Protokoll der Sitzung vom 12.10.2001

Das Wort hat jetzt noch einmal die Landesregierung, Herr Minister Gnauck.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich freue mich darüber, dass der Thüringer Landtag sich heute Nachmittag einmal die Zeit genommen hat, sich über die Große Anfrage auszutauschen. Ich will selbstverständlich nicht der Ausschussberatung vorweggreifen, dort gehört eine Reihe von Detailfragen hin.

(Beifall bei der PDS)

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren von der PDS, der erste Redebeitrag, der aus Ihrer Fraktion geleistet wurde, da muss man sich Gedanken darüber machen, ob er es verdient hat, erwähnt zu werden oder nicht. Wenn es den Preis geben würde für die niveauloseste Rede

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Das ken- nen wir schon.)

für Bundes- und Europapolitik, Herr Koch, Sie hätten ihn heute für die 3. Legislaturperiode gewonnen.

(Beifall bei der CDU)

Man kann es auch auf die Kurzformel bringen: Nicht gelesen, nicht zugehört, auch gar nichts verstanden. Um es mit einem Sportmoderator zu halten: Wo war Hahnemann? Ich hätte mir gewünscht, dass der Abgeordnete Hahnemann - ich sehe ihn jetzt leider auch nicht - heute gesprochen hätte.

(Zwischenruf Abg. Dr. Koch, PDS: Es geht doch nicht immer nach Ihren Wünschen.)

Denn das wäre Garantie dafür gewesen, dass wir uns sachlich und fachlich qualifiziert hätten über die Problematik unterhalten können. Sie haben die Rede überhaupt nicht bewertet, aber eines ist sehr deutlich geworden: von welcher Geisteshaltung Sie beherrscht sind. Es klingelte das erste Mal beim Thema "Offene Koordinierung", und das zweite Mal, als Sie heute fertige Konzepte von oben verlangt haben. Der blanke Zentralismus tropfte aus jedem Ihrer Sätze, und Sie erwarten eine Lösung, die es im Moment noch gar nicht geben kann. Hätten Sie sich auch nur ansatzweise mit der Problematik auseinander gesetzt, hätten Sie festgestellt, dass die Diskussion nun erst beginnt. Im Übrigen zeigt gerade der Bereich der offenen Koordinierung nicht, dass Sie besonders viel vom Föderalismus halten. Ich hoffe, der Abgeordnete Hahnemann lässt Sie mal bei uns im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten hospitieren. Da können Sie viel lernen.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Am Ende, Frau Präsidentin.

Ich hätte mir viel mehr gewünscht, dass wir uns im Sinne, wie Herr Dr. Botz von der SPD-Fraktion es dann nachher getan hat, über einige grobe Linien und Grundsätze im Plenum auch mit denjenigen unterhalten, die nicht an der Ausschussberatung werden teilnehmen können. Ich freue mich, dass man die Fleißarbeit der Landesregierung heute gelobt hat, was Substanz und Umfang und Nutzbar

keit der Arbeit hier im Plenum anbetrifft.

Einige Fragen will ich heute kurz noch mal ansprechen. Ich sehe jetzt den Dr. Botz nicht, will es aber trotzdem für das Protokoll machen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Pidde, SPD: Es wird übermittelt.)

Dass die Beitrittsfähigkeit im Jahre 2000 durch den Bundeskanzler Kohl nicht mehr verwirklicht werden konnte, liegt ein Stück weit auch an dem Ergebnis der Bundestagswahl. Dafür dürfen Sie uns nicht verantwortlich machen. Ich bin mir sicher, dass wir in Europa viel weiter wären, wenn Helmut Kohl auf den Regierungskonferenzen wäre.

(Beifall bei der CDU)

Was die Kritik an einer Aufteilung der Strukturfondsmittel anbetrifft, muss ich sagen, hätte ich mir einen anderen Schwerpunkt in der Diskussion gewünscht. Wir sind noch nicht so weit, etwaige EFRE-Mittel für die Förderperiode 2007 bis 2013 zu verteilen, sondern wir sind noch ein ganzes Stück weit vorher. Wir müssen erst einmal erreichen, dass wir überhaupt noch einen Euro zwischen 2007 und 2013 bekommen. Wenn wir den haben, dann können wir uns über die einzelnen Chancen unterhalten.

Was die Frage nach dem Konvent 2 betrifft - ach, da ist ja Dr. Botz wieder -, kann ich Ihnen heute schon sagen. Durch die Gespräche Anfang September hat sich herausgestellt, dass der kommende Konvent, anders als der jetzige, sich eine Geschäftsordnung geben wird, mit der Konsequenz, dass es nicht nur einen einzigen Vorschlag geben wird, sondern alle Beteiligten haben besonders Wert darauf gelegt, dass es mehrere Optionen nach den Beratungen im Konvent 2 geben kann. Man wird sicherlich auch nicht mehr einen für alle Seiten zustimmungsfähigen Entwurf schaffen, sondern man wird zum Teil mit mehr oder weniger qualifizierten Mehrheiten im Konvent 2 abstimmen. Das wird der große Unterschied sein.

Was die Rolle der Parlamentarier betrifft, würde ich es ein Stück weit am deutschen Föderalismus auch aufhängen. Wenn Sie sehen, dass im Konvent 2 30 Parlamentarier geführt werden, dann gehören auch dazu beispielsweise die beiden Vertreter aus Deutschland. Der Vertreter des Bundesrates wird in den Vorstellungen von Europa als Parlamentarier geführt, wiewohl er natürlich immer Minister ist. Denn nur Minister gehören, wie Sie wissen, dem Bundesrat an. Vielleicht erklärt sich daraus die Frage, die Sie hatten.

Eine Klarstellung kann ich auch schon machen, was die Veranstaltung in Hof im Jahre 1999 anbetrifft. Wer mitfinanziert, kann auch erwarten, dass bei ihm Veranstaltungen punktuell stattfinden. Das ist der Grund dafür, dass

die Veranstaltungen auch in Hof genauso wie auch in Thüringen stattgefunden haben.

Herr Gerstenberger, ich freue mich, dass Sie sich wenigstens bemüht haben, sich noch einmal mit der Arbeitsmarktpolitik auseinander zu setzen. Worauf wir besonderen Wert legen, ist, dass sich die EU über das System der offenen Koordinierung nicht Aufgaben beschafft, für die sie schlicht nicht zuständig ist. Wir sehen in erster Linie die Mitgliedstaaten aufgerufen. Ich weiß aber aus meiner Arbeit im Konvent 1, wie sehr immer von einzelnen Mitgliedstaaten versucht worden ist, soziale Standards auf europäischer Ebene zu schaffen. Da sind wir in der Tat politisch in der Einschätzung ein Stück weit auseinander.

Dann muss ich natürlich noch eines zu Frau Bechthum ich sehe sie leider auch nicht - sagen, aber sie wird es ja dann im Protokoll nachlesen können. Ich bitte herzlich um Entschuldigung dafür, dass ich heute noch nicht "Gender Mainstreaming" gesagt habe. Ich verspreche, dass ich das zu Hause in Anwesenheit meiner Ehefrau nachholen werde. Ich darf Ihnen aber versichern, dass Herr Kaiser und ich uns bemüht haben, die politische Außenvertretung der GFMK zu organisieren und das hat zu netten Geschichten geführt. Zum einen, das war ja bei der Berichterstattung über die neue Gleichstellungsbeauftragte zum Ausdruck gekommen, war die Begeisterung über die Vertretung von Herrn Staatssekretär Kaiser so groß, dass der Ministerpräsident eine kurze Zeit gezögert und überlegt hat, ob nicht Herr Kaiser zum neuen Gleichstellungsbeauftragten ernannt wird. Die politische Außenvertretung hat aber zum anderen dazu geführt, dass der Schriftverkehr von mir unterzeichnet worden ist. Da kann ich Ihnen berichten, dass ich wirklich als amtierender Vorsitzender der GFMK mir selber einen Brief als Europaminister geschickt habe. Da stand auch der Begriff "Gender Mainstreaming" drin und ich verspreche, Frau Bechthum, ich lasse Ihnen dieses Schreiben auch zukommen. Ich hoffe, das kann mich ein Stück weit rechtfertigen neben aller Schande.

Was die Arbeit der Landesregierung anbetrifft, werde ich Ihre interessanten Überlegungen selbstverständlich dem Ministerpräsidenten mitteilen. Sie haben ja mitbekommen, auch mit Blick auf Ihre Ausführungen über das männliche Geschlecht, dass wir ja nun eine Gleichstellungsbeauftragte und nicht mehr eine Frauenbeauftragte haben. Wir haben das schon antizipiert.

(Beifall bei der CDU)

Herr Scheringer, ihr Beitrag war eine Mischung aus Unterhaltsamem und Wahrem und er war aus meiner Sicht so gut, dass ich mir fast überlegt hatte, dass ich nichts Böses über den Abgeordneten Koch sage. Aber dann musste es doch noch raus, insofern bitte ich um Verständnis. An sich hätte es Herr Koch gar nicht verdient, dass man ihn erwähnt. Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU)

Es war noch die Nachfrage.

Herr Minister Gnauck, Sie haben uns anhand des Redebeitrags von Dr. Koch vorgeworfen, wir würden immer fertige Konzepte erwarten von der Landesregierung und das würde doch der Europapolitik entgegenstehen. Wir würden sie nicht begreifen. Ist Ihnen entgangen, dass die CDU-Fraktion in ihrem Antrag, der jetzt abgestimmt wird, eigentlich ein fertiges Konzept im ersten Halbjahr 2002 von der Landesregierung verlangt?

Nein.

Damit sind alle Redemeldungen, nein, Herr Minister, es hätte ja sein können, die Landwirtschaft war ja auch Thema. Gut, damit sind alle Redemeldungen abgearbeitet. Alle Nachfragen auch. Ich schließe damit die Aussprache und wir kommen zu den Abstimmungen. Es wurde Überweisung des Antrags der CDU-Fraktion in Drucksache 3/1878 an den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten beantragt. Ich frage, gilt das für die Antwort auch oder nur für den Antrag?

(Zuruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Nur für den Antrag.)

Nur für den Antrag, gut. Dann stimmen wir darüber ab. Wer diesen Antrag an den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten überwiesen haben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Das ist die übergroße Mehrheit. Gegenstimmen? Nicht der Fall, Enthaltungen auch nicht. Dann ist das so beschlossen und ich kann diesen Tagesordnungspunkt 14 schließen.

Der folgende Tagesordnungspunkt 13 d ist durch den Antragsteller zurückgezogen.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Er findet also heute nicht mehr statt. Damit darf ich Ihnen gute Zeit wünschen. Wir sehen uns wieder am 8. und 9. November zur Plenarsitzung. Gutes Wochenende und gute Wahlkreisferienwoche - wie auch immer.

E n d e d e r S i t z u n g: 16.41 Uhr