Herr Abgeordneter Gerstenberger, ich muss Sie darauf hinweisen, dass der Ältestenrat eine vorläufige Tagesordnung beschließt
(Zwischenruf Dr. Pietzsch, Minister für Fa- milie, Soziales und Gesundheit: Und zwar eine demokratische.)
und nach Geschäftsordnung auch noch immer eine Mehrheit ist. Deswegen sind Ihre Einlassungen an dieser Stelle absolut unangemessen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, werte Kollegin Vopel, Sie werden von mir nicht erleben, dass ich mit gleicher Münze zurückzahle. Vielleicht mögen Sie mal im Landtagshandbuch meine Biografie anschauen, vielleicht mögen Sie auch mal Kollegen Schwäblein fragen, der kennt mich von früher. Es ist ein Niveau, das man sich leistet, wenn man in einer absoluten Mehrheit regiert.
(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Jetzt ist aber Schluss. Schau mal auf den Zettel. Jetzt reichts!)
Wie nicht anders zu erwarten, lehnt die Regierungsfraktion jede Rücknahme von Kürzungen der öffentlichen Beschäftigung ab. Meine Damen und Herren von der Union, Sie wissen, es ist unverantwortlich gegenüber den Arbeitslosen, die aufgrund Ihrer Politik keine Chance zur beruflichen Integration erhalten und unverantwortlich gegenüber den vielen Trägern und Hilfsbedürftigen, die nun ihre Projekte nicht realisieren können und denen nicht geholfen werden kann. Sie wissen, dass davon gerade auch soziale Dienstleistungen betroffen sind, soziale Dienstleistungen, die insbesondere Kindern und Jugendlichen aber auch alten Menschen zugute kommen. Frau Vopel, Sie haben richtig die Zahlen vorgelesen, SAM OfW mit dem Rückgang 1.959 zum Vorjahr. Ich habe aber bewusst von
dem § 249 h gesprochen. Da haben wir im vorigen Jahr 16.137 und jetzt im August 12.713, das macht minus 3.424 oder 21,2 Prozent. Das ist im Vergleich zum Vormonat ein Minus von 336, von wegen Wahlkampf oder nicht Wahlkampf.
Die Spitze, die ist gut und schön. Wir haben ein ganz anderes Niveau gehabt, von dem wir uns herunterbewegen. Das wissen Sie doch ganz genau. Wir wissen alle, dass Politik in Zeiten besonderer Notlagen aufgefordert ist zu handeln. Aber dies setzt voraus, dass zunächst finanzielle Handlungsfähigkeit geschaffen wird. Das setzt voraus, dass denjenigen, die letztlich wissen, worauf es ankommt, und die in absehbarer Zeit vielleicht auch aus der einen oder anderen geförderten Maßnahme tatsächlich einen Dauerarbeitsplatz machen können, dass denen verstärkt Kompetenz gegeben wird.
Sie reden von der Verschlankung der Landesverwaltung und ziehen sich gerade im Bereich der ohnehin mageren Arbeitsmarktförderung im Vergleich zu früher des Landes zunehmend Entscheidungsbefugnisse ins Haus. Sie lassen die diversen und zum Glück noch motivierten Beiräte nebeneinanderher werkeln getreu dem Motto "Teile und herrsche". Die Jugendpauschale, die doch wesentlich aus dem öffentlich geförderten Arbeitsmarkt entstanden ist, hat bewiesen, dass die Landkreise und kreisfreien Städte als die eigentlich zuständigen Träger dieser Leistung gemeinsam mit den freien Trägern ein tragfähiges und dauerhaftes Angebot entwickeln können. Warum verlagern Sie denn nicht alle wesentlichen Entscheidungen der Landesarbeitsmarktprogramme und insbesondere der ergänzenden Förderung für Strukturanpassungsmaßnahmen in die Regionen und warum pfuschen Sie diesen Regionalbeiräten immer wieder durch Entscheidungen von den grünen Tischen Ihrer Ministerien ins Handwerk?
Allein auf der Ebene eines kleinen Teils der Landesarbeitsmarktprogramme tummeln sich die Regionalbeiräte in den Planungsregionen, die Jahr für Jahr weniger zu gestalten haben. Daneben die Gremien der Jugendberufshilfe, die Sie ebenfalls immer weniger ernst nehmen und daneben diverse Abstimmungsgremien zur Umsetzung des Europäischen Sozialfonds. Dann gibt es natürlich die Selbstverwaltungsgremien der Bundesanstalt für Arbeit, die im Verhältnis zur Förderung des Landes ungleich mehr aktive Arbeitsmarktförderung betreiben. Wenn wir jetzt gerade mal bei der Reform der Bundesanstalt für Arbeit sind, dann liegt es nahe, dass sich die Landesebene da mit einklinkt.
Die Abstimmung all dieses Expertenwissens und Engagements ist - wenn überhaupt - nur sporadisch gegeben. Es ist kein Zufall, nein, es ist die Eitelkeit der jeweiligen Ressortchefs, die dazu führt, dass wir letztlich - lassen Sie es mich lax sagen - im Bereich des Thüringer Arbeitsmarkts eine Rednerrepublik gegründet haben. Dies führt dazu, dass die wesentlichen Entscheidungen eben nicht genau bei diesen Abstimmungsgremien stattfinden, sondern auf den grünen Tischen der Ministerialbürokratie durch
geführt werden. Ich habe bei meinen Besuchen in Nordund Ostthüringen engagierte Regionalbeiräte und Mitarbeiter der GfAW erlebt, aber auch eine Situation, die in Anbetracht der zur Verfügung gestellten Mittel und der ständig reduzierten und in Frage gestellten Kompetenzen zum Verzweifeln ist.
Meine Damen und Herren, seit einiger Zeit steht der Verwaltungsaufbau der Bundesanstalt für Arbeit in Kritik. Die Hartz-Kommission fordert neben vielen anderen Dingen ebenfalls eine verstärkte Regionalisierung und die Einbindung aller, ich betone: aller Akteure. Das ist eine Riesenchance, auch unsere Struktur neu zu ordnen und die Region zu stärken. Ich möchte Sie deshalb nochmals bitten, die derzeitige Arbeitsmarktlage und die berechtigte Diskussion um die vorhandenen Strukturen zu nutzen, um sowohl kurzfristig ausreichend ergänzende SAM-Mittel zu den Leistungen der Arbeitsverwaltung zur Verfügung zu stellen und zumindest im Bereich der SAM-Förderung diejenigen mit Entscheidungskompetenz auszustatten, die letztlich aufgrund der gesetzlichen Aufgabenstellung einen Nutzen aus diesen Maßnahmen ziehen und auch dafür sorgen können, tragfähige Strukturen in den Regionen zu entwickeln. Das sind die Regionalbeiräte und das sind in der Folge die Vertreter der kommunalen Gebietskörperschaften. Lassen Sie uns weiterhin mittelfristig durch die Beratung im Ausschuss, ich mache das Angebot, Überweisung an den Ausschuss, Überlegungen anstellen, inwieweit spätestens ab dem nächsten Jahr die organisatorische Vernetzung aktiver Arbeitsmarktinstrumente der Bundesanstalt für Arbeit, des Landes, der EU und der kommunalen Gebietskörperschaften gewährleistet werden kann. Dieses Durch- und Nebeneinander und diese Entscheidung fernab von Regionen und deren Sachverstand können wir wirklich beenden.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine kurz- und mittelfristige Strategie aufgezeigt. Im Interesse vieler jetzt arbeitsloser Menschen unseres Landes und im Interesse derjenigen, die von der Arbeit der SAM-Projekte abhängig sind sowie im Interesse vieler engagierter Träger möchte ich Sie nochmals um die Auschussüberweisung bitten. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, es war heute schon davon die Rede, dass nach den Steuerschätzungen so ziemlich alle Länder zu dem Instrument gegriffen haben, Haushaltssperren einzuführen. Dies gilt selbstverständlich auch für die SPD-regierten Bundesländer. Zum damaligen Zeitpunkt hatten wir von
den entsprechenden Landestöpfen 95 Prozent bereits bewilligt. Das heißt, es gab noch einen Spielraum von 5 Prozent. Sie werden doch zugeben, dass man bei dieser Ausgangslage zunächst einmal sehr zurückhaltend sein muss bei der Bewilligung. Trotzdem war dieser Brief der GfAW überflüssig,
und zwar deshalb, weil ja immer wieder Mittel frei werden, die man dann für Neubewilligungen nutzen kann. Dies ist eine langjährige Erfahrung. Ich habe, Herr Gerstenberger, heute Vormittag schon ausgeführt, dass die Sperren weg sind, und habe im Einzelnen dargestellt, wo dies zutrifft. Ich will hier nichts wiederholen. Tatsache ist, dass wir nach wie vor im Bereich SAM mehr Landesmittel bereitstellen als alle anderen neuen Länder zusammen, meine Damen und Herren.
Fragen Sie mal Ihre Parteifreunde in Brandenburg, die reden davon, man müsste solche Verhältnisse einführen wie in Thüringen. Davon träumen die.
Aber noch schlimmer ist die Tatsache, Herr Dr. Müller, dass Sie wider besseres Wissen hier Behauptungen aufgestellt haben, die die Dinge völlig auf den Kopf stellen. Dies ist die Doppelstrategie, Herr Müller, von der ich heute schon sprach. Auf Landesebene beklagen Sie dies und jenes und auf Bundesebene kürzen Sie, was das Zeug hält.
Der Anstieg der Arbeitslosenquote ist nicht auf unsere Maßnahmen zurückzuführen, sondern auf die Kürzungen des Bundes und der Bundesanstalt bei ABM, bei SAM, bei OfW. Auf der ganzen Linie wurde gekürzt und das sind die Gründe für die Erscheinungen, von denen Sie sprachen. Nennen wir doch die Dinge beim Namen.
Meine Damen und Herren, es ist das Thema der Regionalbeiräte angesprochen und die Forderung erhoben worden, die Regionalbeiräte sollten über den Mitteleinsatz entscheiden. Nun müsste Ihnen eigentlich bekannt sein, dass dies schon aus rechtlichen Gründen nicht geht. Völlig absurd ist dann die These von einer Entmündigung und zentralistischen Verwaltung durch die Ministerien bzw. das Ministerium. Dieser Vorwurf ist geradezu absurd. Ein Regionalbeirat kann niemals die Funktion eines staatlichen Organs übernehmen. Klar ist aber auch, dass wir auch im Bereich der Arbeitsmarktpolitik damit leben müssen, dass die Haushaltsmittel knapp werden. Weil das so ist, ist es wichtig, die Mittel noch effizienter einzusetzen, um eben die größtmögliche Wirkung dennoch zu erzielen. Damit haben wir bereits begonnen durch die Einführung von qualitativen Kriterien bei der Vergabe von Fördermitteln. Was wurden wir damals kritisiert für diese Maßnahmen. Heute sind alle diese Kriterien akzeptiert, weil man eingesehen hat, dass so die Wirkung der Arbeitsmarktmittel gesteigert wurde. Auf diesem Pfad werden wir weiter voranschreiten, Herr Müller, ob Ihnen das gefällt oder nicht.
Wir werden morgen über das Thema "Hartz-Kommission" reden, dann können wir ja mal über die Wirkungen deren Vorschläge zum Abbau und beim Abbau der Arbeitslosenquote sprechen und dann wollen wir sehen, wie welcher Vorschlag dabei abschneiden wird. Vielen Dank.
Die SPD-Fraktion hat Überweisung an den Ausschuss beantragt, ich nehme an, Herr Abgeordneter Müller, es ist der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik gemeint. Dann werden wir das abstimmen. Wer für die Überweisung des Antrags in Drucksache 3/2638 an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik votieren will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Der Überweisungsantrag ist mit Mehrheit abgelehnt, so stimmen wir jetzt über den Antrag - Drucksache 3/2638 - ab. Wer für diesen Antrag votieren will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.