(Zwischenruf Gnauck, Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Woher wissen Sie das?)
Da gibt es einschlägige Studien. Ich kann Ihnen ein Beispiel nennen: 73 Prozent aller Beamtenkinder studieren, während aus Arbeitnehmerfamilien noch ganze 10 Prozent in Deutschland studieren.
Wenn das kein gesellschaftliches Problem ist, dann weiß ich nicht, warum wir hier sitzen, Herr Gnauck.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Priorität haben bei uns auch die Finanzen der Kommunen. Während Sie wiederholt davon reden, dass die Kommunen geschont werden sollen und ihnen dann doch effektiv Geld nehmen, würden wir die Entscheidungsspielräume der Kommunalparlamente erhöhen und ihnen auch wieder etwas Luft zum Atmen und Kraft zum Investieren geben. Die Aussage, dass Sie die Finanzen der Kommunen im Wesentlichen unangetastet lassen, entspricht nicht der Wahrheit, weil Sie vergessen, dass Sie wiederholt weitere Aufgaben übertragen. Genannt seien hier nur die Beispiele der überörtlichen Sozialhilfe oder der an sich begrüßenswerte Ansatz zur Schulsozialarbeit oder Schuljugendarbeit. Es hat ja lange genug gedauert, bis sich die Landesregierung hier bewegt hat.
Allerdings sind die vorgesehenen Mittel absolut nicht ausreichend und es stellt sich die Frage der Kontinuität der Förderung. Außerdem nehmen Sie die Mittel aus dem Kommunalen Finanzausgleich, so dass es de facto die Kommunen selbst bezahlen. Die Landesregierung - ich will damit auch eine Hoffnung verbinden, dass sie es nicht tut -, steckt die Lorbeeren ein, die die Kommunen bezahlen.
Ein weiterer Aspekt: Die Infrastrukturpauschale für die Kommunen soll wieder nicht angehoben werden. Ich frage: Wie sollen dadurch Impulse für Wachstum und Beschäftigung von den Kommunen ausgehen können? Angesichts geringer werdender Spielräume wäre es jetzt - und eigentlich wirklich jetzt erst gerade nötig, die Entscheidungsräume vor Ort zu erhöhen. Aber genau das tun Sie mit Ihrem Haushaltsentwurf nicht. Der Unterschied zwischen CDU und PDS ist, dass die PDS die Investitionspauschalen der Kommunen anheben würde.
Glücklicherweise ist das nicht der einzige Unterschied. Das ist der Unterschied zwischen Mangel verwalten und Probleme lösen.
In dem Zusammenhang ist auch Ihr Vorwurf von vor zwei Jahren entkräftet, das Konzept der PDS ziele auf mehr Konsumtion statt Investition - genau das Gegenteil ist der Fall, meine Damen und Herren. Gerade vor dem Hintergrund zurückgehender Mittel wollen wir die kommunale Entscheidungsfreiheit stärken. In diesen Zeiten brauchen unsere Kommunen Solidarität und finanzielle Spielräume. Sie sollten auch stärker entscheiden können, was sie für richtig halten. Im Übrigen leisten wir damit auch einen Beitrag für die Demokratie, denn Demokratie lebt nicht nur von engagierten Bürgern, sondern auch davon, dass diese Bürger etwas zu entscheiden haben und dass es vor Ort etwas zu verteilen gibt. Als Argument wird sicher zu hören sein, dass die Kommunen mit mehr Geld auch mehr Fehlleistungen produzieren. Dagegen spricht ganz einfach die Tatsache, dass Fehlbauten in der Vergangenheit gerade dadurch möglich wurden, weil lokale Akteure die Investitionen wegen der hohen Förderquoten tätigten, aber weniger aufgrund örtlicher Notwendigkeit.
Weiterhin verlangen wir nach wie vor, dass die Auftragskostenpauschale aus dem KFA herausgelöst wird. Es muss endlich Schluss damit sein, dass die Kommunen die ihnen übertragenen Aufgaben auch noch selbst bezahlen müssen. An dieser Stelle will ich sagen, dass wir vom Bund eine kommunale Infrastrukturpauschale in Höhe von 1,5 Mrd. ( "1 + ! Beitrag zum Abbau der Investitionslücke in Ostdeutschland leisten. Es wäre auch finanzierbar, wenn man sich die Position zur Beschaffung von Kriegsgeräten im Verteidigungshaushalt einmal genauer anschaut.
Meine Damen und Herren, das Land saniert sich auch im Sozialhaushalt zulasten der Vereine, Verbände und Thüringer Kommunen. Mit einer Dreistigkeit, die ihresgleichen sucht, wird der Etat des Ministers für Soziales, Familie und Gesundheit um 67 Mio. + =% den nächsten beiden Jahren gekürzt. Sozialpolitik verkommt damit zur Restgrößenpolitik.
Mit dem Einzelplan 08 werden Gesetzesänderungen, zu denen dem Parlament noch nicht einmal die Entwürfe vorliegen, schon vollzogen. Aus der Presse erfahren Abgeordnete, wie mit welchen Gesetzen Kürzungen bei Investitionen vorgenommen werden und wie die Sozialhilfelasten auf die Kommunen abdelegiert werden und damit offenbart die Landesregierung auch ein falsches Verständnis von Subsidiarität. Auch verabschiedet sich die Landesregierung offenbar von der Förderung von Betreuungsvereinen und -verbänden. Die soziale Situation und deren Widerspiegelung nimmt die Landesregierung nicht zur
Kenntnis, denn einen dritten Sozialbericht braucht Minister Dr. Pietzsch angeblich nicht. Damit bestimmt der Finanzminister den Sozialhaushalt und nicht der Minister für Soziales, Familie und Gesundheit.
Nach Vorlage des Kürzungssozialhaushalts ist die Sozialpauschale zur Schaffung von ca. 800 Stellen umso mehr notwendig. 24 Mio. +7 -7! ! eigenständig und entsprechend des Minimalbedarfs Feststellen im Sozialbereich durch die Kommunen geschaffen werden können. Im Mittelpunkt stehen dabei Bereiche wie Familien- und Schuldnerberatungen, offene Altenhilfe, Behindertenhilfe und familienentlastende Dienste. Wenn es für Sie in den letzten Jahren noch nicht ausgereicht hat, angesichts der Arbeitsmarktpolitik mit den Kürzungen, insbesondere bei SAM, eine Sozialpauschale einzuführen, dann wissen Sie, wie die Situation vor Ort aussieht. Nichts wäre notwendiger, als in diesen Tagen so eine Sozialpauschale zu verankern.
Als sozialen Faktor sehe ich auch die Entwicklung von Tarifen und Gebühren an. Hier wird mit dem vorgelegten Landeshaushalt massivst auf die Tarife, beispielsweise im öffentlichen Personenverkehr der Kreise, Städte und Gemeinden, Einfluss genommen. Die für die Tarifstützung, sprich den Betriebskostendefizitausgleich, vorgesehenen Mittel werden auf sage und schreibe 19 Prozent zum Ansatz des Jahres 2002 gekürzt. Auch die Zuschüsse zu den Beförderungsentgelten für Schüler und Auszubildende gehen um 16 Prozent zurück. Die Folgen sind klar, steigende Preise für die Nutzer von Bus und Straßenbahn. Wenn die Landesregierung in diesem Zusammenhang von Gestalten spricht, ist der Zynismus kaum zu überbieten, meine Damen und Herren. Sanierung des Haushalts auf Kosten der sozial Schwächsten, so sehen eben Ihre Prioritäten aus.
Meine Damen und Herren, der Fortbestand der Kulturlandschaft Thüringens ist mit den Kürzungen massiv bedroht.
Bildung, Wissenschaft, Kultur sind Potenzen, die gerade hier in Thüringen als Investition in die Zukunft zu erhalten und zu mehren sind. Bloß Sie gestalten hier nicht, sondern Sie kappen den Lebensnerv. Was für Theater, Orchester und die Kunstpflege gilt, gilt auch für den Bereich
der Breitenkultur. Diese darf ebenfalls nicht länger unter Abhängigkeit von ABM und SAM stehen. Wir brauchen feste Stellen gerade in einem Bereich, der durch viele interministerielle Zuständigkeiten geprägt ist. Die Breitenkultur ist gerade wichtig für viele junge Leute, die sich für das Land engagieren. Sie brauchen mehr Stabilität und Feststellen sind machbar, notwendig und sie sind finanzierbar.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Finanzminister hat seinen Doppelhaushalt wieder unter das Motto "Sparen und Gestalten" gestellt. Wir bezeichnen diese Politik nicht als Sparen. Es handelt sich vorwiegend um eine konzeptionslose Kürzungspolitik, die Zukunftsaufgaben verschiebt und damit künftigen Generationen größere Lasten zuschiebt. Nebenbei wird der positiv besetzte Begriff des Sparens von Trautvetter missbraucht.
Der Abgeordnete Steffen Dittes sagte zu Recht in der Plenardebatte am 7. Juli 2000 zum Personalentwicklungskonzept, deshalb zitiere ich: "Sparen heißt doch im ursprünglichen Sinne von etwas Vorhandenem etwas zur Seite zu legen, um in Zukunft darauf zurückgreifen zu können. Die Landesregierung legt aber nichts beiseite, nein, sie kürzt Ausgaben." Recht hat er, der Herr Dittes.
Nun wird dann ja immer mit unserem Schuldenstand argumentiert. Dazu will ich ein paar Bemerkungen machen.
Die Gesamtverschuldung des Landes Thüringen ist sehr schwierig, das wissen wir, denn auch in die Fragen der Verschuldung sind Fragen der alternativen Finanzierung einzubeziehen, wie der Rechnungshof zu Recht bemerkt, Kredite für Sondervermögen, Bürgschaften etc. Aber es muss an dieser Stelle auch einmal klar gesagt werden, dass die CDU-Landesregierung seit 1999 für die Entwicklung des Schuldenstandes in diesem Land die Hauptverantwortung trägt.
Meine Damen und Herren, die PDS setzt Ihrem falschen Sparbegriff den Begriff der nachhaltigen Konsolidierung der öffentlichen Haushalte entgegen. Diese schließt auch Ausgabenminderungen nicht aus, geht aber weiter. Zur Konsolidierung gehören ebenso Verteilungs- und Einnahmegerechtigkeit in Deutschland und notwendige Strukturreformen in Thüringen.
Ein paar Bemerkungen zur Verteilungsgerechtigkeit: Die Position der PDS ist eigentlich klar - nachhaltige Konsolidierung ist notwendig und machbar. Sie darf jedoch nicht einseitig zulasten von Lohnabhängigen, von Rentnerinnen und Rentnern und sozial Schwachen gehen.
Ja, wenn Sie immer so aufgeregt dazwischenschreien, machen Sie es sich doch schwer, mir zuzuhören und ich mache mir es auch schwer, einfach ein bisschen Geduld haben und dann...