mit 130 DM/ha mehr Geld für Agrarumweltmaßnahmen je Hektar aus. Nordrhein-Westfalen mit 9 DM/ha und Schleswig-Holstein mit 2 DM/ha geben sich mit kleineren Summen zufrieden. Nicht nur die Agrarumweltmaßnahmen haben im Freistaat einen ausdrücklich hohen Stellenwert, auch Kontrollen zur Einhaltung der Vorgaben sind notwendig. Mittlerweile haben wir ein praxisreifes Verfahren zur Erfassung der Umweltwirkung des landwirtschaftlichen Wirtschaftens. Thüringen hat hier eine Vorreiterrolle. Das Verfahren "Kriterien umweltgerechter Landbewirtschaftung" hat als Kernpunkt der Prüfung von 17 Kriterien aus dem Bereich Nährstoffhaushalt, Bodenschutz, Pflanzenschutz, Landschafts- und Artenschutz sowie Energiebilanz, mit deren Hilfe entscheidende Belastungen quantitativ erfasst werden. Die Durchführung und Auswertung erfolgt nach bundesweit einheitlichen Maßstäben. Das Verfahren genügt daher auch Wettbewerbsansprüchen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die seit Ende vorigen Jahres aufgetretenen BSE-Fälle hatten den Ruf nach sicheren und qualitätsvolleren Erzeugnissen aus der Tierhaltung und der Fleischwirtschaft zur Folge. Bessere Kontrollen und sichere Produktion waren und sind die Stichworte für die Forderung nach neuen Produktionssystemen. Die Landesregierung hat daraus folgende Schlüsse gezogen:
Zunächst sind die Kontrollen zu verstärken. Den Rahmen dafür geben die für die Landwirtschaft maßgeblichen Rechtsvorschriften unter Einschluss des Umweltrechts vor. Tierschutzauflagen zur artgerechten Tierhaltung werden u.a. in den jeweiligen Haltungsverordnungen für die einzelnen Tiere umgesetzt. Kontrollen, die im Vollzug des Fachrechts vorgegeben sind, müssen auch als Maßgabe für die Förderung genutzt werden. Eine stärkere Bindung der Förderung an Umwelt- und Tierschutzauflagen muss grundsätzlich Vorrang vor neuen nationalen Rechtsvorschriften für die Produktion haben. Für eine Reihe von Fördermaßnahmen muss zukünftig die Einhaltung der guten fachlichen Praxis und der Mindeststandards für Umwelt, Hygiene und Tierschutz Zuwendungsvoraussetzung sein.
Eine Grundlage sicherer Nahrungsmittel sind auch sichere Futtermittel, deren Zusammensetzung transparent ist und deren Herstellung genau, sozusagen mit Lebensmittelstandard, überwacht wird. Der Landwirt muss wissen, welche Komponenten in welcher Zusammensetzung das Mischfutter enthält und dass diese jeweils völlig in Ordnung sind. Er muss aber auch unbedingt sich auf die Futtermittelproduktion verlassen können. Verbraucher müssen sicher sein, dass die Futtermittel eine Qualität haben, die für ein einwandfreies und gesundheitlich unbedenkliches Lebensmittel stehen.
Die Thüringer Futtermittelhersteller haben den Ausstieg aus der Tiermehlverfütterung gut gemeistert. Lediglich zu Beginn des Verbots des Einsatzes von Tiermehl gab es wenige, nur unbedeutende Beanstandungen.
Das Tier ist Mitgeschöpf: Die Thüringer Landesregierung engagiert sich daher bei der Tierhaltung zugunsten des Tierschutzes. In der investiven Förderung, also in unserem AIB, unterstützen wir mit erheblichen Zuschüssen die Schaffung alternativer Systeme zur Käfighaltung bei Hühnern, wie die Auslauf-, Freiland- oder Volierenhaltung. Daneben werden bauliche Maßnahmen im Hinblick auf die Verbesserung des Tierschutzes bezuschusst.
Ebenfalls aus Gründen des Tierschutzes setzen wir uns für eine erhebliche Verkürzung der derzeit noch zulässigen Tiertransportzeiten ein. Damit können auch die regionalen Produktionskreisläufe gestützt werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in ihrer Regierungserklärung zum Amtsantritt Anfang Februar diesen Jahres hat Frau Bundesministerin Künast ein Konzept der Ausweitung der Marktanteile des Ökolandbaues angekündigt und damit große Erwartungen geweckt. Sie will den Anteil der ökologischen Landwirtschaft an der Gesamtproduktion von heute bundesweit 2 bis 3 Prozent auf 10 Prozent im Jahr 2005 bzw. auf 20 Prozent im Jahre 2010 steigern. Fachleute zweifeln an den Realisierungschancen. Trotz mehrfacher Appelle der Länder und Verbände ist sie bis heute Konzepte und Vorschläge zur Umsetzung schuldig geblieben.
Da es der Bund bisher versäumt hat, seine sich selbst auferlegte Signalgeberrolle wahrzunehmen, gehen die einzelnen Länder verschiedene Wege, um zu einer Steigerung des Anteils für den ökologischen Landbau zu kommen. Unser Ziel ist es, den Ökolandbau bis zum Jahre 2010 auf 10 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche Thüringens auszudehnen. Es ist ein sehr ehrgeiziges Ziel. Wir halten es aber für realisierbar. Die jährlichen Steigerungsraten müssen über 15 Prozent liegen. Die Landesregierung wird die Landwirte aber nicht etwa durch den goldenen Zügel der Förderung dazu verpflichten. Sie sollen selbst entscheiden können, ob sie ihre Betriebe auf die ökologische Wirtschaftsweise umstellen.
Aufgabe der Politik ist es, die Rahmenbedingungen für umstellungswillige Betriebe so zu gestalten, dass der ökologische Landbau eine dauerhafte, weil wirtschaftliche Alternative für die weitere Entwicklung Thüringer Betriebe darstellt. Wir gehen daher im Freistaat bewusst den Weg, den Marktanteil von Ökoprodukten in erster Linie über die Erhöhung der Nachfrage zu erreichen und nicht über die Anhebung der Beihilfesätze.
Die Landesregierung stellt daher speziell für den ökologischen Landbau ab dem Jahr 2001 insgesamt jährlich rund 830.000 DM bereit. Zur Stärkung der Nachfrage und der Erzeugung von Ökoprodukten stehen davon 200.000 DM zur Verfügung. Die Mittel werden für Schu
lungen von Bäckern, Fleischern und Betreibern von Reformkostläden, für Informationsveranstaltungen mit umstellungswilligen Landwirtschaftsbetrieben sowie im Rahmen von Qualifikationsmaßnahmen für Werbefachleute für ökologische Lebensmittel eingesetzt. Zur Verbesserung der Vermarktung werden die anderen 630.000 DM bereitgestellt. Wir sind der Überzeugung, dass Geld allein zur Produktionssteigerung derzeit nicht den gewünschten Erfolg erbringen wird. Qualitativ hochwertige Erzeugnisse werden von der Bevölkerung immer stärker nachgefragt; neutrale Qualitätskontrollen schaffen Vertrauen. Sie gewinnen auch unter den Gesichtspunkten des Verbraucherschutzes immer größere Bedeutung. Grundvoraussetzung dafür, dass der Verbraucher Vertrauen in die Qualität und Sicherheit unserer Produkte haben kann, ist aber zuallererst, dass die Produkte dieses auch tatsächlich rechtfertigen. Transparenz in der Lebensmittelproduktion ist Grundlage für bewusste Kaufentscheidungen des Verbrauchers.
Verbraucherschutz, meine sehr verehrten Damen und Herren, beginnt beim Landwirt. Ein Pilotprojekt dazu hat die Südost-Fleisch GmbH Altenburg in Kooperation mit der Senfter AG in Südtirol auf den Weg gebracht. Wichtiger Bestandteil dieses Qualitätssicherungsprogramms, das wir begleiten und unterstützen, ist ein elektronisches Netzwerk, das alle Beteiligten, die Landwirte, den Schlachthof, die Senfter AG und den Verbraucher miteinander verbindet. Mit dieser elektronischen Kommunikationsmöglichkeit wird erreicht, dass über eine Internetadresse auf dem Etikett des verpackten und nummerierten Schinkens eine verbindliche Auskunft über Herkunft, Qualität und Inhaltsstoffe des gerade erworbenen Schinkens erhalten werden kann. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist volle Transparenz für Produkte und Herstellung in Aktion. Das ist die Realisierung des Gedankens der "gläsernen Theke".
Meine sehr verehrten Damen und Herren, seit 1990 werden Qualitäts- und Rückstandsuntersuchungen bei pflanzlichen Produkten durchgeführt. Beispielsweise ergaben Rückstandsuntersuchungen an thüringischem Obst und Gemüse, dass 95 Prozent der Proben keine Wirkstoffe von Pflanzenbehandlungsmitteln enthielten. In 5 Prozent der Fälle lagen die Analysenbefunde im Bereich der zulässigen Höchstwerte. Diese jährlichen Rückstandsuntersuchungen auf Wirkstoffe des Pflanzenschutzes im Rahmen des vorbeugenden Verbraucherschutzes werden wir verstärkt fortführen und - ich darf das einmal hier einfügen - dazu brauche ich keine Aufforderung, um so etwas zu machen.
Das ist eine Selbstverständlichkeit, die dazu gehört, wenn ich Qualitätsprodukte abliefern will. Dabei werden wir natürlich auch die Möglichkeiten im Blick behalten, die uns die Gentechnik bietet, um eine weitere Reduzierung des Pflanzenschutzes zu bekommen. Die Untersuchungen der Stickstoffgehalte der Böden, etwa jährlich im Frühjahr, sind ein weiteres Beispiel zur Sicherung eines
hohen Umweltmanagements in der Landwirtschaft. Der jährliche Untersuchungsumfang liegt zwischen 12.000 bis 15.000 Proben. Das entspricht ca. einem Viertel der Ackerfläche Thüringens. Ebenso werden die Stoffgehalte von Phosphor, Kalium und Magnesium sowie für den Boden pH-Werte auf 120.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche jährlich ermittelt. Auch die landwirtschaftlichen Betriebe müssen nach unserer Auffassung hinsichtlich ihres umweltgerechten Wirtschaftens kontrolliert, aber auch für entsprechende dauerhafte Produktionsqualität zertifiziert werden.
Auf der Basis der Kriterien umweltgerechter Landbewirtschaftung wird ein Qualitätszeichen "Umweltsicherungssystem Landwirtschaft", abgekürzt USL, als Ergebnis einer Umweltverträglichkeitsanalyse durch eine unabhängige Untersuchungsstelle vergeben. Die Betriebe müssen über Jahre hinweg nachweisen, dass eine vorgegebene Belastungsintensität auf ihren Produktionsflächen nicht überschritten worden ist. Bisher haben sich 72 Betriebe in Deutschland dieser Prüfung gestellt. Vor wenigen Tagen habe ich die vier ersten derartigen Auszeichnungen Deutschlands, und zwar an Thüringer Unternehmen, vergeben können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, rund 30 Prozent der Thüringer Produkte in den Thüringer Lebensmittelmärkten tragen das regionale Herkunftszeichen "Original Thüringer Qualität". Diesen Anteil wollen wir weiter erhöhen. Die Thüringer Landesregierung hat beschlossen, die Haushaltsmittel zugunsten des Herkunftszeichens "Original Thüringer Qualität" um 1,8 Mio. aufzustocken. Diese zusätzlichen Mittel werden dazu verwendet, die Verbraucher mittels eines breit gefächerten Maßnahmepakets noch besser über die Qualität von so gekennzeichneten Produkten zu informieren. Das Qualitätsniveau für dieses Qualitätssiegel soll auch künftig auf höherem als dem nationalen Niveau, das durch die Deutsche Lebensmittelgesellschaft und die Zentrale Marketinggesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft bestimmt wird, gehalten werden. Der in Überarbeitung befindliche Qualitätsrahmen soll diesen Qualitätsvorsprung für OTQ weiter ausbauen. Eine hundertprozentige Sicherheit kann es und wird es nicht geben, aber wir entwickeln derzeit unsere Prüf- und Kontrollkriterien so weit, wie dies nach derzeitigem Wissensstand möglich ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind zwar in Thüringen bisher von BSE verschont geblieben, die Folgewirkungen bei den Rinderhaltern und den Fleischverarbeitern sind aber unübersehbar. Auch wenn es mancher nicht mehr hören möchte, ein halbes Jahr nach Wirksamwerden des BSE-Schocks gibt es immer noch keine angemessene Hilfe des Bundes für die Länder, die betroffenen Agrarbetriebe und die Ernährungswirtschaft. Man kann geradezu den Eindruck gewinnen, es sei der Bundesregierung egal, wie die Betroffenen mit ihren Existenzproblemen fertig werden. Dem unbestrittenen Kostenaufwand von rund 4 Mrd. DM bundesweit für alle
Aufwendungen und Schäden stehen nationale Hilfen des Bundes in Höhe von rund 600 Mio. DM gegenüber, von denen lediglich 100 Mio. DM Mittel sind, die nicht aus vorher der Landwirtschaft zugesagten Mitteln durch Umschichtungstricks genommen wurden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde dies als einen sehr höhnischen Umgang mit den Existenzproblemen der Menschen. Es ist höhnischer Umgang mit der Sicherung von Arbeitsplätzen und es ist höhnischer Umgang mit der Glaubwürdigkeit.
Die Landesregierung ist auf die zu erwartenden Probleme bei den Rinderhaltern und Fleisch verarbeitenden Betrieben gut vorbereitet. Wir haben in Thüringen derzeit knapp 400.000 Rinder in den Ställen stehen. In der Rinderhaltung sind ca. 7.000 Arbeitskräfte, das sind immerhin 35 Prozent aller Beschäftigten der Landwirtschaft, beschäftigt. Der Wertschöpfungsanteil der Rinderhaltung an der gesamten Wertschöpfung der Thüringer Landwirtschaft liegt bei etwa 42 Prozent. In der Thüringer Ernährungswirtschaft sind ca. 30.000 Arbeitskräfte beschäftigt. Die Thüringer Landesregierung hat sich aufgrund der Bedeutung der Rinderhaltung in der Thüringer Landwirtschaft und dem Ernährungsgewerbe, insgesamt und insbesondere der Fleischwirtschaft, entschieden, die Rinder haltenden Betriebe und Unternehmen der Fleischwirtschaft bei der erforderlichen Anpassung an den veränderten Fleischmarkt infolge der BSE-Krise zu unterstützen. Hierfür wurden die notwendigen Notifizierungen bei der Generaldirektion 6 der EU-Kommission beantragt. Die Genehmigung durch die Kommission ist nach Auskunft der Generaldirektion Landwirtschaft in Brüssel spätestens im Juni diesen Jahres, also müsste sie in den nächsten Tagen eintreffen, zu erwarten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die flächendeckende und umweltgerechte Landbewirtschaftung muss landwirtschafts- und umweltpolitisches Ziel im Freistaat bleiben. Land- und Forstwirtschaft prägen den ländlichen Raum Thüringens in entscheidendem Maße. Die Landwirtschaft hält die Landschaft offen und sichert so das Landschaftserlebnis, das wir alle so sehr schätzen. Durch die über Jahrhunderte hinweg standortangepasste Landnutzung durch die Bauern konnte unsere heutige regionaltypische Kulturlandschaft entstehen. Es gibt unserem Land seine kulturelle Intensität und macht Reiz und Attraktion aus. Es ist daher natürliches Ziel der Landesregierung, diese gewachsene Kulturlandschaft als Lebens- und Arbeitsumfeld durch flächendeckende Landbewirtschaftung zu bewahren. So wird für einen großen Teil der Bevölkerung eine offene Landschaft mit hohem Freizeit- und Erholungswert erhalten. Für das Land verbleiben keine vergleichsweisen Partner bei dieser flächendeckenden Aufgabe der Landschaftspflege im Freistaat, wenn die Landwirtschaft geschwächt wird. Wer denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn nicht die Landwirtschaft ist in der La
ge, mit gleicher Qualität und bei gleichem Sachverstand zu dem günstigsten Preis für uns die Landschaft als Natur und Lebensraum zu erhalten.
Beim Thema nachwachsende Rohstoffe ist der Freistaat Thüringen erste Adresse. Thüringen ist das Land der Arznei- und Gewürzpflanzen. Auf ca. 1.200 Hektar werden sie angebaut. Im Non-food-Bereich werden vor allem Kamille, Artischocken und Baldrian abgesetzt. Anknüpfend an die Produktion dieser Rohstoffe sind in den letzten beiden Jahren an drei Standorten nahe den Anbauzentren neue Verarbeitungsstandorte entstanden. In seiner Regierungserklärung vom 13.10.1999 kündigte Ministerpräsident Dr. Vogel für die laufende Legislaturperiode ein eigenständiges Förderprogramm für nachwachsende Rohstoffe an. Der Fachbeirat "Nachwachsende Rohstoffe" hat daher ein Konzept zur Verbesserung der Förderung nachwachsender Rohstoffe in Thüringen erarbeitet.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei der energetischen Verwertung von Biomasse hat Thüringen im bundesweiten Vergleich viel zu bieten. In Thüringen werden z.B. ca. 40.000 Hektar Non-food-Winterraps auf Stilllegungsflächen für die Erzeugung von Biodiesel und anderen technischen Ölen angebaut. Gegenwärtig werden in Thüringen 1,8 Prozent des primären Energieverbrauchs über Biomasse abgedeckt, während die Potenziale für eine Erhöhung dieses Anteils auf 12 Prozent gegeben sind. Das Ziel der EU, den Anteil der Biomasse in einem Primärenergiemix auf 10 Prozent im Jahre 2010 zu bringen, erfordert deshalb auch im Freistaat verstärkte Anstrengungen. Es gilt daher, die energetische Verwertung von festen biogenen Brennstoffen, die Erzeugung von Elektroenergie aus Biogas und die Erzeugung von Biodiesel im Freistaat weiter voranzubringen.
Eine der wichtigsten Aufgaben wird es dabei sein, die Informations- und Imagekampagne mit Land- und Forstwirten als Energiewirte in Zusammenarbeit mit Kommunen, Energieversorgern, Handwerk, Industrie aber auch mit Umwelt- und Verbraucherverbänden weiter fortzusetzen.
Ein anderes Problem, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist der landwirtschaftliche Nachwuchs und die berufliche Bildung. Die Altersstruktur der Beschäftigten in der Landwirtschaft und der ab 2005 zu erwartende starke Rückgang der Schulabgänger müssen Anlass sein für verstärkte Anstrengungen bei der Gewinnung des landwirtschaftlichen Berufsnachwuchses in den nächsten Jahren.
Jährlich bleiben ca. 10 Prozent der bereitgestellten betrieblichen Ausbildungsplätze für die Berufe Landwirt und Tierwirt unbesetzt. Wir haben gerade gestern hier in dem hohen Haus darüber gesprochen; hier wären Möglichkeiten, hier haben wir noch Möglichkeiten für unsere jungen Leute
Es bedarf großer Anstrengungen der Landwirtschaftsbetriebe, interessierte und vor allen Dingen geeignete Schulabgänger für diese sehr wohl anspruchsvollen Berufe zu gewinnen und auf einem hohen Niveau auszubilden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es reicht eben nicht mehr nur zu wissen, wie ich melken kann oder wie ich ein Schwein füttere, ich muss als Landwirt auch den PC beherrschen, aber darüber hinaus auch wissen, wie er funktioniert,
wie ich mit der Technik umzugehen habe. Ich muss wissen, welche Satellitenprogramme es gibt, die mich steuern, die meine Produktion steuern und man muss genau Bescheid wissen über die Kreisläufe. Es ist ein allumfassendes Wissen verlangt und nicht ein einseitiges, so wie das oft noch in den Köpfen vieler unserer Menschen ist, dass die Landwirtschaft nur Handarbeit ist, nur Drecksarbeit ist. Nein, sie ist mehr als das, sie ist ein zukunftsweisender Beruf.
Also, meine Damen und Herren, es wird vielfach verkannt, das grundlegende ökologische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse zum landwirtschaftlichen Fachwissen hinzukommen müssen, um erfolgreich in eine moderne landwirtschaftliche Produktion bei guten Berufsaussichten einzusteigen.
Neben der Gewinnung von Führungskräften ist deren Fortund Weiterbildung von wesentlicher Bedeutung. Es ist deshalb dringlichste Aufgabe unserer Landwirtschaftsämter und landwirtschaftlicher Fachschulen, mit den zukunftsorientierten Bildungsangeboten diesem Anspruch an Fort- und Weiterbildung der Fach- und Führungskräfte gerecht zu werden. Die Gestaltung zukunftsfähiger Einkommensmöglichkeiten durch Diversifizierung spielt heute eine wachsende Rolle bei der Entwicklung des ländlichen Raums. Insbesondere der Landtourismus mit Urlaub auf dem Bauernhof, Ferien auf dem Lande stellt einen zunehmend bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar. Die wichtigsten Aspekte dabei sind der Beschäftigungseffekt sowie die einkommensfördernden Wirkungen, insbesondere für Frauen, aber auch das Steueraufkommen für die Kommunen. Die wachsende Nachfrage der Menschen nach naturnahen und umweltverträglichen Urlaubsformen bietet eine günstige Ausgangsposition zur Weiterentwicklung dieses Bereichs. Wir haben für diesen Erwerbszweig günstige Rahmenbedingungen im Hinblick auf Förderung, Beratung und Vermarktung geschaffen. Seit 1993 wurden über ein spezielles Förderungprogramm bereits 19 Mio. DM Zuschüsse für die Entwicklung dieses Erwerbszweigs aufgewendet.
Einschließlich der Förderung für Dorferneuerung, Erhaltung und Stärkung des ländlichen Raums waren es insgesamt 600 Mio. DM, die in die Entwicklung
des ländlichen Raums investiert wurden. Auch für die nächsten Jahre ist eine breit angelegte Förderung möglich, damit sich weiterhin die Attraktivität des ländlichen Raums als Wohn-, Lebens-, Arbeits-, Erholungs- und Kulturraum erhöht.
In der Perspektive ist es unser Ziel, die geschaffenen Potenziale noch besser zu nutzen, Synergieeffekte zu erzeugen sowie auf agrartouristischem Gebiet mehr wettbewerbsfähige Produktangebote zu entwickeln und zu vermarkten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Osterweiterung der EU, welche Auswirkungen hat sie auf die Landwirtschaft? Die Erweiterung der Europäischen Union um die Staaten aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa ist eine politische, wirtschaftliche wie auch historische und kulturelle Notwendigkeit. Sie bedeutet für uns vor allem die einzige und historische Chance der Fortführung von Frieden, Freiheit und Demokratie in ganz Europa. Es ist eine politische Pflicht Europas, diese Staaten aufzunehmen und zu integrieren. Es ist aber insbesondere für Deutschland und seine jungen Länder eine Aufgabe mit ganz besonderer Priorität, gerade den Völkern den Weg in die EU zu bereiten, die uns vor über zehn Jahren mit entscheidend zur Wiedervereinigung geholfen haben. Für uns ist dies keineswegs nur ein Handeln aus politischer Vernunft, es ist ein selbstverständliches Gebot der Dankbarkeit.