Nun reden und behaupten natürlich tatsächlich alle Menschen, die mehr oder weniger mit Europa etwas zu tun haben, wir müssen die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen nach Europa. Mit markigen Worten allein ist das allerdings nicht gemacht, denn angesichts der wachsenden Dynamik und auch der Komplexität in diesem europäischen Prozess, das ist heute von den Vorrednern angesprochen worden, ist schon der direkte Einfluss, der in Brüssel getroffen wird, der sich auf Landes- und auf Kommunalebene bis unten durchzieht, Herr Dr. Botz, völlig klar, der wird stärker beim Bürger spürbar und erregt beim Bürger natürlich auch immer mehr Unwohlsein und Ärgernis und Unzufriedenheit. Das ist durchaus richtig, das haben wir auch hier debattiert. Der Minister hat ja vorhin einmal so ein paar Prozentzahlen genannt, die ja auch zu denken geben. Es passt da ganz gut rein, wenn man die ganz aktuellen Prozentzahlen zur EU-Erweiterung nimmt. Da ist es schon ein bisschen erstaunlich, dass 43 Prozent zur EUErweiterung Ja sagen, 34 Prozent sagen Nein und 23 Prozent sagen, das interessiert mich überhaupt nicht. Das ist schon alarmierend, wo wir eigentlich darauf achten müssen, dass wir in diesem Kontext auch insgesamt ein Stückchen weiter vorankommen, denn die auch vom Minister angesprochene Strategie der Landesregierung zu Beginn der Legislatur, genau über diese Herausforderungen, über diese Jahre hinweg, ist ja nicht festgeschrieben. Wenn man heute sagt, Sie haben es angesprochen und auch Frau Sedlacik umfassend äußert, das kann sie nicht mittragen und wir würden das etwas zu steif sehen, man müsste das ein bisschen ausweiten, nur die Europawoche ist zu wenig. Da kann ich eigentlich immer nur sagen, es stimmt nicht. Die Europawoche ist ein einziger Teil, ein Teil der komprimiert die Aktivitäten zu Europa, da gehen wir in Schulen, in Verbände, sprechen mit jungen Menschen, aber über das ganze Jahr, ob die Europäische Union, ob die Europäische Bewegung, Europa findet doch tatsächlich über das
Jahr hinweg statt, ob in Foren, ob in den Fraktionen. Ich bin schon froh, die Minister sitzen ja hier und weil Sie es angesprochen haben, ressortübergreifend, dafür koordiniert die Staatskanzlei die Europafragen. Das ist völlig klar, das wissen Sie ganz genau, wie die Geschäftsordnung der Landesregierung geht, da braucht man keine Bedenken haben, dass das nicht funktioniert. Denn ich glaube, die Konzepte, auch was wir heute gehört haben, das ist ein Blick nach vorn, der aber natürlich nie und nimmer den Anspruch für sich nehmen kann, dass er nicht fortgeschrieben werden kann. Das ist überhaupt keine Frage. Das Konzept wird aufbereitet, fortgeschrieben und natürlich auch je nach Situation, wie die Lage sich weiterentwickeln wird. Wir wissen doch ganz genau, der Konvent tagt und da wird es weiterhin zu entscheidenden Fragen kommen, wie können wir uns einbringen, wie können die Bürger sich einbringen. Es ist über das Internet gesprochen worden, das ist sehr richtig, aber richtig ist auch, dass es einen großen Teil von Bürgern gibt in Europa, die haben keinen Internetanschluss, die praktisch an dieser Diskussion öffentlich gar nicht teilnehmen können, sich einbringen können in die Zukunft Europas. Das bedeutet ganz klar, wir müssen auch hier nach Wegen suchen, wie man denn nach Möglichkeit den Dialog mit den Menschen in Europa, in Thüringen und natürlich auch letztendlich in Deutschland vorantreiben kann.
Vielleicht zum Schluss noch, weil ich auf den Inhalt eigentlich nicht näher eingehen muss, die PDS hat sich dazu geäußert, Frau Sedlacik hat gesagt, sie kann das nicht mittragen, weil ihnen die umfassende europäische Aktivität und Sie haben es Lobhudelei genannt, kann ich natürlich von Ihrer Seite verstehen, es ist immer ärgerlich, wenn man merkt, dass eine Landesregierung erfolgreich in dem Punkt arbeitet, erfolgreicher als Länder in den neuen Bundesländern, die nicht von der Union regiert werden, das ist völlig klar. Aber Herr Kollege Botz hat ja richtigerweise auch signalisiert für seine Fraktion, dass er den Beschluss mitträgt. Ich glaube, den einen Punkt, den Sie angesprochen haben, was die regionalen Partnerschaften anbelangt, wir konzentrieren uns überhaupt nicht nur auf Litauen, das ist nicht richtig. Wenn Sie den Antrag, wenn Sie die Beschlussempfehlung in Punkt 3 lesen und den ersten Antrag im dritten Absatz lesen, da steht ganz klar drin, dass wir zu allen Regionen, die wir haben, bilateral die Kontakte ausbauen und pflegen werden, nicht nur zu Litauen, sondern zu allen regionalen Partnerschaften und auch zu denen, die sich neu gründen werden, wo wir immer bestrebt sind, auch im Rahmen von europäischen Förderprogrammen, wo sich bestimmte Regionen zusammenschließen müssen, diesen Weg weiterhin mit zu beschreiten.
Meine Damen und Herren, weil der Ausschuss für Bundesund Europaangelegenheiten in der Vergangenheit eine für meine Begriffe, zumindest in den letzten zweieinhalb Jahren, gute Europapolitik gemacht und Themen aufgegriffen hat und sich geäußert und mitgeredet hat zu den Dingen - wir haben Entschließungen getroffen, die im Bundesrat sehr hilfreich gewesen sind für Thüringen, deshalb
glaube ich, ganz einfach, dass wir am Ende unserer Debatte in diesen Schwerpunktaktivitäten natürlich in der Öffentlichkeitsarbeit für uns als Landtag aktiver werden müssen. Dafür sind Konzepte, von der einen Seite durch die Regierung, Konzepte von uns, da kann man über Dinge, die Dr. Botz gesagt hat, durchaus nachdenken, das halte ich auch in vielen Punkten für uns als Parlament durchaus angebracht, aber aufgrund der bisher getätigten Argumente und ausgetauschten Argumente glaube ich einfach und bitte Sie auch um Zustimmung zu unserer Beschlussvorlage. Danke schön.
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht, ich kann damit die Aussprache schließen und wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung, und zwar aus dem Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten - Drucksache 3/2511 -, da diese eine Neufassung des ursprünglichen Antrags enthält. Ich will nur vorab feststellen, dass in der Tat der Absatz 5 der Beschlussempfehlung, in dem es heißt: "Die Landesregierung wird gebeten, unter Berücksichtigung..." usw. "... ihr Konzept zur Weiterentwicklung der europapolitischen Öffentlichkeitsarbeit vorzustellen." schon erfüllt ist, dafür bedanken wir uns und das berücksichtigen wir auch.
Wir stimmen also in Kenntnis, dass dies bereits erledigt ist, über diesen Antrag ab. Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke, das ist eine übergroße Mehrheit. Ich darf die Gegenstimmen erbitten, das ist nicht der Fall. Enthaltungen? 2 Enthaltungen. Dann bei 2 Enthaltungen mit übergroßer Mehrheit in diesem Landtag angenommen.
Ich darf als Landtagspräsidentin auch sagen, dass ich mich für diese europapolitische Selbstverpflichtung, die es ja letztlich ist, dieses Parlaments und namentlich auch des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sehr bedanke; nicht zuletzt haben wir gerade auf der Präsidentenkonferenz ja auch über dieses Thema gesprochen.
Bericht zur Situation des öffentlichen Gesundheitsdienstes in Thüringen Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/2481
Begründung durch den Einreicher wird nicht gewünscht. Dann kommen wir zum Sofortbericht der Landesregierung. Bitte, Herr Minister Dr. Pietzsch.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst möchte ich bei der Behandlung dieses Themas darauf hinweisen, dass die Aufgaben der Gesundheitsämter staatliche Aufgaben sind, die die Landkreise im übertragenen Wirkungskreis erfüllen, Landkreise und kreisfreie Städte haben damit in den Grundämtern die Personal- und Organisationshoheit und entscheiden damit grundsätzlich selbständig über die Personalausstattung und die Art und Weise der Aufgabenerfüllung. Das Entscheidende ist die Aufgabenerfüllung. Fachliche Weisung der zuständigen Landesbehörden, insbesondere des Landesverwaltungsamts und des Gesundheitsministeriums müssen allerdings berücksichtigt werden, ich will nicht sagen, befolgt werden, das wäre etwas hoch gegriffen.
Sollte sich in Zukunft herausstellen, dass eine ordnungsgemäße Erfüllung der übertragenen staatlichen Aufgaben mangels einer ausreichenden Personalausstattung in den einzelnen Ämtern nicht gewährleistet ist, gebe es der Kommunalaufsicht Anlass, hier im Einzelfall einzugreifen. Ich sage bewusst, bisher war es nicht erforderlich. Aber wir werden ein sehr waches Auge haben, dass es hier zu keinen Verwerfungen kommt. Insofern sage ich auch in Richtung Landkreistag, weil dort ein anderes Verständnis bestand, ganz dezidiert, zur Vertiefung seiner Fachaufsicht hat das Land im Rahmen seiner Rechtsaufsicht auch das Recht, sich über die tatsächliche Personalausstattung der Gesundheitsämter und damit verbunden über den Grad der Erfüllung der staatlichen Aufgaben auch durch Umfragen zu informieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der vorliegende PDS-Antrag ist in sehr großen Teilen identisch mit der bereits beantworteten Kleinen Anfrage der Abgeordneten Frau Dr. Fischer in der Drucksache 3/2305 und der Großen Anfrage der Fraktion der PDS in der Drucksache 3/2002, die beide den öffentlichen Gesundheitsdienst bzw. die Gesundheitsförderung in Thüringen thematisierten. Da dieses noch nicht so sehr lange her ist, haben die damals gegebenen Anworten durchaus noch ihre Gültigkeit und sind noch aktuell. Das heißt nicht, dass ich jetzt mit meinem Bericht etwa aufhören will.
Meine Damen und Herren, rechtliche Grundlage für die Arbeit des öffentlichen Gesundheitsdienstes ist die Verordnung über den öffentlichen Gesundheitsdienst und die Aufgaben der Gesundheitsämter bei den Landkreisen und kreisfreien Städten, eine Verordnung, die bereits am 8. August 1990 in Kraft getreten ist. Es gab dazu eine Novellierung, also eine Neufassung am 2. Oktober 1998. Zusätzlich sind in spezialgesetzlichen Regelungen, so z.B. dem Thüringer Kindertagesstätteneinrichtungsgesetz und dem Thüringer Schulgesetz Festlegungen getroffen, nach denen sich die Arbeit der Gesundheitsämter orientiert oder regelt. Thüringer Gesundheitsämter nehmen auf dieser Grundlage folgende Aufgaben wahr: Aufsicht und Überwachung im Gesund
heitswesen, Umwelthygiene, Seuchenhygiene, amtsärztliches Gutachtenwesen, Jugendärztlicher und Jugendzahnärztlicher Dienst, sozialhygienische Dienste, Beratung und Betreuung Behinderter und sozialpsychiatrischer Dienst.
Meine Damen und Herren, die Kommune bestimmt dabei selbst die Zusammensetzung und Benennung einzelner Verwaltungseinheiten. Der Landrat oder Oberbürgermeister ist rechtlich verpflichtet, das zur Erfüllung dieser Aufgaben erforderliche Personal einzustellen und auch zu qualifizieren. Fest steht, dass die Aufgabenstruktur der Gesundheitsämter seit 1992 keine grundlegenden Veränderungen erfahren hat. Die Thüringer Gesundheitsämter nehmen, wie ich es vorhin schon deutlich gemacht habe, eine Fülle von Spezialaufgaben wahr, allein die Aufgabengebiete der Seuchenhygiene sind äußerst vielfältig. Der im Antrag auftauchende Begriff übrigens des "Medizinischen Umweltschutzes" existiert so nicht mehr. Die Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes beziehen sich vielmehr auf den umweltbezogenen Gesundheitsschutz. Dabei geht es z.B. auch um Schadstoffe in Innenräumen, physikalische Einrichtungen, beispielsweise wie Lärm oder Strahlung, Umweltschadstoffe im Wasser, Boden oder in der Luft. Neue Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes wie Einzelfallmeldungen sowie erweiterte Regelungen der neuen Trinkwasserverordnung stellen neue Aufgaben oder zumindest neue Prioritäten für die Gesundheitsämter dar. Dieser Bereich erfordert ganz besonderes gut geschultes Fachpersonal, das sicher aber auch zügig und schnell den Gesundheitsschutz der Bevölkerung im Bedarfsfalle zu gewährleisten hat. Ich erinnere auch hier an den Bioterrorismus, mit dem wir es im vergangenen Jahr zu tun hatten. Eine sehr konkrete Aufgabe der Seuchenhygiene ist das subsidiäre und kostenfreie Angebot von Impfleistungen. Dafür stellt das TMSFG kostenfrei Impfstoffe zur Verfügung. Allerdings bitte ich immer zu berücksichtigen, der öffentliche Gesundheitsdienst hat gegenüber den niedergelassenen Ärzten subsidiär zu agieren, das heißt, Impfungen, nur Gruppenimpfungen im Bereich des öffentlichen Gesundheitsdiensts. Durch die jährlichen Vorsorgeuntersuchungen und Erhebungen des jugendärztlichen Dienstes wird neben gesundheitlichen Befunden eben auch der Impfstatus erhoben. Auch dies ist ein - ich will es nicht als Nebenprodukt bewerten - wichtiges Produkt dieser jährlichen Vorsorgeuntersuchungen. Dadurch ist es durchaus möglich, bei den Kindern Impflücken zeitnah zu erkennen und gezielt Einfluss darauf zu nehmen, dass diese Impflücken geschlossen werden. Um einige Zahlen zu nennen: Im Schuljahr 1999/2000 wurden zum Beispiel in Thüringen 14.406 Einschulungsuntersuchungen, 20.945 Vorsorgeuntersuchungen in den 3. und 4. Klassen und 26.020 Vorsorgeuntersuchungen der 8. und 9. Klassen durchgeführt, das sind schon ganz erhebliche Leistungen. Im Jahr 2001 wurden von den Thüringer Gesundheitsämtern 17.728 Impfungen mit einem finanziellen Impfstoffaufwand - das darf man auch einmal benennen - von ca. 305.000 DM vorgenommen. Die kontinuierliche Arbeit der Gesundheitsämter führte im Zusammenwirken mit den niedergelassenen Ärzten in den letzten Jahren zu einer Verbesserung der Durchimpfungsrate, ins
besondere im Bereich Masern, Mumps und Röteln. Allerdings ist damit noch nicht das Optimum der Durchimmunisierung erreicht und gerade in diesem Bereich des Impfschutzes werden wir auch in Zukunft sehr intensiv Prävention betreiben müssen.
Die von den Gesundheitsämtern durchzuführenden Besichtigungen und Überwachungen von öffentlichen Einrichtungen sind ein weiterer Aufgabenschwerpunkt. So wurden zum Beispiel im Jahr 2000 - wenn jetzt Zahlen genannt werden, die über den bestehenden Bestand der Einrichtungen hinaus gehen, ist damit deutlich, dass manche Einrichtungen mehrfach untersucht worden sind 69 Krankenhäuser, rund 540 Schulen, 760 Kindertageseinrichtungen und 1.404 mal Wasserversorgungsanlagen untersucht.
Nach § 6 der Verordnung über den öffentlichen Gesundheitsdienst führen die Gesundheitsämter auch amtliche Überwachungen von Bädern und Badegewässern durch. Sie haben vielleicht mitbekommen, dass ich vor nicht allzu langer Zeit gerade über den Stand der Wasserqualität in den Thüringer Badegewässern berichtet habe. Die Badegewässerqualität in Thüringen ist gut bis sehr gut, es gibt nur ganz, ganz wenige, wo die Wasserqualität nicht so gut ist. In den Sommermonaten bedarf es dazu natürlich regelmäßig wiederkehrender Untersuchungen, insbesondere bei länger andauernder Hitzeperiode.
Eine andere wichtige Aufgabe des öffentlichen Gesundheitsdienstes ist die Erstellung von Gutachten. Hier auch eine Zahl aus dem Jahr 2000: Von den Thüringer Gesundheitsämtern wurden insgesamt über 60.000 Gutachten erstellt und, meine Damen und Herren, wer jemals ein Gutachten erstellt hat, weiß, dass dieses auch eine erhebliche Arbeit bedeuten kann. Überschneidungen gibt es mit den Aufgaben der sozialhygienischen Dienste, der Beratung und Betreuung Behinderter und dem sozialpsychiatrischen Dienst. Dabei geht es um gesundheitliche Aufklärung und Beratung im Amt sowie vor Ort und um die Betreuung von Patienten, die von sich aus keinen niedergelassenen Arzt oder Psychiater aufsuchen. Bei diesen Krankheitsfällen ist dieses gar nicht so fürchterlich selten.
Einige Anmerkungen noch zur Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes. Mit In-Kraft-Treten dieses Gesetzes am 01.01.2001 wurden die bis dahin geltenden seuchenrechtlichen Bundesregelungen in einem einheitlichen aktualisierten neuen Gesetz gebündelt, was auch neue Herausforderungen für Thüringen bedeutet. So sind unter anderem das Meldewesen neu strukturiert und die Meldepflichten präzisiert worden. Im Jahr 2001 wurden 12.458 meldepflichtige Infektionen nach Infektionsschutzgesetz in Thüringen erfasst. Im Rahmen der freiwilligen Meldung in Thüringen kamen 1.691 Erkrankungen zur Meldung, dabei handelt es sich um 31 verschiedene Infektionskrankheiten. Von Zeit zu Zeit ist dieses auch einmal in der Öffentlichkeit zu lesen, insbesondere wenn es beispielsweise um die Sommermeningitis geht. Bis zum 31. Mai dieses Jahres
wurden durch die Gesundheitsämter 6.466 Erkrankungen gemeldet, die sich auf bisher 27 verschiedene Infektionskrankheiten verteilen. Am häufigsten natürlich auch die Erkrankungen des respiratorischen Bereichs, also Grippeerkrankungen oder grippale Infekte. Hinsichtlich der infektionshygienischen Überwachung wurde der Verantwortungsbereich der Gesundheitsämter durch das Infektionsschutzgesetz präzisiert, zum Beispiel ist eine gesetzliche Überwachungspflicht über ambulante Operationseinrichtungen festgeschrieben. Für die Beschäftigten im Lebensmittelsektor werden vom Gesundheitsamt Belehrungen vor Aufnahme ihrer Tätigkeit durchgeführt, im Jahr 2001 24.500 solcher Erstbelehrungen, abgesehen von den Wiederholungsbelehrungen.
Meine Damen und Herren, ich darf an dieser Stelle konstatieren, dass die Thüringer Gesundheitsämter in den letzten Jahren sehr gute Arbeit geleistet haben bei der Fülle der Aufgaben, die ihnen zukommen. Daher sei es mir auch gestattet, an dieser Stelle allen Mitarbeitern für ihre verantwortungsvolle Tätigkeit öffentlich zu danken.
Ich sage auch ganz bewusst, die Strukturen haben sich bewährt, die Landkreise und Kommunen sind ihrer Aufgabe, ihrer Verpflichtung und ihrer Verantwortung im Wesentlichen gerecht geworden. Ich habe vorhin kurz angedeutet, dass es durchaus immer wieder einer Überprüfung bedarf und wir werden diese Überprüfungen auch in der Zukunft immer wieder durchführen. Meine Damen und Herren, deswegen muss auch darauf geachtet werden, dass beim Ausscheiden hoch qualifizierten Fachpersonals rechtzeitig ein entsprechender Ersatz, insbesondere im amtsärztlichen Dienst, gefunden wird, aber auch im öffentlichen Dienst sieht die Situation nicht anders aus, als im stationären Bereich oder bei den niedergelassenen Ärzten. Ich kann Ihnen auch aus dem Bereich des unmittelbar nachgeordneten Bereichs des Ministeriums sagen, dass wir große Schwierigkeiten haben, entsprechendes Fachpersonal anwerben zu können, um es einmal mit diesen Worten auszudrücken. Hier bedarf es auch einer entsprechenden Angleichung des Tarifniveaus in den neuen und in den alten Bundesländern, damit uns nicht erfahrene und auch junge Leute abwandern. Die Mitarbeiter - ich sagte es schon - sind engagiert und motiviert und um das auch für die Zukunft gewährleisten zu können, wird das Sozialministerium im Rahmen der Ausübung seiner Fachaufsicht in Zusammenarbeit mit dem Landesverwaltungsamt, das heißt in Zusammenarbeit mit dem Thüringer Innenministerium, darauf hinwirken, dass diese Maßnahmen durch die Landkreise und kreisfreien Städte auch entsprechend umgesetzt werden können und dass die entsprechende personelle und sachliche Ausrüstung in den Landkreisen und kreisfreien Städten gewährleistet ist. Herzlichen Dank.
Damit kommen wir zur Aussprache. Als Erste hat Frau Abgeordnete Dr. Fischer, PDS-Fraktion, das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Minister, ich möchte mich an dieser Stelle gleich ausdrücklich für die sehr konkreten Zahlen bedanken, die hier angegeben wurden. Das ist nicht immer so gewesen, ich werde es auch im Beitrag ein bisschen belegen. Und ich möchte mich natürlich auch gleich am Anfang ausdrücklich bei allen, die im öffentlichen Gesundheitsdienst und gerade in den Gesundheitsämtern arbeiten, bedanken, dass nicht mehr passiert ist,
dass sie also so eine aufopferungsvolle Arbeit leisten. Ich will aber von der grundsätzlichen Art und Weise herangehen und auch deutlich machen, dass man die Probleme nicht nur in die Landkreise und kreisfreien Städte... Das haben Sie nicht getan, aber ich will es deutlich machen.
Ich denke, wir haben überall im Gesundheitswesen Probleme und der Blick auf den öffentlichen Gesundheitsdienst ist leider nicht immer in der Schärfe da. Ich will hier ausdrücklich noch einmal sagen: Die Weltgesundheitsorganisation definiert Gesundheit als Zustand vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens. Auch diese Definition ist ja nicht unumstritten und ich kann nur sagen, für den Landtag in Thüringen, auch für die Enquetekommission, dass da eigentlich Übereinstimmung besteht und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen im Auge behalten wird. Also, meine Damen und Herren, ich erinnere noch einmal daran, sich des bestmöglichen Gesundheitszustands zu erfreuen, ist eines der Grundrechte jedes Menschen ohne Unterschied der Rasse, der Religion, der politischen Überzeugung und der wirtschaftlichen und sozialen Stellung.
Seit langem propagiert die Weltgesundheitsorganisation die Entwicklung von Gesundheitszielen als wichtige Aufgabe von Gesundheitsberichten. Dieser zielorientierte Ansatz wurde trotz einzelner - die will ich durchaus nicht unter den Tisch fallen lassen - regionaler Bemühungen und Fortschritte bisher nur sehr unzulänglich beachtet und auch umgesetzt. Ein Umdenken deutet sich für mich, was wir sehr aufmerksam verfolgen werden, auch in Thüringen jetzt an. Dazu verweise ich auf die Beantwortung der Großen Anfrage zur Gesundheitsförderung, von der der Minister auch gesprochen hat, durch die Landesregierung. Und ein von der WHO als wesentlich erachtetes Gesundheitsziel, nämlich die Stärkung der Gesundheitsförderung sozial benachteiligter Gruppen, hat unter anderem in § 20 SGB V, sowohl im 1. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung und
auch im Gutachten des Sachverständigenrats der konzertierten Aktion im Gesundheitswesen erhebliche Beachtung gefunden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum öffentlichen Gesundheitsdienst gehören natürlich mehr als "nur" die "Gesundheitsämter"; das Veterinärwesen, die Lebensmittelüberwachung gehören ebenso dazu wie der Arbeitsschutz. Bezogen auf die Gesundheitsämter in Thüringen wollten wir kürzlich in einer Kleinen Anfrage wissen, wie die Landesregierung das Ziel des öffentlichen Gesundheitsdienstes, die Gesundheit der Bevölkerung zu fördern und zu schützen - dass das ein Staatsziel usw. ist, das ist klar -, zum gegenwärtigen Zeitpunkt hier in Thüringen einschätzt. Ich muss Ihnen an dieser Stelle etwas sagen, diese Frage ist schlicht nicht beantwortet worden.
Demzufolge sieht die Landesregierung, so steht es zumindest in dieser Kleinen Anfrage, auch keine Defizite im Handlungs- und Aufgabenbereich der Gesundheitsämter. Dazu vielleicht als Antwort auf die Frage 2. Eine Aussage, Herr Minister, möchte ich hier noch einmal hinzusetzen. Sie haben ja gesagt, wir haben Schwierigkeiten in allen ärztlichen Bereichen. Das stimmt. Vor zwei Jahren habe ich noch von Ärzteschwemme oder sonst irgendwelchen Sachen gehört. Ich will etwas dazu sagen, um die Dramatik in dem Bereich deutlich zu machen. Nach Aussagen der Landesärztekammer in Thüringen sind von den 29 Amtsärzten im Land 24 über 50 Jahre alt und nur zwei Ärzte sollen sich gegenwärtig in Weiterbildung im öffentlichen Gesundheitsdienst befinden. Eine ähnliche Entwicklung soll es auch in anderen Fachkräftebereichen des öffentlichen Gesundheitsdienstes geben. Ich sage an der Stelle sehr deutlich: Wir halten diese Entwicklung für außerordentlich alarmierend.
Ich denke schon, dass der Landesregierung die Probleme des öffentlichen Gesundheitsdienstes bekannt sind, allerdings muss ich dazu sagen, wenn sie so bekannt sind in der Schärfe, würde ich dennoch für verantwortungsbewusste Gesundheitspolitik im Land halten, dass man darauf mehr Einfluss nimmt. Es wurde zum Beispiel mit keiner Silbe darauf eingegangen, dass manche Ämter nicht entsprechend ihrer Aufgaben Personal vorhalten. Oder werden die Aufgaben von Amt zu Amt unterschiedlich definiert? Dann würde ich an der Stelle gern wissen, auf welcher Grundlage das basiert. Sie haben gesagt, Herr Minister, seit 1990, das ist das Jahr, aus dem die Verordnung über den öffentlichen Gesundheitsdienst und die Aufgaben der Gesundheitsämter in den Landkreisen und kreisfreien Städten stammt, veröffentlicht im Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik, Teil I, hat sich auch in Thüringen sicher sehr viel verändert. Diese Verordnung hatte sich bewährt, aber inzwischen sind die Rahmenbedingungen völlig andere, als sie es zu dieser Zeit waren.
Wäre es daher nicht an der Zeit zu fragen: Brauchen wir nicht auch in Thüringen ein Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst, ein Gesetz, das den neuen Rahmenbedingungen Rechnung trägt? Wir als PDS-Fraktion fordern ein der Entwicklung Rechnung tragendes Gesetz zum öffentlichen Gesundheitsdienst.
Meine Damen und Herren, während die Probleme in diesem Land zunehmen, wird an den Gesundheitsämtern, den Sozial- und Jugendämtern gespart, so die Meinungen der Fachleute in diesen Bereichen. Bezogen auf die Kleine Anfrage "Öffentlicher Gesundheitsdienst" muss ich sagen, die Antworten insgesamt überzeugen nicht und sie stellen der Landesregierung auch ein schlechtes Zeugnis aus, was die Qualität der Beantwortung von Anfragen betrifft. Ich muss das an dieser Stelle einflechten, denn die Qualität der Beantwortung von Kleinen Anfragen in letzter Zeit lässt zunehmend zu wünschen übrig und ist ausgesprochen unterschiedlich. Wir fragen uns, ob das unter Umständen auch daran liegen könnte, dass im Ministerium infolge "Personalkarussell" nicht adäquat der Qualifizierung gearbeitet werden kann. Ich denke, Herr Minister, Sie sollten auch diese Frage vielleicht ernst nehmen. Und auch das will ich sagen, ich habe es schon gesagt: Die Beantwortung der Großen Anfrage zur Gesundheitsförderung ist von anderer Qualität, auch wenn das nicht bedeutet, dass wir mit allen Antworten zufrieden sind, schon gar nicht mit den Schlussfolgerungen.
Sehr geehrte Damen und Herren, um Ihnen vielleicht einmal deutlich zu machen, wie die Situation aussieht: Für mich ist es ein Rätsel, wie mit einer Personalbesetzung von 0,2 Stellen z.B. gesundheitliche Aufklärung und Beratung der Bevölkerung durchgeführt werden kann. Der § 8 der Verordnung nennt alle Aufgaben, die durch die Gesundheitsämter wahrzunehmen sind. Es müssen wahre Meisterleistungen von den Mitarbeitern vollbracht werden. Sie haben sicher auch zum Teil eine universelle Ausbildung, aber ich muss natürlich hier nachfragen, in wessen Sinne die Gesundheitsämter im Moment in dieser Art und Weise arbeiten müssen, auch zukunftsmäßig. Es kann natürlich sein, ich weiß nicht, ob es zusammenhängt mit einer Verwaltungsmodernisierung, das wäre aber auf keinen Fall dann im Sinne des Gesundheitswesens, der Gesundheitspolitiker.
Ein weiterer Punkt ist: Während beim Fachpersonal gespart wird, wurde beim Verwaltungspersonal nicht gespart, sondern sogar aufgestockt. Wenn aber die Aufgaben der Prävention Priorität haben sollen, dann muss ich fragen: Wie und mit wem vor allem soll die Umsetzung erfolgen und das in einer Zeit, wo die Anforderungen an den Verbraucherschutz - wir wissen alle, wovon wir reden - in allen Bereichen steigen und die Vorgaben des Aktionsprogramms der Europäischen Union umzusetzen sind? Soll das - und ich nehme das Wort jetzt in den Mund - mit Rumpfgesundheitsämtern erfolgen und vor allen Dingen mit Verwaltungsfachleuten? Von Verantwortungsträgern in diesen Bereichen in Thüringen wird mir immer wieder ge
sagt, wir leben heute noch vom Fachpersonalbestand der DDR. Es sind die besser qualifizierten Fachkräfte und es sind nicht immer die Leute aus den neuen Bundesländern, die das sagen. Eine dreijährige Ausbildung zum Hygieneinspektor oder eine fünfjährige Ausbildung zum Hygieneingenieur gibt es nicht mehr. Dafür gibt es in den alten Bundesländern den Gesundheitsaufseher mit einer drei- bzw. jetzt neu sechsmonatigen Ausbildung. Hier frage ich: Welches fachliche Vermögen bringt der Gesundheitsaufseher für die steigenden Anforderungen für seine Aufgaben mit? Das in einer Zeit, wo die qualitativ neuen Herausforderungen auf den Gebieten der Gesundheitsförderung und der Epidemiologie bei der Wahrnehmung für eine spezifische Verantwortung für eine kommunale Gesundheitspolitik eine besondere Beachtung finden.
Meine Damen und Herren, der öffentliche Gesundheitsdienst ist wieder zu einer tragenden dritten Säule des Gesundheitssystems zu entwickeln.
Seine wachsende Bedeutung ergibt sich unter anderem aus der Erkenntnis, dass die gegenwärtig durch vorwiegend krankheitsorientierte Sicht der Medizin durch eine gesundheitserhaltende und gesundheitsfördernde Zielstellung ergänzt werden muss. Die anderen beiden Säulen, Ambulanz, stationärer Bereich und Rehabilitation sind in ihrer Struktur, Organisation und Finanzierung fast ausschließlich auf die Erkennung, Heilung bzw. Linderung von Krankheiten oder auf die Wiederherstellung nach Krankheiten gerichtet. Der ÖGD - der öffentliche Gesundheitsdienst - hat keine unmittelbare Beziehung zur gesetzlichen Krankenversicherung. Der öffentliche Gesundheitsdienst nimmt hoheitlich die staatliche Aufgabe des Gesundheitsschutzes wahr, da, denke ich, liegt die Verantwortung. Im Rahmen der Globalisierung, der Europäisierung und der Technisierung werden hohe Anforderungen einer Vielzahl von fachlichen Sachgebietsaufgaben, wie z.B. - darüber haben Sie gesprochen - die Kontrollaufsicht über die Trinkwasserversorgung, die Krankenhaushygiene - ein sehr wichtiger Punkt -, Gemeinschaftseinrichtungen hinsichtlich hygienischer Pläne usw., Epidemiologie gestellt. Sie stellen eine enorme Herausforderung an den ÖGD dar. Diese und andere Aufgaben sind aus Sicht des Amts und der Kommunalverwaltung mit einem hohen Verantwortungspotential wahrzunehmen. Noch etwas anderes, worauf ich hinweisen möchte, was man vielleicht immer vergisst: Der öffentliche Gesundheitsdienst hat aber auch als Anwalt für Chancengleichheit für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen Aufgaben wahrzunehmen. In diesem Sinne ist der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst bedarfsgerecht zu erweitern. Die Untersuchungen bei Schulanfängern in Thüringen - und das harmoniert durchaus mit unserer Debatte heute früh zur Schulpolitik - zeigen eine Zunahme bei Übergewicht, zunehmende Verhaltensstörungen - über 10 Prozent der Schulanfänger mit hoher Dunkelziffer -, Koordinations- und Bewegungsstörungen und Sprachstörungen. Auch die schon sichtbare Situation von