Dies kann man nur vermuten.
Herr Abgeordneter, ich erinnere mich sehr gut daran, es ging um ein laufendes Verfahren und es war ausschließlich eine Entscheidung der Ermittlungsbehörden, wann und in welchem Umfang Akten herausgegeben werden, weil die Durchführung dieses Untersuchungsverfahrens nicht behindert werden sollte. Auch dies hatte etwas mit diesem Thema zu tun, nämlich mit der Gewaltenteilung.
Dies zu entscheiden ist allein Sache der Justiz, nur ich will etwas anmerken. Mir ist aus den fünf Jahren gemeinsamer Regierungstätigkeit durchaus bewusst, dass es in den Protokollen der Koordinierungsrunden genauso wie in den Kabinettsprotokollen durchaus datenschutzrelevante Inhalte gibt, von denen wir davon ausgehen müssen, dass sie nicht an die Öffentlichkeit geraten. Nur, um es in aller Deutlichkeit zu sagen, was hier doch deutlich wird bei Ihrem Vorgehen, auch dem Vorgehen der Landesregierung, das ist ein abgrundtiefes Misstrauen im Hinblick auf die Seriosität und die Geheimhaltung unserer Justizbehörden.
Ich denke, dass es durchaus im Sinne des Verfahrens gewesen wäre, wäre die Staatskanzlei so verfahren, wie ich es eben angesprochen habe.
Ich würde gern im Zusammenhang jetzt noch einige Sätze sagen, ich bin gern bereit, Herr Wolf, Ihnen nachher eine Frage zuzugestehen.
Ich will noch mal zu dem Thema Justiz und Justizminister kommen. Es ist, und dies sage ich in aller Ernsthaftigkeit, schon ein großes Problem, wenn ein Gericht über den Dienstweg, nämlich die Staatsanwaltschaft, das Justizministerium darüber informiert, dass eine Durchsuchung einer obersten Landesbehörde durchgeführt werden soll am Folgetag, verbunden mit der Bitte, die Tatsache der Durchsuchung dem betroffenen Ministerium bzw. Minister nicht mitzuteilen. Und es ist ein Problem, wenn es dem Justizminister nicht gelingt, den Nachweis zu führen, dass er nicht über diese Bitte des Landgerichts durch den betreffenden Beamten informiert worden ist. Und, Herr Minister Birkmann, für mich war es schon ein Problem, mitzuerleben, dass Sie nicht bereit waren, den Namen des stellvertretenden Abteilungsleiters zu nennen, von dem ich weiß, dass er ein untadeliger seriöser Richter ist, der in das Justizministerium abgeordnet ist. Sie hätten problemlos die Frage vor Ort im Justizausschuss klären lassen können, ob der Beamte Ihnen diese Mitteilung gemacht hat oder nicht. Es ist müßig, darüber zu diskutieren, inwieweit Informationspflichten innerhalb der Landesregierung bestehen. Aber wir sind uns doch einig darüber, dass diese Informationspflicht eine ganz andere Kategorie darstellt und eine ganz andere Dimension bekommt, wenn die Justiz ausdrücklich darum bittet, dies im Hinblick auf den Erfolg und die Erfolgsaussicht einer solchen Maßnahme nicht mitzuteilen. Ich fordere Sie auf, dafür Sorge zu tragen, dass Klarheit herrscht, ob Sie informiert worden sind oder nicht.
Ich habe mich schon gewundert, als ich heute Ihr Interview in der "Thüringer Allgemeinen" gelesen habe, so wie in der Eröffnungsklausel nicht mehr das, was im Justizausschuss gesagt worden ist, nicht informiert worden zu sein über diese Geheimhaltungsbitte, sondern heute die Erklärung, dass dies durchaus möglich gewesen sein könn
te, Sie es aber für sich wohl nicht aufgenommen hatten und dann auch nicht an den Wirtschaftsminister oder dann nicht weiter verwandt haben. Diese Frage lässt sich klären. Es wäre für mich an dieser Stelle die einfachste Lösung, Herr Ministerpräsident, wenn dieser Beamte entweder von Ihnen selber oder von einem anderen von Ihnen Beauftragten angehört würde zu diesem Sachverhalt. Ich bin sicher, dass dieser Richter, von Ihnen dazu befragt, wahrheitsgemäß diese Frage beantworten würde, und mit dem Ergebnis hätten Sie dann umzugehen. Das ist nicht ein belangloser Sachverhalt, es ist ein ganz zentraler Sachverhalt. Hinzu kommt, dies hat der Justizminister heute hier erklärt, der Justizminister hat a) den Generalstaatsanwalt angerufen, als er von dem Vorgang erfahren hat, und b) den Präsidenten des Oberlandesgerichts. Was für einen Juristen nachvollziehbar ist, ist, dass Sie den Generalstaatsanwalt angerufen und angefragt haben - die Staatsanwaltschaft ist eine weisungsgebundene Behörde -, aber unter keinem Gesichtspunkt, weder der sachlichen noch der persönlichen Unabhängigkeit eines Richters ist es nachvollziehbar und ist es begründbar, dass Sie den OLG-Präsidenten angerufen haben und wohl - so hat er es zumindest gesagt - verbunden mit der Bitte, in dieser Angelegenheit - um es vage zu formulieren - aktiv zu werden. Herr Justizminister ich schätze Sie, das wissen Sie -, ich habe den Eindruck, Sie müssen hier einiges klarstellen. Hier ist eine tiefe Kluft entstanden zwischen der Justiz und dem für Sie zuständigen Minister. Diese Kluft darf nicht so bestehen bleiben, das heißt, diese Vorwürfe müssen geklärt werden. Man kann auch nach Klärung dieser Vorwürfe, wenn die Klärung zu dem Ergebnis führt, das möglich ist, dann darf dies auch nicht auf sich beruhen bleiben, sondern es geht darum, weiteren Schaden von der Thüringer Justiz abzuwenden.
Vor allen Dingen darf nicht, das sage ich auch im Hinblick auf alle Beteiligten, der Eindruck entstehen, dass Justizminister, Generalstaatsanwalt und OLG-Präsident in dieser Angelegenheit kollusiv zusammenwirken. Dies würde dem Rechtsstaat großen Schaden zufügen.
Vielleicht ein Wort zu dem zweiten Komplex, das ist der Komplex Staatskanzlei und Minister in der Staatskanzlei: Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass sich der Rechtsstaat in einem neuen Bundesland noch nicht auf 100-Prozent-Niveau befände, sondern irgendwo ein Adaptionsprozess noch stattfinden würde zwischen einem autoritären Staat, der 1990 geendet hat, und der Bundesrepublik Deutschland und dem Grundgesetz und seiner vollständigen Anwendung in einem neuen Bundesland.
Das Grundgesetz und alle Gesetze dieser Bundesrepublik Deutschland gelten ohne Einschränkungen auch in den
neuen Bundesländern. Deshalb ist es notwendig, dass auch die Regeln identisch sind und auch die Regeln genauso behandelt werden.
Herr Gnauck, als ich den Zwischenruf heute gemacht habe, in dem ich gesagt habe, dass Ihre Arroganz noch abnehmen wird, ich will es begründen: Die Art und Weise, wie der Chef der Staatskanzlei mit der Justiz in den letzten Wochen öffentlich umgegangen ist, ist nicht das Verständnis des Verhältnisses von Exekutive und Judikative, wie ich sie in meinem Studium gelernt und in meiner beruflichen Praxis auch praktiziert habe. Es ist wichtig, dass die Gewalten im Verhältnis zueinander die Regeln beachten, die für sie aufgestellt sind. Es darf doch nicht der Eindruck entstehen, und es ist ja auch eine Frage der politischen Klugheit, weshalb ich es überhaupt nicht verstanden habe, in der Öffentlichkeit ist doch der Eindruck entstanden, dass diese Staatskanzlei, dieser Ministerpräsident und diese Landesregierung in Sachen Pilz und in Sachen Förderpolitik etwas zu verbergen hätten. Und den Richtern und dem Gericht anzubieten, Akten in der Staatskanzlei einzusehen, einmal von der wichtigen Rolle der Verteidigung in der Wertigkeit des Strafverfahrens, brauche ich Ihnen nichts zu sagen, das wissen Sie so gut wie ich, ganz abgesehen, ist dieses Angebot nicht adäquat und einfach nicht in Ordnung. Nein, es ist nicht in Ordnung.
Doch, ich habe es verstanden.
Der Umgang der Thüringer Staatskanzlei - und, Herr Ministerpräsident, der Chef der Staatskanzlei ist der Ministerpräsident, weil er Chef dieser Landesregierung ist -, das Agieren der Staatskanzlei im Umgang mit der Justiz ist nicht nur unglücklich, es ist zum Teil schlicht nicht in Ordnung.
Meine herzliche Bitte an Sie ist, allem entgegenzutreten, was den Eindruck erwecken könnte, als würde die Justiz hier nicht sachgerecht vorgehen. Ich halte es für wichtig, dass in der Öffentlichkeit klargestellt wird zum einen, dass kein Einfluss genommen worden ist, auch nicht einmal der Versuch gemacht worden ist, Einfluss auf die Justiz und ihre Entscheidungen zu nehmen. Es sollte auch klargestellt werden, dass diese Landesregierung alle Unterlagen, die das Gericht für erforderlich hält, an dieses herausgibt, damit die Justiz ihre Arbeit machen kann und in diesem Strafverfahren Pilz, in dem nicht die Landesregierung auf der Bank sitzt, sondern Herr Pilz auf der Bank sitzt, dass Herr Pilz, so das Gericht zu diesem Ergebnis kommt, dann auch seiner gerechten Strafe zugeführt wird.
Abschließend, ich bin sehr froh darüber, dass die SPDLandtagsfraktion diese heutige Sitzung beantragt hat, dass dieses Thema hier so tief angesprochen worden ist. Es ist
keine Schauveranstaltung und ich habe mir aufgeschrieben, was der Fraktionsvorsitzende der CDU, Herr Gnauck, dazu gesagt hat, dass der Inhalt,
Herr Althaus, Entschuldigung, zu viel der Ehre jetzt, was Herr Althaus dazu gesagt hat, dass der Inhalt sehr dünn ist. Das ist nicht so, der Inhalt ist sehr gewichtig, auch wenn er nicht so gewichtig aussieht. Wer es mit dem Rechtsstaat sehr ernst nimmt, der sollte auch diese Debatte sehr ernst nehmen.
Es ist für mich und meine Fraktion keine Frage von Oppositions- oder Machtpolitik, aber es ist die ernsthafte Wahrnehmung der Rolle der Opposition in diesem Hause, dieses Thema nicht nur den Medien zu überlassen, sondern dieses Thema hier in diesem Landtag, wo es hingehört, und nicht nur hinter verschlossenen Türen in den Ausschüssen, sondern in einer Plenarsitzung offen und offensiv und sachlich und fair miteinander zu diskutieren. Dies ist damit geschehen und, Herr Ministerpräsident, wenn diese Sitzung zu Ende ist, sind die Hausaufgaben der Landesregierung zu diesem Thema längst nicht gemacht, Sie sind mittendrin und Sie haben noch einiges zu erledigen. Herzlichen Dank.
Ja.
Herr Abgeordneter Wolf, mir ist es bei dieser Feststellung einer tiefen Kluft und eines tiefen Misstrauens gegenüber der Justiz nicht um die CDU-Landtagsfraktion gegangen, sondern ich habe dies im Hinblick auf die Landesregierung gesagt, dass diese Landesregierung ein tiefes Misstrauen gegenüber der Thüringer Justiz auszeichnet und eine tiefe Kluft besteht und daran halte ich auch fest.
Er soll mir sagen, was er meint, welche nicht beantwortet sind.
Herr Wolf, es gibt ein rechtsstaatliches Verfahren, das ist in der Strafprozessordnung in diesem Fall geregelt und im Gerichtsverfassungsgesetz, dort sind die Rechte der Beteiligten geregelt mit allen Risiken, die die Herausgabe dieser Akten beinhaltet. Aber das ist Rechtsstaat und dies ist schlicht und ergreifend Anwendung deutschen Rechts.
Das ist Rechtsstaat und macht ihn aus und nicht die Bewertung durch Sie oder durch die Landesregierung.