europapolitischen Fragen heute reden - Punkt 23 der Großen Anfrage, verehrte Kollegin Thierbach, bitte zuhören -, statt - Sie sind ja nicht im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten - Herrn Hahnemann, der ja Ihre Partei pausenlos vertritt, er ist ja offensichtlich nicht zu Wort gekommen, er würde vielleicht manche Sache etwas anders beleuchten.
Die Landesregierung Thüringens, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat mit ihrer dem Parlament hier vorgelegten Antwort umfassend, ausführlich und, ich denke, wirklich auch ein ausgezeichnetes Ergebnis ihrer Arbeit vorgelegt, denn alle Häuser, die in diese Anfrage einbezogen worden sind, von Wirtschaft über Justiz über Soziales, Sie können es im Detail nachlesen, haben hier mehrheitlich über ihre Aktivitäten berichtet. Wir können es in dem Ausschuss, wir können es in der Öffentlichkeit, wir können es vor den Bürgern verwenden. Das ist doch genau der Punkt, den wir brauchen. Wenn man in den Saal schaut, er ist ja jetzt relativ gefüllt, gestern haben wir vehement über die Bedeutung des Ausschusses der Regionen gestritten, da hat der Kollege Otto Kretschmer hier eine heiße Rede gehalten. Ich habe ihn heute zu Europa hier nicht gesehen. Ich weiß nicht, vielleicht hat er sich schon verabschiedet ins Wochenende. Vielleicht ist das auch ein Zeichen dafür, wie ernst wir die ganze Debatte nehmen. Und wenn ich sehe, der Minister, der eindrucksvoll hier noch mal im Detail nachgewiesen hat, was
hier die Landesregierung tut, der dann auch vor leeren Rängen spricht, das zeigt mir schon, wie weit auch Ihr Verständnis zu Europa geht.
Wissen Sie, Herr Gerstenberger, Sie sind ja einer der Europaexperten in Bezug auf Arbeitsmarktpolitik, das haben wir ja heute wieder am Informationssystem der Arbeitsmarktpolitik deutlich vorgeführt bekommen, wie Sie Ihre Fragen zum ESF, einer der drei Strukturfonds deutlich gestellt haben. Ich beglückwünsche Sie außerordentlich, dass Sie auch sehr aufmerksam der Europapolitik zuhören können. Natürlich ist doch klar, dass der Dreh- und Angelpunkt dieser politischen Debatte die anstehende Erweiterung bleibt, Herr Kollege Koch. Das ist der Punkt, der für uns und auch in Erwartung der Länder der Beitrittskandidaten von enormer Bedeutung ist. Viele von uns waren in Litauen dabei, in einem Freundeskreis, viele Kollegen sind in anderen Beitrittsländern aktiv vor Ort. Man hört und spürt doch die Forderungen an uns, die gerade diese Länder bezüglich ihrer Fragen zur Erweiterung an uns stellen, die Unterstützung brauchen, die Hilfe von uns erwarten. Da wird man sich sicher auch an die bisher nicht so gängige Form oder Formulierung von "Ostmittel- und Südosteuropa", statt der bisher geläufigen Form "MOEStaaten" in der Großen Anfrage gewöhnen. Ich gebe zu, das war eine kleine Umstellung, meine Damen und Herren, und vergessen Sie es nicht, durch politischen Willen ist Europa Jahrzehnte getrennt gewesen und politischer Wille trägt jetzt auch Verantwortung dafür, dass Europa wieder in Frieden, Freiheit und Demokratie zusammengeführt wird.
Wir brauchen ein erweitertes Europa, auch angesichts einer Wertegemeinschaft. Wir haben heute Morgen aufgrund dieser Ereignisse vom 11. September, denke ich, mehr denn je gespürt, wie wichtig eine gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Wirtschaftspolitik in einem geeinten Europa ist.
Die Große Anfrage der CDU-Fraktion zu den anstehenden europapolitischen Aufgaben bezweckt eben gerade, den Landtag umfassend, detailliert zu informieren und auch unsere gestalterischen Möglichkeiten als Parlamentarier, wie wir daran beteiligt werden, aufzuzeigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, sie gibt schon einen klaren Ausblick auf die Auswirkungen der Osterweiterung, auf die Handlungsschwerpunkte für die künftige, auch im Post-Nizza-Prozess zu erwartende Diskussion der Transparenz, der Subsidiarität, natürlich auch der Kompetenzabgrenzung.
Es geht auch für unseren Freistaat Thüringen um sehr viel. Wir werden von den großen Chancen dieses Erweiterungsprozesses profitieren, denn wir rücken aus der Mitte Deutschlands in das Zentrum einer erweiterten Europäischen Union. Selbstverständlich ist auch, dass der Freistaat keine direkten Grenzen zu den Beitrittsländern hat, aber wir befinden uns doch durch die Landkreise Greiz und Saale-Orla-Kreis ungefähr 30 Kilometer von der deutschtschechischen Grenze entfernt. Im Rahmen dieser Gemeinschaftsinitiative "INTERREG III A" laufen ja während dieses Zeitraums 2000 bis 2006 grenzübergreifende Programme, die sich aber auch in dem unmittelbaren Grenzgebiet, also in dem grenznahen Raum nach NUTSIII-Ebene für uns Thüringer dahin ausdehnen werden. Deshalb gehören auch diese beiden Landkreise im Rahmen dieser INTERREG-III-Förderkulisse zu dem aktuellen Programm der tschechisch-sächsischen Grenze. Und es heißt eindeutig, Thüringen ist in diesem Programm mit finanziellen Mitteln enthalten. Die Kommission hat im Juli dieses Jahres ja im Rahmen ihres Aktionsplans zur Gemeinschaftsaktion der Grenzregionen Maßnahmen vorgestellt, die gerade diese Grenzregion in Bezug auf Wettbewerbsfähigkeit zur Osterweiterung unterstützen sollen. Sie hat natürlich betont, dass die bessere Koordinierung der vorhandenen Förderinstrumente in den Grenzregionen eine besondere Rolle spielen soll. Was heißt das im Klartext? Es gibt nicht mehr Geld, denn genau das ist der Punkt, wo die Länder zum Beispiel über den Bundesrat und auch Teile von Landesparlamenten eine klare Forderung aufgemacht haben, hier nicht aufgrund der Verschiebung von bestehenden Förderprogrammen den Prozess der Grenzerweiterung genau auf dem finanziellen Level halten zu müssen, nicht ausreichend ist, sondern es muss eine Mittelaufstockung in diesem Prozess geben. Deshalb finde ich es an dieser Stelle umso wichtiger, darauf hinzuweisen, dass hier natürlich auch die Bundesregierung ein Stück in Verantwortung steht, dass sie sich bei der Behandlung im Rat über die Auswirkungen der Erweiterung für die Beitrittsländer in den grenznahen und angrenzenden Regionen natürlich substanziell entschieden für Nachbesserungen einsetzt.
Wir können die Osterweiterung natürlich auch als JobMotor nutzen. So, wie die Situation der deutschen Wiedervereinigung mit dem Wiederaufbau und den notwendigen erforderlichen Investitionen eine Chance damals für die Wirtschaft in den alten Bundesländern war, so können wir die Erweiterung der EU mit dem Wiederbau und dem investiven Nachholbedarf in den Beitrittsländern auch als Chance für die Thüringer Wirtschaft betrachten. Wir
können durchaus flexibel auf die vorhandenen Möglichkeiten reagieren. Wir haben einen Vorlauf, den wir nutzen können und uns auf den Erweiterungsprozess auch entsprechend einstellen.
Die Osterweiterung ist kein Nullsummenspiel, meine sehr geehrten Damen und Herren, in dem nur der eine gewinnt, wenn der andere etwas verliert. Seit Bestehen des gemeinsamen Binnenmarkts gibt es den gemeinschaftlichen Besitzstand, auch Acquis communitaire genannt. Der umfasst heute ca. 20.000 Rechtsakte. Der macht es den Beitrittskandidaten schwer genug, sie so anzunehmen und, was für die Rechtssicherheit noch viel wichtiger ist, sie natürlich auch anzuwenden. Hier fehlt es den Kandidatenländern noch an entsprechend ausgebildetem Personal. Ich denke, wer die Große Anfrage aufmerksam gelesen hat, wird erkennen, wir haben im Bereich der Justiz, wir haben in anderen Bereichen über Verwaltungshilfe wichtige entscheidende Schritte von Thüringen aus gesetzt.
Der Europäische Rat von Nizza - weil das vorhin auch noch mal angesprochen worden ist - hat im Dezember letzten Jahres Instrumente zur Dynamisierung gerade dieses Verhandlungsprozesses beschlossen. Er hat sich für die Nutzung des Instruments des Teilabschlusses und auch die Billigung von unproblematischen Anträgen auf Übergangsfristen seitens der Beitrittsländer ausgesprochen. Es ist doch völlig klar, ein harmonisches Zusammenwachsen eines Gebiets, das durch solche enorm großen Unterschiede hinsichtlich des wirtschaftlichen Wohlstands und auch der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung geprägt ist, setzt im beiderseitigen Einvernehmen, im beiderseitigen Interesse in bestimmten Bereichen flexible Übergangslösungen voraus. Ich will nur Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Dienstleistungsbereich, Landwirtschaft, Verkehr, Transport an dieser Stelle nennen. Wer sich über den aktuellen Stand gerade dieser einzelnen Verhandlungen zu den Kapiteln und zu den Übergangsfristen informieren will, so verweise ich hier noch mal auf die Anlagen 2 und 3 unserer Großen Anfrage, wo man das sehr genau nachvollziehen kann. Über die konsequente Abarbeitung, gerade in Bezug der einzelnen Kapitel, haben wir letztendlich auch in Litauen gemerkt, wie intensiv dort in dem Parlament gerungen wird, um genau hier auch zu dem entscheidenden Zeitpunkt die Chance zu haben, bei der Erweiterung dabei zu sein.
Der Gipfel von Nizza von Dezember 2000 wurde von mir damals schon als enttäuschend eingeschätzt. Ich habe das auch öffentlich artikuliert, weil viele anstehenden Probleme nicht zufrieden stellend gelöst werden konnten. Wir haben das heute schon gehört: Osterweiterung, institutionelle Reformen und Kompetenzabgrenzung. Die Folge genau dieses Prozesses war ja dann, dass man ganz schnell - was man jetzt natürlich als Erfolg auch werten kann den Auftrag an die Regierungskonferenz 2004 erteilt hat, nämlich die Abgrenzung der Kompetenzen zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten eindeutig
vorzunehmen. Europäisierung und Regionalisierung bedingen sich gegenseitig und die Region ist schon für den einzelnen Bürger identitätsstiftend. Entscheidungen sollen natürlich wo immer möglich vor Ort und damit bürgernah getroffen werden. Regionen dürfen nicht zu bloßen Vollzugsorganen von Brüssel werden und eine zunehmende Kompetenzanmaßung der europäischen Ebene hinnehmen. Ich darf vielleicht an der Stelle auch noch einmal daran erinnern, die Kompetenzanmaßung, die damals ihren unrühmlichen Höhepunkt in den Sanktionen gegenüber Österreich gefunden hatte, kann nicht der Weg in die Zukunft Europas sein.
Wir haben von Herrn Minister die Zahlen gehört, gut 40 Prozent der Menschen, die einer Mitgliedschaft Deutschlands in der Europäischen Union eine positive Gegenüberstellung abbringen können, das heißt im Umkehrschluss: 60 Prozent auf dem Weg haben wir noch nicht mitgenommen. Diese Menschen haben wir noch nicht erreicht und an der Stelle, glaube ich, sind wir in Verantwortung. Hier muss der Hebel angesetzt werden, hier muss natürlich genau durch Öffentlichkeitsarbeit, durch genau diese Maßnahmen, die auch in unserem Antrag stehen, versucht werden, diesen doch sehr hohen Prozentsatz der Menschen und Bürger für die Europäische Union zu gewinnen. Wie schwierig das wird, das ist auch klar. Die Tatsache, dass der Vertrag von Nizza schon die erste Hürde überhaupt, den Volksentscheid in Irland nicht genommen hat, die dokumentiert ja deutlich, wie die Bürger auf solch ein Referendum antworten und, ich glaube schon, dass man hier auch gerade substanzielle Zuständigkeiten der Länder und Regionen gewährleisten muss, wenn man sie in dieses Boot bekommen will.
Die Landesregierung sagt Ja zu einem europäischen Verfassungsvertrag zur Begrenzung der Kompetenzen. Nur mit einer klaren Zuständigkeitsregelung wird auch eine schleichende Kompetenzausweitung verhindert.
Ich will jetzt nicht noch einmal auf die Kopenhagener Kriterien eingehen, die kennt jeder hier im Raum, aber die Kommission wird ihre kontinuierlichen Fortschrittsberichte zu den Beitrittsländern abgeben. Im nächsten Monat wird wieder einer vorliegen und, ich denke schon, man darf sehr gespannt darauf sein, wo gerade die Entwicklung in diesen Ländern hingegangen ist. Dieser Diskussionsprozess ist im vollen Gange und, ich denke, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Strukturpolitik, die Bestandteil der Koalitionspolitik ist, die Herr Minister Gnauck vorhin ausführlich angesprochen hat, sie ist ein wesentlicher Bestandteil in der Zukunft, vor allen Dingen auch für uns in Thüringen. Das bedeutet natürlich schon vor dem Hintergrund dieser Entwicklung, dieser Erweiterung, dass eine Neuordnung von Struktur- und Regionalpolitik vonstatten gehen muss. Hier ist natürlich auch
verfassungsmäßig die Bundesregierung aufgefordert, in einen konstruktiven Dialog mit den Ländern einzutreten, um möglichst kurzfristig eine gemeinsame Position der Mitgliedstaaten Deutschlands zu entwickeln. Klar ist auch, dass in den Beitrittsländern der Nachholbedarf in wirtschaftlichen und strukturellen Bereichen sehr groß ist. Wir haben es, wie bereits vorhin erwähnt, uns vor Ort selbst anschauen können. Aber das darf nicht bedeuten, dass die Ziel-1-Regionen nach 2006 schlechter gestellt werden als vergleichbare Regionen. Dafür sind Übergangsregelungen und langfristige Auslaufmodelle anzunehmen. Wer sich mal das Bruttoinlandsprodukt der Beitrittsländer anschaut, der weiß schon und kann schon erahnen, wohin der europäische Durchschnittswert sich bewegen wird. Wie in Punkt 36 der Großen Anfrage festgestellt wird, wird natürlich Thüringen nach diesem Prozess weiterhin zu Entwicklungsproblemregionen gehören. Das Ergebnis der Halbzeitbewertung, der Strukturfondszeitraum von 2000 bis 2006 wird im Jahr 2003 ganz konkret benannt werden und danach, denke ich, muss man sich schon darüber unterhalten, welche konkrete inhaltliche Ausgestaltung die Förderung Thüringens für den Zeitraum ab 2007 dann annehmen muss. Denn eins ist sicher, angesichts des unumkehrbaren europäischen Integrationsprozesses müssen alle Anstrengungen unternommen werden, ich habe es bereits erwähnt, um auch vor allen Dingen die Bürger mitzunehmen, die Öffentlichkeit mitzunehmen. Wir müssen dringender denn je an diesem Prozess alle miteinander, meine Damen und Herren, wie wir hier sitzen und vor allen Dingen auch draußen in der Öffentlichkeit, sehen, wie kann diesem Thema Europa, wie kann diesem Beitrittsvereinigungsprozess Europas auch ein Stück Angst genommen werden. Herr Koch, ich sehe das also gar nicht so wie Sie mit unserem Antrag, denn der Hintergrund unseres Antrages ist ja genau der, dass wir über diesen Prozess auch die Möglichkeit erhalten, in Form der Ergebnisse der Großen Anfrage auch in unserem Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten genau diesen Prozess weiterzuführen und ihn thematisch behandeln zu können.
Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, stelle ich hier den Antrag, die Drucksache 3/1878 der CDUFraktion, "Thüringen - eine bürgernahe Region im Zentrum einer erweiterten Europäischen Union" an den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten zu überweisen. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir teilen insgesamt, um das vorauszuschicken, die
generelle grundsätzliche Bewertung der - ich betone das mal an dieser Stelle - so genannten Osterweiterung, so wie sie uns auch in der Beantwortung dieser Großen Anfrage durch die Landesregierung eingeschätzt wurde. Das wird auch niemanden verwundern, es hat seit Jahrzehnten zwischen den Verantwortung tragenden Parteien in Deutschland immer einen großen grundsätzlichen Konsens hinsichtlich des europäischen Einigungsprozesses gegeben, insofern ist von unserer Seite heute hier auch nichts Unberechenbares oder grundsätzlich anderes zu erwarten.
Dieses ist aber kein Nachteil, sondern dieses ist ein Vorteil auch angesichts dessen, so verstehe ich auch meinen Vorredner, dass wir im Unterschied zur Zeit von vor drei, vier oder zehn Jahren in der bundespolitischen Verantwortung gewechselt haben, wie es eben in Demokratien immer wieder vorkommt. So ein Schicksal erleidet uns ja in Deutschland nicht alleine, das ist ja, Gott sei Dank, auch woanders immer wieder aufgetreten.
Ich möchte nur, weil ich diese so genannte Osterweiterung genannt habe, und das ist ja das Hauptthema der Anfrage und auch des Hauptumfangs der Antworten, die die Landesregierung gegeben hat oder versucht hat zu geben, eine Vorbemerkung machen, meine Damen und Herren. Wir werden jetzt, auch ich werde jetzt immer wieder den Begriff "Osterweiterung" verwenden. Ich möchte nur eingangs ganz einfach noch einmal in Erinnerung rufen, gerade deshalb, weil in Europa Begriffe immer ganz stark - das hat was mit Verdolmetschung zu tun - mit Befindlichkeiten zu tun haben. Wir hatten gestern das Glück, hier den Außenminister einer der beitrittswilligen Republiken zu Gast zu haben und in Erinnerung an diesen Umstand - ich meine, es wäre noch schöner gewesen, er wäre zu diesem Tagesordnungspunkt da, aber das lässt sich so nicht machen - gerade mit Blick auf diesen Besuch, den ich wirklich bemerkenswert finde für ein regionales Parlament hier in unserem föderalen Deutschland, für den ich auch sehr dankbar bin, möchte ich darauf hinweisen, es handelt sich eigentlich nur im Arbeitstitel immer um Osterweiterung, sondern in der Sache handelt es sich um die Integration der mittel- und osteuropäischen Staaten in dieses Erfolgskonzept eines sich integrierenden, demokratischen, rechtsstaatlichen, verfassten Kontinents. Auf diesem Wege sind wir miteinander und - das möchte ich einmal voraus schicken - dann gehe ich auch wieder zum Arbeitsbegriff Osterweiterung über. Auch wenn er immer wieder im Osten manchmal, und Sie wissen warum, ich brauche das nicht ausführen, mit gewisser Befindlichkeit gehört wird.
Meine Damen und Herren, eins darf man sagen, ich meine, das knüpft vielleicht an eine Gesamteinschätzung von Herrn Koch an. Also, das möchte ich hier auch zum Ausdruck bringen. Die eine oder andere Antwort, die von der Landesregierung kommt, ist an sich, manchmal wirklich wortwörtlich, wenn man die anderen Dokumente kennt, die Einschätzung der Kommission, manchmal auch de
ckungsgleich mit der Einschätzung der Bundesregierung, relativ selten. Aber das würde ich der Landesregierung nicht absprechen, denn einige uns interessierende Bereiche sind in der Tat wirklich eine Antwort der Landesregierung. Ich möchte nicht zu einer so fundamentalen vernichtenden Kritik hier ansetzen und ich gebe meinem Vorredner auch insofern Recht, dass das, was wir hier vorgelegt bekommen haben, in seiner Substanz, auch in seinem Umfang und der Akribie, in der Dinge aufgezählt und genannt werden, für uns als Parlamentarier, für die thüringische Öffentlichkeit, für die Bürger, die es interessiert, ein nützliches Dokument unseres europapolitischen Beitrags hier in diesem Freistaat Thüringen ist. Als solches möchte ich es erst einmal grundsätzlich bewerten.
Zu Kritikpunkten komme ich noch ausreichend. Die sind aber überwiegend anregender Natur, so verstehe ich uns jetzt in dem Prozess.
Meine Damen und Herren, einer der wichtigsten Punkte, er spielt international, auch national eine immer größere Rolle, je dichter mögliche Beitrittstermine kommen, es ist der Komplex der Freizügigkeit, freier Personenverkehr, freier Dienstleistungsverkehr - ist hier schon kurz angerissen worden. Viele Ängste und Risiken, die sich damit verbinden, werden immer einmal wieder auch von den Medien betont, manchmal sehr stark, manchmal, Gott sei Dank, sehr realistisch beleuchtet. Sie wissen, dass wir von Seiten der Kommission sozusagen ein Angebot haben, das sich zwischen fünf plus zwei Jahren bewegt. Ich halte es für richtig, wenn ich auch nicht glaube, dass es so kommen wird, dass die Bundesregierung mit dem Bundeskanzler vorweg, und das ist nicht einfach, auch wenn sie in den Osten fährt, für sieben Jahre Übergangsregelung streitet. Wenn man dorthin fährt, ist man zu Gast. Man steht in der Tradition, auch das sage ich Ihnen, verstehen Sie das nicht nur als Kritik, meine Damen und Herren von der CDU. Wenn man in der Tradition der Aussagen von 1989/90 bis 1998 usw. auch steht - Sie wissen, was ich meine - und sehr frühzeitigen Aussagen von vielen, nicht nur deutschen Spitzenpolitikern, unter anderem auch dem ehemaligen Bundeskanzler Dr. Kohl, der ja einmal zu polnischen Freunden gesagt hat - und viele von uns haben damals auch gedacht, na ja, warum eigentlich nicht - vorsichtig genug war er, aber ich darf Sie daran erinnern, 1994, eine ganz wichtige Aussage, wurde mit großer Hoffnung im Osten aufgenommen, um das Jahr 2000 herum sind die ersten Beitritte denkbar. Nun, wenn es denn so kommt, sind die ersten 2004. Sie wissen, wenn wir alles ratifiziert haben, wird das vielleicht noch später 2005/2006 möglich. Nun kann man sich darüber streiten, war das eine zu optimistische Aussage. Ich will das gar nicht als vernichtende Argumentation hier einwerfen, ich möchte uns nur darauf hinweisen, dass wir uns in einem Prozess befinden, und da knüpfe ich auch an meinen Vorredner an, der einmalig, erstmalig ist und
wir haben nur einen Versuch. Davon bin ich persönlich überzeugt. Wir haben einen Versuch, diesen Kontinent endlich nach Jahrhunderten der Trennung zu einigen und vernünftig in fairer Partnerschaft miteinander vertraglich einzubinden. Diese Frage der Freizügigkeit ist eine äußerst sensible Frage. Ich würde mir wünschen, Herr Minister, vielleicht können wir da als Thüringer das anregen. Ich weiß nicht, ob die Kräfte bei uns ausreichen, vielleicht muss es bundesweit oder auch international stärker gemacht werden. Wir sollten vielleicht doch versuchen, diese doch etwas unklaren Aussagen, die auch der Kommission immer wieder über die Lippen gehen, wie stark wird denn Zuwanderung, Einwanderung, freier Personenverkehr sich nach dem Beitritt auswirken? Mit wie vielen Menschen, um es einmal ganz klar zu sagen, wird denn in welchen Zeiträumen zu rechnen sein? Da fehlen mir eindeutig etwas klarere Analysen. Ich kann mir bei all den modernen und statistischen Möglichkeiten, die wir heute haben, nicht vorstellen, dass in den nächsten zwei, drei Jahren nicht möglich sein sollte, den Freunden im Osten einmal bei Umfragen seriösester Art zu helfen, um stärker zu eruieren, was wirklich zu erwarten ist. Wenn wir nämlich nur die Bruttoeinkommen des Bruttosozialprodukts vergleichen und da 1 : 10 und solche Dinge in den Raum stellen, vernachlässigen wir eindeutig den Umstand, der, Gott sei Dank, in Thüringen auch noch etwas wirkt, dass die Leute nicht nur auf das Portemonnaie schauen, sondern auch ihre Heimat, ihre lebenswerten Umstände und andere Faktoren prüfen und abschätzen, bevor sie sich in Bewegung setzen. All das sollte stärker abgewogen werden.
Ich möchte dann auf einige Einzelpunkte eingehen. Bei der Beantwortung der Frage 13 geht es ganz konkret um Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Hier gibt es einen unserer Auffassung nach sehr wichtigen aber doch sehr allgemein klingenden Hinweis, dass effektivere Bekämpfung der Schwarzarbeit angestrebt werden muss und konsequenter betrieben werden muss.
Meine Damen und Herren, ich sage einmal ganz selbstkritisch für uns alle, so lange, wie ich jetzt Gelegenheit habe, Politik auch innerhalb Deutschlands usw. aufmerksam zu verfolgen, das haben wir eigentlich immer gesagt: Schwarzarbeit muss stärker bekämpft werden, da sollten wir uns stärker anstrengen. Mit Blick auf das, was 2004 und danach kommen könnte, müssen wir hier wirklich, aber wahrnehmbar schneller und stärker etwas tun, und das, so bitter all das ist, was in den letzten vier Wochen geschehen ist, also vor allen Dingen am 11. September.
Meine Damen und Herren, ich habe so die Hoffnung, wenn ich sehe, was in Amerika selbst für Bewegung entstanden ist, wie schnell wir in Europa auf einmal Dinge beschleunigter in die Hand nehmen, auch in Deutschland, vielleicht hilft uns dieser Ruck, auch diese Dinge die haben ja manchmal etwas mit organisierter Kriminalität zu tun - beschleunigter in die Hand zu nehmen und
Zu Frage 14: Hier geht es um Verkehrswegeinfrastruktur und die Frage Einsatz der Strukturfondsmittel. Hier gibt es eine unserer Auffassung nach durchaus realistische Einschätzung des Handlungsbedarfs, der in den nächsten Jahren für Thüringen, aber auch für die beitrittswilligen Staaten gegeben ist. Ich möchte hier nicht noch einmal alles aufzählen. Ich möchte eine Anregung aussprechen, auch natürlich in Richtung der Landesregierungsmitglieder, denn wir reden ja jetzt nicht nur mit dem zuständigen Fachminister, sondern mit der gesamten Landesregierung, vielleicht doch einmal in Ruhe und Gelassenheit, ohne Hektik darüber nachzudenken, ob wir die Zwischenauswertung 2003 dann auch mit als Anlass nehmen, um die verbleibenden Strukturfondsmittel bis 2006 und die, die es später ja auch noch geben wird, darauf komme ich noch einmal zurück, dann vielleicht doch stärker in das umzusteuern, was uns Unternehmer ja auch immer stärker nahe legen. Wir brauchen gar nicht mehr so viel einzelbetriebliche Förderung, sondern eigentlich wissen wir, wohin wir gern unsere Unternehmen setzen würden, wo wir investieren würden. Helft uns mal schneller die infrastrukturellen Voraussetzungen dafür zu schaffen, sprich Autobahnanschlüsse, Bundesstraßen, Ortsumgehungen usw., damit es sich lohnt, diese Firma an diese Stelle zu setzen. Lassen Sie uns also darüber nachdenken, die EFRE-Mittel stärker in der verbleibenden Zeit, wo wir sie erhalten, dort einzusetzen.
Eine Bemerkung - ich mache einen großen Sprung, aber es darf ja auch nicht zu lange dauern in unser aller Interesse - zu Frage 22 auf der Seite 27 des Gesamtpakets. Es ist kurz angesprochen. Ich muss es noch einmal aufgreifen, weil das für uns als SPD-Fraktion mit sehr wichtig ist, diese Kritik. Sie ist nicht versteckt, sie ist schon ziemlich offen an diesem offenen Koordinierungsverfahren. Man muss sie ernst nehmen. Es ist so. Wenn man das einfach so laufen lässt, das ist so. Die Kommission würde solche Verfahrensweisen durchaus nutzen, um immer mehr schleichend in weitere Kompetenzen zu kommen. Ich bestätige das ein weiteres Mal. Ich habe das schon öfters getan. Aber sie zu verbinden oder so ausschließlich auf dieses Koordinierungsverfahren und dann vor allen Dingen mit Kritik auf den Bereich, in dem es erstmals durchaus erfolgreich von allen Mitgliedstaaten begrüßt, auch von Deutschland damals, insgesamt jedenfalls vom Prinzip her, diese Kritik so fundamental im Raum stehen zu lassen, davor warne ich. Wenn es ein Gebiet gibt, meine Damen und Herren, und das interessiert unsere Bürger da draußen, das verstehen sie besser als all die komplizierten Begriffe, mit denen wir als Politiker hantieren, wo bleibt nach dem Euro, nach dem Binnenmarkt, nach all den wettbewerbsrechtlichen Regelungen, wo bleibt der Abbau des Defizits, auch sozialpolitisch nicht die totale Harmonisierung, aber sobald wie möglich einen gewissen Ausgleich, eine stärkere Annäherung der Verhältnisse zu erreichen. Das ist eine berechtigte Frage. Auf diesem Wege ist dieses offene Koordinierungsverfahren durch
aus hilfreich gewesen und sollte auch für andere Bereiche ins Auge gefasst werden. Inwiefern man dann die Weiterentwicklung der zukünftigen Verträge nutzt, um das eindeutig für die Zukunft festzuschreiben, das ist sicher eine wichtige Aufgabe, die weiter bestehen bleibt.
Was mir gefallen hat, das möchte ich hier ausdrücklich auch sagen, und das spricht für eine gute Zuarbeit, auch aus dem Hause des Ministers, der jetzt gerade zufällig das Haus verlassen hat, das ist meiner und unserer Auffassung nach eine sehr realistische Einschätzung des gegenwärtigen Agrarhandels, der Bedeutung für die Ernährungswirtschaft Thüringens und, da sind wir ganz fest davon überzeugt, einer zukünftigen Entwicklung. Sie wissen oder manche wissen es auch nicht, dass wir hinsichtlich des Exportanteils, des Anteils am thüringischen Export immer noch die Ernährungswirtschaft vor der Automobilindustrie haben. Angesichts dessen, dass wir durchaus interessante Größenordnungen an Automobilindustrie haben, ist es ein Fakt, der in der Öffentlichkeit etwas zu gering bekannt ist in Thüringen. Das meine ich nicht in Richtung der Landesregierung, sondern der Öffentlichkeit zu wenig bekannt und ich sage Ihnen eines, um das mal plakativ zum Ausdruck zu bringen: wer etwas verkaufen will, und das wollen wir, in diesem Bereich haben wir eindeutige Zukunftschancen, der muss auch dafür sorgen, dass potenzielle Käufer genügend Mittel haben. Deswegen muss man immer die Wechselwirkung sehen, meine Damen und Herren. Wir müssen den anderen helfen, schneller in Tritt zu kommen, ihre Infrastruktur auszubauen, ihre Unternehmen aufzubauen, ihre Kaufkraft zu stärken, um bei uns, in unserem Teil des kommenden Binnenmarktes, auch die Aufträge auf den Tisch zu bekommen.