Die familienfreundliche Quick-Vermittlung klingt hervorragend, das muss man wirklich sagen; man hätte aber nur dem Offensivgesetz zustimmen müssen, dann wäre man vielleicht schon ein Stück weiter.
Beschäftigungsbilanzen, auch das klingt auf den ersten Blick gut. Ich habe vergangenen Sonntag mit einem Arbeitsamtschef gesprochen, der sagte: "Was soll denn das Ganze, ich bin im Moment froh, wenn mich ein Arbeitgeber anruft oder wenn ich einen hier treffe" - wir waren in einer großen Veranstaltung -, "der mir nicht anzeigt, dass er nächste Woche kommen und sagen will, wir müssen wieder 20 Leute entlassen." Das ist doch im Moment die Tatsache. Dann sehe ich noch die große Gefahr, dass es ein bürokratisches Monstrum werden kann. Ich habe auch große Zweifel, ob das rechtlich umsetzbar ist. Zur Aussage, die älteren Arbeitnehmer sollen die Statistik verbessern helfen - ich habe die Zahlen hinten unter meinem Pult
liegen, ich habe sie jetzt nicht mit vorgebracht -, kann ich Ihnen sagen, es sind in den vergangenen Jahren immer mehr Ältere aus der Statistik herausgenommen worden, sonst wäre die Bilanz für Herrn Schröder nämlich noch schlechter geworden. Aber, ich denke, es ist der falsche Weg. Genau das zeigen uns Vergleiche mit anderen Ländern, die den umgekehrten Weg gegangen sind, nämlich die Älteren zu beschäftigen und deren Know-how und Wissen zu nutzen. Meine Damen und Herren, wir dürfen nicht den Ausstieg für Ältere erleichtern, sondern wir müssen die Einstellung für Ältere erleichtern.
Herr Minister hat zu den Ich- und Familien-AGs schon etwas gesagt, ich möchte es aber auch tun. Wir brauchen dringend eine neue Kultur der Selbstständigkeit. Die Vorschläge zur Ich-AG sind aber genau das Gegenteil dessen, was wir tatsächlich brauchen. Aus Arbeitslosen werden Scheinselbstständige, die staatlich gefördert werden und die unseren kleinen privaten Handwerkern und Dienstleistern die Arbeit wegnehmen. Denen steht doch das Wasser zum Teil jetzt schon bis zum Hals, und zwar ohne Hochwasser. Das ist traurig, dass man das so sagen muss.
Wir kennen doch alle diese Probleme. Sehen Sie sich doch einmal die kleinen Landschaftsgärtner an. Jahrelang ist denen durch ABM Konkurrenz gemacht worden, das ist tatsächlich so gewesen. Diese Leute müssen Steuern und Sozialabgaben bezahlen und jetzt kommen staatlich geförderte Ich-AGs. Dann sagen diese kleinen Unternehmen, ich entlasse meine Leute alle und ich stelle mich selbst wieder in die Ich-AG ein. Wenn das tatsächlich, so wie es im Moment vorgeschlagen ist, verwirklicht wird - wie gesagt, der Kanzler sagt 1:1 -, dann werden wir mehr Arbeitslose und nicht weniger in vielen Bereichen haben.
Es ist besser, dieses komische Scheinselbstständigkeitsgesetz wieder abzuschaffen und Existenzgründer zu fördern. Der Staat soll dem Unternehmertum nicht das Leben immer schwerer machen, indem er immer mehr reguliert, immer mehr bürokratisiert und immer mehr konkurriert, so wie es hier der Fall ist. Das gleiche Beispiel sind diese PSA. Mein Gott, wir haben private Zeitarbeitsfirmen und wenn jetzt von staatlicher Stelle verstärkt solche Zeitarbeitsfirmen eingerichtet werden sollen - von der Finanzierung jetzt einmal ganz abgesehen, die steht sowieso noch in den Sternen -, dann ist es doch wieder eine Konkurrenz und wir machen die kaputt, die sich so allmählich etabliert haben.
Das Gleiche gilt meines Erachtens für diese 500 - für haushaltsnahe Dienstleistungen. Was haben wir hier gepredigt, dieses 630 DM-Gesetz war ein Flop, also die Regulierung, die die neue Bundesregierung gemacht hat. Was haben wir hier gepredigt? Dann frage ich mich jetzt,
was ist haushaltsnah? Allein diese Frage wird zu Arbeitsplätzen führen, nämlich bei den Arbeitsgerichten. Ich möchte das an einem Beispiel klar machen: Ein älteres Ehepaar lebt zu Hause und stellt sich auf dieser Basis jemanden an, um hauswirtschaftliche Dienste zu erledigen. Ich gehe davon aus, dass das als haushaltsnah bewertet wird. Kann der Arbeitnehmer diesen Job bis zu einem Pauschalbetrag von 500 .* /" ein allein Stehender in betreutes Wohnen geht? Ist das dann auch noch haushaltsnah oder ist er dann in einer Einrichtung? Was ist dann, wenn der, die oder das Ehepaar ins Pflegeheim kommt? Für die Leute, die dort wohnen, ist das deren Wohnumfeld, aber ist das dann noch haushaltsnah? Das wird wieder Fragen aufwerfen, darüber können wir uns freuen. Das ist viel zu kurz gesprungen.
Und nun noch - Herr Minister hat es schon angesprochen - die Job-Floater: Wir sind jetzt von 150 Mrd. auf 10 oder 20 herunter, was passiert aber zum Beispiel, wenn das Geld wirklich angenommen wird? Wobei ich Zweifel habe, wenn ein Betrieb keine Aufträge hat, dass er das Geld nimmt und einen Arbeitslosen einstellt. Meiner Meinung nach wird dann eingestellt, wenn die Auftragslage entsprechend ist.
Was passiert, wenn das Kapital aufgebraucht ist, was wird dann? Meine Damen und Herren, da muss ich schon einmal eine Frage stellen. Herr Hartz ist Personalvorstand bei VW und hat dort Furore mit seinem Modell 5.000 x 5.000 gemacht.
Moment, lassen Sie mich doch bitte mal aussprechen. Wenn das alles so einfach ist, warum hat er dann nicht ein Modell 10.000 x 5.000 gemacht? Weil ihn seine Vorstandskollegen zum Teufel gejagt hätten, weil es nicht geht, wenn man nicht genügend Autos verkauft, mehr Leute einzustellen als man braucht. Man kann es dann aber von anderen auch nicht verlangen. Das ist doch im Moment der Tenor.
Meine Damen und Herren, die Umsetzung der Hartz-Vorschläge ist vor zwei Tagen zur Chefsache erklärt worden, zwei Wochen vor der Wahl. Der Herr Vorstandsvorsitzende der Bundesanstalt fühlt sich von Herrn Riester übergangen und Kritik kommt nicht nur von der Opposition. Ich darf einmal ein paar kritische Stimmen zitieren: "Die Finanzierung des Reformmodells ist an vielen Stellen offen. Unklarheit besteht über die angenommenen Beschäftigungseffekte sowohl in der Struktur als auch in der Höhe.
Von großen Belastungen für die öffentlichen Haushalte ist auszugehen und neben fiskalischen Gefahren bestehen eine Reihe wirtschafts- und beschäftigungspolitischer Probleme. Es gibt massive Skepsis beim Einsatz subventionierter Leiharbeit. Erfolge bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sind nicht in dem Maße eingetreten, wie sie erwünscht waren." Das ist alles richtig, dem schließen wir uns an. Kritik wird vor allem auch am Job-Aqtiv-Gesetz geübt und vom Mainzer Modell wird nicht mehr gesprochen. Meine Damen und Herren, das ist nicht meine Kritik und auch nicht die Kritik unserer Fraktion oder der CDU, das ist die Kritik aus dem Hause Eichel, das steht in einem Brief des Bundesfinanzministers. Das ist die Stellungnahme des Bundesfinanzministers zu diesem Papier. Ich denke, das gehört auch dazu, wenn man sagt, man will es 1:1 umsetzen, dass man sich vorher mit den eigenen Leuten berät.
Meine Damen und Herren, wir brauchen keine prophetischen Gaben zu besitzen, um zu erkennen, dass große Teile dieser Vorschläge, die hier gemacht sind, für uns in Thüringen nicht relevant sind. Das ist einfach so. Es ist eigentlich schade, weil es genügend andere Vorschläge gibt, Kollege Bergemann, wie gesagt, wird nachher noch auf einiges eingehen. Eines steht allerdings fest: Wenn das so wird wie beim Job-Aqtiv-Gesetz, dass wir nach einem Jahr oder nach eineinhalb Jahren feststellen, es klappt nicht - die Schuldigen, die weiß man schon im Voraus, das sind die Arbeitgeber, die nicht einstellen, das sind alle die, die angeblich nicht mitziehen, das sind die Arbeitsämter, die nicht genügend vermitteln. Meine Damen und Herren, so kann es... Ja, das ist so, das sagen selbst die Beschäftigten in den Arbeitsämtern mittlerweile, wir sind doch schon jetzt die Buhmänner der Nation, wir sind es doch jetzt schon, wo sollen wir denn hin vermitteln? Und dann gibt es noch eine Gruppe, die auch schuld ist, und das finde ich zynisch, also wirklich, zynischer geht es nicht mehr, da gibt es Leute, die stellen sich hin und sagen: Die Arbeitsmarktbilanz Deutschlands wäre ja gar nicht so schlecht, wenn es die neuen Bundesländer nicht gäbe. Wir wären doch im europäischen Durchschnitt, auf Deutsch gesagt, die neuen Bundesländer versauen dem Kanzler die Statistik. Ich finde, das ist eine schlimme Aussage - zynischer geht es wirklich nicht mehr.
Meine Damen und Herren, schöne Schlagwörter schaffen noch keine Arbeitsplätze, der Minister hat das vorhin einmal sehr eindrücklich gesagt. Diese Schlagworte klingen alle wunderbar, aber dadurch wird nicht ein einziger Arbeitsplatz geschaffen. Wir brauchen Betriebe, die einstellen, neue Technologien, neue Märkte. Gutachten sind genug erstellt. Wir müssen Schlussfolgerungen ziehen, und zwar nicht nur aus dem, was uns gefällt, sondern auch aus dem, was wir ins Stammbuch geschrieben bekommen von Leuten, die von außen kommen. Da gebe ich Ihnen durchaus Recht. Wir müssen auch das umsetzen, was zunächst einmal wehtut, das ist nun einmal so. Das ist im Krankenhaus ganz genauso, es muss erst einmal wehtun
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Wie, bitte? Gut, dann als nächster Redner Herr Abgeordneter Bergemann, CDU-Fraktion. Bitte.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, das lasse ich mir natürlich nicht nehmen, Herr Kollege Höhn, hier auch noch etwas dazu zu sagen, das ist klar,
zumal eigentlich das Schlimmste, was uns diese Woche passieren konnte, die Aussage von Bundeskanzler Schröder am Dienstag war, dass die Hartz-Pläne für ihn zur Chefsache gemacht werden.
Wenn ich mich daran erinnere, was er 1998 zur Chefsache gemacht hat, Aufbau Ost, und wenn ich die wirtschaftsund arbeitsmarktpolitische Situation jetzt in Deutschland sehe, dann kann man das wirklich nur als eine Bedrohung empfinden.
Mit einem Wirtschaftswachstum von 0,4 Prozent bleibt Rotgrün wirklich deutlich unter der Beschäftigungsschwelle von fast 2 Prozent, das hat erst diese Woche das Kieler Institut für Weltwirtschaft festgestellt. 0,4 Prozent, meine sehr geehrten Damen und Herren, das heißt Schlusslicht in Europa.
Nein, Irrtum, Herr Höhn, Schlusslicht in Europa, meilenweit an letzter Stelle. Und in Euroland, wenn man sich das Wachstum dort bei anderen Ländern einmal ansieht, weit über das Doppelte so hoch. 12 Jahre nach der Wiedervereinigung geht die wachstums- und stabilitätsgefährdende Schere zwischen Ost und West deutlich und immer weiter auseinander. Die Arbeitslosigkeit hat den höchsten Stand seit der Vereinigung erreicht. In den neuen Ländern stehen rund 62.000 offenen Stellen 1,4 Mio. Arbeitslose gegenüber. Jetzt, so kurz vor der Bundestagswahl knüpft Schröder da an, wo er im letzten Wahljahr aufgehört hat, und wer kann sich nicht an sein Zitat erinnern - Frau Präsidentin, Sie gestatten, dass ich zitiere: "Wenn wir es nicht schaffen, die Arbeitslosenquote signifikant zu senken, dann haben
wir es weder verdient, wieder gewählt zu werden, noch werden wir wieder gewählt." Recht hat er, kann ich da nur sagen, Recht hat er, meine Damen und Herren.
Und heute oder am 14. August verspricht er, nicht, wie man eigentlich meinen sollte durch seinen zuständigen Arbeitsminister Herrn Riester, sondern durch einen VWManager Herrn Hartz, wir halbieren die Arbeitslosigkeit bis 2005.
Hauptproblem, das wissen wir alle miteinander, ist nämlich nicht die Vermittlung von Arbeitslosen in dieser Situation, sondern eindeutig das Fehlen und der Mangel an Arbeitsplätzen.
Meine Damen und Herren, wenn man zunächst einmal die Verpackung der Hartz-Vorschläge beseitigt und sich von der Modernisierungsrhetorik, die überhaupt kein Bürger versteht, wie z.B. Bridging- oder Quick-Vermittlung, Ich- oder Personal-Service-Agenturen, wenn man sich davon löst, dann kommt man schon zu der Frage: Was macht eigentlich die Substanz und den materiellen Kern der Vorschläge der Hartz-Kommission aus? Da gibt es so einen schönen Spruch, da kann man nur sagen: "Alter Wein in neuen Schläuchen." Herr Schröder muss sich schon die Frage gefallen lassen: Wie kann er jetzt zu dem Zeitpunkt eine massive Verringerung der Arbeitslosigkeit in kurzer Zeit für machbar halten, wo er noch bis vor wenigen Wochen die Höhe der Arbeitslosigkeit als innenpolitisch kaum beeinflussbar, weil überwiegend von der Weltkonjunktur abhängig, dargestellt hat? Andere Länder in Europa, ich habe es eingangs gesagt, haben diese Situation, ihre Chance weitaus besser genutzt, nämlich durch die Befreiung von Bürokratie, von Überreglementierung haben sie damit ihre Wirtschaft wesentlich wettbewerbsfähiger gemacht. Wieso hält er nun eine weit gehende Arbeitsmarktreform für erforderlich, wo seine Bundesregierung doch vor kurzer Zeit damals bei der Verabschiedung des Job-Aqtiv-Gesetzes geprahlt hat, damit werde die Reform der Arbeitsmarktpolitik nicht nur aktiv angegangen, sondern sie wird sogar zum Abschluss gebracht? Da kann man wirklich nur staunen. Wir haben es ja heute gehört, selbst der DGB Thüringen hat dieses Job-Aqtiv-Gesetz als völlig unpraktisches Mittel angeprangert. Minister Schuster hat uns gestern ja deutlich die Zahlen genannt. Also, lieber Herr Kollege Müller, das war wohl, glaube ich, kein Beitrag, wie Sie das vorhin hier uns anpreisen wollten.
wissen wir natürlich ganz genau, dass die Hartz-Kommission auch nur aufgrund von unterschiedlichen Interpretationen in Sachen Vermittlungsstatistik eingesetzt worden ist. Es ist allerdings keine Frage, das sage ich auch, dass in dem Hartz-Konzept durchaus auch interessante Vorschläge enthalten sind, aber es ist leider nicht viel Neues: Job-Center sollen die Vermittlungsfähigkeit der Arbeitsämter verbessern, Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe unter einem Dach verzahnen.