Frau Abgeordnete Bechthum hat Sie, Herr Abgeordneter Hahnemann, als Schwarzseher bezeichnet. Ich würde meinen, man könnte auch sagen, Nestbeschmutzer und Ideologe sind Sie.
Sie erwecken diesen Eindruck, indem Sie auf das kurze Gedächtnis der Menschen setzen, indem Sie Dinge halb und falsch darstellen, um Ihre Ideologie durchzusetzen, verlassen das gemeinsame Podest, wenn Sie zitieren aus einer Internetaussage, ohne konkret zu bezeichnen, von wem diese Aussage ist. Das gehört zur Seriosität dazu, dass man die Fundstelle sagt, wer das gesagt hat, und sagen, das sind die Politiker, so sind sie und anschließend machen sie eine Koordinierungsstelle. Ich meine, der Geist dieses Hauses sei der gewesen, den sie damals im Mai 2000 nach dem schlimmen Anschlag auf die jüdische Synagoge hier in einer gemeinsamen Erklärung gefasst haben, indem alle sich gegen diesen Extremismus ausgesprochen haben. Das ist die Einstellung unserer Politiker in Thüringen und nicht, wie Sie dartun wollen, ein vom Fremdenhass geprägter Stil.
Wie Sie das dann versuchen herüberzubringen, das möchte ich ganz einfach an zwei, drei Beispielen dartun. Sie sprechen im Zusammenhang mit Gewaltprävention von einem Anstieg von 50 Prozent und demgegenüber seien diese 14,2 Prozent zwar ein Rückgang, doch ein zu vernachlässigender. Das ist die übliche Art und Weise der Halbwahrheiten. Angestiegen um 50 Prozent waren im Jahr 2000 von 1999 die fremdenfeindlichen Straftaten. Das sind die Propagandadelikte, die waren um 50 Prozent angestiegen, aber keinesfalls die Gewalttaten. Die Gewalttaten waren angestiegen um 12,5 Prozent. Wenn Sie dann berücksichtigen, dass die Gewalttaten um nicht 14 Prozent, sondern um 24 Prozent zurückgegangen sind, dann werden Sie sehen, dass wir tatsächlich einen echten Rückgang an Gewalttaten im Bereich der fremdenfeindlichen Straftaten haben. Das heißt, diese Propagandadelikte, die Sie eben angeführt haben, das sind nicht die Delikte, die hier Gegenstand der Betrachtung sind.
Das Bild, was Sie zeichnen, ist darauf abgestellt, bei den Bürgerinnen und Bürgern Angst zu schüren.
Ich will Ihnen nämlich genau sagen, was an konkreten Zahlen dahinter steht. Wenn wir einmal schauen, ich sagte, von 1999 auf 2000 sind die Propagandadelikte - das sind eben die Delikte wie das Tragen von Emblemen und entsprechende verbale Äußerungen - angestiegen von 558 auf 1.195, das ist viel. Die fremdenfeindlichen Gewaltdelikte sind angestiegen von 1999 auf 2000 von 104 auf 117. Auch zu viel, keine Frage, aber längst nicht in dieser Dimension, wie Sie das hier versuchen darzutun, und sie sind zurückgegangen von 2000 auf 2001 von 117 auf 86. Dann schaue ich einmal nach in meiner Aufstellung, da sehe ich, dass wir damit auf einen Stand zurückgefallen sind, Gott sei Dank, wie wir ihn 1995 hatten. Das ist das wahre Bild, das heißt, es ist enorm etwas geleistet worden in diesem Land.
Ich meine, es wäre sehr viel aufrichtiger gewesen, wenn Sie einmal die Erfolge dargetan hätten, die wir aufzuweisen haben. Diese Erfolge, das sind die Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit.
Ich darf vielleicht daran erinnern, dass wir am 24.01.2000 in Erfurt diesen ausländerfeindlichen Angriff auf einen jugendlichen indischen Staatsangehörigen hatten, der Täter ist am Tag darauf verurteilt worden. Ich darf darauf hinweisen, dass zwei Tschechen, die im vergangenen Sommer in der Gedenkstätte Buchenwald vor der Genickschussanlage den Hitlergruß zeigten, am nächsten Tag rechtskräftig verurteilt wurden. Das ist die Art und Weise, wie wir hier reagieren.
Und wenn Herr Seela eben gesagt hat, das positiv hervorgehoben hat, dann nicht mit dem Zungenschlag, der Justizminister hat das veranlasst. Nein, das kann der Justizminister nicht, aber was getan werden kann hier in Thüringen, das wird getan, ein Klima zu schaffen, in dem unsere Richter und Staatsanwälte wissen, was Sache ist und dann richtig judizieren. Das ist unser Verdienst.
Ich bin jedenfalls froh, dass wir eine Koordinierungsstelle und keine Zentralstelle haben, denn da kann jedes Ressort zunächst seine Eigenverantwortlichkeit wahrnehmen und Gutes tun. Und gutes tun, Frau Pelke, bedeutet auch in diesem Zusammenhang, dass wir natürlich den Bereich der Jugendkriminalität besonders im Auge haben. Wir haben eine Jugendstation in Gera eingerichtet, indem verschiedene Stellen zusammenarbeiten wie Jugendhilfe, Polizei, Justiz, Schule. Ich denke, das ist der richtige Weg. Ich meine, wir sollten die Ressorts stark machen - und das tun wir -, indem wir dann eine erfolgreiche Politik betreiben und dann hat die Koordinierung schon ihre Aufgabe, die sie dann auch wahrnimmt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich kann Ihnen nicht ersparen, hier noch mal nach vorn zu gehen. Nach dem, was jetzt alles gesagt worden ist, bin ich auch so ehrlich, Ihnen zu sagen, ich will es auch gar nicht, denn vieles von dem, was uns hier entgegengehalten worden ist, war entweder in sich nicht konsequent oder unehrlich. Ich habe die Kritik von Herrn Böck zum Beispiel überhaupt nicht verstanden, der sich hier vorne hinstellt und erzählt, es ginge darum, wie Gewalt und alle anderen Erscheinungen am besten bekämpft werden können. Wenn dann irgendjemand der Meinung ist, dass man das anders besser machen kann, dann ist er völlig konsterniert. Es ist köstlich für einen Demokraten, dass er plötzlich, wenn eine andere Meinung als seine eigene auf ihn kommt, dass er dann völlig fertig ist. Dann hat er unsere Vorschläge in Beziehung gebracht zum Rezept der deutsch-sowjetischen Freundschaft. Anschließend hat er hier ausgewälzt, wie er sich das Eingreifen und das Steuern der Landesregierung vorstellt. Dann fühle ich mich, ehrlich gesagt, einfach nicht mehr ernst genommen, wenn jemand selbst da so richtig austobt, was er mir im Grunde genommen nicht zugesteht.
was ich versucht hatte, klar zu machen. Wenn wir jedes Problem, das uns einfällt - und Sie jetzt sogar noch den Kollegen Dittes und die unselige Hassdemo - auch noch für einen Fall der Koordinierungsstelle erklären, dann sind die bald völlig überlastet. Da wird alles, womit man irgendwie Schwierigkeiten hat, dann irgendwie in diese Koordinierungsstelle gepackt. Ich bin eben der Auffassung, mit dieser ewigen Gleichbehandlung auch qualitativ unterschiedlicher Arten von Gewalt, das ist genau die Überforderung der Koordinierungsstelle, auf die ich hinweisen wollte. Das kann nicht funktionieren. Es ist eben ein Unterschied, ob jemand seine Frau prügelt, oder ob jemand einen Ausländer aus rechtsextremistischen fremdenfeindlichen Gründen prügelt. Das ist nicht die gleiche Gewalt.
Das ist qualitativ eine ganz andere. Wenn Sie die in die Hand der gleichen Leute, der gleichen Mechanismen und der gleichen Methoden legen, dann werden Sie nichts ernsthaft dagegen tun können.
Dann gebe ich eins zu, Herr Seela, das ist mir aber auch wichtig, es ausgerechnet an dem Beispiel Jena zuzugeben.
Meine Damen und Herren, liebe Kollegen, könnten Sie sich noch ein bisschen mit Ihrem allgemeinen Gemurmel gedulden. Lassen Sie den Redner aussprechen und zu Ende kommen.
Es geht mir nicht darum, Jena in die rechtsextremistische Ecke zu stellen. Aber ich sage Ihnen auch ganz ehrlich, wenn ein ausländischer Wissenschaftler in Jena zusammengeschlagen wird oder wenn ein Asylbewerber und eine Asylbewerberin zusammengeschlagen wird, geht es mir zunächst erst einmal überhaupt nicht um Jena, sondern es geht mir zunächst erst einmal um das Opfer einer solchen Attacke.
Das ist das Wichtigste. Wenn in diesem Falle zwei Wissenschaftler zusammengeschlagen worden sind und da vielleicht tatsächlich kein rechtsextremistischer Hintergrund vorliegt, bei den anderen Fällen, wo es nicht um öffentlichkeitswirksame, um prominente Leute ging, da stand der Rechtsextremismus sehr wohl dahinter. Das sind die Fälle, die uns eigentlich bewegen müssten, nicht die, die uns zwei Sonntage mal bewegt haben.
Ja bitte, oder am Ende bitte, Frau Bechthum. Es könnte sein, dass ich bei der Unruhe im Saal am Schluss keine Zeit mehr habe. Da wäre ich Ihnen ganz besonders dankbar, wenn Sie mir noch welche liefern würden. Das wäre auch genau der Punkt, Frau Pelke, wo man genau sondieren müsste. Sie haben das gesagt, das eben gerade die Vernetzung wichtig ist. Wir dürfen aber auch nicht, sagen wir mal, Potenzen und Kompetenzen in eine Vernetzung stecken, die dann Dinge miteinander vernetzt, die gar nicht miteinander vernetzt werden dürfen. Es muss genau sondiert werden, was ist vernetzbar und was nicht. Ansonsten schmeißen wir wirklich die häusliche Gewalt und alles übereinander und kommen am Schluss nicht mehr hin
Bei Frau Tasch kann ich mich nur entschuldigen, wenn ich ihre Fastenzeit allzu turbulent gestaltet habe.
Aber, Herr Minister, ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Das falsche und böse Bild und der Nestbeschmutzer, das sind Anwürfe, die kenne ich noch aus den Zeiten von vor mehr als zehn Jahren. Das, Herr Minister, bin ich gewöhnt. Das ficht mich nicht an, sage ich ganz ehrlich. Ich habe in meinem Redebeitrag klar gesagt, das Zitat, das ich vorgetragen habe, stammt aus einer Publikation der Koordinierungsstelle.
(Zwischenruf Dr. Birkmann, Justizminister: Wer hat das denn gesagt? Die Wirtschaftspo- litiker hätten das gesagt, was Sie hier vorge- tragen haben.)
(Zwischenruf Dr. Birkmann, Justizminister: Sie haben gesagt, das ist das Ergebnis einer Untersuchung.)
Das ist das Ergebnis einer Untersuchung, die in dieser Publikation der Koordinierungsstelle vorgestellt wird. Ich habe gesagt, dass es dazugehören würde, wenn man diese Ergebnisse bei einer Untersuchung bekommt, dass man dann auch sagt, wer für diese Ergebnisse verantwortlich ist,
dass diese Bürgerreaktionen von Politikern herbeigeredet werden. Das habe ich gesagt. Nicht das, was dort geschrieben stand, ist von Politikern gesagt worden. Nein, das sind die Ergebnisse von "Das Boot ist voll". Das sind Wirtschaftsasylanten, die kommen nur her, um sich bei uns einen Bunten zu machen usw., das sind diese Ergebnisse, das habe ich gesagt. Bei den Zahlen und Fakten haben Sie mir nur nicht richtig zugehört. Herr Minister, ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass ich der tiefen Überzeugung bin - und ich glaube, da lag ich vom Herrn Staatssekretär gar nicht so weit weg -, dass der Rückgang der negativen Bilanzen nicht auf die Arbeit der Koordinierungsstelle zurückzuführen sein kann. Von einem bin ich einfach ganz fest überzeugt: Mit der zeitnahen Verurteilung von Tätern haben wir nichts, aber auch nichts, zur Lösung der Probleme beigetragen.