Protokoll der Sitzung vom 24.01.2002

Herr Abgeordneter Döring, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Wehner, ob Sie es glauben wollen oder nicht, in keinem Bereich der Thüringer Schulen gibt es solch einen Problemstau, wie an den Berufsschulen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Seit Jahren gibt es dort eine angespannte Situation. Es gibt Schulamtsbereiche, die einen Unterrichtsausfall von über 15 Prozent verzeichnen.

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Hört, hört!)

Planmäßiger Unterrichtsausfall ist eine traurige Größe in den Thüringer Berufsschulen geworden. Herr Trautvetter, ich kann Ihnen die Statistik geben. Ich habe eine Kleine Anfrage gemacht, da können Sie es nachlesen.

Der Thüringer Verband der Berufsschulpädagogen geht davon aus, dass nach wie vor ca. 400 Lehrerstellen zu besetzen sind. Der Kultusminister spricht von einem Lehrkräftebedarf von 200 Stellen. Tatsache ist, dass der Bedarf aus Mangel an Bewerbern nicht gedeckt werden kann. Jahrelang ist man im Kultusministerium dem Spruch gefolgt: "Man wird auch älter, wenn man nichts tut." Im Mai dieses Jahres dann endlich der Maßnahmenkatalog des Kultusministers zur Gewinnung von Lehrkräften in Mangelfächern. Dieser Katalog hätte aber schon vor vier, fünf Jahren wirklich in die Tat umgesetzt werden müssen und wir haben ihn jedes Jahr aufs Neue gefordert. Die CDU-Fraktion hat diesen Umstand, dass so ein Maßnahmekatalog nun endlich zustande gekommen ist, zum Anlass genommen, um eine Aktuelle Stunde hier im Parlament zu beantragen, leider ist dieser Antrag dann zum Platzhalter degradiert worden, insofern ist es schon legitim, auch wenn man sich über die Zeit streiten kann, heute noch einmal die Probleme zu erörtern. Auch wenn ein leichter Personalzuwachs zu verzeichnen ist, kann von einer spürbaren Verbesserung der personellen Situation noch lange nicht geredet werden. Viele der Eingestellten müssen auch in den nächsten Jahren noch zusätzliche Qualifikationen erwerben und das geht bis zum berufsbegleitenden Referendariat. Das bedeutet natürlich auch, ihre Einsatzmöglichkeiten bleiben beschränkt. Allein die Handreichung, wie werde ich Berufsschullehrer, wird die Probleme sicher auch nicht lösen können. Das heißt, wir brauchen langfristig angelegte Konzepte, um zum einen das Lehramt an den berufsbildenden Schulen attraktiver zu machen und zum anderen im Wettbewerb mit den anderen Bundesländern mit attraktiven Angeboten bestehen zu können. Ich kann dem Vorsitzenden des Thüringer Verbandes der Berufsschulpädagogen, Herrn Helms, nur zu

stimmen, das 5-Punkte-Programm allein wird keine ausreichende Anzahl an geeigneten Bewerbern bescheren, das zeigt die gegenwärtige Situation deutlich.

Die beruflichen Schulen in Thüringen haben in den letzten Jahren mit Engagement und Phantasie eine Situation gemeistert, in der andere schon ein Dauerlamento angestimmt hätten. Seit Jahren tragen sie in erheblichem Maße dazu bei, die Jugendlichen aufzufangen, die keinen Ausbildungsplatz erhalten. Natürlich muss die Berufsschule in ihrer Organisation Rücksicht auf die Interessen der Ausbildungsbetriebe nehmen. Aber Rücksicht ist keine Einbahnstraße, es muss ebenso klar sein, dass es kein Diktat der Ausbildungsbetriebe geben darf, das der Berufsschule die pädagogisch sinnvolle Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr ermöglicht. Die Vereinbarung zur Organisation des Berufsschulunterrichts von 1997 hat zu erheblichen Verwerfungen an den Berufsschulen geführt und ich kann nur hoffen, dass man aus den Erfahrungen der letzten Jahre die richtigen Rückschlüsse zieht.

(Beifall Abg. Wunderlich, CDU)

Der zu erwartende Rückgang der Schülerzahlen ab dem Jahr 2004/2005 erfordert auch vor dem Hintergrund der bisherigen Förderung durch das Land eine Evaluation der berufsbildenden Schulen. Es ist zu fragen, ob es auf der Grundlage von Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsprognosen möglich ist, Kennziffern für die Fachklassenbildung zu entwickeln. Ich denke, nur so können wir eine gewisse Versorgung in der Fläche sicherstellen, ohne den Auszubildenden lange Fahrzeiten und Wohnheimunterkunft zumuten zu müssen. Herr Minister, wenn Sie hier warten, wird das Gleiche passieren, wie mit dem 5-PunkteProgramm, es wird zu spät kommen.

Nach der quantitativen Stundenversorgung entscheidet vor allem die Qualität des Unterrichts über die Zukunft der berufsbildenden Schulen und das bedeutet für die Unterrichtspraxis verstärkter Einsatz von modernen Unterrichtsformen, also eine didaktische Modernisierung, die Umsetzung der Lernfelder in den neu geordneten Berufen und nicht zuletzt geht es auch um die quantitative und qualitative Verbesserung der Lehrerfortbildung, um Innovationen im Unterricht schneller umsetzen zu können. Es geht auch um das Problem der Differenzierung, Hauptstränge sind hier Modularisierung, Zusatzqualifikation, Differenzierung im Bereich so genannter leistungsschwächerer Auszubildender mit dem Schwerpunkt der besonderen Förderung und es geht um den Ausbau der Kooperationsmodelle Berufsschule - Betrieb. Hier gibt es noch große Reserven. Nachdenken müssen wird man auch über die institutionelle Mitbestimmung der beruflichen Schulen, auch am Prüfungsgeschehen. Es geht nicht zuletzt auch um die Schule als Lernort. Das, meine Damen und Herren, erfordert das Ausschöpfen der Gestaltungsfreiräume, die Einführung eines wirkungsvollen Schulmanagements und einer wirksamen Unterstützung und Beratung bei der Schulentwicklung. Hier gibt es noch erheblichen

Handlungsbedarf und wir werden die Landesregierung auch hier in bewährter konstruktiver Art und Weise begleiten. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt eine weitere Wortmeldung, Herr Abgeordneter Wehner, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, keine Angst, es wird nicht lange dauern. Ich will nur noch zu einer Sache von Herrn Döring einen kurzen Satz sagen, zu dem Thema planmäßiger Unterrichtsausfall. Herr Döring, das mag so sein, dass die Statistik diese 15 Prozent tatsächlich so sagt, aber der Minister hat Ihnen vorhin schon erläutert, dass wir in Thüringen eine wesentlich höheren Wochenstundenanzahl unterrichten als andere Bundesländer. Wenn wir die Stundentafel allein um die ein bis zwei Stunden kürzen, da wäre der Unterrichtsausfall theoretisch schon bei null. Das will ich Ihnen auch noch mal deutlich sagen.

So, und zu dem Thema "Aktuelle Stunde" möchte ich auch noch einen Satz sagen. Ich habe das als Bildungspolitiker - und ich denke, dass ich da auch für die Kollegen in der Fraktion sprechen kann - bedauert, dass die Aktuelle Stunde damals abgesetzt wurde, denn damals war das 5Punkte-Programm wirklich noch aktuell. Aber dafür, dass der Herr Dittes sich nicht benehmen kann, können Sie uns nun wirklich nicht verantwortlich machen. Herzlichen Dank.

Gibt es weitere Wortmeldungen? Das ist wohl nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache und komme zunächst erst einmal zur Feststellung, ob das Berichtsersuchen nach Punkt 1 des Antrags erfüllt ist. Erhebt sich Widerspruch? Es gibt keinen Widerspruch, also ist das Berichtsersuchen erfüllt.

Wir kommen zur Abstimmung zu Nummer 2 und zu Nummer 3 des Antrags in Drucksache 2/2030. Ausschussüberweisung habe ich nicht vernommen, so stimmen wir direkt über diese beiden Punkte des Antrags ab. Wer für den Antrag Nummer 2 und 3 votieren will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei einer Anzahl von Jastimmen ist dieser Antrag Nummer 2 und 3 mit Mehrheit abgelehnt. Dann schließen wir den Punkt 10 und für heute die Tagesordnung. Ich danke der Denkmalpflege für ihre Geduld; wir geloben Besserung.

E n d e d e r S i t z u n g: 20.17 Uhr