Protokoll der Sitzung vom 15.03.2002

Meine sehr verehrten Damen und Herren, für die Wirtschaft sind die Aussagen mit Blick auf die Produktivität, die im Abschlussbericht der Enquetekommission eindeutig aufgeführt sind, natürlich zu beachten. Ich zitiere aus dem Bericht: "Eine Steigerung der Produktivität der ostdeutschen Wirtschaft ist allerdings eine Voraussetzung für eine Zunahme der Reallöhne der Beschäftigten." Daraus ergeben sich sehr konkrete Handlungsfelder, die auch vollkommen klar sind, die auch vom Ministerpräsidenten hier in der Regierungserklärung dargestellt sind und die auch Grundlage der Politik der letzten Jahre waren. In Zukunft geht es um eine noch engere Verzahnung von Grundlagenforschung und wirtschaftsnaher Forschung auf der einen Seite und der Wirtschaft auf der anderen Seite; das heißt, die Förderung der Clusterbildung und die Unterstützung der Innovationsfähigkeit des Thüringer Mittelstands sind deshalb wesentlich. Ich verweise auf den entsprechenden Antrag unserer Fraktion vom Oktober letzten Jahres.

(Beifall bei der CDU)

Ich denke, auch die Neuordnung der Landesgesellschaften, die derzeit vorgenommen wird, ist zeitgemäß und auf dieses Ziel ausgerichtet. So werden wir die zukunftsgerechte Weiterentwicklung der Branchenstruktur, die zwingend ist, die Förderung von Betriebsgrößenwachstum, die Unterstützung bei der Akquisition auch von Absatzmärkten und für die Konsolidierungs- und Liquiditätsunterstützung die Rahmenbedingungen erhalten und ausbauen. Damit keine Missverständnisse auftreten, Clusterbildung und deren Unterstützung heißt weder, dass wir die Baubranche als wichtigen Motor der Wirtschaft vergessen, die Investitionsleistungen des Landes machen dies sehr deutlich, dazu gehört auch der Erweiterungsbau am Thüringer Landtag, noch heißt dies

(Beifall bei der CDU)

ich bin sehr froh, dass Herr Witschel gestern Abend (ich habe einmal gehört, er ist eingeschriebenes SPD-Mit- glied) sich gefreut hat, dass wir im nächsten Jahr dann im neuen Haus diesen Empfang für den Thüringer Beamtenbund durchführen -,

(Beifall bei der CDU)

dass wir ausschließlich die so genannte Leuchtturmförderung betreiben. Als Beispiele verweise ich auf konkrete Vorhaben zur Wirtschaftsförderung im Kyffhäuserkreis und im Landkreis Altenburger Land.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die in Thüringen traditionell vorhandenen und neu geschaffenen Wissenschafts- und Forschungsstandorte sind wichtige Impulsgeber. Kooperationen zwischen Hochschulen bzw. Fachhochschulen tragen schon jetzt in der Kooperation mit den Unternehmen gute Früchte. Ein ausgezeichnetes Beispiel für die erfolgreiche Kooperation von Wirtschaft und Hochschulbildung ist die Berufsakademie. Sie ist ein Erfolgskonzept in Thüringen und ich bin der Thüringer Wirtschaft dankbar, dass sie dieses mit uns gemeinsam auf den Weg gebracht hat.

(Beifall bei der CDU)

Ich finde, wir müssen alle miteinander darauf achten, dass auch in Zukunft bei der hochschulischen Profilierung ein besonderer Schwerpunkt auf Studiengänge der Technik, der Informatik und der Betriebswirtschaft gelegt wird. Dabei ist mir vollkommen klar, dass wir auch die geisteswissenschaftlichen Studien in Thüringen erhalten und ausbauen müssen. Aber unsere wirtschaftliche Prosperität werden wir besonders über solche Studiengänge und die Synergien mit der Wirtschaft in Zukunft weiterentwickeln können. Ich glaube, dass dazu die Hochschullandschaft in Thüringen gut ausgestaltet ist und auch die Werbung nach außen macht deutlich, dass unsere Thüringer Hochschulen in diesem Bezug besonders attraktiv sind. Dass geisteswissenschaftliche Studien nicht zurückstehen, hat, denke ich, die Landesregierung immer deutlich

gemacht. Ich denke an die Gründung der Erfurter Universität, ich denke auch an die möglicherweise bald in Aussicht stehende Integration der Katholischen Fakultät in die Universität Erfurt. Das Engagement des Ministerpräsidenten in Bezug auf diese Leistung möchte ich besonders hervorheben.

(Beifall bei der CDU)

Unsere Hochschulpolitik findet breite Anerkennung. Im Hochschulranking liegen Thüringer Hochschulen an obersten Plätzen und mit dem Landeshochschulplan bis 2008 haben die Hochschulen auch eine klare Perspektive erhalten. Die Novellierung des Thüringer Hochschulgesetzes wird dazu beitragen, den Wissenschafts- und Hochschulstandort Thüringen noch weiter zu stärken. Was es heißt, dass SPD mit PDS regiert im Blick auf Hochschul- und Wissenschaftspolitik, das können Sie derzeit in Berlin nachvollziehen. Mit die erste Entscheidung, die in Berlin gefällt worden ist, war die Entscheidung, eine der wichtigen, auch wissenschaftlich tätigen Klinik zu schließen. Das ist rot-dunkelrote Wissenschaftspolitik.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Ellenberger, SPD: Haben Sie nicht vor Jahren die Medizinische Aka- demie zugemacht?)

Ja, sehr deutlich und auch mit einer klaren Bekenntnisaussage. Wir brauchen leistungsfähige Hochschulstrukturen und es war uns wichtig, dass wir nicht zwei Fakultäten in der Medizin in Thüringen profilieren, weil das unsere Möglichkeiten überfordert hätte. Und wir haben auf Qualität gesetzt und nicht auf Quantität.

(Beifall bei der CDU)

Ein klares Wort zur Bildungspolitik, meine sehr verehrten Damen und Herren, im Freistaat. Die Thüringer SPD und ihre Position "Bildungskatastrophe in Thüringen" ist grotesk und unhaltbar. Meine sehr verehrten Damen und Herren, der PDS-Fraktionsvorsitzende hat heute wieder einmal deutlich gemacht, wie man demoskopische Befunde politisch instrumentalisieren kann. Allensbach-Archiv: Gefragt wurde "sehr zufrieden" - Aussage: 21 Prozent der Thüringer und der Sachsen haben dieses angekreuzt. Dass Sie daraus schlussfolgern, dass über 70 Prozent unzufrieden sind, ist eine reine Lüge. Das kann man aus diesem Befund überhaupt nicht herauslesen.

(Beifall bei der CDU)

Ich will Ihnen aber einen viel klareren Schluss, den man aus diesem Befund herauslesen kann, darstellen. Thüringen und Sachsen und die Zufriedenheit mit dem Bildungssystem stehen an der ersten Stelle unter den jungen Ländern, deutlich dahinter Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Dort regieren Sie in

zwei Ländern mit.

(Beifall bei der CDU)

Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine solide und leistungsfähige Bildungsstruktur ist in Thüringen entstanden. Wir haben zeitgerechte Lehrpläne, wir haben eine engagierte Lehrerschaft und der Ruf der Thüringer Schule ist deutschlandweit sehr gut.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir eine schwierige demographische Entwicklung miteinander zu gestalten haben, hat auch zur Konsequenz, dass wir Personalreduzierungen vornehmen müssen. Aber hier ist durch den Herrn Kollegen Gentzel Falsches in den Raum gestellt worden. Das möchte ich doch noch einmal deutlich beleuchten. Herr Minister Dr. Krapp hat im letzten Jahr 580 Kündigungen im Grundschulbereich aussprechen müssen, 410 davon sind abgeschlossen. Sehr geehrter Herr Kollege Gentzel, weit über 70 Prozent sind damit juristisch auch erledigt und nicht, wie Sie das hier dargestellt haben.

(Beifall bei der CDU)

Nun ein Wort zur PISA-Studie: Nach meiner festen Überzeugung hat die PISA-Studie vor allen Dingen Fragen an das deutsche Bildungssystem insgesamt gestellt und vor allen Dingen Fragen an das häufig ideologisch orientierte Schulreformern der alten Länder in den letzten Jahrzehnten. Meine Damen und Herren, ich halte überhaupt nichts vom Schwarzen-Peter-Spiel. Schule ist ein Seismograph unserer Gesellschaft. Im Vordergrund stehen Schüler und Lehrer, aber im Hintergrund erscheint doch unsere Gesellschaft und auch so manche Fehlentwicklung. Schule kann allein diese Fehlentwicklung eben nicht ausgleichen. Sie kann nicht, bildlich gesprochen, die Rehabilitationseinrichtung in unserer Gesellschaft sein. Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, für Veränderungen im Blick auf Bildung und Erziehung tragen wir alle Verantwortung - die Politik, die Eltern, Kindergärten, Schüler, Lehrer, die Wirtschaft und nicht zuletzt die Medien. Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, geht es um die Frage, wie wir die Bildungskultur in Deutschland wieder mit neuem Leben füllen. Dabei ist Thüringen, glaube ich, eher in der vorderen Position mit dem Bildungssystem, das sich klar an Leistung und die Person wendet. Die regionalisierten Daten werden im Laufe des Jahres vorliegen. Wir werden sie natürlich analysieren. Aber schon jetzt ist für mich klar, das ganze Bildungssystem unter Generalverdacht zu stellen, ist absurd.

(Beifall bei der CDU)

Klare inhaltliche Standards, die erhalten und geprüft werden, eine Differenzierung, die das individuell Leistbare stärkt, eine klare Orientierung an Notwendigkeiten

der beruflichen und wirtschaftlichen Wirklichkeit - das müssen und werden auch in Zukunft unsere Orientierungspunkte im Blick auf den Bildungs- und Erziehungsauftrag sein. Wir setzen auch weiter auf klare Leistungsorientierung und darauf, dass wir die Lehrerinnen und Lehrer in ihrem Auftrag stärken. Eine pauschalierte Abqualifizierung dieses wichtigen Berufsstandes ist falsch und was Kanzler Schröder als Ministerpräsident in Niedersachsen vor Jahren geäußert hat, spricht eine klare Sprache.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Das ist lang- weilig.)

Frau Pelke, das ist nicht langweilig. Wenn einer der bedeutendsten Politiker in Deutschland Lehrer als faule Säcke bezeichnet, dann missbraucht er sein Amt und zeigt, wessen Geistes Kind er ist.

(Beifall bei der CDU)

Er hat auch die Arbeitslosen zwischenzeitlich beschimpft. Er bringt immer eimmal so Biertischparolen in die Öffentlichkeit, weil er damit meint, von der einen oder anderen Seite Stimmungen für sich zu erwerben. So ist er nun mal, der Medienkanzler.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Wort zur Kunst und zur Kultur. Ganz klar, bei der historischen Bedeutung von Kunst und Kultur in diesem Land, bei der Vielfalt, die wir haben, haben wir auch eine Verpflichtung, diese Vielfalt in die Zukunft hinein zu entwickeln, weil sie mit dafür steht, dass Thüringen in der Mitte Deutschlands attraktiv weit über Deutschland hinaus ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Thüringen gibt pro Einwohner bereits mehr Geld für Kultur aus als jedes andere Land in Deutschland. Wenn Sie sich die Liste der Kulturausgaben sowohl der institutionellen Förderung als auch der Projektförderung einmal anschauen, Herr Gentzel, dann ist Ihre Behauptung sowohl im Blick auf Breiten- als auch im Blick auf Spitzenkultur schlicht falsch.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: 40 Prozent unserer...)

Ich höre Ihr Gemecker aus den hinteren Reihen zwar immer, aber ich kann es nicht verstehen. Dass wir nun aber im Blick auf die Spitzenkultur auch zukünftig auf Qualität achten müssen und dass wir deshalb Strukturreformen bei der Orchester- und Theaterlandschaft in Thüringen brauchen, das steht für mich außer Frage und da möchte ich den Intendanten aus einem Ostthüringer Theater, der gestern mit einem Interview abgedruckt war, nur noch einmal ins Gedächtnis rufen.

(Beifall bei der CDU)

Das Land hat den Städten Weimar und Erfurt die Hand gereicht. Im Übrigen ist diese Entwicklung nicht erst in dieser Legislaturperiode aufgezeigt, sondern ist auch schon in der letzten Legislaturperiode auf den Weg gekommen. Jetzt sind die Träger gefordert. Ich begrüße und wir als Fraktion, dass das Land weiterhin zu seiner Finanzierungszusage steht, aber auch gleichzeitig deutlich macht, dass künstlerische Qualitätsstandards zukünftig noch stärker gewahrt bleiben müssen.

(Beifall bei der CDU)

Wir begrüßen, dass die nächste Thüringenausstellung im Jahr 2004 in Sondershausen den Residenzstädten gewidmet ist, denn gerade diese Residenzstädte stehen für unsere Kulturtradition, die wir erhalten und als Wert auch nach außen darstellen wollen.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kommunalpolitik ist eine der wesentlichsten Politikbereiche der Thüringer Landespolitik und der Unionspolitik, denn jeder weiß, Gesicht und Struktur des Landes wird vor allem in den Kommunen geprägt. Ich glaube, was sich in den Kommunen seit der Wende verändert hat, bedarf einer besonderen Würdigung. Ohne die erfolgreiche Kommunalpolitik, ohne die erfolgreiche Arbeit zahlreicher Kommunalpolitiker hätte Thüringen keine so gute Entwicklung genommen. Deshalb möchte ich nicht nur der Kommunalpolitik eine besondere Bedeutung beimessen, sondern ich möchte allen Kommunalpolitikerinnen und -politikern, die in den Gemeinden, in den Landkreisen, in den Städten seit 12 Jahren verantwortlich sind, herzlich für ihren Dienst an der Gemeinschaft danken.

(Beifall bei der CDU)

Das Gesetz zur überörtlichen Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung und zur Beratung der Gemeinden und Landkreise haben wir nach ausführlicher Erörterung beschlossen. Ich bin sehr froh, dass insbesondere auch der Beratungsauftrag für die Kommunen ganz entscheidend ausgeprägt ist. In diesen Wochen werden wir die Novelle zur Thüringer Kommunalordnung in den Ausschüssen im Thüringer Landtag beraten. Und hier noch einmal ganz klar nach den Ausführungen des Kollegen Gentzel: Die Thüringer Kommunalordnung hat sich im Prinzip bewährt, es geht überhaupt nicht um eine generelle Reform.

(Beifall bei der CDU)

Es geht uns darum, weitere Verbesserungen für die Arbeit der kommunalen Amtsträger, der Kommunalvertretungen und der Kommunalverwaltungen zu erreichen, aber die Grundlagen der Thüringer Kommunalordnung werden erhalten bleiben, auch mit der jetzigen Novelle.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Jawohl.)

Ein besonderes Problem, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist der Wohnungsleerstand in zahlreichen Kommunen. Deshalb haben wir ein Wohnungsmarktstabilisierungsprogramm aufgelegt, mit dem etwa 2.500 Wohnungen bei 60 Wohnungsunternehmen in 22 Gemeinden rückgebaut werden. Zusätzlich zur Förderung der Erneuerungs- und Umbauprogramme der Kommunen setzen wir Fördermittel für die Ausarbeitung von Stadtumbaukonzepten und für deren Realisierung ein. Ich möchte den Bundeswettbewerb "Stadtumbau Ost" erwähnen, den die Bundesregierung übrigens auf Drängen insbesondere der Länder Thüringen und Sachsen am 30. Januar in diesem Jahr gestartet hat. Die Finanzierung dieses Programms teilen sich Bund und Länder und deshalb werden wir im Nachtragshaushalt die landeseigene Förderung des Städteund Wohnungsbaus wohl um 9,5 Mio. -    aber wir werden zugleich die Kofinanzierung Thüringens für den Wettbewerb "Stadtumbau Ost" sichern.