Protokoll der Sitzung vom 14.06.2001

(Beifall bei der PDS)

Von den Abgeordneten liegen keine weiteren Redemeldungen vor, für die Landesregierung Innenminister Köckert, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Fraktion der SPD hat einen Gesetzentwurf zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung vorgelegt und neben technischen Änderungen verfolgt der Gesetzentwurf zur Thüringer Kommunalordnung folgende Ziele:

1. Verschiebung des Kräfteverhältnisses zwischen den Ratsgremien und den kommunalen Spitzenbeamten zu Gunsten des Ratsgremiums,

2. Stärkung der Minderheitenrechte im Gemeinderat und Kreistag;

3. Absenkung der Hürden bei plebiszitären Elementen und

4. die Liberalisierung des kommunalen Wirtschaftsrechts.

Der Gesetzentwurf greift im Hinblick auf die Vorschläge zu technischen Änderungen auch Ergebnisse der Arbeitsgruppe auf, die im Jahr 1997 den technischen Novellierungsbedarf der Thüringer Kommunalordnung erörtert hat. Dieser Arbeitsgruppe gehörten unter Federführung des Innenministeriums damals die kommunalen Spitzenverbände an. Mit ihrem Gesetzentwurf will die SPD-Fraktion neben technischen Regelungen auch Grundsätze der Thüringer Kommunalordnung verändern. Hier sieht die Landesregierung erheblichen Diskussionsbedarf. Hinsichtlich der Erleichterung der Entscheidungsteilhabe der Bürgerschaft sieht die Landesregierung Möglichkeiten, Veränderungen vorzunehmen und Überlegungen hierzu werden in den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung einfließen und dann sicherlich auch ausführlich diskutiert werden. Veränderungen im Machtverhältnis zwischen dem kommunalen Spitzenbeamten und dem Ratsgremium müssen wohl überlegt sein. So ist zu bedenken, dass beide Organe über die gleiche demokratische Legitimation verfügen. Ebenso wie die kommunale Vertretung wird auch der kommunale Spitzenbeamte direkt von den Bürgern gewählt. Ebenso bedarf die Verschiebung der Gewichte innerhalb der Vertretung durch

Erweiterung der Minderheitenrechte einer sorgfältigen Abwägung, da dies notwendigerweise zu Lasten der demokratisch legitimierten Mehrheit geht. Die vorgeschlagene Liberalisierung des kommunalen Wirtschaftsrechts greift recht kurz. Erforderlich erscheint eine umfassendere Novellierung des kommunalen Wirtschaftsrechts, um der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen eine zeitgemäße Grundlage zu geben. Allerdings ist die Landesregierung der Auffassung, dass es angesichts der Bedeutung dieses Bereichs einer breiteren Diskussion bedarf. Der Kollege Fiedler hat ja ausgeführt, dass diese Diskussion im Gange ist, wahrscheinlich ist Frau Dr. Wildauer nicht bis zum Schluss geblieben am Wochenende, dann hätte sie sehr ausführliche Hinweise bekommen können.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Schade drum.)

Die im SPD-Entwurf enthaltenen Vorschläge sind insoweit nichts Neues, da sie ja im Rückgriff auch auf die Arbeitsergebnisse dieser Arbeitsgruppe von 1997 - da sie diesen Rückgriff auch tut, sie mit einarbeitet und ein nicht geringer Teil dieser Regelungen befindet sich auch in dem in der Erarbeitung befindlichen Regierungsentwurf.

Die Landesregierung wird Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, noch in diesem Jahr einen eigenen fundierten Entwurf vorlegen. Wir werten zurzeit die unterschiedlichsten Beiträge und Vorschläge aus von Foren und anderen Veranstaltungen, aber auch diese Vorschläge, die heute von der SPD-Fraktion hier eingebracht werden. Angesichts der Vielzahl der vorgeschlagenen Änderungen, denke ich, brauche ich nicht auf einzelne Punkte eingehen. Die Landesregierung regt deshalb auch die Überweisung dieses Vorschlags an die Ausschüsse an, wo man dann über die anderen Entwürfe gemeinsam diskutieren kann.

Was die Änderung der Verfassung betrifft, so verweise ich hier nur noch einmal auf den Sachverhalt, dass wir eine Verfassungsänderung allein zu diesem Zweck zum jetzigen Zeitpunkt nicht für angebracht und auch in der Sache nicht für angemessen halten. Es besteht derzeit keine dringende Notwendigkeit für eine Änderung der Verfassung in dem beantragten Sinne. Ob im Rahmen etwaiger zukünftiger anstehender Verfassungsänderungen hier eine Änderung vorgenommen werden sollte, das wird dann zu gegebener Zeit diskutiert werden. Ich will es nicht ausschließen. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Damit kann ich die Aussprache schließen zu den Tagesordnungspunkten 6 und 7, ich werde aber die Abstimmung über die Ausschussüberweisung getrennt vornehmen. Als Erstes stimmen wir ab über den Antrag, die Drucksache 3/1596 - Zweites Gesetz zur Änderung der

Verfassung des Freistaats Thüringen - an den Innenausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Danke schön. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Mit einer Mehrheit von Gegenstimmen ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Wer der Überweisung an den Justizausschuss zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Danke. Gibt es Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es nicht. Mit einer Mehrheit von Gegenstimmen ist diese Überweisung auch abgelehnt.

Ich komme nun zum Überweisungsantrag zum Vierten Gesetz zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung, Gesetzentwurf der Fraktion der SPD in Drucksache 3/1597 an den Innenausschuss. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit ist das einstimmig geschehen.

Wer der Überweisung an den Justizausschuss zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist in beiden Fällen nicht der Fall. Auch diese Überweisung ist einstimmig.

Wer der Federführung beim Justizausschuss zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen.

(Zuruf Abg. Stauch, CDU: Beim Innen- ausschuss!)

Beim Innenausschuss. Wer der Federführung beim Innenausschuss zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke. Gibt es Gegenstimmen. Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit liegt die Federführung beim Innenausschuss und ich schließe die Tagesordnungspunkte 6 und 7.

Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 8

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Richtergesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/1642 ERSTE BERATUNG

Minister Birkmann hat Begründung gewünscht. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Landesregierung legt dem Thüringer Landtag heute den Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Richtergesetzes zur Beratung vor. Gemäß § 56 der Geschäftsordnung des Thüringer Land

tags stelle ich für die Landesregierung in der ersten Beratung die Grundzüge dieses Entwurfs vor.

Lassen Sie mich aber vorweg eine Anmerkung zum Richtergesetz machen, das jetzt novelliert werden soll, also zu dem geltenden Richtergesetz. Dieses Gesetz hat sich gut bewährt. Dies gilt sowohl für die schwierige Phase des Aufbaus der Justiz als auch - lassen Sie mich dies so formulieren - in der Normalität des Alltags. Wenn es gleichwohl nach sieben Jahren an der Zeit ist, eine Novellierung des Richtergesetzes zu betreiben, so ist der Grund zum einen das Dienstrechtsreformgesetz, dessen Regelungen über Teilzeitbeschäftigung und Altersteilzeit nun auch für die Richter und Staatsanwälte in das Landesrecht übernommen werden, zum anderen haben wir die Vorschläge der Richter- und Staatsanwaltsvertretungen und Verbände aufgegriffen, das Richtergesetz zu überarbeiten und die Mitwirkungsrechte der Richter und Staatsanwälte auszuweiten. Das Ergebnis ist der vorliegende Entwurf, der das Richtergesetz, das Richterrecht in Thüringen zeitgemäß fortentwickelt. Er trägt sowohl den berechtigten Belangen der Richter und Staatsanwälte als auch den Erfordernissen der Justizverwaltung Rechnung. Der Gesetzentwurf wurde nach sehr intensiven und ausführlichen Beratungen mit den Richterräten und dem Staatsanwaltsrat sowie den Berufsverbänden der Richter und Staatsanwälte ausgearbeitet. Wenn auch nicht allen vorgebrachten Wünschen und Anregungen gefolgt werden konnte, so hat es doch eine Vielzahl Veränderungen gegeben, die zum Teil auch auf die Erkenntnisse bei den Anhörungen zurückgehen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich kurz die wesentlichen Regelungen des Gesetzentwurfs vorstellen.

Erstens: Die Zusammensetzung des Richterwahlausschusses soll geändert werden. Nach dem bisherigen § 14 setzt sich der Richterwahlausschuss aus acht vom Landtag berufenen Abgeordneten und dem Präsidenten des Oberlandesgerichts, des Oberverwaltungsgerichts und des Landesarbeitsgerichts sowie dem Präsidenten der Rechtsanwaltskammer zusammen. Nach dem neuen § 14 sollen auf Anregungen der Richterverbände im Richterwahlausschuss die Richter unmittelbar beteiligt werden. Zukünftig sollen drei unmittelbar gewählte Richter dem Richterwahlausschuss angehören. Mit der Aufnahme gewählter Richter in den Richterwahlausschuss wird einer zentralen Forderung der Richterverbände und Richtervertretungen entsprochen. Zwei der richterlichen Mitglieder sollen dem Richterwahlausschuss als ständige Mitglieder angehören, ein weiteres richterliches Mitglied kommt als nicht ständiges Mitglied aus dem Gerichtszweig hinzu, dem der zu ernennende Richter angehört. Dasselbe gilt für den Präsidenten des Gerichtszweigs, für dessen Gerichtsbarkeit die Berufung zum Richter auf Lebenszeit anstellt. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Fachkompetenz des zuständigen Chefpräsidenten in die Entscheidung des Richterwahlausschusses einfließen kann.

Ebenfalls einer weiteren wesentlichen Forderung der Richtervertretungen und Richterverbände entspricht die im Entwurf vorgesehene Direktwahl der richterlichen Mitglieder durch die Richterschaft selbst, jetzt geregelt in § 15 a. Danach werden die richterlichen Mitglieder des Richterwahlausschusses von den Richtern im Landesdienst unmittelbar gewählt.

Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit auch kurz auf die vereinzelt erhobene Forderung eingehen, den Richterwahlauschuss paritätisch mit Richtern und Abgeordneten zu besetzen. Die Landesregierung ist dieser Anregung nicht gefolgt, weil sie der Auffassung ist, dass dies dem Sinn und der Bedeutung des Richterwahlausschusses nicht gerecht wird. Der Richterwahlausschuss ist kein Gremium richterlicher Interessenvertretung. Durch den Richterwahlausschuss und seine Beteiligung an der Ernennung von Richtern auf Lebenszeit soll vielmehr die demokratische Legitimation der dritten Gewalt bekräftigt werden. Von daher ist die Zusammensetzung mit acht Abgeordneten richtig und sinnvoll. Hinzu kommt, dass eine derartige Neuregelung eine Änderung der Thüringer Verfassung voraussetzen würde, denn Artikel 89 der Thüringer Verfassung bestimmt, dass zwei Drittel der Mitglieder des Richterwahlausschusses vom Landtag gewählt werden. Gleiches gilt für eine Veränderung der Aufgaben des Richterwahlausschusses. Auch hier wäre eine Verfassungsänderung erforderlich. Dies ist ein wesentlicher Grund dafür, wenn auch nicht der einzige, warum die Landesregierung die Aufgaben des Richterwahlausschusses unverändert lassen will. Der Richterwahlausschuss soll auch weiterhin an der Ernennung der Richter auf Lebenszeit mitwirken. Ich betone an dieser Stelle noch einmal, was ich bereits wiederholt, zuletzt bei der ersten Lesung des SPD-Entwurfs, ausgeführt habe: Die Landesregierung ist der Überzeugung, dass Verfassungsänderungen nicht ohne zwingenden Grund vorgenommen werden sollten. Ein zwingender Grund für die Veränderung der Aufgaben des Richterwahlausschusses ist jedoch nicht erkennbar. Und ich erinnere an die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Fiedler soeben zum Tagesordnungspunkt 6. Er hat gesagt, die Verfassung ist ein hohes Gut und das sollte man nur ändern, wenn es wirklich an der Zeit ist. Wie gesagt, einen solchen zwingenden Grund sehen wir aus der von mir beschriebenen Aufgabe des Richterwahlausschusses nicht.

Nun habe ich heute Morgen der Südthüringer Zeitung entnommen, dass Herr Abgeordneter Kretschmer hier einen Rückschritt im Vergleich zum bestehenden Gesetz sieht und auch wieder die Ausweitung der Aufgaben des Richterwahlausschusses eingefordert hat. Herr Abgeordneter Kretschmer, ich habe noch einmal nachgeschaut, in der Tat ist es so, dass die Formulierung, die wir haben, der entspricht, die auch bisher in der geltenden Fassung war, insofern kann man wohl nicht von einem Rückschritt sprechen. Im Übrigen habe ich einmal nachgeschaut, was Sie denn in der Zeit vor mir konzipiert hatten im Justizministerium

(Zwischenruf Abg. O. Kretschmer, SPD:... der Staatssekretär.)

und ich muss sagen, da gab es zwar eine Änderung in der Bestimmung, aber die beschränkte sich darauf, dass der Begriff "Justizministerium" ersetzt wurde durch "den für Justizangelegenheiten zuständigen Minister" und im Übrigen gab es keine Veränderung zu dieser Bestimmung. Ich fände es gut, wenn Sie Kritik üben, dass Sie dann auch den Tatsachen entsprechende Feststellungen treffen.

Zweitens: Von besonderer Bedeutung, insbesondere für die Richter- und Staatsanwaltsvertretungen, sind die Beteiligungsrechte. Diese werden durch den vorliegenden Entwurf für die Richter und Staatsanwälte erweitert. Bei der Frage der Ausgestaltung von Beteiligungsrechten ist die besondere Rechtsstellung der Richter zu berücksichtigen. Die Rechtsstellung der Richter und ihr Status ist geprägt von der ihnen nach Bundes- und Landesverfassungsrecht zustehenden persönlichen und sachlichen Unabhängigkeit. Diese wird auf vielfältige Weise gesichert, unter anderem durch die Vorschriften im Gerichtsverfassungsgesetz, dem Deutschen Richtergesetz und dem Landesrichtergesetz.

Lassen Sie mich konkret werden. So regelt beispielsweise das Gerichtsverfassungsgesetz, dass das von den Richtern selbst gewählte Präsidium eines Gerichts über die Besetzung der Spruchkörper und die Verteilung der Geschäfte entscheidet. Die Richter bestimmen also mit über die Verteilung ihrer Arbeit, wer welche Aufgaben in welchem Dezernat zu erfüllen hat und darüber, wer in welchem Spruchkörper eingesetzt wird. Die Richter haben keine festen Dienstzeiten. Sie unterliegen nur eingeschränkt der Dienstaufsicht und können praktisch nicht gegen ihren Willen abgeordnet oder versetzt werden. Hinzu kommt die Vertretung über die Richterräte und Präsidialräte. Die Richterräte sind zuständig für die Beteiligungen an allgemeinen und sozialen Angelegenheiten. Die darüber hinaus eingerichteten Präsidialräte sind bei Beförderungen zu beteiligen.

Meine Damen und Herren, man erkennt also, gegenüber den sonstigen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes wird den Richtern zur Absicherung ihrer Unabhängigkeit bereits ein erhebliches Mehr an Teilhabe gewährt. Diese Ausgangslage vor Augen, sieht der Entwurf gleichwohl eine Erweiterung der Beteiligungsrechte der Richter und Staatsanwälte vor. Die Aufgaben für den Richterrat werden zukünftig in einem Katalog mit 22 Beteiligungstatbeständen abschließend in § 39 festgelegt. Zugleich dient dies der Rechtssicherheit. Der im Entwurf vorgesehene Katalog orientiert sich an den Regelungen des neuen Thüringer Personalvertretungsgesetzes in der Fassung, die Ihnen heute zur abschließenden Abstimmung vorgelegen hat. Allerdings betone ich hier, was ich bereits aus Anlass der Beratung des SPD-Entwurfs im vergangenen Monat an dieser Stelle ausgeführt habe: Aus der Sicht der Landesregierung ist kein Grund ersichtlich, warum den Richtern weiter

gehende Mitwirkungsrechte als der Gruppe der Beamten und Arbeitnehmer zugestanden werden sollen.

(Zwischenruf Abg. O. Kretschmer, SPD: Der Unabhängigkeit wegen.)

Ich habe versucht darzulegen, wie zusätzlich durch unsere Verfassung und durch unsere gesetzlichen Bestimmungen im Bundes- und Landesrecht die richterliche Unabhängigkeit weitgehend schon gestützt ist. Deswegen hat die Landesregierung auch davon Abstand genommen, solche Beteiligungsbestände aufzunehmen, die keine Entsprechung im Thüringer Personalvertretungsgesetz finden. Ebenfalls zugeschnitten auf die besondere Rechtsstellung der Richter ist das im Entwurf vorgesehene Beteiligungsverfahren.

Drittens: Mit der Bildung des gemeinsamen Ausschusses wurde einer weiteren wesentlichen Forderung der Richterund Staatsanwaltsvertretungen und -verbände entsprochen. Die Hauptrichterräte, der Richterrat beim Finanzgericht und der Hauptstaatsanwaltsrat bilden zukünftig einen gemeinsamen Ausschuss, geregelt in § 40 a. Zu diesem gemeinsamen Ausschuss entsendet jede Richtervertretung und der Hauptstaatsanwaltsrat je ein Mitglied. Werden Verwaltungsanordnungen für die innerdienstlichen sozialen Angelegenheiten vorbereitet, die gleichermaßen Richter und Staatsanwälte betreffen und die einheitlich geregelt werden sollen, ist der gemeinsame Ausschuss anzuhören. Mit der gesetzlichen Verankerung des gemeinsamen Ausschusses findet die bereits bislang von den Hauptrichterräten und dem Richterrat beim Thüringer Finanzgericht sowie dem Hauptstaatsanwaltsrat praktizierte Zusammenarbeit ihre Anerkennung.

Viertens: Die Verpflichtung, die Bewerber um Richterund Staatsanwaltsämter auf Lebenszeit durch Ausschreibungen zu ermitteln, findet in § 3 des Entwurfs ihre Klarstellung. Da es nach bisherigem Recht nicht völlig zweifelsfrei war, ob Richter- und Staatsanwaltsämter auch dann auszuschreiben sind, wenn sie bereits unterwertig besetzt sind, wird nunmehr im Sinne einer eindeutigen Formulierung auf den Begriff des "statusrechtlichen Amts" abgestellt.

Fünftens: Eine Änderung sollen auch die Vorschriften über die Richterdienstgerichte erfahren. Dabei handelt es sich um Anpassungen an das Deutsche Richtergesetz § 51 Abs. 1 des Entwurfs und Regelungen über die Zusammensetzung der Richterdienstgerichte §§ 55 und 56 des Entwurfs.

Sechstens: Der Entwurf schöpft die Möglichkeiten des Dienstrechtsreformgesetzes aus. In den §§ 9 bis 10 c des Entwurfs werden die Bestimmungen über die Ermäßigung des Dienstes und Beurlaubung § 9, die Beurlaubung aus Arbeitsmarktgründen § 10, die Teilzeitbeschäftigung § 10 a und das Verbot von Benachteiligungen bei der Inanspruchnahme von Teilzeitbeschäftigungen und

Beurlaubung § 10 den Vorgaben des Deutschen Richtergesetzes folgend umgesetzt. Dies führt zu mehr Flexibilität beim Personaleinsatz und trägt den individuellen Bedürfnissen der Richter und Staatsanwälte im Rahmen des Möglichen Rechnung. Dadurch wird auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessert. Hinzu kommt, dass Richter nunmehr auch von den Möglichkeiten der Altersteilzeit Gebrauch machen können, geregelt in § 10 b.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, dem Landtag liegen nunmehr mit dem heute eingebrachten Gesetzentwurf der Landesregierung insgesamt drei Änderungsgesetze zum Richtergesetz vor. Wir werden, wenn dies der Landtag heute so beschließt, im zuständigen Justizausschuss Gelegenheit haben, die Entwürfe und Vorschläge sorgfältig zu prüfen und zu erörtern. Es wird Sie nicht wundern, dass ich für die Landesregierung in Anspruch nehme, dass der vorgelegte Regierungsentwurf die ausgewogene gesetzliche Neuregelung zum Inhalt hat, die auf der einen Seite den Interessen der Richter und Staatsanwälte auf weiter gehende Mitwirkung gerecht wird, auf der anderen Seite aber auch dem öffentlichen Interesse an einer effizienten, handlungsfähigen und unabhängigen Justiz Rechnung trägt. Ich freue mich auf eine sachliche Diskussion im Ausschuss. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat sich zu Wort gemeldet der Abgeordnete Dr. Koch, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, in Erwiderung auf unseren Gesetzentwurf zur Änderung des Richtergesetzes sagte Minister Dr. Birkmann vor zwei bis drei Monaten - Frau Präsidentin, gestatten Sie, dass ich zitiere? - ich zitiere Minister Dr. Birkmann: "Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass ich Wert darauf lege, dass nach Möglichkeit ein Konsens geschaffen wird mit den Richtervertretungen und den Richterräten, insbesondere - das muss ich an dieser Stelle auch einmal sagen - mit dem Deutschen Richterbund."

In meiner Rede zum Gesetzentwurf der SPD-Fraktion hatte ich meine Besorgnis zum Ausdruck gebracht, der Minister werde diesen Anspruch nicht ausfüllen, er werde diesem Anspruch nicht gerecht werden können. Meine Rede hat er als persönliche Diffamierung gewertet, ohne allerdings meine Besorgnis ausräumen zu können. Ich denke auch aus heutiger Sicht - und in der Rückschau ist man ja immer noch ein Stückchen klüger - sagen zu können, diese Besorgnis war angebracht. Bereits in der einleitenden Begründung zum Referentenentwurf unter Buchstabe A befand sich die Feststellung, dass die Kritik an dem als unbefriedigend geltenden Rechtszustand, wonach die Beteiligungsrechte der Richtervertretung nicht über das im Deut