Darüber hinaus hat die Mehrheitsfraktion innerhalb der parlamentarischen Demokratie wenigstens teilweise eingesehen, dass die Politik der Betonmauer eben nicht unbedingt sinnvoll ist. Also entdeckt sie für sich die Öffentlichkeit und bringt einen Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung, einen zweiten innerhalb von einem halben Jahr, ein. So ab und zu kann es ja nicht schaden, eine öffentliche Ausschuss-Sitzung zu machen. Deshalb auch die vorsichtige Öffnung des edlen Hauses für den einfachen Bürger.
Wenn Sie aber schon, Herr Althaus, mit Stärkung des Bürgerengagements hausieren gehen, ist die in Ihrem Papier angekündigte Stärkung der Öffentlichkeit des Parlaments und die Umsetzung dieses Antrags ebenso eine Mogelpackung wie das die Vorschläge zum Volksbegehren sind, die sich ja im selben Papier auffinden. Man muss ja nur ab und zu mal, Herr Althaus, der Stimmung unter den Bürgerinnen und Bürgern ein paar Appetithappen hinwerfen. Vor allem kann Öffentlichkeit dann nicht schaden, so meinen Sie als CDU offensichtlich, wenn Sie bei Beratungsgegenständen hergestellt werden soll, für die es zum einen vorherige Möglichkeiten der öffentlichen Debatte gibt oder zum anderen, wenn es zwar um eine Vorabüberweisung geht, es sich
aber um eine bloße Unterrichtung der Präsidentin handelt. Es sind also Dinge, die meist politisch harmlos sind.
Ähnlich sieht es bei der öffentlichen Beratung von Lehrplanfragen aus oder auch in der Frage der Gemeinschaftsaufgaben. Öffentlichkeit einfach da, wo es nicht wehtut, wo Betroffene sowieso schon einbezogen sind. Ich denke da an die Lehrplankommission, die es gibt. Aber in dem Zusammenhang frage ich Sie: Wieso tut es Ihnen weh, wenn z. B. eine Diskussion zur Novellierung eines Schulgesetzes öffentlich im Ausschuss beraten werden kann?
Das verstehe ich nicht. Da wollen Sie nämlich die Öffentlichkeit nicht mehr haben. Die Bürgerinnen und Bürger erfahren hier nur das zusammengefasste Ergebnis der Fraktionen, aber nicht, wie man im Ausschuss zu einer Vorlage oder einer Beschlussempfehlung kommt. Und ich glaube, das interessiert die Bürgerinnen und Bürger mehr als pure Unterrichtungen von der Frau Präsidentin.
Und, meine Damen und Herren, das, was Sie wollen zu der Öffentlichkeit der Ausschüsse, zu den Inhalten, das sind meist Fälle, in denen die Landesregierung die öffentliche Sitzung der Ausschüsse sozusagen als Werbeplattform nutzen will. In den meisten Punkten, die Sie nämlich in § 78 angesprochen haben, spielt die Landesregierung die entscheidende Rolle und eben nicht das Parlament oder die Bürgerinnen und Bürger. Wollte man aus meiner Sicht aber wirklich das Parlament und seine demokratische Öffentlichkeitsfunktion stärken, so müsste man konsequenterweise alle Beratungen zu Selbstbefassungsangelegenheiten, aber auch zu allen Vorabüberweisungen, öffentlich machen, denn in der Vergangenheit, meine Damen und Herren, das wissen Sie selbst, haben sich gerade die Selbstbefassungsangelegenheiten als politisch brisant erwiesen. Aber da wollen Sie schon keine Öffentlichkeit mehr haben. Und bei Anhörungen - das finde ich schon etwas witzig -, also der Änderung des § 79, bauen Sie mit Blick auf unliebsame Themen einfach die Bremse der Zweidrittelmehrheit ein, die in den Sechser-Ausschüssen, die es im Landtag auch gibt, problemlos durch die Mehrheitsfraktion angewendet werden kann. So weit haben Sie vielleicht nicht gedacht, sagen Sie. Dann denken Sie jetzt mal darüber nach. Denn wenn es thematisch für Sie politisch heiß wird, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, dann kommt immer die Notbremse, dass die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird. Und wenn man vielleicht nicht vorher gleich abblockt, indem man sagt, eine Anhörung wird gar nicht erst zugelassen, wie wir es in vielen Beispielen haben - ich sage noch mal das unglückliche Beispiel zum Gesetz des Bürgerbeauftragten, dass man sagt, man macht nur eine
schriftliche Anhörung -, dann hat man gleich die Öffentlichkeit außen vor. Da wäre ein Punkt, wo man ansetzen sollte, die Geschäftsordnung zu ändern, Anhörungen grundsätzlich nicht schriftlich, aber öffentlich.
Wenn es Ihnen so wichtig wäre mit dem gläsernen Parlament, meine Damen und Herren der CDU, warum sind Sie dann nicht auf unsere Vorschläge, die wir vor einem halben Jahr zu Ihrem Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung gemacht haben, eingegangen? Warum haben Sie einfach diese in blinder Wut auf das falsche Etikett niedergestimmt? Sie waren es doch selbst, meine Damen und Herren, die noch vor nicht einmal einem halben Jahr die Geschäftsordnung in den Punkten der Öffentlichkeit und demokratischen Kontrolle deformiert haben. Sie haben sie nämlich mit Ihren Anträgen vor einem halben Jahr verschlechtert.
Ich möchte Sie noch einmal erinnern, dass unser Antrag, den wir damals zu Ihrem Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung eingereicht haben, selbst ein Kompromiss war. Wir wissen natürlich auch, dass es AusschussSitzungen z. B. im Petitionsausschuss gibt, die gar nicht öffentlich sein können, damit nicht Angelegenheiten von Dritten dort in die Öffentlichkeit kommen, wo es nicht sein darf. Aber zu Selbstbefassungsanträgen anderer Art, zu Gesetzentwürfen und Anträgen des Landtags kann es durchaus öffentlich sein. Ich freue mich natürlich, dass Herr Mohring vor vielleicht zehn Minuten diesen Saal wieder betreten hat, denn er hat ja mit der Änderung der Geschäftsordnung vor einem halben Jahr selbst in den Medien den Vorschlag unterbreitet, alle Ausschuss-Sitzungen grundsätzlich öffentlich abzuhalten, so, wie es im Übrigen seit Jahrzehnten in Bayern ist. Sie schreien immer: Bayern, Bayern. Heute hat das Herr Kretschmer in Sachen Wirtschaftspolitik auch wieder gemacht. Und da muss ich sagen, schauen Sie doch auch mal in diesem Punkt nach Bayern.
Sie wissen, meine Damen und Herren, dass Sie für die öffentliche Sitzung der Beratungen von allen Ausschüssen die Verfassung ändern müssen, aber Sie wissen auch, dass Sie das natürlich mit Zweidrittelmehrheit können. Unsere Stimmen haben Sie. Wir könnten mit Zweidrittelmehrheit in dieser Frage die Verfassung ändern. Dann reichen Sie doch solch einen Antrag ein. Und wenn dieser nicht kommt, Herr Mohring, Sie wissen vielleicht auch, ich hoffe es zumindest, dass Sie einen Antrag einreichen können mit zehn Unterschriften von Abgeordneten. Wenn Sie in Ihrer Fraktion keine neun anderen Abgeordneten finden, dann können Sie sich auch mal an meine Fraktion wenden. Ich kann Ihnen ganz sicher zusagen, dass neun Abgeordnete solch einen Antrag unterstützen würden.
Ich frage Sie also, meine Damen und Herren der Mehrheitsfraktion: Wie ernst ist es Ihnen eigentlich mit der Bürgerbeteiligung? Nicht nur die Vorschläge zum Volks
begehren sind eine Verhöhnung des eigentlichen Anliegens. Auch hier in Sachen der Geschäftsordnung bieten Sie üble Sachen an.
Aber wir wollen auch, dass es an den Ausschuss überwiesen wird. Ich werde Sie daran messen, wie ernst es Ihnen wirklich mit der Öffentlichkeit in den Ausschüssen ist und wir werden natürlich wieder Änderungsanträge einreichen und wir werden öffentlich machen, wie Sie dann dazu stehen und abstimmen. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, lassen Sie mich für die Landesregierung zum CDU-Antrag in Drucksache 3/1843 Stellung nehmen.
Mit der vorliegenden Initiative nimmt die CDU-Fraktion den Wunsch der Bürgerinnen und Bürger in Thüringen nach mehr Mitwirkung in der Politik auf Landesebene und auf kommunaler Ebene auf. Sie macht damit das wahr, was sie immer gesagt hat. Die CDU hat stets betont, nicht nur das Volksbegehren "Mehr Demokratie in Thüringen" aus verfassungsrechtlichen Gründen abzulehnen, sondern auch ein umfassendes, breit gefächertes Bündel von Vorschlägen zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements in Thüringen vorzulegen. Dies geschieht nun, nachdem der Thüringer Verfassungsgerichtshof sein Urteil zu dem bereits erwähnten Volksbegehren gesprochen und damit Klarheit geschaffen hat.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle kurz etwas zu diesem Urteil sagen. Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat mit der klaren Mehrheit von 8:1 Richtern das Volksbegehren in allen seinen Kernpunkten als nicht mit der Verfassung übereinstimmend angesehen. Ich denke, schon allein diese klare Entscheidung muss doch zu denken geben, wenn dann in der vorgenommenen Weise Urteilsschelte geübt wird. Sportlich würde man sagen: Schlechte Verlierer, Schiedsrichter war schuld.
Lieber Herr Gentzel, ich freue mich, dass Sie da sind, denn Sie sind auch der Erste, den ich ansprechen wollte.
Herr Gentzel, Sie haben gestern - es ist wirklich nicht das Gravierendste, aber ich möchte es erwähnen -, Herr Gentzel hat gestern gesagt, er sei erschrocken von dem konservativen Auftreten des Thüringer Verfassungsgerichtshofs. Ich finde, Herr Gentzel, das tut man nicht.
Im Übrigen ist es ja auch inhaltlich nicht richtig, wie es das klare Verhältnis von 8:1 meines Erachtens doch sehr überzeugend dokumentiert. Aber was heute hier geschehen ist vom Vertreter der PDS, von Herrn Dr. Hahnemann, das geht meines Erachtens noch erheblich über das hinaus, denn es ist eine Linie, die auch zeigt, dass hier aus ideologischer Überzeugung der Verfassungsgerichtshof angegangen wird, wenn hier von einer konservativen Rechtssetzungslinie wiederholt die Rede ist und wenn es eben in Ihren Ausführungen geheißen hat, die Verfassungsrichter hätten ein idealisierendes Bild von Abgeordneten gesehen, dann sind Sie nicht bereit, dem Verfassungsgerichtshof zuzugestehen, dass er das tun muss, was ihm die Verfassung aufgegeben hat, nämlich das Bild vom Abgeordneten zu zeichnen, was die Verfassung sieht. Das ist unser Abgeordneter, so, wie er ausgestattet ist als jemand, der hier die parlamentarische Demokratie repräsentiert. Und ich finde, eine solche Kritik und eine solche Schelte ist völlig unangemessen und zeigt auch, dass Sie sich doch im Wesentlichen damit auch den Blick verstellen, um im Unterschied zur SPD, das muss ich an dieser Stelle sagen, aus dem Urteil heraus die Folgerungen zu ziehen, die notwendig sind. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Landesregierung haben sich bestätigt. Mit der gerade von der Opposition in diesem Hause so sehr gescholtenen Anrufung des Thüringer Verfassungsgerichtshofs ist die Landesregierung mithin nicht nur ihrer verfassungsmäßigen Pflicht aus Artikel 82 Abs. 5 der Thüringer Verfassung nachgekommen, sondern hat auch die Voraussetzungen für einen Richterspruch geschaffen, der nun zum einen verhindert, dass ein mit der Verfassung nicht übereinstimmender Gesetzentwurf zum Volksentscheid gestellt wird und zum anderen auch weiter gehende Rechtsklarheit und Rechtssicherheit in Fragen der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit plebiszitärer Elemente in Thüringen schafft. Die Landesregierung wird dem Anliegen der CDU-Fraktion entsprechen. Herr Abgeordneter Schemmel, das wird Sie nicht wundern und sie wird die Inhalte aufgreifen. Und wenn Sie meinen, Birkmann habe keine Mehrheit im Hause, das hoffe ich aber sehr, ich bin davon überzeugt, dass wir die Mehrheit haben.
Eine andere Frage ist natürlich die Zweidrittelmehrheit und die wollen wir ja versuchen gemeinsam zu erringen. Ich denke, das Gesetzgebungsverfahren wird hinreichend
Gelegenheit geben, die einzelnen Punkte zu diskutieren. Übrigens schließt das an Gespräche an, die bereits in der Vergangenheit im Rahmen des gescheiterten Volksbegehrens mit dessen Vertretern sowohl von der Fraktion wie auch von der Regierung geführt worden sind. Ich denke, jetzt ist die Angelegenheit dort, wo sie hingehört - im parlamentarischen Verfahren. Dabei sind wir offen für Anregungen und Änderungsvorschläge. Diese Anregungen und Änderungsvorschläge müssen sich jedoch verfassungsrechtlich in dem verfassungsrechtlich zulässigen Rahmen halten, insoweit hat das Urteil klare Grenzen gesetzt und sie müssen verfassungspolitisch sinnvoll sein. Über beides muss geredet werden. Vor diesem Hintergrund erscheint, Herr Abgeordneter Dr. Hahnemann, PDS und auch SPD, mir der gestern vor der Presse gemachte Vorschlag nicht bedenkenfrei. Und ich meine auch, dass es in der Tat gut wäre, Herr Dr. Hahnemann, wenn Sie statt Urteilsschelte zu üben, das Urteil genauer lesen und dann austarieren würden, was das Urteil hergibt, um auf dem Boden der Verfassung die möglichen Lösungen zu sehen.
Lassen Sie mich kurz einige Aspekte zum CDU-Antrag vortragen. Es kann nicht nur um Änderungen der Bestimmungen zu Volksbegehren und Volksentscheid, also um die plebiszitären Elemente im Gesetzgebungsverfahren, gehen. Die Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements in Thüringen muss vielmehr breiter angelegt werden, das heißt, dass die Bestimmungen zum Bürgerantrag und Bürgerbegehren bürgerfreundlicher in dem Sinne werden sollen, dass die entsprechenden Quoren gesenkt werden und beim Bürgerantrag auf Landesebene die so genannte Flächenklausel entfällt. Und das heißt vor allem, der Abgeordnete Fraktionsvorsitzende Althaus hat darauf hingewiesen, das ehrenamtliche Engagement umfassend zu unterstützen und zu fördern. Insoweit hat die Landesregierung ein ganzes Maß an Bündeln in Angriff genommen. An dieser Stelle möchte ich u.a. hinweisen auf die vorgesehene Errichtung einer Ehrenamtsstiftung, die Einführung einer Freistellungsregelung für Inhaber der Jugendleitercard, die Evaluierung und Fortschreibung der bisherigen Fördermaßnahmen auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Studie zur Situation ehrenamtlich Tätiger in Thüringen, die Durchführung von Ehrenamtskonferenzen und die Einführung eines Förderpreises "Ehrenamt".
Zweitens: Das Unterstützungsforum wird von 14 auf 10 Prozent der Stimmberechtigten gesenkt. Hierdurch wird das Zustandekommen eines Volksbegehrens deutlich erleichtert. Für Bürgerbegehren, Bürgerantrag und Volksbegehren wird eine amtliche Unterschriftensammlung eingeführt, das heißt, statt der bisherigen Unterschriftensammlung auf Straßen und Plätzen oder beim Bürger zu Hause wird die Unterschriftensammlung in Amtsräumen durchgeführt. Ich weiß, zu diesem Punkt hat es von Seiten der Opposition bereits heftige Kritik gegeben und auch heute ist sie wieder geäußert worden. Ich meine aber, diese Kritik ist nicht berechtigt, und zwar aus folgenden
Gründen: Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat in seinem Urteil zum Volksbegehren deutliche Bedenken hinsichtlich einer freien Sammlung geäußert. Auf Seite 43 des Urteils heißt es - und ich darf mit Zustimmung der Frau Präsidentin zitieren: "Das Verfahren der freien Stimmabgabe erzeugt auch deswegen in seiner Hinweiskraft auf den wirklichen Unterstützungswillen zweifelhafte Erklärungen, weil die Möglichkeit der Unterschriftensammlung an beliebigem Ort die Abstimmungsfreiheit der Bürger beeinträchtigen kann." Im Folgenden erläutert dann der Verfassungsgerichtshof die Gefahr, dass Bürger auf der Straße, bei Versammlungen oder im privaten Bereich zur Unterschrift gedrängt oder sogar unter Druck gesetzt werden. Hinsichtlich der bei einer amtlichen Sammlung geleisteten Unterstützungsunterschriften führt er hingegen, ebenfalls auf Seite 43 des Urteils, aus - ich darf noch einmal zitieren: "..., dass das Verfahren der amtlichen Sammlung die Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft dieser Erklärung und damit deren legitimationsvermittelnde Eignung verstärkt." Neben diesem vom Thüringer Verfassungsgerichtshof hervorgehobenen Aspekt, dass die amtliche Sammlung die Wahlfreiheit besser gewährleistet, sprechen drei weitere Gründe für eine amtliche Sammlung. Kleinere Initiativen ohne flächendeckende Organisationsstruktur haben deutlich größere Chancen das erforderliche Unterstützungsquorum zu erreichen als bei freier Sammlung. Die amtliche Sammlung ist bereits Rechtslage in 12 von 16 Bundesländern. Die Gründe für die bisherige Regelung der freien Sammlung in Thüringen sind weggefallen, Maßgebend war seinerzeit, dass die Verwaltungen noch im Aufbau waren und nach den Erfahrungen zu DDRZeiten ein verbreitetes Misstrauen gegenüber Behörden bestand. Beides hat im Jahre 12 der deutschen Einheit nicht mehr die Bedeutung.
Und noch ein Weiteres ist kurz anzusprechen: Das Verfahren zur verfassungsgerichtlichen Kontrolle eines Volksbegehrens muss geändert werden. Wie das konkret aussehen soll, wird man noch diskutieren müssen. In jedem Fall muss die verfassungsgerichtliche Überprüfung eines Volksbegehrens auf seine inhaltliche Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht, insbesondere mit der Thüringer Verfassung, zu einem früheren Zeitpunkt erfolgen, nämlich vor der Sammlung der Unterschriften. Damit wird verhindert, dass, wie im vorliegenden Fall geschehen, mit erheblichem Aufwand ein Volksbegehren betrieben wird, vielleicht hunderttausende Bürger ihre Unterschriften leisten und erst danach die Unzulässigkeit des Volksbegehrens festgestellt wird. Außerdem wird der Zeitdruck für die gerichtliche Entscheidung wie für die parlamentarische Behandlung des Volksbegehrens verringert.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch einmal die Bereitschaft betonen, im Zuge des nun bevorstehenden Gesetzgebungsvorhabens über alle Punkte zu sprechen. Wir sind bereit für einen vernünftigen Konsens, der es ermöglicht, das bürgerliche Engagement zu stärken. Die CDU und die von ihr getragene Landesre
gierung jedenfalls nehmen die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes ernst, allerdings wollen wir eine Regelung unter Wahrung des Vorrangs der parlamentarischen Demokratie. Danke schön.
Weitere Redemeldungen liegen mir nicht vor, ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Antrag der CDU-Fraktion in Drucksache 3/1843. Für diesen Antrag ist keine Ausschussüberweisung beantragt worden, so dass wir über den Antrag unmittelbar abstimmen werden. Wer für diesen Antrag votieren will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Dieser Antrag ist mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen zum Antrag der CDU-Fraktion in Drucksache 3/1861. Für diesen Antrag wurde die Überweisung an den Justizausschuss beantragt. Wer... Sie wissen doch eigentlich noch gar nicht, was ich fragen will.
Melden sich schon im vorauseilenden Gehorsam. Wer für die Überweisung dieses Antrags an den Justizausschuss stimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Das sieht aus wie einmütig. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Ja, der Antrag auf Überweisung wurde einstimmig angenommen. Ich schließe die beiden Tagesordnungspunkte 11 a und b.
Sonderinvestitionsprogramm "Kommunale Infrastruktur 2002" Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1848
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Thüringer Ministerpräsident hat für die neuen Bundesländer ein Investitionsprogramm von 40 Mrd. DM gefordert. Die Ernsthaftigkeit dieser Forderung kann Herr Vogel dadurch unter Beweis stellen, indem er das vorgeschlagene Sonderinvestitionsprogramm "Kommunale Infrastruktur 2002" unterstützt. Hier geht es vergleichsweise um viel geringere Beiträge, nämlich um nur 80 Mio. DM. Meine Damen und Herren, unbestritten besteht in den Thüringer Kommunen noch ein erheblicher Investitionsbedarf zum weiteren Abbau der kommunalen Infrastruktur. Die kommunalen Investitionen in Thüringen haben sich seit 1993 im erheblichen Umfang reduziert. Während 1993
durch die Thüringer Kommunen noch rund 3 Mrd. DM an Bauinvestitionen getätigt wurden, sind es gegenwärtig nur noch 1,8 Mrd. DM. Konnte in den 90er-Jahren der Investitionsstau spürbar abgebaut werden, erhöht er sich zwischenzeitlich wieder. Selbst bei der Werterhaltung können die Kommunen nicht mehr im erforderlichen Umfang ihre Aufgaben wahrnehmen. Die geringe kommunale Investitionstätigkeit wirkt sich auch negativ auf die Wirtschaftsentwicklung und die Entwicklung des Arbeitsmarkts aus. Hauptursache für diese Entwicklung ist die unzureichende Finanzkraft der Thüringer Kommunen. Die Thüringer Kommunen haben mit rund 500 DM pro Einwohner die geringste kommunale Steuerkraft aller 13 Flächenbundesländer. Die Thüringer Kommunen sind deshalb in besonderem Maße auf einen fairen und kalkulierbaren Kommunalen Finanzausgleich des Landes angewiesen. Mit dem Doppelhaushalt 2001/2002 hat das Land seine Kommunen in unangemessener Art und Weise an den Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen beteiligt. Ich erinnere Sie daran, während die Landesausgaben insgesamt um nur 1 Prozent zurückgingen, wurden die Zuweisungen an die Kommunen um 3,5 Prozent gekürzt. Wenn die Kommunen nur in gleicher Weise von den Kürzungen betroffen gewesen wären wie das Land, dann hätten sie in diesem Jahr rund 80 Mio. DM mehr Landeszuweisungen erhalten müssen. Diese Größenordnung hat die PDS-Fraktion aufgegriffen und schlägt für 2002 ein Sonderinvestitionsprogramm für die Thüringer Kommunen vor. Die PDS-Fraktion fordert mit diesem Programm nur die Rücknahme der unverhältnismäßig vorgenommenen Kürzung bei den kommunalen Finanzzuweisungen.