Protokoll der Sitzung vom 23.05.2002

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, es ist uns gelungen, eine langjährige Auseinandersetzung mit der EU, die letztlich vor dem Europäischen Gerichtshof gelandet wäre, zu vermeiden. Auch und gerade durch den persönlichen Einsatz des Ministerpräsidenten Vogel in den Gesprächen mit dem Wettbewerbskommissar Monti, durch das Mitwirken von Minister Trautvetter in der so genannten Koch-Weser-Kommission und der Arbeitsgruppe ist es gelungen, einen Kompromiss herbeizuführen. Am 17. Juli 2001 wurde die Verständigung über Anstaltslasten und Gewährträgerhaftung zwischen der EU-Kommission und der Bundesregierung erzielt, selbstverständlich unter Beteiligung der Länderregierung sowie von Vertretern und Verbänden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, Ihnen liegen die Gesetzentwürfe vor. Sie geben den Inhalt und die aus der Brüsseler Verständigung vom 28. Februar 2002 gezogenen Schlussfolgerungen wieder. In der Brüsseler Verständigung wurden wesentliche Grundsätze vereinbart. Sie haben im Wesentlichen die finanziellen Beziehungen zwischen den Trägern, den Landkreisen, kreisfreien Städten, für die Sparkassen, den Sparkassengiroverband sowie den Ländern Hessen und Thüringen für die Helaba zum Ausdruck gebracht. Diese Beziehungen dürfen sich künftig nicht mehr von denen der normalen privatwirtschaftlich gestalteten Beziehungen unterscheiden. Sie müssen sich am Leitbild des Unternehmens in Gesellschaftsform mit beschränkter Haftung orientieren. Jegliche automatische Verpflichtung des Trägers zur wirtschaftlichen Unterstützung des öffentlich-rechtlichen Kreditinstituts ist auszuschließen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, heute ist der Entwurf zum Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags über die Bildung der gemeinsamen Sparkassenorganisation Hessen-Thüringen zu beraten. Darin und im Gesetzentwurf zur Änderung des Thüringer Sparkassengesetzes vom 19. Juli 1994 schlagen sich alle vorgesehenen Einzelheiten zur Umsetzung der Brüsseler Verständigung nieder. Nach einer Übergangsfrist ist die Haftung für die Verbindlichkeiten der Sparkassen und Landesbanken auf die Institute selbst mit ihrem gesamten Vermögen zu beschränken. Die Übergangsfrist läuft bis zum 18. Juli 2005. Der Staatsvertrag stellt ebenso wie das Thüringer Sparkassengesetz den mit der Brüsseler Kommission vereinbarten Vertrauensschutz für die Kreditinstitute sicher, das so genannte Grandfathering. Beide Gesetzentwürfe tragen sowohl hinsichtlich der Texte als auch hinsichtlich der Begründung den in Brüssel vereinbarten Formulierungen Rechnung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die kommunalen Spitzenverbände Thüringens und auch der Sparkassengiroverband Hessen-Thüringen haben im Wege der durchgeführten Beteiligung keine Einwände gegen diese Bestimmung erhoben, die die Brüsseler Verständigung umsetzen. Lassen Sie mich aber auf zwei nicht durch Brüssel bedingte Änderungen im Änderungsstaatsvertrag hinweisen:

Erstens, wir haben in dem Änderungsvertrag eine Option aufgenommen, die es künftig der Landesbank ermöglicht, die Trägerschaft des Unternehmens neu zu ordnen. Dazu haben wir entsprechende Vereinbarungen mit dem Sparkassengiroverband Hessen-Thüringen und der Landesbank Hessen-Thüringen getroffen. Damit kann die Trägerschaft auf eine Aktiengesellschaft als Beliehene übertragen werden. Eine solche Option würde auf der Ebene der Aktiengesellschaft auch ein Engagement privater Investoren zulassen. Wir glauben, dass dies eine Vorsorge für zukünftige Herausforderungen sein kann. Dieses Modell ist angelehnt an das Modell der Bayerischen Landesbank. Ich betone aber an dieser Stelle, es besteht momentan keine Absicht, dieses Modell kurzfristig umzusetzen. Die Ermächtigung im Staatsvertrag ist aber die mögliche Antwort auf noch offene Fragen der Zukunft der Helaba.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zweitens möchte ich auf eine neue Bestimmung verweisen. Danach können die Träger der Banken allein- oder gesamtschuldnerisch mit anderen Trägern oder Dritten gegen eine marktgerechte Gebühr zeitlich befristet oder betragsmäßig festgelegte Garantien übernehmen. Diese Bestimmung ist nur deklaratorisch. Damit wird keine Finanzverantwortlichkeit des Trägers festgelegt. Diese Ermächtigung, sie wird auch das kleine AMAL-Modell genannt, ist dort festgelegt. Es ist lediglich klar, dass es dem Träger der Bank ebenso wie Dritten unbenommen bleibt, eine Vereinbarung, Haftung gegen Entgelt zu treffen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, der Entwurf zur Änderung des Thüringer Sparkassengesetzes dient ebenfalls vorrangig der Umsetzung der Brüsseler Verständigung für den Bereich der Thüringer Sparkassen. Die Landesregierung hat darin Anregungen der Thüringer Sparkassen aufgenommen, soweit es darum geht, das Entlastungsverfahren der Sparkassenvorstände zu vereinfachen und die Bestellung im Verhinderungsfall beim Sparkassenvorstand zu ermöglichen. Diese Veränderungen werden von den Verbänden ausdrücklich begrüßt. Ihre Aufnahme erfolgte unabhängig von den Brüsseler Verständigungen. Die Landesregierung ist allerdings nicht der Empfehlung des Gemeinde- und Städtebunds Thüringens gefolgt. Dieser hat angeregt, im Sparkassengesetz beschriebenen öffentlichen Auftrag detaillierter zu formulieren. Nach unserer Auffassung ist der hinreichend präzise beschrieben. Mit der Auslegung des öffentlichen Auftrags hat es in der Vergangenheit keine Probleme gegeben. Angesichts dieser Tatsache sehen wir keine Notwendigkeit, die kommunale Bindung über den gegenwärtigen Gesetzeswortlaut hinaus noch einmal zu unterstreichen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, im Einklang mit dem Verhandlungsergebnis in Brüssel stellen wir die Gesetzentwürfe, die Ihnen vorliegen, die wesentlichen identitätsstiftenden Grundelemente der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute nicht infrage. Ich nenne diese Elemente noch einmal:

1. die öffentliche Rechtsform, 2. die kommunale Bindung, 3. die Gemeinwohlorientierung.

Schon bisher hat sich die Landesregierung zu den Sparkassen und zu den Landesbanken bekannt. Dieses Bekenntnis findet in der novellierten Regelung seinen deutlichen Niederschlag. Sparkassen sollen auch künftig und vorrangig dem Mittelstand zur Seite stehen, wenn es um die Bereitstellung von Finanzierungen geht, dies auch, wenn private Banken dies ausschließen. Kleinere und mittlere Unternehmen, Handwerksbetriebe ebenso wie Existenzgründer sollen nicht etwa als Folge der neuen Rechtsgestaltung unterversorgt werden.

Erlauben Sie mir, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, dass ich abschließend noch die Gelegenheit nutze, Sie auf einen Sachzusammenhang und ein neues Gesetzesvorhaben hinzuweisen. Am 1. März 2002 ist zwischen Bund und EU-Kommission eine Verständigung über die Ausrichtung der Förderinstitute in Deutschland erzielt worden. Vor diesem Hintergrund wird es notwendig sein, dass wir das jüngst novellierte TAF-Gesetz erneut ändern. Die EU verlangt, dass bei allen Förderinstituten in Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts klargestellt wird, dass die Refinanzierungsvorteile, die sich aus der Anstaltslast und der Gewährträgerhaftung ergeben, auf Aufgaben neu beschränkt werden. Diese Aufgaben sind in jeweiligen Errichtungsgesetzen zu spezifizieren. Auf der Grundlage dieser Verständigung müssen Bund und Länder neue Errichtungsgesetze für ihre jeweiligen Förderinstitute spätestens bis zum 31. März 2004 geändert haben. Die Landesregierung wird Ihnen zügig in Abstimmung mit der Brüsseler Kommission diesen Gesetzentwurf vorlegen. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Ich eröffne die Aussprache. Es hat sich Frau Abgeordnete Dr. Wildauer, PDS-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung ist eine Reaktion auf die Verständigung der Europäischen Kommission und der Bundesregierung vom 17. Juli 2001 bezüglich der Anstaltslast und Gewährträgerhaftung bei kommunalen Sparkassen und öffentlich-rechtlichen Landesbanken. Ohne die so genannte Brüsseler Verständigung hätte die Landesregierung eine Novelle des Thüringer Sparkassengesetzes zum gegenwärtigen Zeitpunkt für nicht notwendig erachtet. Wir als PDS-Fraktion bedauern dies. Während die Landesregierung nur die Vorgaben der Brüsseler Verständigung im Sparkassengesetz umsetzen will, sehen wir als Fraktion einen weiter gehenden Novellierungsbedarf, einen Novellierungsbedarf, der sich

aus den veränderten Rahmenbedingungen und den Erfahrungen aus der kommunalen Praxis ergibt. Erste Überlegungen dazu haben wir bereits im Sommer 2000, also vor zwei Jahren, öffentlich zur Diskussion gestellt und auch in der Aktuellen Stunde am 23. Februar des vergangenen Jahres im Landtag erörtert.

Für die Landtagssitzung am 15. März 2001 brachten wir einen Antrag zum Erhalt der kommunalen Gewährträgerschaft für die Sparkassen ein. Dieser Antrag wurde ausführlich im Haushaltsausschuss beraten. Es gab auch eine öffentliche Anhörung dazu. Durch die Brüsseler Verständigung hatte sich aber das Anliegen unseres Antrags dann auch erledigt.

Eines haben die Diskussionen vor gut einem Jahr verdeutlicht: Weder die Landesregierung noch die im Landtag vertretenen Fraktionen haben die kommunale Trägerschaft der Sparkassen in Frage gestellt. Diese Erkenntnis war wichtig. Es war eines der seltenen Ereignisse im Thüringer Landtag, wo wirklich völlige Einmütigkeit herrschte.

Der vorliegende Gesetzentwurf geht ebenfalls

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Als das Sparkassengesetz verabschiedet wurde, hatten wir die Einmütigkeit!)

da war ich noch nicht hier - von der kommunalen Trägerschaft für die Sparkassen aus. Dies wird von unserer Fraktion ausdrücklich begrüßt. Das Gesetz und der Staatsvertrag mit Hessen sichern, dass Elemente der kommunalen Daseinsvorsorge in Thüringen erhalten bleiben. Die kommunale Selbstverwaltung wird in diesem Bereich somit nicht weiter eingeschränkt.

Meine Damen und Herren, über den Inhalt der Brüsseler Verständigung an dieser Stelle nochmals zu sprechen macht wenig Sinn, da der Landtag dazu eine Selbstverpflichtung eingegangen ist und wir nicht dagegen waren. Dass unsere Fraktion die Bedenken der Privatbanken bezüglich der Anstaltslasten und der Gewährträgerhaftung nicht teilt, haben wir bereits des Öfteren dargestellt. Deshalb kann ich an dieser Stelle auf eine nochmalige Erörterung unserer Position verzichten.

Unser Bekenntnis zu den Sparkassen schließt jedoch nicht aus, dass wir durchaus Notwendigkeiten zur Fortschreibung des Sparkassenrechts in Thüringen sehen. Eine Fortschreibung, die über das hinausgeht, was die Landesregierung mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ändern will.

Meine Damen und Herren, der öffentliche Auftrag der Sparkassen muss sich an den Entwicklungen in der Gesellschaft orientieren und deshalb fortgeschrieben werden. Es geht meines Erachtens um mehr als nur um den Erhalt der kommunalen Trägerschaft für die Sparkassen. Es geht um ein modernes Sparkassenrecht. Nur öffentlich-rechtliche Sparkassen sind in der Lage, die so genannte Ge

währleistungsfunktion auszuüben, das heißt, für alle Bevölkerungskreise möglichst flächendeckend ein ausreichendes Angebot bankwirtschaftlicher Dienstleistungen bereitzustellen. Das kostet Geld, Geld, das andere Banken hierfür nicht ausgeben wollen oder auch nicht können, wenn sie am Markt bestehen bleiben wollen. Aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen konzentrieren sich die Privatbanken zunehmend auf größere Städte und Standorte. Die Möglichkeiten der neuen Medien und der Kommunikation werden an die Gewährleistungsfunktion der Sparkassen, insbesondere im ländlichen Raum, neue Anforderungen und Herausforderungen stellen.

Die PDS-Fraktion stellt die Mindestforderung, dass in allen selbständigen Gemeinden und in jeder Verwaltungsgemeinschaft zumindest eine mit Personal besetzte Filiale der Sparkassen erhalten bleibt. Auch der so genannten Förderungsfunktion, also Pflege des Sparsinns und der Vermögensbildung, Beratung und Unterstützung der Bürger in geld- und kreditwirtschaftlichen Fragen, können die Sparkassen nur gerecht werden, wenn ihr Rechtsstatus erhalten bleibt und der öffentliche Auftrag modifiziert wird. Gerade sozial schwache Bevölkerungskreise sind auf die Sparkasse angewiesen, um am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilnehmen zu können. Nach der Privatisierung der Postbank gewinnt diese Aufgabe für die Sparkasse noch mehr an Bedeutung. Immer wieder erhalten wir Informationen, dass gerade große Privatbanken sozial schwache Bürger als Kunden zurückweisen.

Meine Damen und Herren, die Sparkassen sind von herausragender Bedeutung für die klein- und mittelständische Wirtschaft in Thüringen. Junge Klein- und mittelständische Unternehmen brauchen ihre Bank vor Ort, die die besonderen Bedingungen kennt und nicht nur am grünen Tisch Finanzentscheidungen fällt. Hier gibt es sicherlich auch immer noch Entwicklungsbedarf. Die Struktursicherungsfunktion der Sparkassen darf unseres Erachtens nicht weiter eingeschränkt werden. Die Befriedigung des Kreditbedarfs Klein- und mittelständischer Unternehmen ist für diese mit immer mehr Kosten verbunden, wenn ich hier nur auf das zunehmend geforderte Rating-Verfahren in der Folge von Basel II verweise. Kommunale Sparkassen sind hier für die klein- und mittelständische Wirtschaft ein viel kompetenterer und zuverlässigerer Partner als große Privatbanken. Die Wettbewerbskorrekturfunktion der Sparkassen wird auch künftig unerlässlich sein. Schließlich sind die Sparkassen im nicht unerheblichen Umfang nach wie vor als kommunale Hausbank von Bedeutung, auch wenn es manchmal die Sparkassen unverständlich finden, dass die Kommunen ihre Kredite bei anderen Banken aufnehmen. Das aber ist eben Wettbewerb.

Die von mir hier nur kurz skizzierten Aufgaben der Sparkassen müssen aus Sicht unserer Fraktion möglichst konkret im Sparkassengesetz formuliert werden. Hier weist das bisherige Gesetz doch noch Regelungslücken auf. Aus der kommunalen Ebene wird zunehmend der Wunsch laut,

dass der Träger auch am wirtschaftlichen Erfolg der Sparkassen mit beteiligt wird. Dieser Wunsch ist aus vielerlei Gründen durchaus verständlich. Muss doch schließlich die Kommune auch für eventuelle Verluste haften. Aufgrund der bisherigen Regelungen im Thüringer Sparkassengesetz erfolgten bisher noch keine Abführungen aus den Jahresüberschüssen der Sparkassen an die Träger, also die Landkreise und kreisfreien Städte. Dies wird sich nach Meinung von Experten auch mittelfristig nicht ändern. Wir sehen hier Änderungsbedarf, den wir bereits mehrfach thematisiert haben. Selbst der finanzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Herr Mohring, hat sich einmal in diese Richtung für Änderungen ausgesprochen.

Die Bestimmungen in Sachsen-Anhalt, MecklenburgVorpommern oder Schleswig-Holstein könnten auch für Thüringen Vorbild sein. Die betriebswirtschaftlichen Interessen der Sparkassen würden dabei bewahrt und die Landkreise und kreisfreien Städte hätten etwas größere finanzielle Gestaltungsräume, die aufgrund der angespannten finanziellen Situation der Kommunen bitter nötig sind. Ich weiß, dass die Sparkassen sehr unterschiedlich mit Überschüssen umgehen. Mancherorts, wie beispielsweise in Gotha, gibt es Sparkassenstiftungen, die Preise zur Kulturförderung verleihen, aufwändige Einrichtungen in Kommunen, vorwiegend museale Einrichtungen, mit finanzieren und auch anderes. Es gibt aber auch Sparkassen, die willkürlich nach Gutdünken Gelder zur Unterstützung geben. Man sollte jedoch darüber beraten, ob dann, wenn die Kommunen in einem angemessenen Rahmen an einem wirtschaftlichen Erfolg der Sparkassen beteiligt würden, dies nicht letztlich eine zusätzliche Motivation wäre, sich unbedingt für den Erhalt auch weiterhin der kommunalen Trägerschaft einzusetzen.

Unserer Fraktion ist bewusst, dass in diesem Punkt die Sparkassen eine andere Auffassung vertreten. Sie befürchten durch eine Beteiligung der Kommunen am Sparkassengewinn eine Schwächung der Eigenkapitalbildung. Diese Befürchtung teilen wir nicht, weil nach unserer Auffassung die kommunale Beteiligung am Sparkassengewinn in einem sehr moderaten, sagen wir in einem vertretbaren, Rahmen bleibt.

Meine Damen und Herren, unsere Fraktion wird zum vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung einige Änderungsanträge einbringen. Dabei geht es uns u.a. um die Modifizierung des öffentlichen Auftrags, die Neuausrichtung der Verhältnisse zwischen den Organen der Sparkasse und den Organen der kommunalen Träger sowie um eine angemessene Beteiligung der Träger am wirtschaftlichen Erfolg der Sparkassen. Die Grundzüge des Thüringer Sparkassenrechts werden durch unsere Änderungsanträge keineswegs infrage gestellt.

Meine Damen und Herren, da die Änderungen im Sparkassengesetz unmittelbar Auswirkungen auf die gemeinsame Sparkassenorganisation Hessen-Thüringen haben, muss ich auf den Staatsvertrag an dieser Stelle nicht

noch einmal eingehen. Ich danke.

(Beifall bei der PDS)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Dr. Müller zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir ein paar kurze Bemerkungen zur ersten Lesung. Die heute zur ersten Lesung vorliegenden Gesetze sind der vorläufige Schlusspunkt einer mehrjährigen unerfreulichen Debatte. Auslöser der ganzen Diskussion war die Beschwerde des Europäischen Bankenverbands bei der Europäischen Kommission. Nach Auffassung des Bankenverbands sind die beiden staatlichen Haftungssysteme, Anstaltslast und Gewährträgerhaftung, nicht vereinbar mit dem europäischen Wettbewerbsrecht. Letztlich hat sich der Bankenverband mit dieser Auffassung leider durchgesetzt. Die Folge, eine hochrangige Delegation aus Vertretern des Bundesministeriums der Finanzen, der Länderfinanzministerien, der kommunalen Spitzenverbände und des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands suchte in Verhandlungen einen Kompromiss außerhalb eines offiziellen Beihilfeverfahrens, um zu retten, was zu retten ist. Im Sommer vergangenen Jahres gelang dieser vom Finanzstaatssekretär Cajo Koch-Weser angeführten Verhandlungsdelegation die Vereinbarung eines viel beachteten Kompromisses mit der Europäischen Kommission. Danach wird die Gewährträgerhaftung abgeschafft und die Anstaltslast modifiziert. Maßgebend bei den neuen Regelungen zur Anstaltslast ist der Wegfall jeder Verpflichtung und jedes Automatismus wirtschaftlicher Unterstützung durch den Eigentümer. Die öffentlichen Kreditinstitute werden dabei für den Insolvenzfall den gleichen Regeln unterworfen wie private Kreditinstitute. Da nach den geschlossenen Vereinbarungen alle gesetzgeberischen Maßnahmen bis zum 31.12.2002 abgeschlossen sein müssen, ist die Vorlage der genannten Gesetze hier im Thüringer Landtag erforderlich geworden. Es ist müßig, in erster Lesung bereits über Details dieser beiden Gesetze zu debattieren. Die SPD-Landtagsfraktion geht davon aus, dass die enthaltenen Regelungen und Formulierungen zur Abschaffung der Gewährträgerhaftung und Neuregelung der Anstaltslast mit dem Bundesfinanzministerium und der EU abgestimmt sind. Insofern gibt es an dieser Stelle nur einen sehr geringen Spielraum für Änderungsvorschläge. Größeren Beratungsbedarf sehen wir bei allen nicht mit dem Brüsseler Kompromiss zusammenhängenden Änderungen beider Gesetze. Da eine sehr umfangreiche Änderung insbesondere des Thüringer Sparkassengesetzes geplant ist, sehen wir die Notwendigkeit einer ausführlichen Beratung unter Anhörung der kommunalen Spitzenverbände und des Sparkassen- und Giroverbands im Haushalts- und Finanzausschuss. Entsprechende Änderungsvorschläge dieser Organisationen zum Sparkassengesetz

liegen bereits seit längerer Zeit vor und sollten genau geprüft werden.

Noch einen Hinweis zu dem, was Frau Dr. Wildauer gesagt hat: Wir müssen natürlich aufpassen, dass wir beim Sparkassengesetz nicht in Detailregelungen hineingehen, etwa Strukturen der Sparkassen oder Geschäftsaufbau. Erstens bekommen wir dann wieder Probleme mit dem Wettbewerbsrecht und zum anderen muss man sehen, Sparkassen sind Wirtschaftsbetriebe und müssen natürlich in ihrem Unternehmen den Wettbewerb gestalten und nicht über Landesgesetz, sonst gefährden wir die Sparkassen gerade.

Ich beantrage die Überweisung der Gesetze an den Innenausschuss mitberatend und an den Haushalts- und Finanzausschuss federführend. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Mohring zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Vorredner haben es angesprochen, das Jahr 2001 war für die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute kein gutes Jahr. Zunächst ging die Europäische Kommission gegen die West-LB vor wegen einer unzulässigen Eigenkapitalsubvention durch die nordrhein-westfälische Wohnungsbauförderungsanstalt und später - das war ausschlaggebend für den Brüsseler Kompromiss, der im Jahr 2001 erzielt wurde - haben die Privatbanken vor der EU-Kommission gegen die angestammten Privilegien der öffentlich-rechtlichen Institute in Deutschland geklagt. Sie wissen, im Wesentlichen ging es um die Stichworte Anstaltslast und Gewährträgerhaftung und geklagt haben die Privatbanken gegen die fortwährende Funktionsfähigkeit eines öffentlich-rechtlichen Finanzinstituts, das dadurch gesichert wird, dass der öffentliche Träger sich verpflichtet, etwaige finanzielle Lücken durch Zuschüsse oder andere Maßnahmen auszugleichen. Diese Verpflichtung wird als Anstaltslast bezeichnet. Für die Träger der Sparkassen und Landesbanken, also die Bundesländer, besteht daher eine allgemeine unbeschränkte Nachschusspflicht. Zum Zweiten sind die Privatbanken gegen die Gewährträgerhaftung vorgegangen, die sich ausschließlich auf das Rechtsverhältnis zwischen Anstalt und ihren Gläubigern bezieht. Die Klage - das ist bekannt - der Privatbanken war erfolgreich. Seit Mitte 2001 steht daher fest, dass das Ende des deutschen Systems der öffentlich-rechtlichen Sparkassen in ihrer bisherigen Form, wenn auch mit Übergangsfrist, eingeläutet worden ist. Gewährträgerhaftung soll bis zum Jahr 2005 entfallen und die Anstaltslast modifiziert werden. Der Landtag war aufgrund eines Antrags der PDS-Fraktion vom 5. März 2001 recht

zeitig in die Diskussion zur Änderung des Sparkassengesetzes und die vorbereitenden Beratungen eingebunden. Der Haushalts- und Finanzausschuss hat in mehreren Beratungen abschließend getagt und eine Anhörung durchgeführt und den Antrag der PDS-Fraktion im letzten Jahr für erledigt erklärt, mit dem Blick darauf, dass eine erneute Beratung im Haushalts- und Finanzausschuss dann stattfindet, wenn der Staatsvertrag als auch die Novelle des Sparkassengesetzes, wie jetzt geschehen, vorgelegt werden.

Dennoch, meine Damen und Herren, und das steht jetzt auch schon in Vorbereitung und im Vorfeld der Beratungen im Haushalts- und Finanzausschuss fest, im Ergebnis wird die Stärke der Sparkassen weiter in der Fläche liegen. Das Sparkassenwesen in Deutschland ist seit seinen Anfängen im 18. Jahrhundert ein wichtiger Teil der kommunalen Daseinsvorsorge und daran wird sich auch nach der Brüsseler Kompromissregelung nichts ändern. Auch im Recht der Europäischen Gemeinschaft wird das Erbringen von Leistungen der Daseinsvorsorge ausdrücklich anerkannt. Das hat auch letztlich dazu geführt, dass sich sowohl der Wettbewerbskommissar Monti als auch die Bundesrepublik auf diesen Kompromiss einigen konnten.

Meine Damen und Herren, ein dauerhafter und zuverlässiger Rechtsrahmen wird damit für die öffentlichrechtlichen Kreditinstitute in Deutschland geschaffen. Dennoch wird für uns in den Beratungen im Haushaltsund Finanzausschuss - wir beantragen die alleinige Überweisung dorthin - noch einmal das Thema darüber aufgemacht werden, welche Zukunft die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute in Deutschland aber auch vor allem in Thüringen haben, mit Blick darauf, ob möglicherweise auch horizontale Fusionen angedacht werden können. Die Staatssekretärin hat ja darauf verwiesen, dass im Staatsvertrag eine Öffnungsklausel eingefügt wurde, die möglicherweise auf eine langfristige Sicht vertikale Fusionen vorsieht. In den Anhörungen, die seitens der Landesregierung mit den zuständigen Verbänden und dem Sparkassen- und Giroverband, dem Gemeinde- und Städtebund und dem Landkreistag stattgefunden haben, ist zunächst eine Lösung von vertikalen Fusionen deutlich abgelehnt worden. Dennoch findet sich im Staatsvertrag die Öffnungsklausel wieder. Wir sollten deshalb die Öffnungsklausel in den Beratungen des Haushalts- und Finanzausschusses zum Anlass nehmen, noch einmal auch über horizontale Fusionen der Sparkassen und damit eine Stärkung der Finanzkraft der einzelnen Institute nachzudenken. Wir meinen auch, dass mit Blick auf § 21 Abs. 3 in der dort im Sparkassengesetz geregelten Frage der Unterbilanzierung möglicherweise noch einmal darüber geredet werden sollte, ob für den speziell dort genannten Fall der Unterbilanzierung möglicherweise noch ein weiterer Novellierungsbedarf besteht. Ich will aber ausdrücklich darauf hinweisen, dass angesichts des Instituts Sparkasse im Unstrut-Hainich-Kreis möglicherweise Diskussionen entstehen können, dass eine Lex Unstrut-Hainich

geschaffen würde. Deshalb will ich hier ausdrücklich sagen, dass die Diskussion und der Novellierungsbedarf zu § 21 Abs. 3 unter dem Vorbehalt steht, möglicherweise eine langfristige Lösung außerhalb des Unstrut-HainichKreises zu suchen und eventuell zu finden.

Ich will noch einmal darauf hinweisen, meine Damen und Herren, dass wir bis zum Abschluss dieses Jahres, also bis zum 31.12.2002, abschließend im Plenum sowohl zum Staatsvertrag als auch zum Sparkassengesetz hier entscheiden sollten, um rechtzeitig Rechtskraft zu erzielen. Ich wünsche uns angenehme Beratungen im Haushaltsund Finanzausschuss. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Redewünsche vor. Es ist die Überweisung beider Gesetzentwürfe beantragt worden; einmal an den Innenausschuss und dann an den Haushaltsund Finanzausschuss. Ich lasse zunächst über den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 3/2423 an den Innenausschuss abstimmen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Diese müssten wir einmal zählen. Es sind 19 Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? Keine. Die Jastimmen noch einmal bitte. Mit 21 Jastimmen gegen 19 Neinstimmen ist diese Überweisung an den Innenausschuss angenommen.

(Beifall bei der PDS)

Wer der Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Dann ist diese Überweisung geschehen.