Protokoll der Sitzung vom 08.11.2001

(Beifall bei der PDS)

Ich weiß, dass gegenwärtig die Statistik eine solche Entwicklung nicht andeutet. Ich nehme aber mit großer Besorgnis Entwicklungen in Kommunen wahr, die dazu führen könnten. Da frage ich die Landesregierung: Wie will sie hier ihre Verantwortung - Herr Althaus, Sie haben diese Verantwortung ja auch noch mal angesprochen wahrnehmen, ohne dass diese Verantwortung zwischen den Kommunen und dem Land hin- und hergeschoben wird?

Meine Damen und Herren, ich bewerte auch den Aufbau eines guten Freizeitangebots - Ihre Worte, Herr Ministerpräsident - durch die Kooperation von Schule und Jugendarbeit als äußerst positiv. Die reine Willensbekundung hilft uns aber nicht weiter.

(Beifall bei der PDS)

Es sind die Rahmenbedingungen zu sichern, die ein solches gutes Angebot auch ermöglichen. Da möchte ich drei Aspekte ansprechen.

Zum Ersten sind natürlich die guten Projekte, die es ja in Thüringen ohne Zweifel gibt, unbedingt fortzuführen. Es darf nicht passieren, dass sie abbrechen, weil bestimmte Bedingungen nicht mehr gegeben sind.

(Beifall bei der PDS)

Ein zweiter Aspekt: Es ist in diesem Freizeitangebot Kontinuität zu wahren. Das ist ein Problem, das wir gegenwärtig haben, indem vielfach über ABM oder SAM Freizeitangebote unterbreitet werden, die dann aber nicht fortgeführt werden können, weil die entsprechenden Personen nicht mehr zur Verfügung stehen.

(Beifall bei der PDS)

Da bin ich bei meinem dritten Aspekt: Es müssen Menschen vorhanden sein, die diese Aufgabe, gute Freizeitangebote zu gewährleisten, auch engagiert leisten können.

Meine Damen und Herren, zur Berufsausbildung: Die Statistik zeigt 1.000 betriebliche Ausbildungsplätze weniger in diesem Jahr als im vergangenen Jahr. Ich weiß, dass die Landesregierung versucht, das Problem aufzufangen, indem sie verstärkt auf die Vollzeitausbildung an den Berufsschulen orientiert. Ich glaube aber, dass dieser Weg beschränkt ist. Die Berufsschulen sind zunehmend mit der Unterrichtsabsicherung überfordert. Das betrifft übrigens auch die in der Studie zu Recht hoch bewertete Ver

mittlung einer breiten Allgemeinbildung. Es betrifft auch die Freizeitangebote, die die Berufsschulen ja breit anbieten würden, wenn sie entsprechende Kapazität dafür hätten. Aber die Berufsschulen sind im Augenblick darauf konzentriert, wenigstens das absichern zu können, wo Prüfungen abgelegt werden müssen, also prüfungsrelevante Fächer. Das ist ein Zustand, der ist nicht länger hinzunehmen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Über weitere Probleme wird genauer zu reden sein, wenn es um unseren Antrag "Maßnahmepaket 2002" geht.

Aber einen letzten abschließenden Gedanken will ich doch noch sagen. Es verwundert mich schon sehr, dass die CDU-Fraktion nun bereits zweimal eine Aktuelle Stunde zu den von mir eben angesprochenen Problemen "Aktuelle Maßnahmen der Landesregierung zum Abbau des Mangels an Berufsschullehrern" zurückgezogen hat. Das ist ein aktuelles Problem und ich verstehe es nicht, warum das passiert ist. Die Gründe dafür liegen offensichtlich in den Sternen. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Seela zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, aufgrund der Äußerungen von Frau Dr. Stangner und von Frau Pelke sehe ich mich schon genötigt, hier auch vom bildungspolitischen Aspekt her für einige Klarstellungen Sorge zu tragen.

Zunächst, Frau Dr. Stangner, Sie haben vorhin die famose Behauptung aufgestellt, dass Sie den Referentenentwurf zur Änderung des Thüringer Schulgesetzes, Gesetz über die Förderschulen in Thüringen etc. nicht zur Verfügung gestellt bekommen haben. Mir flatterte eben ein Schreiben mit dem Eingangsstempel vom 17. Oktober auf den Tisch, dass Sie diesen Referentenentwurf zur Verfügung gestellt bekommen haben müssen.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt frage ich Sie, klären Sie das doch in Ihrer Fraktion. Haben Sie keine Mitarbeiter? Sie sind doch eigentlich auch relativ groß genug.

(Zwischenruf Abg. Dr. Stangner, PDS: Also, Herr Seela,...)

Also klären Sie das selbst und sagen Sie hier nicht - ich sage es so - derartige Unwahrheiten.

(Beifall bei der CDU)

Bleiben Sie bei der Sache. Ich bitte Sie, Frau Pelke...

(Zwischenruf Abg. Dr. Stangner, PDS: Viel- leicht haben Sie ihn gekriegt, wir haben ihn nicht gekriegt.)

(Unruhe bei der PDS)

Sie können sich doch noch mal zu Wort melden, Frau Dr. Stangner, melden Sie sich noch mal. Jeder hat hier Rederecht. Und jetzt habe ich Rederecht, bitte sehr. Der Kanzler würde sagen: "Basta".

(Heiterkeit bei der PDS)

Man kann ja auch mal den Kanzler zitieren, warum nicht. Wir sind doch tolerant. Wir haben ja dieses Thema jetzt.

Frau Pelke, Sie haben von "bildungspolitischer Katastrophe" gesprochen. Gern gebe ich den Ball - sie ist leider nicht da - auch an Sie zurück. Sie hatten jetzt am Wochenende Ihren Parteitag gehabt, mehr oder weniger rühmlich für den Spitzenkandidaten, für den gewählten Vorsitzenden. Darauf will ich mich jetzt nicht einlassen. Aber eines Ihrer Hauptthemen war ja Bildungspolitik gewesen. Wenn man die Presse reflektiert, sich informiert, kann man feststellen, Bildungspolitik spielte bei Ihnen überhaupt keine Rolle.

(Beifall bei der CDU)

Es ging nur um Personalquerelen, es ging nur um Posten und Pöstchen, aber nicht um das Zukunftsthema dieses Landes, nämlich um Bildungspolitik. Also bitte sehr, werfen Sie uns das doch nicht vor. Wir tragen Sorge, dass diese Bildungspolitik einen ordentlichen Ausgang in diesem Land nimmt und dass diese Sache hier ordentlich zustatten geht.

Meine Damen und Herren, wenn ich jetzt zwei Jahre meiner parlamentarischen Tätigkeit hier resümiere

(Zwischenruf aus dem Hause: Ach nein.)

doch, mache ich gern mal -, kann ich feststellen, dass eigentlich das Thema "Extremismus" eines der Hauptthemen hier in diesem hohen Hause war. Es wurde über kein anderes Thema so intensiv debattiert hier in diesem hohen Hause, wie über das Thema "Extremismus".

Und, hier nehme ich auch noch mal ein SPD-Zitat - das ist auch gut so. Warum? Zeigt dies doch, wie ernst wir hier in diesem hohen Hause, wie wir hier im Freistaat Thüringen dieses Thema, diese Problematik nehmen. Ich rufe auch noch mal alle Fraktionen auf, besonders die Opposition, verwenden Sie die Extremismusproblematik nicht zu parteipolitischer Profilierung, so wie ich es heute wie

der hier in diesem hohen Hause gehört habe. Setzen Sie sich sachlich und solide damit auseinander.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir vielleicht noch vorab einige grundsätzliche Bemerkungen, die ich hier gern vortragen möchte.

Zunächst - das ist aber nichts Neues für die PDS-Fraktion wenn wir über Extremismus reden, meinen wir nicht nur den Rechtsextremismus, dann reden wir selbstverständlich auch - ich weiß, das tut weh - über Linksextremismus, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Schauen Sie in die Geschichte, beschäftigen Sie sich mit der jüngsten Vergangenheit, beschäftigen Sie sich mit der NS-Geschichte. Sie stellen sich hierher und verlangen das von den Schülern, aber Sie selbst haben sich nicht mit Geschichte beschäftigt.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Unver- schämt sind Sie.)

Dann müssten Sie doch wissen, dass die Weimarer Republik, die erste deutsche Demokratie, von links, nämlich von der KPD, und von rechts, von der NSDAP, zerstört worden ist. Das sagen Ihnen namhafte Historiker aus allen Bereichen, aus allen Lagern. Da kann man nicht herumdeuteln, das ist historische Wahrheit. Bitte sehr, gern gebe ich Ihnen noch Nachhilfeunterricht, aber nicht heute.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Frage?

Am Ende, gern am Ende. Aber zur Geschichte, wie gesagt, wenn Sie Anmeldung zur Nachhilfe haben, bin ich gern bereit.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Ihre Arroganz stinkt gegen den Himmel!)

(Unruhe bei der PDS)

Sie haben ja selbst negative Erfahrungen gemacht mit dem Phänomen Linksextremisus, meine Damen und Herren von der PDS. Sie haben intern die Diskussion doch auch geführt. Ich erinnere noch einmal an die Veranstaltung "Es gibt tausend Gründe, Deutschland zu hassen". Wie unverschämt dieses Thema ist, dazu will ich mich nicht noch einmal auslassen. Aber Sie haben die Diskussion intensiv geführt und einer Ihrer namhaften Vertreter, der jetzt auch leider nicht anwesend ist, der noch als Linksliberal beschimpft worden ist, ich hege Sympathie für diesen Links

liberalen, wenn er sich dann durchsetzt. Aber er sollte sich auch durchsetzen. Ich denke, auch Sie haben einen sehr großen Nachholbedarf. Aber Sie müssen es doch vertreten in der Öffentlichkeit, meine Damen und Herren.