Protokoll der Sitzung vom 07.09.2001

Mittelstandsfeindliche Gesetze verschlechtern die Situation zusätzlich, darauf wird zu Recht in diesen Tagen und auch hier in der gestrigen Landtagssitzung immer wieder hingewiesen.

(Beifall bei der CDU)

Während der derzeit amtierende Bundeskanzler zu Beginn seiner Amtszeit vollmundig den deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit ankündigte, werden die Verlautbarungen jetzt sehr kleinlaut. Die aktuellen Zahlen belegen erneut, die Bundesregierung bekommt die Arbeitslosigkeit nicht in den Griff bzw. sie gleitet ihr aus der "ruhigen Hand".

Besonders gefährdet von Armut sind allein Erziehende mit Kindern und Familien mit mehreren Kindern. Der Lebensstandard von Familien mit Kindern ist um 30 Prozent niedriger als der von Familien ohne Kinder. Beklagt wird dies von der rotgrünen Bundesregierung auch im Bundestag, aber nichts dagegen getan - ganz im Gegenteil. Als Beispiele hierzu kann man anführen, dass die 30 DM Kindergelderhöhung - mehr wollte man ja den Familien nicht zubilligen - durch die Ökosteuer fast komplett wieder aufgezehrt werden. Über die Einführung eines Familiengeldes wird in der rotgrünen Bundesregierung nicht einmal nachgedacht. Zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gibt es zwar vollmundige Bekundungen, aber Handlungen bleiben dazu aus. Die nationale Armutskonferenz hat dazu passend auf ihrer Tagung im Juni festgestellt, dass sich die Situation der benachteiligten Kinder unter der rotgrünen Regierung eher verschlechtert hat.

Der Bericht der Bundesregierung endet 1998 und suggeriert, seit dem Regierungswechsel bessere sich die Situation. Zahlen belegen hingegen, dies ist reines Wunschdenken, belegbar unter anderem mit der Einkommensentwicklung im internationalen Vergleich. 1997 - also vor Rotgrün - übertraf das US-Pro-Kopf-Einkommen das deutsche um 32 Prozent; 1999 waren es dann schon 42 Prozent. Die Australier waren 1997 noch um 8 Prozent ärmer als die Deutschen; 1999 waren sie 7 Prozent reicher. Ein weiteres Beispiel sind die Kaufkraftverluste in Deutschland; mit 3,5 Prozent Inflation im Mai 2001 wurde der höchste Stand seit 1993 erreicht. Leider ließe sich diese Liste noch beliebig fortsetzen.

Die Parlamentarische Staatssekretärin Ulrike Mascher sagte im Bundestag - ich zitiere: "Armut und Reichtum taugen nicht für eine polemische Neiddebatte." Sehr richtig, aber damit muss wohl auch insbesondere die Thüringer PDS gemeint gewesen sein, die genau diese Neiddebatte, so wie wir das heute wieder erleben, immer wieder anheizt. Reichtum begrenzen und Umverteilung von oben nach unten fordert die PDS bundesweit. Armuts- und Reichtumsberichte sollen diese Forderung legitimieren. Einige zweifelhafte Rezepte hat die PDS auch schon parat: die Wiedereinführung der Vermögenssteuer sowie stärkere Besteuerung von vererbten Grundstücken und Immobilien. Darüber hinaus soll nach Vorstellung der PDS im Bundestag der Defizitabbau im Bundeshaushalt gestreckt werden. Wenigstens dann etwas, was nachfolgende Generationen nach PDS-Meinung im großen Maß erben können, nämlich Schulden. Der Bericht verweist darauf, dass in den neuen Bundesländern von 1993 bis 1998 eine Angleichung der Einkommensverteilung an die Verhältnisse im früheren

Bundesgebiet stattfand. Allerdings war die Ungleichheit der Einkommensverteilung oder die Einkommensspreizung 1998 in den neuen Bundesländern immer noch weniger ausgeprägt. Das Nettovermögen belief sich 1998 in den neuen Ländern auf 35 Prozent des Betrags in den alten Bundesländern. Der Bericht der Bundesregierung benennt als Ursache für diesen Zustand zutreffend die Entwicklung bis 1989. Der Bericht der Bundesregierung umfasst den Zeitraum von 1973 bis 1998, allerdings bis 1991 nur für das alte Bundesgebiet.

Es wäre sicherlich sehr interessant, die Entwicklung von Armut und Reichtum in der ehemaligen DDR zu beleuchten. Vergleichbare Zahlen gibt es dafür sicherlich nicht mehr, aber ich schätze, die allermeisten hier im Saal werden sich noch ungefähr an die Situation vor der Wende erinnern und es nicht, so wie die Kollegen von der PDS, weitgehend verdrängen oder ausblenden. Zur Auffrischung deshalb für Sie vielleicht einige kurze Bemerkungen dazu. Ganz klar ist, wenn man als Armutsund Reichtumsdefinition die Schere zwischen ungleichem Einkommen oder ungleichem Vermögen der sozialistischen Misswirtschaft zugrunde legt, gab es in der DDR deutlich weniger Arme als heute. Arm waren damals sicherlich nicht die Bewohner von Wandlitz, obwohl sich deren Lebensstandard, verglichen mit so manchem PDS-Funktionär von heute, auch eher ärmlich ausnahm.

(Beifall bei der CDU)

Unter die zehn stärksten Industrienationen der Welt rechnete sich die PDS-Vorgängerparteiführung und doch gab es für die Mehrheit unerfüllbare Träume. Für die Durchschnittsfamilie mit zwei Kindern war der Urlaub an Bulgariens Schwarzmeerküste genauso unrealistisch wie heute eine Weltreise, ganz zu schweigen von Rentnern oder der allein erziehenden Verkäuferin. Ein Neuwagen Marke "Wartburg" oder "Lada" waren in jedem Fall schon Ausdruck von Reichtum.

Werte Kollegen von der PDS, Armut bekämpft man nicht, indem man dem einen Teil der Bevölkerung etwas wegnimmt, die Wirtschaft lähmt, Marktmechanismen zerschlägt und Sozialausgaben in die Höhe schraubt. Zumindest dies sollten Sie aus dem weltweiten Misserfolg des Sozialismus gelernt haben.

(Beifall bei der CDU)

Der erste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung stellt fest: Der beste Schutz gegen Armut ist ein Arbeitsplatz. Hoffnung setzen Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose nicht in die Erhöhung oder Ausweitung von Sozialleistungen, sie wollen Chancen auf einen Arbeitsplatz. Wachstumspolitik, nicht Sozialpolitik, kann Beschäftigungschancen erhöhen und Arbeitsplätze schaffen.

(Beifall bei der CDU)

Eine gesunde Wirtschaft schafft Arbeitsplätze, nicht der Staat, wie die PDS fälschlicherweise meint. Wir alle, aber insbesondere die Bundesregierung, sind aufgefordert, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu verbessern und die Schwachen in unserer Gesellschaft in besonderer Form zu schützen. Der heute hier vorliegende populistische Antrag der PDS ist kein Beitrag dazu und deshalb wird die CDU-Fraktion ihn ablehnen. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Es hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Bechthum, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, im April 2001 wurde erstmals in der Bundesrepublik Deutschland ein Bericht zu Lebenslagen in Deutschland vorgelegt, der erste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Der Deutsche Bundestag hatte die Bundesregierung am 27. Januar 2000 damit beauftragt. Die Bestandsaufnahme der Lebenslagen in der Bundesrepublik bis 1998 zeigt, dass soziale Ausgrenzung auch in einem wohlhabenden Land wie Deutschland anzutreffen ist. Die Hauptursachen für erhöhte Armut liegen in der Erwerbssituation, im Bildungsstatus und in der Familiensituation.

Und nun, Herr Panse, zu Ihnen. Eigentlich schätze ich Sie, aber ich unterstelle Ihnen heute echte Böswilligkeit. Der Bericht geht bis 1998 und Sie unterstellen hier der Bundesregierung, sie hätte nichts unternommen. Haben Sie den Bericht gelesen, wenigstens die Kurzfassung,

(Zwischenruf Abg. Arenhövel, CDU: Ja, er hat es.)

wenigstens, wo hinter jedem Punkt immer genaue Schlussfolgerungen kommen? Da können Sie nicht lesen, muss ich Ihnen unterstellen. Das muss ich Ihnen wirklich sagen.

(Beifall bei der PDS)

Wollen Sie das einfach leugnen, dass es wirklich sehr gute Arbeitsmarktprogramme für junge Leute gibt und besonders für benachteiligte?

(Zwischenruf Abg. Arenhövel, CDU: Die Zahlen sprechen eine andere Sprache!)

(Beifall bei der SPD)

Jetzt hören Sie auf. Waren Sie schon einmal bei Kolping? Ich war dort mit einer Familie, mit zwei jungen Leuten und da zeigte der mir von all den in Erfurt Erfassten, die Probleme haben, die Listen, die genau eingegliedert werden, wo man sagt, der könnte das machen,

der könnte das machen. Ich habe die jetzt getroffen. Der eine sagte: "Ja, das ist angelaufen." Also, wissen Sie, man kann wirklich Kritik üben, aber was Sie hier machen... Sie werden mir immer unsympathischer, das muss ich Ihnen sagen.

(Unruhe bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Aber, aber!)

Das rächt sich, warten Sie nur.

Jetzt, Bezug nehmend auf den Antrag der PDS, in dem eine differenzierte Bestandsaufnahme der sozialen Verhältnisse für Thüringen gefordert wird, um daraus schlussfolgernd Maßnahmen abzuleiten, die Armut vermeiden und Reichtum begrenzen können, möchte ich aus den Vorbemerkungen zu dem Lebenslagenbericht der Bundesregierung etwas sagen. Im Hinblick auf den Reichtumsbegriff fehlen auch wegen des erst in Ansätzen entwickelten Forschungsstandes bislang klare Definitionen und Abgrenzungen.

Ich frage Sie, verehrte Kollegen der PDS: Wo beginnt Reichtum? Wann ist jemand reich? Für einen Sozialhilfeempfänger wären frei zur Verfügung stehende 1.000 DM auf dem Konto bestimmt schon ein Vermögen. Meine Damen und Herren, am 6. Mai dieses Jahres wurde die Thüringer Landesarmutskonferenz von Prof. Dr. Lutz von der Fachhochschule Erfurt, Vorsitzender des Deutschen Kinderschutzbundes in Thüringen, wieder ins Leben gerufen. Vielleicht, Herr Panse, hätten Sie da auch mal sein sollen. Thema der ersten Zusammenkunft der Armutskonferenz - hier waren auch Abgeordnete aller drei Fraktionen des Thüringer Landtags vertreten, wie immer auch Frau Arenhövel - war die Sozialberichterstattung in Thüringen. Das Ziel ist es, die Sozialberichterstattung in Form eines Dritten Sozialberichts in Thüringen fortzuführen. Die Landesarmutskonferenz wird in den nächsten Wochen ihre Schwerpunkte konkretisieren und als klare Forderungen an eine Dritte Sozialberichterstattung formulieren. Mit einem Schwerpunkt auf eine Kinder- und Jugendberichterstattung wäre dabei eine familienorientierte Forderung an die derzeitige Politik gestellt.

Frau Abgeordnete Bechthum?

Nein nein, ich rede erstmal zu Ende.

Dies wird ja im Sinne der Landesregierung sein, da sie die Stärkung der Familien als ihr erklärtes Ziel betrachtet. Als familienpolitische Sprecherin meiner Fraktion möchte ich zu den Armutsrisiken für Familien als für mich dringendstes Problem Stellung nehmen, die auch Schwerpunkt für die Sozialberichterstattung Thüringens sein sollte.

Meine Damen und Herren, welche Faktoren haben Einfluss auf den Verarmungsprozess? Das ist als Erstes die Arbeitslosigkeit. Durch sie kommt es häufig zur Überschuldung, die vor allem in den neuen Bundesländern zugenommen hat und die durch fehlerhaftes Konsum- und Kreditverhalten, durch Werbung in den Medien usw. direkt heraufbeschworen wird. Überschuldung von Jugendlichen ist ebenfalls in den neuen Bundesländern gestiegen. Trennung oder Scheidung von Ehepaaren sind oft die Ursache der genannten Punkte und sie tragen in hohem Maße zur Familienarmut bei. Ein erhöhtes Armutsrisiko tragen vor allem junge Frauen mit Kleinkindern und Niedrigeinkommen, vor allem in den neuen Bundesländern. Gewalt in der Familie ist auch ein Armutsrisiko, insbesondere für Frauen mit Kindern, mangelnde Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit, fehlende schulische Bildung, mangelnde Bildung und Qualifikation. Bildung ist Prävention vor instabilen Lebenslagen und Armut. Das Risiko des Arbeitsplatzverlustes ist an Bildungs- und Berufsabschluss gekoppelt. Je niedriger der berufliche Ausbildungsabschluss, desto höher die Gefahr der Arbeitsbzw. Dauerarbeitslosigkeit. Männer und Frauen ohne beruflichen Abschluss tragen das weitaus größte Risiko arbeitslos zu werden. Diese genannten Risikofaktoren wirken meistens nicht allein. Sie ergänzen sich gegenseitig, sie bedingen einander. Eine absolute Rangfolge ist schwer zu nennen.

Nun, wie kann dieser Entwicklung begegnet werden? Hierbei möchte ich mich nur auf den Aspekt der Familienförderung beschränken. Die meisten Frauen betrachten heute Erwerbstätigkeit als selbstverständlichen Teil ihrer Lebensplanung. Die Vereinbarkeit von Familienarbeit und Erwerbsarbeit wird für Eltern, Mütter und insbesondere für allein erziehende Mütter zu einem schwer zu lösenden Problem, weil die beruflichen Arbeitsbedingungen leider doch meistens familienunfreundlich gestaltet sind. Eine wesentliche Voraussetzung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist neben einer bedarfsgerechten Kinderbetreuung die Gestaltung und Flexibilisierung der Arbeitszeit. Mit dem Programm der Bundesregierung "Frau und Beruf" sollen die Arbeitsmarktchancen von Frauen verbessert, die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit erleichtert werden. Ich weiß nicht, Herr Panse, ob Sie das überhaupt mal gelesen haben. Das Elternzeitgesetz wurde als eine wesentliche Voraussetzung von der Bundesregierung verabschiedet. Wird es in Thüringen auch bekannt gemacht? Ich weiß, Frau Bauer hatte sich schon geweigert, das irgendwie mal in die Öffentlichkeit zu bringen. Es gehört zu den Aufgaben der Politik, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, zu fördern.

Ein weiterer Punkt, der oft zur Trennung oder Scheidung führt, ist die Gewalt in den Familien, im sozialen Nahraum. Die Bundesregierung hat mit dem Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, beschlossen am 1. Dezember 1999, und dem Gewaltächtungsgesetz, beschlossen am 1. November 2000, das vor allem Gewalt

gegen Kinder untersagen soll und Vernachlässigung, seelische Misshandlung, Wege zur Bekämpfung dieser Problematik gewiesen. Das Gewaltschutzgesetz "Der Schläger geht, die Geschlagene bleibt" wird folgen. Ich hoffe, dass hier die Landesregierung Thüringens zustimmen wird, wenn das im Bundesrat zur Abstimmung kommt. Es kommt nun darauf an, auch für Thüringen einen Aktionsplan zu erstellen, wie Sie ihn ja nun genannt haben, ein Maßnahmeplan der Landesregierung zur Bekämpfung häuslicher Gewalt.

Und nun noch ein Wort zu den allein Erziehenden. Laut Bundesbericht hatten das mit Abstand höchste Sozialhilferisiko 28,1 Prozent Haushalte allein erziehender Frauen. Die Frage der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Kindererziehung bei allein Erziehenden spielt eine besondere Rolle. In Thüringen - es gibt die Studie, die auch gefördert wird vom Land Thüringen, zu allein Erziehenden - sind etwa 72 Prozent der allein Erziehenden erwerbstätig. Das ist deutlich höher als in den westlichen Bundesländern. Aber sie haben zum größten Teil niedrig qualifizierte Tätigkeiten mit niedriger Vergütung, so dass sie auf ergänzende Sozialhilfe angewiesen sind.

Zu dem Termin: Der Termin I. Quartal 2002 für einen Armuts- und Reichtumsbericht scheint uns zeitlich zu kurz gefasst. Meine Fraktion möchte die Ergebnisse der nächsten Beratung der Landesarmutskonferenz abwarten, an der ja alle drei Fraktionen auch beteiligt sind. Die nächste Zusammenkunft findet, wie die PDS-Fraktion es auch gewiss weiß, am 12. September hier im Landtag statt.

Ich möchte zum Schluss noch auf die gestrige Fachtagung zu den Schulverweigerern - organisiert von Prof. Lutz, das hätte eigentlich von der Landesregierung kommen müssen - verweisen, deren Schlussfolgerungen auch unbedingt Beachtung finden sollten in der Arbeit und die auch sicherlich dann in den Schwerpunkten zu einer dritten Sozialberichterstattung für Thüringen eine große Rolle spielen werden. Frau Präsidentin, ich zitiere hieraus: "Thüringen sei nach Erhebung von 1998 mit fast 13 Prozent Schulabbrechern bundesweites Schlusslicht." Dann: "Die Zahl der Kinder aus sozial schwachen Familien unter den Dauerschwänzern sei besonders hoch. Hinter Schwänzern stehen oft Mütter und Väter in Not. Das Familienleben sei meist geprägt von Trennung, Missbrauch, Gewalt und Drogen. Wer nichts zu erwarten hat, hat nichts zu verlieren", meinte auch eine dieser Rednerinnen. Die soziale Integration solcher Kinder sei gefährdet. Und wer sich damit befasst, wer auch einigermaßen regelmäßig mal in die Suppenküche geht oder auch in die Stadtmission zu dem Frühstück, wer dann früh die Familien erlebt mit Kindern und man fragt, warum sind die Kinder nicht in der Schule, dann hört man die unterschiedlichsten Antworten und da muss man auch anfangen. Ich kann Ihnen Beispiele nennen. Wir haben das schon im Frühjahr gemacht, als wir darüber gesprochen haben zu der Regierungserklärung von Prof. Krapp, als ich damals auch von einem Jungen vorgelesen habe. Dieser Junge hat es in

zwischen geschafft auf 70 Fehltage zu kommen und das Ergebnis ist, er ist jetzt in einer Lernbehindertenklasse. Da muss man angreifen, hier muss man anknüpfen. Und wenn wir schon sagen, wir wollen Sozialarbeiter - was so positiv erwähnt wurde -, wir brauchen sie, wir müssen die aufbauen. Das wird auch eine ganz große Forderung sein an die Landesregierung, hier wieder aktiv zu werden. Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Thierbach, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, Herr Panse, ich glaube, es ist schade und es wäre vertane Zeit, würde ich auf Ihre Argumente, die Sie gebracht haben, eingehen. Es war einfach billige Polemik.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Es geht hier überhaupt nicht darum, nun irgendwie abzurechnen, ob SPD, ob CDU oder ob PDS Recht hat, denn nicht ein einziger Sozialhilfeempfänger oder nicht ein Einziger in einer prekären Lebenslage hat durch so eine Debatte auch nur ein µ Verbesserung seiner Lebenslage. Deswegen war Ihr Beitrag letztendlich Nichtachtung von Anliegen, für die Sie eigentlich in diesem Landtag mal angetreten sind, etwas zum Besseren zu ändern. Aber offensichtlich haben Sie das aus Parteidisziplin aufgegeben. Ich glaube, es ist notwendig, wirklich zu konstatieren, es ist der erste Armuts- und Reichtumsbericht und es ist das erste Mal zu verzeichnen, dass die Kombination durch die Bundesregierung gerade im Bereich der Armut eine gute Datensammlung zusammengebracht hat. Da ist tatsächlich ein Überblick über Lebenslagen von Menschen, die eben nicht in vollem Maße am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können, in diesem Bericht dargestellt worden. Natürlich kann ich nicht erwarten, dass in einem ersten Armuts- und Reichtumsbericht tatsächlich eine Erhebung zu Reichtum gemacht wird, die alle zufrieden stellt, aber es ist wenigstens ein Anfang, diese Schere darzustellen. Die Gründe, die benannt werden, dass der Reichtum nicht besser dargestellt werden konnte, liegen in der Datenlage, wird im Bericht konstatiert. Na sicher, und ich erwarte, dass es in einem zweiten Bericht eben doch Widerspiegelungen und Daten gibt, die man tatsächlich noch aus anderen Quellen erschlossen hat, die man bei Banken holt, nicht nur im öffentlichen Bereich, sondern die man in Unternehmerberatungsbereichen holt oder dass Daten, wie z.B. Kapital aus Deutschland in anderen Ländern verschwindet, tatsächlich hinzugerechnet werden. Die Elemente fehlen, aber die Schere, die wir in Deutschland haben, ist deutlich dargestellt. Wenn die PDS-Fraktion beantragt hat, Konsequenzen, die aus diesem Lebenslagenbericht gezogen werden sollen, hier im

Landtag darzustellen, so sind das eben Fragen: Welche Maßnahmen würde die Landesregierung - und vielleicht tut sie's - zur Vermeidung bzw. Überwindung von Armutslagen überhaupt in Angriff nehmen; reichen die bisherigen Maßnahmen im Sozialbereich, um zu verhindern, dass jemand in Armut verfällt; welche Schlussfolgerungen aus dem ersten Bundesbericht werden denn gezogen, um die Datensituation zu verbessern, vielleicht durch den Dritten Sozialbericht - kein Wort bis jetzt. Auch müssen meiner Meinung nach Fragen an die Landesregierung gestellt werden, wie viel Forschungsbedarf, der ausgewiesen ist in dem Bericht für die einzelnen Länder, in Angriff genommen werden muss oder können wir weiter konstatieren, dass gerade im Bereich der Sozialforschung in Thüringen weiterhin ein relativ geringer Anteil an Forschungsleistungen durch die Landesregierung gefördert wird? Wie denn, was tut die Landesregierung? Ich habe erfahren, ich hoffe, es stimmt nicht, dass die Landesregierung keinen Sofortbericht geben will. Ich glaube, das ist aber Warten auf übermorgen, denn die Landesregierung selbst müsste ein Interesse daran haben.

Es ist richtig, die PDS-Fraktion hat 1999 das erste Mal wieder einen parlamentarischen Antrag in den Landtag eingebracht, der die Landesregierung auffordert, unverzüglich, damals 1999, mit der Erarbeitung eines Sozialberichts zu beginnen. Sie, meine Damen und Herren von der Landesregierung, haben offensichtlich, da ja kein Sofortbericht kommt, sich zwei Jahre lang Zeit gelassen, um sich dieser Materie irgendwie zu widmen. Erst jetzt ist nämlich im Staatsanzeiger vom 17.07.2001 zu lesen, dass es eine öffentliche Ausschreibung für die Erstellung eines dritten Thüringer Sozialberichts gibt.