Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Minister, dem Antrag der CDU-Fraktion kann seitens der SPD-Fraktion leider nicht zugestimmt werden.
Natürlich, mit den ersten beiden Punkte sind ja vollkommen d'accord, darüber brauchen wir nicht zu reden, das ist ja auch nur eine Voraussage und eine Arbeitsaufgabe an Sie, Herr Minister, da können wir immer zustimmen. Aber im Wesentlichen sprechen drei Gründe dagegen. Der Antrag geht davon aus, dass eine Fusion der Fernwasserzweckverbände und der Talsperrenverwaltung noch in diesem Jahr stattfindet, obwohl die Entscheidungsträger in den Kommunen und in den einzelnen Zweckverbänden, Herr Minister, den Inhalt der Kienbaum-Studie nicht kennen. Ohne Fusion will man in der CDU keine Garantie für den versprochenen Fernwasserpreis von 62 Cent übernehmen. Es sind 62 Cent, Sie haben falsch umgerechnet. Zusammen mit der Verweigerung der Entschuldung soll damit ganz offensichtlich Druck auf die Fernwasserzweck
verbände und die Kommunen ausgeübt werden, der Fusion auch in Unkenntnis der technischen und betriebswirtschaftlichen Daten zuzustimmen.
Zweitens: Darüber hinaus ist selbst das Versprechen, einen Fernwasserpreis von 62 Cent zu garantieren, was sich ebenso aus dem Kienbaum-Gutachten ergeben soll, weder für unsere Fraktion noch für die Kommunen aufgrund der Geheimhaltung des Gutachtens nachzuvollziehen.
Drittens ist die beabsichtigte Ausweitung des Verkaufs von Fernwasser, die laut Ihrem Antrag offenbar Voraussetzung für die Erfolgsberechnung des fusionierten Unternehmens sein soll, aus tatsächlichen ökonomischen und rechtlichen Gründen wirklich problematisch.
Meine Damen und Herren der CDU, zur Geheimhaltung: Das viel zitierte Kienbaum-Gutachten ist nunmehr neun Monate nach dessen Fertigstellung immer noch nicht den Fraktionen und den Kommunen bekannt gemacht worden. Auch wenn Herr Trautvetter das überhaupt nicht verstehen kann, Herr Sklenar hat es ja nun wieder begründet warum nicht. Also, die Landesregierung sollte sich auch mal darüber einig werden, ob sie es uns nun geben will oder nicht.
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das gibt es doch nicht.)
Das ist doch nicht wahr, Herr Minister. 2003 laufen die Fernwasserverträge aus. Daher soll noch in diesem Jahr die im Antrag geforderte Fusion realisiert werden. Ich kann mir vorstellen, dass den Kommunen vor einer Fusion die Ergebnisse der Kienbaum-Studie, woraus sich angeblich die Fusionslösung als Lösung ergibt, wichtig sind und Sie sich dafür interessieren würden, warum Sie auf diese Fusionslösung kommen, Herr Minister.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal ausdrücklich betonen, dass das Gutachten der SPD-Fraktion nicht zur Verfügung gestellt wurde, weder inhaltlich, geschweige denn körperlich. Die Aussagen in der vertraulichen Sitzung und ebenso die Aussagen und Behauptungen in der Begründung des vorliegenden Antrags sind nicht einmal ansatzweise begründet worden. Die Behauptung vom Dienstagabend - Sie sind auch schon darauf eingegangen - von Ihrer Pressesprecherin, uns sei der Inhalt des Gutachtens bekannt, ist dementsprechend unwahr.
Unwahr ist dementsprechend auch, dass wir dieses Gutachten veröffentlichen wollen, ich weiß auch nicht, warum Sie nun so etwas behaupten!
Du kannst doch fragen, was wir den Journalisten erzählt haben, wir haben scheinbar denen genug erzählt. Außerdem möchten wir darauf hinweisen, da wir nicht im Besitz des Kienbaum-Gutachtens sind, konnten wir das natürlich auch der Presse nicht übergeben und ich frage mich wirklich, Herr Minister Sklenar, warum Sie diesem Unternehmen Kienbaum Management Consultants schreiben mussten, dass die SPD-Fraktion es wahrscheinlich veröffentlichen würde.
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Ich habe das doch nicht geschrieben.)
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Leute, jetzt ist gleich Schluss!)
Die Aufregung lohnt sich nicht, Sie können ja dann noch einmal sprechen, Herr Minister Sklenar, aber keine Zwiesprachen.
Weder wesentliche Ergebnisse noch irgendwelche nachvollziehbare Rechnungen sind der Fraktion im Ausschuss bekannt gemacht worden. Die Vertreter der CDU scheinen möglicherweise andere Quellen zu haben. Wenn die CDU im Antrag schreibt, Modellrechnung und Bewertungen des Beratungsunternehmens hätten ergeben, dass nur eine Fusion bei gleichzeitiger Entschuldung maximale preisreduzierende Wirkung beim Fernwasser erwarten lasse, dann frage ich mich, welche Modellrechnung meinen Sie? Sicherlich kennt Herr Krauße diese Modellrechnung mehr als wir, das kann ich ja auch verstehen, dass die Opposition nicht immer über alles unterrichtet werden soll, aber Sie müssten vielleicht mal nachprüfen, was die CDUFraktion weiß oder ob sie nicht einfach nur diesem nachläuft und uns das vorschlägt, ohne auch diese Modellrechnung zu kennen oder Sie legen uns diese Modellrechnung auch vor. Fest steht jedenfalls, dass die immer wieder mit fadenscheinigen Argumenten begründete Verweigerung der Vorlage des Gutachtens nicht nur gegenüber der Opposition - wie gesagt, das könnte ich ja noch verstehen -, sondern auch gegenüber den Kommunen, die letztlich über die Frage, Fusion oder nicht Fusion entscheiden müssen, ist vollkommen unverständlich. Gerade weil dies so unverständlich ist, gibt dies Anlass zu allerlei Spekulationen. Befürchtet etwa die Landesregierung, dass ihr Versprechen, einen Fernwasserpreis von 62 Cent zu erreichen, auf Dauer nicht realisiert werden kann, weil die Kosten des Fernwassersystems eine Bereitstellung zu diesem Preis nur auf Kosten eines Kapitalverzehrs des fusionierten Unternehmens zulassen? Diesen Kapitalverzehr haben wir ja auch schon in den drei Unternehmen, um die es da geht im Moment. Was soll aber geschehen, wenn das Kapital dieses Unternehmens aufgezehrt ist? Will man dann vielleicht die Fernwasserversorgung doch meistbietend versteigern? Herr Minister, ich weiß, dass das nicht Ihr Anliegen ist, aber Sie müssen da vielleicht auf Herrn Trautvetter achten, der hat nämlich auch in der Presse diese Woche etwas anderes geschrieben.
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Er hat gesagt, er träumt.)
Ja, er träumt, aber er hat es erst einmal ausgesprochen, was andere träumen. Wenn Sie ehrlich sind, dann müssen Sie zugeben, dass es keiner Kommune und keinem Zweckverband zugemutet werden kann, einer Fusion zuzustimmen, ohne wirklich sichere und nachprüfbare Zahlen zur Wirtschaftlichkeit des Unternehmens zu kennen. Es nützt den Kommunen wenig, wenn ihnen erst nach der Fusion die entsprechenden Daten bekannt werden sollen. Ich kann jedenfalls alle gut verstehen, wenn sie mit diesem nicht einverstanden sind und die Katze nicht im Sack kaufen wollen.
Der Druck, den Sie jetzt mit Ihrem Antrag auf die Kommunen auslösen, indem Sie eine Fusion bis Ende 2003 oder vielleicht auch schon früher erzwingen wollen, ist vor diesem Hintergrund auch politisch vollkommen unverständlich. Sie machen damit den zweiten Schritt vor dem ersten und das auf Kosten der Fernwasserzweckverbände und der Kommunen. Neben den Kommunen muss auch der Landtag eine Entscheidung über diese Fusion treffen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Abgeordneter dieses hohen Hauses, außer vielleicht aus der Mitte, ohne ausreichend nachprüfbare Informationen über die Wirtschaftlichkeit des neuen Betriebs einer solchen Fusion quasi auf gut Glück zustimmen kann, um dann zu sehen, wie langfristig die Wirtschaftlichkeit doch nicht funktioniert. Also, es sind noch allerhand Fragen offen.
Nun zu Ihrem Fernwasserpreis von 62 Cent: Sie schreiben in der Begründung Ihres Antrags unter Punkt 4, dass nach Darstellung des Beratungsunternehmens ein Fernwasserpreis von 62 Cent realistisch erscheint. Da wissen Sie wieder einmal etwas mehr. Warum ist diese Prognose, von der Sie sprechen, niemals im Ausschuss vorgestellt und begründet worden? Ausreichend Gelegenheit dazu hatten Sie doch, Herr Minister, wir haben doch schon oft darüber gesprochen. Unsererseits besteht die Befürchtung, dass diese Prognose ebenso unzutreffend ist, wie bereits sämtliche vorhergehenden Prognosen zum Thema "Fernwasser in Thüringen". Es wäre schön, wenn die Landesregierung unsere Zweifel zerstreuen könnte.
Nun zur Ausweitung des Absatzes von Fernwasser: Die CDU-Fraktion setzt in ihrem Antrag ganz selbstverständlich auf die Ausweitung des Fernwasserabsatzes in Thüringen aus den Talsperren. Unklar ist allerdings, wie dies umgesetzt werden soll, denn auch bei einem Preis von 62 Cent ist für die meisten Kommunen die Nutzung von Fernwasser ökonomisch nicht attraktiv, weil in der Regel örtliche Grundwasser wesentlich billiger bereitgestellt werden können. Auch Fernwasser aus angrenzenden Bundesländern ist erheblich billiger, so ungefähr bei 40 Cent. Neben diesem ökonomischen Aspekt erscheint eine Erweiterung des Absatzes auch rechtlich problematisch. Die Ausweitung des Absatzes auf Kosten der örtlichen Grundwasser steht im Konflikt mit unserem Wassergesetz. Der § 63 Thüringer Wassergesetz geht von einer Gleichrangigkeit bzw. von einem Vorrang des örtlichen Rohwassers aus. Diese Vorschrift lässt nicht jegliche aufgezwungene Ausweitung des Fernwasserabsatzes zu, sondern nur, wenn ausreichende örtliche Wasservorkommen nicht vorhanden sind bzw. deren Nutzung wesentlich teurer ist als die Nutzung des Fernwassers oder das örtliche Wasser nicht von ausreichend guter Qualität ist oder wenn der Naturhaushalt beeinträchtigt ist.
Zusätzlich muss die Versorgung mit Fernwasser im Interesse einer regionalen Wasserversorgung sinnvoll sein. Insbesondere die Kosten der Nutzung des örtlichen Wassers von ca. 45 Cent sprechen gegen eine Ausweitung des Fernwassers, vielleicht außer in Teilen von Ostthüringen, da wissen wir ja, da brauchen wir eine extra Lösung.
Erst kürzlich hat das Umweltbundesamt betont, dass der Nutzung des örtlichen Wasserangebots rechtlich noch stärker Vorrang eingeräumt werden müsse.
Eine wesentliche Ausweitung des Fernwasserabsatzes ist nicht plausibel, weil tatsächliche Gründe einer Ausweitung entgegenstehen:
1. Es wird zukünftig weniger Nachfrage für Fernwasser geben. Bislang sind alle Wasserprognosen immer wieder nach unten korrigiert worden. Thüringen rechnet auch in den nächsten Jahren leider mit einem erheblichen Bevölkerungsschwund, wodurch sowohl tatsächliche als auch potenzielle Kunden für Fernwasser in Thüringen wegfallen. Auch angrenzende Bundesländer haben bereits mehrfach signalisiert, dass sie nicht an der Abnahme unseres Thüringer Sperrenwassers interessiert sind wegen des Preises; auch für 62 Cent möchten sie unser Wasser nicht kaufen.
2. Die geplante Ausweitung der Fernwasserabnehmerschaft wird dadurch begrenzt, dass Fernwasser nicht überall zu verteilen ist, Herr Minister, das wissen Sie auch. Voraussetzung dafür ist der Bau von teuren Fernleitungen. Pläne und Konzepte für eine Verteilung des Fernwassers an Neukunden sind im Moment nicht bekannt und aufgrund der Kostenstruktur wohl auch wenig erfolgreich. Schließlich muss auch aus umweltpolitischen Gründen dem einfachen Ersetzen örtlichen Grundwassers durch Fernwasser eine Absage erteilt werden. Die Nutzung von örtlichem Grundwasser ist in der Regel ökologisch günstiger als die Nutzung von Fernwasser. Überdies schafft es auch Anreize für einen behutsamen Umgang mit den natürlichen Ressourcen vor Ort. Hier treffen Ökologie und Ökonomie zusammen.
Es kann festgestellt werden, dass die Probleme im Bereich Fernwasserversorgung, die von der CDU-Landesregierung jahrelang verschleppt wurden, auch jetzt nicht gelöst, sondern nur auf Kosten der Zweckverbände und der Kommunen in die Zukunft verschoben werden sollen. Wenn Sie eine Solidargemeinschaft im Bereich der Wasserverbraucher aufbauen wollen, um diejenigen, die kaum andere Möglichkeiten haben als Fernwasser zu beziehen, nicht übermäßig mit Kosten zu belasten, würden