Meine Damen und Herren, gemäß § 8 Abs. 3 Thüringer Schulgesetz ist die Durchführung des Berufsvorbereitungsjahrs eine originäre Aufgabe der Berufsschule. Jugendliche ohne Hauptschulabschluss, die zu Beginn der Berufsschulpflicht ein Berufsausbildungsverhältnis nicht nachweisen, besuchen das BVJ nach Maßgabe der unterschiedlichen Lernvoraussetzungen in den verschiedenen Organisationsformen. Die Möglichkeiten dazu sind in Thüringen flächendeckend eingerichtet. Entsprechende personelle und sächliche Voraussetzungen wurden an den staatlichen berufsbildenden Schulen eingerichtet.
Neben den Zuwendungen der regionalen Schulträger zur sächlichen Ausstattung der berufsbildenden Schulen wurden darüber hinaus umfangreiche Landes- und ESF-Mittel zur Verfügung gestellt. Für benachteiligte und lernbeeinträchtigte Jugendliche, die ohne Hauptschulabschluss geblieben sind, die nach Ende der Vollzeitschulpflicht die 7. oder 8. Klasse der Regelschule bzw. die Klassenstufe 9 oder 10 der Förderschule für Lernbehinderte beendet haben und die aufgrund ihrer Mängel und Schwächen in einem rein schulischen BVJ nicht ausreichend gefördert werden können, wurde in Ergänzung zum vollzeitschulischen Angebot im Jahre 2000 das praxisnahe Projekt "IMPULS" in Thüringen eingeführt.
Beteiligt waren das Thüringer Kultusministerium in Zusammenarbeit mit dem Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur, die Jugendberufshilfe Thüringen e.V. sowie die Industrie- und Handelskammern bzw. die Handwerkskammern Thüringens.
Mit diesem Projekt soll eine Umwandlung von vollzeitschulischer in teilzeitschulische Berufsvorbereitung erreicht und dabei der Lernort Betrieb verstärkt einbezogen werden. Den allgemein bildenden Unterricht sichert die staatliche berufsbildende Schule ab, der fachtheoretische und fachpraktische Unterricht findet beim Bildungsträger statt. Letztlich sollen insgesamt die drei Lernorte, die Berufsschule, der Maßnahmeträger und der Betrieb, für eine stärkere Dualität zwischen Theorie und Praxis kombiniert mit sozialpädagogischer Betreuung genutzt werden. Ziel des Modells ist es, dass die Jugendlichen ihre Ausbildungsreife erreichen und möglichst auf eine betriebliche Berufsausbildung vorbereitet werden. Die Berufsvorbereitung erfolgt in der Regel in zwei von den Jugendlichen ausgewählten Berufsfeldern. Die Unternehmen, die mit Hilfe der Kammern für die betrieblichen Praktika gewonnen wer
den, müssen zugleich ausbildungsberechtigt sein. Bei erfolgreicher Teilnahme kann abschließend ein dem Hauptschulabschluss gleichwertiger Abschluss erworben werden. Das entsprechende Zeugnis darüber stellt die jeweilige Berufsschule aus.
Wie bereits in den vorangegangenen Schuljahren ist auch für das Schuljahr 2002/2003 beabsichtigt, 60 Lerngruppen zu bilden. Die zu fördernde Schülerzahl ist auf 900 festgelegt. Die Kosten für die Bildungseinrichtungen sind auf 2,1 Mio. rung des Projekts erfolgt aus ESF-Mitteln im Rahmen des operationellen Programms 2000 - 2006 des Freistaats Thüringen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ist eine flächendeckende Ausweitung des "IMPULS"-Projekts, wie im Antrag der SPD gefordert, schon aus finanziellen Gründen nicht realisierbar, so ist gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass bei einer flächendeckenden Übernahme des Projekts "IMPULS" die Lehrkräfte für die Fachpraxis an den staatlichen berufsbildenden Schulen zwar freigesetzt würden, der Einsatz dieser Fachkräfte an anderer Stelle in der dualen Ausbildung jedoch aufgrund fehlender fachlicher Qualifikationen nicht möglich wäre. Die Forderung des vorliegenden Antrags ist somit aus rein sachlichen Erwägungen schlicht nicht umsetzbar.
Sehr geehrte Damen und Herren, das Kultusministerium hat in den letzten Jahren in Bezug auf die Berufswahlvorbereitung eine konsequente Strategie entwickelt und verfolgt.
Berufswahlvorbereitung im engeren Sinne wurde auf der Grundlage der Lehrpläne des fächerübergreifenden Prinzips gemeinsam mit vielen Partnern zu einem umfangreichen System mit einer großen Anzahl von Angeboten für Schulen entwickelt und wird ständig ausgebaut. Keine Schule kann dabei von allen Möglichkeiten Gebrauch machen, sondern muss aufgrund ihrer schulinternen Bedingungen das eigene System entwickeln. Dieser Prozess ist in den Thüringer Schulen weit fortgeschritten.
Es wird deshalb für neue zusätzliche Projekte, Frau Pelke, zunehmend schwerer, Abnehmer auf Seiten der Schulen zu finden. In der aktuellen Entwicklung zeichnet sich ab, dass Berufswahlvorbereitung in den nächsten Jahren stärker am regionalen Fachkräftebedarf orientiert werden muss.
Impulse dafür werden zurzeit auf unterschiedlicher Ebene, etwa in einer eigens konstituierten "Managementgruppe" der Thüringer Staatskanzlei oder durch die "Thüringer Ausbildungsinitiative" oder durch die "Arbeitsgruppe Ausbildungsfähigkeit" und durch verschiedene andere Projekte erzeugt. Ich will als Beispiel nur nennen das Projekt "Be
rufswahlentscheidung als Bestandteil des Lebenskonzepts", die Initiative der Handwerkskammer Südthüringen, sie heißt "Bausteinsystem zur Berufsorientierung im Bauhandwerk" und die Bereitstellung von Berufsinformationsterminals durch die IHK. Für die Berufswahlvorbereitung im weiteren Sinne als Vorbereitung der Schüler auf ihre Rolle im Leben, in der Gesellschaft und in der Arbeitswelt hat das Kultusministerium mit den Thüringer Lehrplänen, wie Sie wissen, die entscheidenden Grundlagen gelegt. Das Kompetenzmodell hat die Überschrift "Zum Handeln befähigt". Es ist die Grundantwort auf die Sorgen und Probleme, die uns bekannt sind, die aus der Wirtschaft auch an uns herangetragen werden.
Meine Damen und Herren, im April und Mai 2002 wurde vom Kultusministerium eine anonyme Befragung der Schulleiter der staatlichen Regelschulen in Thüringen durchgeführt. Das ist ganz interessant. Bei der konnte u.a. Folgendes festgestellt werden: Die Berufswahlvorbereitung ist an 100 Prozent der Schulen Bestandteil der konzeptionellen Arbeit. Durchschnittlich zwei Lehrkräfte sind für die Berufswahlvorbereitung konkret an jeder Schule verantwortlich und erhalten dafür entsprechende Lehrerwochenstunden als Abminderung aus der Schulpauschale. 97 Prozent der Regelschule bieten einen speziellen Elternabend zur Berufswahlvorbereitung an. 100 Prozent der Regelschulen besuchen mit den Schülern regelmäßig das Berufsinformationszentrum der Arbeitsämter. In 99 Prozent der Schulen sind die Berufsberater der Arbeitsämter regelmäßig vor Ort. 75 Prozent der Regelschulen veranstalten berufsvorbereitende Tage und 75 Prozent der Regelschulen veranstalten Projekttage zur Berufswahlvorbereitung.
73 Prozent der Regelschulen beteiligen sich an speziellen Projekten zur Berufswahlvorbereitung. Regelmäßige Betriebserkundungen, Betriebsbesichtigungen werden an 77 Prozent der Regelschulen, durchschnittlich zweieinhalb Mal im Jahr, durchgeführt. In den Klassenstufen 8 nehmen 93 Prozent, in den Klassenstufen 9 100 Prozent der Schüler am Schülerbetriebspraktikum teil. Das macht deutlich, dass allen Schülern umfangreiche Beratungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
Dieses Angebot muss natürlich von den Schülern auch genutzt werden. Mit der Kampagne "thüringenperspektiv" wurden alle Schülern der Vorabgangs- und Abgangsklassen über ihre beruflichen Chancen informiert und auf die Möglichkeit der Beratung hingewiesen.
Sehr geehrte Damen und Herren, den entscheidenden Beitrag zur Förderung benachteiligter Jugendlicher muss Schule selbst leisten.
Das Kultusministerium hat dazu gerade in den letzten Jahren wesentliche Weichenstellungen vorgenommen. Insbesondere durch die Einführung der Praxisklassen in den Klassenstufen 7 und 8 der Regelschulen wird den benachteiligten Schülern besondere Aufmerksamkeit zuteil. Neben dem Ziel, sie zu einem Schulabschluss an der Regelschule zu führen, nimmt die praktische Berufswahlvorbereitung dort einen besonderen Raum ein. Entsprechend der spezifischen Situation werden mit den Schülern z.B. auch individuelle Vereinbarungen über den weiteren schulischen Weg und damit auch zur ganz individuellen Berufswahlvorbereitung getroffen.
Auch die Einführung eines freiwilligen zehnten Schuljahres für Schüler der Hauptschulklassen dient der Zielrichtung der Stärkung der Ausbildungsfähigkeit. Die damit verbundenen erfolgreichen Schulversuche bestätigen, dass wir mit diesen Maßnahmen, die ein Teil der angestrebten Novelle des Schulgesetzes sind, auf dem richtigen Weg sind.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag empfiehlt zur Verbesserung der beruflichen Orientierung auch die Möglichkeit des JobAqtivGesetzes zu nutzen. Vielen Dank für die Anregung. Allerdings geschieht das schon längst. Nach Verabschiedung des JobAqtivGesetzes gab es umgehend Gespräche mit dem Landesarbeitsamt Sachsen-Anhalt/Thüringen und dabei wurde vereinbart, die Mittel im Haushaltsjahr 2002 zu bündeln und in ein ausbaufähiges Grundsatzprojekt fließen zu lassen. Mit dem Konzept "Sprint", Kurzform für Service-Points für Rat, Information, Navigation und Training - ich habe das nicht erfunden, aber so heißt es - ist es im Zusammenhang mit dem Berufsbildungswerk der Thüringer Wirtschaft als Projektträger gelungen, ein Projekt zu entwickeln, das die Voraussetzungen für eine Förderung nach § 33 Sozialgesetzbuch III erfüllen kann. Im Haushaltsjahr 2002 stehen dem Landesarbeitsamt Sachsen-Anhalt/Thüringen für beide Bundesländer zusammen 100.000 Projektantrag zur Förderung des Konzepts durch ESFMittel ist bereits gestellt.
Es gibt in der Tat gute Gründe, die Situation an den Förderschulen besonders aufmerksam zu beobachten. Es ist offensichtlich so, dass immer weniger, vor allem schwer lernende und verhaltensproblematische Jugendliche den sicheren Weg in die Arbeitswelt finden. Aus diesem Grunde wurden 17 Förderschulen im Projekt "Vorbereitung auf die Berufs- und Arbeitswelt" von Kindern und Jugendlichen mit Lernschwierigkeiten und Verhaltensproblemen, Kooperation Schule - Wirtschaft durch das Kultusministerium seit dem Schuljahr 1999/2000 gefördert. Ziel ist dabei, Schule so zu verändern, dass sie den Schülern die Möglichkeit eröffnet, Berufs- und Arbeitsfelder selbst zu erfahren und ihre Eignung und Neigung in den Phasen der Berufsorientierung, der Berufserprobung und der Berufs
Insgesamt findet im Schuljahr 2001/2002 an 39 staatlichen Förderschulen und an drei Förderschulen in freier Trägerschaft der Unterricht anteilig im berufswahlvorbereitenden und lebenspraktischen Lernbereich außerhalb des Lernorts Förderschule in Berufsbildungszentren, in Berufsschulen und in regionalen Betrieben statt und werden auch durch weitere Maßnahmen, wie differenziert gestaltete Praktika, ergänzt und untersetzt. Auch in diesem Zusammenhang werden übrigens die Möglichkeiten des JobAqtivGesetzes genutzt. Die Begleitung der Schüler im Prozess der Berufswahlvorbereitung erfolgt durch die Klassen- und Beratungslehrer der jeweiligen Förderschulen, den Praxispartnern aus der Wirtschaft sowie den Berufsberatern des Arbeitsamts. Auf der Basis von Förderplänen, die es für alle Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf gibt, sowie Diagnostik während der praktischen Tätigkeit soll für jeden Schüler der passende Beruf gefunden werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Antrag der SPD-Fraktion zielt sicherlich auf Bereiche, in denen besondere Maßnahmen gefordert sind, um Jugendliche, die aus unterschiedlichen Gründen schlechtere Startchancen für ihr Berufsleben zu erwarten haben, früh zu unterstützen. Allerdings sind die vorgelegten Vorschläge nicht gerade innovativ zu nennen und verkennen die vielfältigen Anstrengungen, die auf diesem Gebiet bereits greifen oder in die Wege geleitet sind. Vielen Dank.
Jetzt frage ich noch einmal sicherheitshalber: Gibt es weitere Redemeldungen? Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Dann kann ich die Aussprache schließen und wir kommen zur Abstimmung. Ich möchte zunächst erst die Fraktionen bitten, die Anträge auf Ausschussüberweisungen noch einmal zu stellen, damit hier keine Pannen bei der Abstimmung passieren. Herr Abgeordneter Pidde.
Den Antrag in Drucksache 3/2501 wollten wir federführend an den Ausschuss für Bildung und Medien und den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik.
Für alle drei Anträge, das heißt unter 10 a, b und c die Überweisung an den Ausschuss für Bildung und Medien.
Nein, der Entschließungsantrag ist damit nicht gemeint. Bei 10 c bitte ich noch den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik zu ergänzen.
Ja, der Antrag ist ja schon gestellt. Doppelt hält besser. Gut, dann haben wir das geklärt. Die Federführung bei 10 c. Wollen Sie die auch weiter im Ausschuss für Bildung und Medien haben? Dann ist das kongruent und wir stimmen das so hintereinander ab.
Zuerst stimmen wir ab über den Antrag der SPD-Fraktion in Drucksache 3/2430 - Neufassung -, und zwar über die Ausschussüberweisung. Wer für die Überweisung dieses Antrags an den Ausschuss für Bildung und Medien votieren will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei einigen Gegenstimmen ist dieser Antrag an den Ausschuss für Bildung und Medien überwiesen worden.
Ich weise darauf hin, dass es am Ende der gesamten Abstimmung eine Erklärung zum Abstimmverhalten vom Abgeordneten Döring geben wird.
Jetzt stimmen wir über den Antrag der PDS-Fraktion in Drucksache 3/2487 und auch über die Ausschussüberweisung ab, und zwar an den Ausschuss für Bildung und Medien. Wer diesem Antrag zur Ausschussüberweisung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Auch dieser Antrag zur Ausschussüberweisung ist mit Mehrheit angenommen.
Jetzt stimmen wir über den Entschließungsantrag der Fraktion der PDS in Drucksache 3/2518 ab, und zwar direkt, weil ja keine Ausschussüberweisung beantragt worden ist. Ich frage Sie: Wer für den Antrag votieren will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Dieser Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung des Antrags der SPD-Fraktion in Drucksache 3/2501. Da stimmen wir über die Ausschussüberweisungen ab, zunächst über die Überweisung an den Ausschuss für Bildung und Medien. Wer dafür votiert, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Das war einmütig.
Wir stimmen noch über die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik ab. Wer dieser Überweisung zustimmen will, den bitte ich ebenfalls um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Auch diese Überweisung ist einmütig geschehen.
Jetzt legen wir noch die Federführung fest. Wer den Ausschuss für Bildung und Medien als federführenden Ausschuss bestimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Das scheint mir auch einmütig zu sein. Gegenstimmen und Stimmenthaltungen sind keine.
Damit haben wir die Abstimmung vollzogen. Jetzt rufe ich zunächst Herrn Abgeordneten Döring auf, der eine Erklärung zu seinem Abstimmverhalten vornehmen möchte.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich habe die Ausschussüberweisung der Drucksache 3/2430 - Neuregelung zu Schulabschlüssen - abgelehnt, weil wir jetzt eine Regelung brauchen, weil hier eindeutig Signal zu setzen ist und weil ein Parken in dem Ausschuss dabei in keinerlei Weise hilfreich ist.
Auch Frau Dr. Stangner möchte eine Erklärung zum Abstimmverhalten abgeben. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Mit unserem Antrag in der Drucksache 3/2487 wollten wir die Landesregierung auffordern, dem Landtag rechtliche Regelungen vorzulegen.