Protokoll der Sitzung vom 14.03.2002

um nicht verfolgt und abgeschoben zu werden." So weit das Zitat von Steffen Kachel.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Sie gehen doch nicht.)

Aber die Darstellung im vorliegenden Dossier offenbart die Logik des Landesamts für Verfassungsschutz und offenkundig auch des Thüringer Innenministers. Jeder, der sich für eine friedliche Lösung der Kurdenfrage einsetzt im Sinne der in Kurdistan lebenden Menschen, und zwar auch dann, wenn er sich mit politischen und demokratischen Mitteln der Meinungsäußerung einsetzt, macht sich in Ihren Augen, Herr Köckert, der Unterstützung einer verbotenen Organisation schuldig, die im Übrigen, meine Damen und Herren, und das bezeichnenderweise, nur in zwei Ländern, nämlich in der Türkei und in der Bundesrepublik Deutschland verboten ist.

(Zwischenruf Köckert, Innenminister: Aber sie ist verboten, das können Sie doch nicht ignorieren.)

Allein diese Unterstützung des Anliegens einer friedlichen Lösung der Kurdenfrage mag Ihnen für die politische Diffamierung, Herr Köckert, ausreichend sein, aber tatsächliche Anhaltspunkte im Sinne des Verfassungsschutzgesetzes sind dies keinesfalls. Das kann ich Ihnen auch sagen, im Gegensatz zu einigen CDU-Bundespolitikern habe ich keinerlei Kontakte, weder offizielle noch inoffizielle, noch konspirative, noch informelle Kontakte zu den Strukturen der PKK, sehr wohl aber zu Kurdinnen und Kurden, die in ihrem Asylverfahren gegenüber der Ausländerbehörde angegeben haben, Mitglied der PKK zu sein und genauso für eine politische Beendigung der andauernden Menschenrechtsverletzungen in der Osttürkei eintreten.

Der 4. Punkt im Dossier mag sicherlich der auch für Sie interessanteste sein, er wird mit "Aktionen gegen den Verfassungsschutz" übertitelt. "Nach Pressemeldungen" - ich zitiere wieder - "fand auf Initiative von D. im Frühjahr 1999 ein Antifa-Treffen im Thüringer Landtag statt. Nach Diskussionen in der Szene soll hierbei erörtert worden sein, wie die Arbeit des TLfV, insbesondere die Herausgabe des Nachrichtendienstes, behindert werden könne. Es ist erörtert worden, wie man den Zugang in die Behörde schaffen könne, der Weg über das PKK-Mitglied Dietl sei nicht Erfolg versprechend.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Der war noch der einzige von euch, der Charakter hatte.)

Im Rahmen von Sicherheitsermittlungen wurde der Abgeordnete Dietl zu diesem Komplex befragt. Er bestätigte, dass wiederholt das Ansinnen an ihn herangetragen worden sei, aus der PKK zu berichten, was er aber abgelehnt habe. Die Richtigkeit der Aussage von MdL Dietl

wurde später bestätigt. D. hat in der Folgezeit versucht, die Arbeit des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz offen bzw. lahm zu legen und durch Kataloge von Ausforschungsfragen die Bekämpfung des Rechtsextremismus zu behindern. Diese nur scheinbar widersinnige Verhaltensweise ist konsequent, um nachweisen zu können, dass die Sicherheitsbehörden die Gefahr von Rechts nicht ernst nehmen."

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist schon überschritten.

(Unruhe bei der CDU)

Ich nehme das erst einmal zur Kenntnis. Es kann ja sein, dass Sie darüber sehr erfreut sind, Herr Seela. Ich kann Ihnen den Rest ja auch noch tatsächlich versichern. Ich will Ihnen aber noch, da ich im Dossier mit dem Zitat darüber angefangen habe,

Herr Abgeordneter, wenn die Redezeit überschritten ist, dann nehmen Sie bitte Platz.

(Beifall bei der CDU)

Ich werde mir sicher die Gelegenheit aufheben, zu einem späteren Zeitpunkt zu diesem Teil noch einmal Stellung zu nehmen. Vielen Dank.

(Unruhe bei der CDU)

(Beifall bei der PDS)

Mir liegen keine weiteren Redewünsche mehr vor. Der Innenminister möchte noch einmal sprechen.

Das ist schon eine bemerkenswerte Vorstellung, die hier vom Abgeordneten Dittes geliefert wird.

(Beifall bei der CDU)

Es ist ja unzweifelhaft so, und ich hätte das nicht so direkt angesprochen, aber nun muss es angesprochen werden, dass Sie auch noch stolz zu sein scheinen auf Ihre rechtswidrigen Handlungen vielerlei Art und Weise.

(Beifall bei der CDU)

Auch wenn Sie uns hier vorführen wollten, als wären das ganz harmlose Dinge, die vielleicht mit dem Strafgesetzbuch was zu tun haben, aber dann nur, weil es missverstanden wird.

Meine Damen und Herren, das ist der Skandal, dass Sie hier stolz Ihre rechtswidrigen Handlungen vortragen

(Beifall bei der CDU)

und sie auch noch verharmlosen in diesem Hause. Es ist doch nicht Zufall, Herr Dittes, dass sich immer wieder und in den letzten Monaten zunehmend - Ihre Fraktion von Ihnen distanziert hat, bis hin zu Ihrem Fraktionsvorsitzenden, der sehr deutlich ausgedrückt hat, weshalb er mit Ihren Handlungen, Taten und Äußerungen nicht mehr konform gehen kann, zumal, wenn es darum geht, dass es "tausend Gründe gibt, Deutschland zu hassen", meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Mit welcher Einhelligkeit die Fraktion dann plötzlich hier sitzt und diesem Abgeordneten auch noch den Rücken stärkt, zeigt doch deutlich, dass die damalige Distanzierung nur eine Farce war, meine Damen und Herren. Es ist beschämend, das hier zu erleben.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Da hat Herr Ramelow eine Medaille verdient.)

Man stelle sich schon folgende Situation vor, meine Damen und Herren, z.B. im Jahre 1998 nach einer Landtagswahl in einem bestimmten Land, die Besetzung der dortigen G-10-Kommission steht an, ein neu gewählter Abgeordneter "X" der DVU mit Kontakten in die rechtsextreme Szene wird von seiner Fraktion für die Wahl in dieses Gremium vorgeschlagen. Man stelle sich weiter vor, der Kollege Innenminister wäre über diese Kontakte unterrichtet und würde davon absehen, den dortigen Landtag nicht über Verbindungen dieses Abgeordneten in die rechtsextremistische Szene zu unterrichten. Die Folge wäre, der Abgeordnete würde gegebenenfalls dort hinein gewählt und käme somit

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Da können wir es 1:1 weitergeben.)

an Informationen, die diese Szene betreffen und deshalb nicht für diese Szene bestimmt sind, heran. Wie wäre wohl, wenn das dann bekannt geworden wäre, die Reaktion einer solchen Fraktion gewesen, einer PDS-Fraktion zum Beispiel in einem solchen Landtag. Meine Damen und Herren, mit Schaum vor dem Mund würde man die Sinn- und Tatenlosigkeit des Verfassungsschutzes konzedieren und die zuständige Regierung geißeln. Mit Schaum vor dem Mund würde man behaupten, die Regierung wäre auf dem

rechten Auge blind.

(Beifall bei der CDU)

Und Sie wollen uns weismachen, dass all dieses, was ich Ihnen jetzt als Bild für die rechtsextremistische Szene genannt habe, für die linksextremistische Szene nicht gilt? Das ist doch lächerlich, was Sie hier abziehen.

(Beifall bei der CDU)

Ich will eines noch einmal deutlich sagen, weil hier auch viel unterstellt wird: Erstens, es ist nicht gezielt eine Person beobachtet worden. Aber wenn der Verfassungsschutz die linksextremistische Szene beobachtet, dann funktioniert das natürlich bei den Beamtinnen und Beamten nicht so wie im Fernsehen, wo dann auf einmal weiße Flecken auftauchen, wenn bestimmte Personen über den Bildschirm laufen, meine Damen und Herren. Wenn man immer wieder auf bestimmte Personen trifft in der Beobachtung der linksextremistischen Szene unterschiedlicher Art und Weise, die ist ja sehr vielgestaltig, dann ist das nicht eine gezielte Beobachtung einer bestimmten Person, sondern diese Person taucht immer wieder im Gesichtskreis auf. Woran liegt denn das wohl, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der CDU)

Deshalb führt der Hinweis vom Kollegen Pohl, man dürfe Abgeordnete vielleicht nur beobachten nach Informationen der PKK, hier nicht weiter.

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Nein, nicht vorher.)

Es hat so etwas nicht stattgefunden. Wir werden uns in der Diskussion für das Verfassungsschutzgesetz eh noch darüber verständigen müssen, wie die Dinge sind. Nur, dass dieses Missverständnis hier nicht stehen bleibt. Es geht nicht darum, dass hier eine Person gezielt beobachtet worden ist und dass dann ein gezieltes Personendossier angeschafft worden ist.

Zweitens, und das muss ich mit aller Entschiedenheit zurückweisen für meine Person, Frau Kaschuba, Sie haben gesagt, der Thüringer Innenminister hätte ein Dossier über den Abgeordneten Dittes erstellt.

(Zwischenruf Abg. Dr. Koch, PDS: Angefordert, nicht erstellt!)

Dieses ist schlicht und ergreifend erlogen und auch aus den Ihnen vorliegenden Unterlagen geht nicht hervor, ich hätte ein Dossier erstellt. Schauen Sie einmal nach, was Sie gesagt haben. Im Übrigen will ich für den Kollegen Schuster auch noch hier ganz deutlich sagen: Der Kollege Schuster hat es gesagt, dem Fraktionsvorsitzenden Ramelow ist es mitgeteilt worden auf seine Anfrage an den Ministerpräsidenten, dass der Kollege Schuster nicht ir

gendwelchen Informationen über einen Kollegen Abgeordneten eingeholt hat. Nun kann ich noch einmal sagen, man kann ja irgendwelche Ausführungen eines ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten, die süffisant in einem Untersuchungsausschuss getätigt worden sind, Glauben schenken, wenn man will. Aber es ist eben genau der Präsident, dem man oft genug vorher keinen Glauben schenkte.

(Beifall bei der CDU)

Man nimmt die Dinge, wie man sie braucht. Das ist ein Präsident, dessen Ablösung Sie verlangt haben, weil er untragbar war für die Führung dieses Amtes. Jetzt ist er auf einmal der wichtigste Kronzeuge, weil Sie ihm das glauben; den Unsinn, den er meint jetzt verbreiten zu müssen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Auswertung dieser heutigen Sitzung wird nicht nur für Sie, Herr Ramelow, interessant sein, sondern die wird natürlich auch für uns alle interessant sein. Ich empfehle nur, diesen heutigen Verlauf der Diskussion noch einmal deutlich zu lesen, worum es dann im Einzelnen geht und warum man sich so stellt, wie man sich gestellt hat. Dass man da erst so diskutiert, als stünde zu vermuten, der Innenminister selbst habe den Spiegelartikel geschrieben - das habe ich vorhin schon gesagt -, als hätte ich diese Dinge an die Öffentlichkeit gebracht, das ist ja lächerlich, meine Damen und Herren,

(Beifall bei der CDU)