Protokoll der Sitzung vom 23.05.2002

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Dr. Botz zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist jetzt auch schon wieder erinnert worden an die zum Teil in der zurückliegenden Legislatur emotional geführten Debatten zu diesem Thema. Ich konnte damals nicht teilnehmen, ich möchte deswegen einmal den Versuch machen, das so sachlich wie möglich hier zu bewerten, muss aber auch vorausschicken anknüpfend an meine Vorrednerin: Auch die SPD-Landtagsfraktion steht überwiegend in fast allen Punkten aus sachlicher Überzeugung diesem Gesetzentwurf nicht nur skeptisch, sondern ablehnend gegenüber. Ich möchte das auch begründen. In erster Linie deshalb, weil wir, anders als auch in anderen neuen Bundesländern, wenn wir diesen Weg beschreiten, unserer Auffassung nach einen Schritt zurückgehen, nämlich hin zu einer stärkeren Regulierung und geringeren Verfügbarkeit für unsere Bürger, Mitbürger hinsichtlich des generellen Zutrittsrechts, speziell hier für Reiter, in unsere Wälder.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Wie immer!)

Da möchte ich gleich den Bogen schlagen. Wir hatten letzte Woche hier in diesem Saal eine Anhörung zur Zukunft der ländlichen Räume. Die Kollegen, die anwesend waren, waren überwiegend die aus dem Agrarausschuss. Leider waren da auch andere Ministerien nicht anwesend, obwohl es ursprünglich um eine Große Anfrage an die Landesregierung zur Zukunft der ländlichen Räume ging. Auch das wird hier wieder klar im Zusammenhang mit der Gesetzesvorlage, dass der Gesamtzusammenhang nicht gesehen wird. Wenn wir das so durch dieses Haus lassen, Herr Minister Sklenar, was Sie jetzt hier vorlegen, widersprechen wir grundsätzlichen Anliegen, die wir gerade in dieser Woche von den vielen beteiligten Anzuhörenden aus dem ländlichen Raum vernommen haben, nämlich den grundsätzlichen Wunsch, neben der ursprünglichen reinen landwirtschaftlichen Tätigkeit auch andere Nebenerwerbsmöglichkeiten,

(Zwischenruf Abg. Wackernagel, CDU: Da können Sie doch reiten.)

Möglichkeiten des Zusatzerwerbs von Einkommen im ländlichen Raum mit zu erschließen. Auf diesem Weg dorthin werden wir einige Türen zuschlagen. Ich will Ihnen das auch begründen. Schauen Sie sich doch die Zahlen an. Noch in der Fassung von Ende des Jahres 2001 - so weit waren Sie ja schon einmal gekommen - hatten Sie zum Beispiel 1,3 Mio. DM damals vorgesehen. Auch viele Abgeordnete aus Ihrer Fraktion haben draußen in den Bürgerversammlungen usw., wo dieses Thema besprochen wurde, immer wieder darauf hingewiesen und dem Minister den Rücken gestärkt mit der Aussage, mindestens die 9.000 Kilometer, die bisher mit der jetzigen Gesetzeslage abgesichert sind, werden erhalten bleiben. Davon habe ich nun heute in dem kurzen Einführungsbeitrag

des Ministers nichts gehört, dass er mit diesem verbliebenen Betrag von 334.000      Hälfte dessen, was Ende 2001 noch angedacht war - nun am Schluss in der Wirkung, wenn es am 01.01.2004 dann soweit sein sollte, auch 9.000 Kilometer ausgeschilderte Reitwanderwege in Thüringen zur Verfügung hat. Wissen Sie was, mal unabhängig von dem, was haushaltsmäßig in den nächsten Wochen und Monaten noch vor uns liegt, ist das wirklich - und Sie haben es wahrscheinlich auch ganz bewusst deshalb nicht angesprochen - kaum denkbar.

Neben dieser einen Änderung, auf die Sie im Wesentlichen nicht eingegangen sind, gibt es eine weitere geringfügige Änderung gegenüber dem Stand Dezember 2001. Sie sind und das begrüßen wir natürlich - runtergegangen bei dieser Verwaltungsgebühr für die Pferdebeschilderung. Das ist übrigens auch der Punkt, wo wir glauben, dass wir miteinander im Ausschuss sicher mit etwas Zähneknirschen, aber doch mit einer anwachsenden Zustimmung aus den Reiterverbänden, klarkommen könnten, wenn diese Gebühr in eine solche Relation abgesenkt wird. Dann kann man darüber reden, ob eine Kennzeichnung von Pferden nicht sinnvoll ist usw. Das ist der Punkt. Aber das grundsätzliche Problem, das wir mit der jetzigen Fassung unseres Waldgesetzes bei allen Problemen, die punktuell und das muss man doch einmal betonen - aufgetreten sind, einen besseren Interessenausgleich bisher haben, als wir ihn insgesamt haben werden, wenn das kommt, was Sie uns hier vorgelegt haben.

(Beifall bei der SPD)

Wenn man aber punktuell Probleme hat, greift man nicht klugerweise - weder als Regierung, noch als Mehrheitsfraktion - derartig gravierend pauschal in ein solches Interessengefüge ein, nämlich zugunsten überwiegend - und da sprechen wir es doch einmal aus - wegen der Wahrnehmung eigentumsrechlicher Sachverhalte, um die stärker zu betonen, derart in eine vernünftige gesetzliche Regelung, wie sie zurzeit vorliegt, ein.

Ich möchte auch einmal kurz darauf eingehen, auch wenn der Ausgangspunkt in Rheinland-Pfalz ein anderer war, natürlich sind die aus einer anderen Situation gekommen, aber, Herr Minister, in Rheinland-Pfalz - und ich gehe davon aus, Sie sollten das beobachten - ist etwas Modernes, Zukunftsträchtiges geschehen, was wir in Thüringen vermissen und beklagen. Es ist nämlich auch Folgendes geschehen, dass man gemerkt hat, hier muss etwas geändert werden, wir waren in einer anderen Art und Weise zu strikt und jetzt wollen wir doch einmal versuchen und das ist diesem Jahrtausend und dieser Art und Weise, eine Zivilgesellschaft auszusteuern und Interessenausgleich zu suchen, doch vielmehr angemessen, über einen befristeten Zeitraum von drei Jahren - ein Jahr ist schon gelaufen miteinander so liberal wie möglich die Dinge zu regeln, um Tourismus und Fremdenverkehr auch wirklich dauerhaft eine Chance zu geben, auch hier im grünen Herzen Deutschlands, und dann sagen wir nach zwei, drei Jah

ren, die wir uns mit den Reitern und den Waldbesitzern die Chance des Interessenausgleichs vor Ort gegeben haben, nach einer gewissen Befristung - in Rheinland Pfalz hat man da drei Jahre insgesamt gewählt -, jetzt ziehen wir noch einmal die Schlussfolgerung und sagen, das geht und das geht nicht, ihr habt eure Interessen überzogen oder ihr habt euch an die Spielregeln gehalten.

Meine Damen und Herren, wir können, so wie jetzt hier diese Novellierung vorliegt, als SPD-Landtagsfraktion nicht zustimmen und kündigen das hiermit an und bitten - damit möchte ich abschließen - wegen des engen Zusammenhangs, den wir nicht negieren sollten angesichts der Abwanderungs- und Beschäftigungsproblematik in ländlichen Räumen Thüringens, diese Angelegenheit auch an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik dieses Landtags mit zu überweisen. Diese Bitte möchte ich hier abschließend von der SPD-Fraktion noch mit äußern.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Wunderlich zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Minister und auch die Vorredner haben es angesprochen, während der letzten Monate, ja über Jahre ist wieder emotional über Reiten im Wald diskutiert worden.

Frau Nitzpon, nun zur Ersten Durchführungsverordnung: Wir wissen genau, dass das wirklich eine emotionale Problematik ist und darüber in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Jetzt geht die Landesregierung den Weg, um auch diese Durchführungsverordnung, die ja sehr oft in der Kritik der Verbände stand und gesagt wurde, das macht ihr in der Landesregierung so heimlich nebenher, öffentlich zu diskutieren, jetzt passt Ihnen das auch wieder nicht, was eigentlich immer Ihre Forderung ist.

(Zwischenruf Abg. Nitzpon, PDS: Nein - wenn, dann alle.)

Ja bitte, es ist Ihr Recht, das zu fordern. Aber wir reden jetzt über die Durchführungsverordnung zum Waldgesetz. Das Nächste - Kompromiss: Es gab in der großen Koalition einen Kompromiss zwischen den Waldbesitzern und den Reitern, dem Thüringer Reit- und Fahrverband, aber den hat leider die SPD in der letzten Minute wieder zurückgezogen und es kam zu keinem Kompromiss, Frau Nitzpon. Nein, es ist falsch, es gab keinen Kompromiss.

(Zwischenruf Abg. Nitzpon, PDS: Ich liefere Ihnen die Dankschreiben mit.)

Ja, die Dankschreiben, aber es konnte im Gesetz nicht umgesetzt werden, das ist ja das Problem.

Jetzt zu Rheinland-Pfalz: Rheinland-Pfalz hat voriges Jahr im Waldgesetz das umgesetzt, was Thüringen seit 1974 hat. Ich sage es ganz ehrlich.

(Zwischenruf Abg. Scheringer, PDS: 1994.)

Seit 1994 hat - richtig, Herr Kollege Scheringer - und ich sage Ihnen das eine, das hat ja heute wahrscheinlich jeder vorgelegt bekommen und wer die Analyse macht, da wird sich herausstellen, dass sich dort allein mit der Definition des so genannten forstfesten Weges ein gewaltiges Konfliktpotenzial aufbaut. Wir haben das in Thüringen in der Durchführungsverordnung definiert. Als es zum Streit mit den Reiterverbänden kam, gab es ja auch eine Gerichtsverhandlung usw., wo die dann wieder umgeschrieben werden musste. Ich sage, das rheinland-pfälzische Gesetz kann für uns so nicht Vorbild sein, weil die sich den Konflikt in der Zwischenzeit wieder selbst produzieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Ziel dieses Gesetzes ist die gesteigerte Freizeitnutzung durch die Zunahme des Reitens, aber auch durch andere Erholung Suchende. Das Interesse der Thüringer Landesregierung und unserer Fraktion ist es, diese Interessen zu ordnen und zu entflechten. Es wird heute über den Wald gesprochen, als wenn der Wald irgendeine Sportstätte wäre.

(Zwischenruf Abg. Nitzpon, PDS: Dann wäre es kostenfrei.)

Ich glaube, wenn es nach manchem ginge, wäre es wahrscheinlich nicht kostenfrei, werte Frau Nitzpon. Bei der Änderung des Waldgesetzes und bei der Nutzung des Waldes müssen wir die Waldfunktionen, die Eigentumsrechte und die sonstigen Nutzungen berücksichtigen. Das Thüringer Waldgesetz hat die Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion zu sichern. Ich sage es hier noch einmal: Der Thüringer Wald ist keine Sportstätte. Der Wald ist hier, um den nachwachsenden Rohstoff nachhaltig zu produzieren. Das ist seine Hauptfunktion und so ist es auch im Thüringer Waldgesetz nachzulesen, ob in den §§ 1, 2 oder in § 19 über die ordnungsgemäße Waldwirtschaft. Aber ich möchte hier noch einmal ausdrücklich betonen, das Betreten des Waldes ist nach § 14 Bundeswaldgesetz grundsätzlich jedermann gestattet. Dem trägt das Thüringer Waldgesetz in § 1 Punkt 6 und in § 2 Abs. 1 Punkt 4 klar Rechnung. Ich sage auch in Richtung der Waldbesitzer ganz klar und deutlich, für die Waldbesitzer bedeutet dies, dass sie verpflichtet sind - das unterstreiche ich sogar noch - das Reiten auf ihren privaten Waldwegen und Straßen zu dulden. Allerdings - und jetzt fangen wir mal an, im Detail zu diskutieren, meine sehr verehrten Damen und Herren - steht das Betretensrecht des § 14 Bundeswaldgesetz unter dem Vorbehalt, dass der Zutritt zum Wald zum Zwecke der Erholung erfolgt. Darüber hinausgehende Nutzungen sind nicht allgemein gestattet, sie bedürfen

vielmehr einer Genehmigung durch den Waldbesitzer bzw. die zuständigen Behörden. Das ist zurzeit bundesdeutsches Recht und das sollte man auch langsam einmal akzeptieren. Das Bundesverfassungsgericht stellt nämlich eindeutig fest - und das sollte sich jeder, der jetzt hier diskutiert, und da appelliere ich auch an den Sportbund oder an die Reiterhöfe -, dass organisierte und gewerbliche Nutzungen hingegen nicht erfasst werden. Es wird festgestellt, dass Reitschulen, die für ihre Schüler Ausritte im Wald organisieren oder Reiterhöfe, die organisierte Reitausflüge gegen Entgelt anbieten, sich für die Nutzung fremder Grundstücke deshalb nicht auf das Betretungsrecht berufen können. Das sollten endlich einmal alle die registrieren, meine Damen und Herren, die über das Betretungsrecht oder über das Reiten im Wald diskutieren. Da beziehe ich alle ein, sowohl die Waldbesitzer als auch die Reiter. Dieses ist auch einigen gerade großen kommerziellen Reiterhöfen aus ihren Erfahrungen aus den Altbundesländern bekannt, denn mit denen kann man nämlich auf dem Gebiet wesentlich konstruktiver diskutieren, als das mit anderen möglich ist, z.B. mit den Freizeitreitern. Deswegen verstehe ich auch den Standpunkt des Thüringer Sportbunds nicht, speziell des Thüringer Reitund Fahrverbands; das ist für mich unverständlich, das ist kontraproduktiv. Allein aus dieser Verfassungslage heraus müssten Reiterhöfe und Landessportbund an einer einvernehmlichen Regelung für ein gutes, zusammenhängendes, gekennzeichnetes Reitwegenetz interessiert sein. Das sage ich auch aus touristischen Gründen, denn nach der derzeitigen Thüringer Gesetzeslage ist das Reiten auf festen und befestigten Wegen gestattet. Was glauben Sie denn, wie viel touristische Zielpunkte wir in Thüringen haben, die nach der derzeitigen Gesetzeslage gar nicht erreicht werden können? Aber das alles wird ja ignoriert. Ich erinnere nur an den enormen Aufwand anlässlich des in Deutschland ersten deutschen Trekkingclubs, wo man fast sechs Wochen mit Abstimmungs- und Planungsarbeiten beschäftigt war. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das kann doch nicht im Interesse der Reitsportler sein. Nach der jetzigen Thüringer Rechtslage müsste diese enorme Arbeit für alle organisierten Reitveranstaltungen, wenn sie gesetzestreu ablaufen sollen - und davon muss ich wohl ausgehen und das will doch wahrscheinlich jeder Abgeordnete hier in diesem Haus -, durchgeführt werden. Da verweise ich noch einmal auf die Zusammenhänge mit dem Betretungsrecht. Alles, was im Wald organisiert geritten und kommerziell benutzt wird, müsste für jeden Einzelnen genehmigt werden. Ich habe manches Mal den Eindruck, man will das nicht registrieren bzw. man kennt die Gesetzeslage nicht. Meine Damen und Herren, das kann nicht im Interesse des Thüringer Reit- und Fahrverbands sein und das kann auch nicht im Interesse der Reiterhöfe sein.

Nun wird uns vorgeworfen, dass wir, wenn wir dieses Gesetz so durchsetzen, die mit Abstand restriktivsten Vorschriften in Deutschland hätten. Aber nun schauen wir uns doch einmal die Rechtslage in den verschiedenen Bundesländern an. Zunächst einmal, der Gesetzgeber hat

das Reiten im Wald auf unterschiedlichste Art und Weise beschränkt, so ist die Rechtslage in Deutschland und das auch bei dem novellierten Waldgesetz von RheinlandPfalz, das sollten wir eindeutig zur Kenntnis nehmen. Das war ja vorher auch schon beim Thüringer Waldgesetz so. Diese Beschränkungen erfolgen in der Regel im Interesse des Waldes - da verweise ich noch einmal auf den § 19 Thüringer Waldgesetz, ordungsgemäße Forstwirtschaft. Dann erinnere ich an den Naturschutz - Frau Nitzpon, Sie haben es ja auch selbst angesprochen -, wenn ich an die FFH-Gebiete, die Naturdenkmale, die Naturschutzgebiete usw. denke, was ebenfalls berücksichtigt werden muss, aber auch an die Interessen der anderen Erholung Suchenden. Vielleicht sollten wir uns auch einmal daran erinnern, wie der Thüringer Wander- und Gebirgsverein darüber denkt, wie viele Wanderer darüber denken, von denen haben wir doch auch Briefe erhalten, wie sie sich mit der Frage auseinander setzen.

(Beifall bei der CDU)

Oder gehören die nicht zum Tourismus in Thüringen gerade das Wandern und das Reiten? Genau um diese Konflikte zwischen den Reitern und den anderen Nutzern und Erholung Suchenden zu entflechten, um dieses Konfliktpotenzial zu beseitigen, müssen wir die Initiative ergreifen und deshalb ändern wir das Thüringer Waldgesetz. Zudem ist das noch in vielen Ländern von vornherein nur auf offiziell ausgewiesenen Reitwegen erlaubt. Das sind die Stadtstaaten Berlin, Hamburg, Bremen und die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Sachsen. Da käme jetzt Thüringen dazu. Ich sage Ihnen, wir werden nicht die Letzten sein, die in dieser Richtung das Gesetz ändern. Wir werden in der Zukunft, und das ist mein Appell an den Landkreistag, mit dem Thüringer Waldgesetz mit Stichtag 01.01.2004 ein sehr stark zusammenhängendes, vernünftiges Waldwegenetz haben. Aber dann sollen mal diejenigen, die für die freie Flur verantwortlich sind, sagen, wie man da etwas Vernünftiges zustande bringen kann, dass die Verbindungsmöglichkeiten der freien Flur zum Wald anständig zustande gebracht werden können. Das ist nämlich zurzeit überhaupt noch nicht gelöst.

Diesbezüglich hat das Bundesverfassungsgericht höchstrichterlich anerkannt, dass eine solche Beschränkung des Reitens mit § 14 Bundeswaldgesetz vereinbar ist und auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Gleichheitssatz genügt. Soweit das Reiten in den übrigen Ländern zunächst allgemein auf allen Straßen und Wegen gestattet ist, werden bestimmte Wege oder Gebiete von dieser Befugnis in einem zweiten Schritt weitgehend ausgenommen. Und es war besonders in Rheinland-Pfalz zugespitzt, da bestand der Wald nur noch aus Verbotsschildern usw. Da mussten die auch eingreifen, das ist ja dann schon peinlich geworden.

So ist das Reiten auf gekennzeichneten Wanderwegen und Fußwegen zuweilen ausdrücklich, und ich sage es noch einmal, ausdrücklich verboten, wie z.B. im Saarland, in Baden-Württemberg oder in Rheinland-Pfalz. Überlegen Sie mal, ich komme aus dem Schwarzatal, aus der Bergbauregion, aus dem Thüringer Wald, welche Möglichkeiten hätten denn dann die Reiter dort noch, wenn man das mit denen nicht regeln würde, meine sehr verehrten Damen und Herren? Dafür müssen Sie sich aber auch dann herstellen und sagen, das interessiert uns nicht. Das ist dort nicht so.

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Die sollen Fahrrad fahren.)

(Unruhe bei der CDU)

Ja, mein lieber Herr Pohl, die Fahrradfahrer trifft es ja genauso, da müssen wir die Regelung genauso treffen. Ich habe darauf hingewiesen, wenn ich an die Dichte der Wanderwege in Thüringen denke, dann wäre das Reiten in besonderem Maße eingeschränkt. Dann gibt es noch die Möglichkeiten in Ballungsgebieten. Ich sage Ihnen, da wird in einigen Bundesländern auch gestritten. Ich hatte jetzt einen Streit mit jemandem, der sagte, Erfurt/Weimar ist kein Ballungsgebiet, das sind eventuell Stuttgart, Frankfurt am Main oder München usw. Wie gesagt, auch das ist allein schon ein kritischer Punkt, der diskutiert werden muss. Weiter gehende Beschränkungen können sich auch auf Ballungsgebiete, Erholungswald, Naturparke oder Landschaftsschutzgebiete beziehen, wie z.B. in Baden-Württemberg oder auch in Rheinland-Pfalz. Wir haben den Naturpark Thüringer Wald, das Schiefergebirge, die Rhön, da werden in den Ländern bei solchen Dingen die Reitwege gekennzeichnet. Und dann wird oft auf Bayern und auf Hessen verwiesen. Da vergisst man sehr schnell, dass z.B. in Bayern durch die untere oder höhere Naturschutzbehörde durch Rechts- oder Einzelanordnungen die Erholung in Teilen der freien Natur in erforderlichem Umfang aus Gründen des Naturschutzes zur Durchführung von landschaftspflegerischen Vorhaben, zur Regelung des Erholungsverkehrs oder aus anderen zwingenden Gründen des Gemeinwohls untersagt oder beschränkt wird. Gleiches gilt für Hessen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Botz, SPD: Hört, hört.)

Ich darf Ihnen noch einmal das Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs zitieren, dann werden Sie sehen, welches Konfliktpotenzial entstehen kann, wenn nicht eindeutige Regelungen getroffen werden. Und genau mit den Problemen werden sich die Rheinland-Pfälzer in den nächsten Jahren auseinander zu setzen haben. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof erklärt: Der Eigentümer eines privaten Anliegerwegs, der nicht dem öffentlichen Verkehr dient, ist berechtigt, andere Verkehrsteilnehmer, aber auch Reiter, von der Benutzung dieses Weges auszuschließen, denn Beschädigungen des Weges durch Pferdehufe muss der Eigentümer nicht hinnehmen. Da

durch wird der Reiter weder in seiner Handlungsfreiheit noch in seinem Grundrecht auf Reiten verletzt. Denn jedes Grundrecht findet dort seine Schranke, wo durch Ausübung Rechte anderer beeinträchtigt werden. Die einzelnen Grundeigentümer brauchen trotz der Sozialbindung ihres Eigentums als Auswirkung des Rechts auf Erholung in der freien Natur und der hierfür eingeräumten Betretungsbefugnisse nicht Schäden hinzunehmen, die über ein zumutbares Maß hinausgehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte noch auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.05.1985 verweisen, in dem es um die Vereinbarkeit einer landesrechtlichen Beschränkung in Nordrhein-Westfalen geht. Dort ist das Reiten, wie gesagt, auf gekennzeichneten Reitwegen gestattet. Ich darf einmal zitieren: "Der Bundesgesetzgeber hat in § 14 Abs. 1 Satz 2 Bundeswaldgesetz des Weiteren die Nutzung des Waldes zu Reitzwecken räumlich begrenzt. Er will das Reiten im Walde nur auf Wegen und Straßen gestattet wissen. Damit hat er gegenüber der in § 14 Abs. 1 Satz 1 Bundeswaldgesetz vorgesehenen Betretungsbefugnisse eine grundsätzliche Einschränkung ausgesprochen. Auch dies hat der nordrhein-westfälische Gesetzgeber beachtet" - so wie es uns jetzt geht. "Er erlaubt ein Reiten im Walde ebenfalls nur auf Straßen und Wegen. Allerdings begrenzt er diese Befugnis auf private Straßen und Wege, die als Reitwege gekennzeichnet sind. Er war bundesrechtlich nicht gehalten, das Reiten im Walde auf jeder privaten Straße oder auf jedem privatem Weg zu gestatten. Eine derartige Pflicht lässt sich § 14 Bundeswaldgesetz nicht entnehmen. Die Erlaubnis, fremde private Straßen oder private Wege zu Erholungszwecken zu nutzen, stellt eine Inhaltsbestimmung des Privateigentums im Sinne des Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz dar. Der Gesetzgeber hat hierbei unterschiedliche, teilweise gegenläufige Interessen zu berücksichtigen. Der insoweit erforderliche Interessenausgleich kann durch gesetzliche Regelung allgemein vorgenommen werden." Genau das, meine sehr verehrten Damen und Herren, machen wir jetzt in Thüringen, genau diesen Interessenausgleich zwischen den Nutzern, den Eigentümern und den verschiedenen Erholung Suchenden im Thüringer Wald. Ziel soll es sein, das Konfliktpotenzial, das ich ausführlich an den verschiedenen Landeswaldgesetzen und den Urteilen beschrieben habe, zu minimieren und möglichst auszuschließen. Mit einer verhältnismäßig langen Übergangszeit mit Stichtag 01.01.2004 ist meines Erachtens ausreichend Zeit vorhanden, die verschiedenen Interessen zusammenzuführen. Um in Thüringen eine Lösung zu erreichen, die sowohl die Interessen der Eigentümer, anderer Nutzer des Waldes sowie die zahlreichen Erholung Suchenden, ob Reiter, Wanderer, Ski- oder Radfahrer ausreichend berücksichtigt. Wir werden in Thüringen ein ausreichendes, zusammenhängendes Reitwegenetz schaffen. Mit der Kennzeichnung der Pferde wollen wir versuchen, die Ordnungswidrigkeiten einzuschränken, verhindern kann man dies selbstverständlich nicht. Aber das soll im Interesse aller sein. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dafür zu streiten

und sich auseinander zu setzen, lohnt sich. Aber ich sage das hier auch mit aller Deutlichkeit, was wir in den letzten Wochen und auch ich persönlich in den letzten Tagen erlebt haben, eine Auseinandersetzung mit Beschimpfung, Verunglimpfung, nicht innerhalb der Abgeordneten, sondern außerhalb. Keiner der 88 Abgeordneten hat sich an einer dermaßenen Verunglimpfung oder unsachlichen Debatte beteiligt, das möchte ich hier noch einmal ausdrücklich betonen. Frau Nitzpon, ich gebe Ihnen Recht, nicht dass da ein falscher Zungenschlag herüberkommt. Aber was in der letzten Zeit an Beschimpfungen, Verunglimpfungen, Verleumdungen und Lügen verbreitet wird, auch hinsichtlich persönlicher Verunglimpfung, das kann so einfach nicht mehr hingenommen werden. Ich appelliere an alle, vor allem an die Funktionäre, zu einer inhaltlichen, sachlichen Auseinandersetzung zurückzufinden.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben uns heute früh - und ich muss ganz ehrlich sagen in diesem Zusammenhang - über die Vorkommnisse am Gutenberg-Gymnasium unterhalten. Dazu möchte ich keinen Kommentar abgeben, aber ich glaube, es gehört auch der entsprechende Respekt dazu, dass wir einigermaßen die Würde noch behalten, vor allem auch gegenüber denen, mit denen ich mich auseinander setze. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, manche Briefe, manche Internetseiten waren mit einer solchen Boshaftigkeit und mit solchen Lügen bestückt, die moralisch niederträchtig und abgrundtief polemisch gewesen sind, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Das ist kein fairer Beitrag zur demokratischen Auseinandersetzung, wenn es auch um keine so weltbewegende Auseinandersetzung wie das Reitwegenetz geht. Ich appelliere deswegen an alle, bei aller unterschiedlichen Auffassung, dass wir respektvoll auch in dieser Frage miteinander umgehen und ein für Thüringen vernünftiges Waldgesetz novellieren, das für alle Interessen einen entsprechenden Ausgleich bringt. Ich bitte um die Überweisung an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren... doch, Herr Abgeordneter Kummer, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Tourismus ist ein zartes Pflänzchen, hat mir neulich jemand gesagt, und nachdem, was wir in der letzten Zeit der Thüringer Presse über die Entwicklung im Thüringer Tourismus entnehmen konnten, scheint es zurzeit ziemlich zu mickern. Dieser Gesetzentwurf, der uns hier vorliegt, ist meiner

Ansicht nach noch ein weiterer kräftiger Fußtritt auf dieses Pflänzchen.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Das Ge- genteil ist der Fall.)