Protokoll der Sitzung vom 10.10.2002

Aber man liest ja mittlerweile, dass das ganz anders geht. Der CDU-Fraktion reicht eine Turnhalle nicht für ihre Fraktionsräume, da wird halt noch ein Groschen draufgelegt.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Sie machen ja keine Polemik.)

Größer und dicker kann es nicht sein. Nein, auf bestimmte Dinge kann man nur mit Polemik antworten. Wissen Sie, es ist heute richtig in der Zeitung geschrieben, in dem Saal, in dem Sie im Augenblick tagen, es gibt Sporthallen in Thüringen, die sind kleiner. Da müssen unsere Kinder Sportunterricht machen.

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Sie müssen mal zulegen.)

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, anders als die PDS-Fraktion, deren Vorsitzender bereits lautstark - und es ist ja jetzt wieder gekommen - eine Erhöhung der Neuverschuldung angekündigt hat, ist die SPD-Fraktion im Thüringer Landtag der Auffassung, dass die politischen Rahmenbedingungen, ich meine nämlich die Maastricht-Kriterien und die Beschlüsse des Finanzplanungsrats sowie die bestehende Gesamtverschuldung des Freistaats, eine Sparpolitik zwingend notwendig machen. Wir können dies einfach nicht ignorieren.

(Beifall bei der SPD)

Wer das tut und von vornherein zusätzlichem Schuldenmachen das Wort redet, handelt verantwortungslos. Und, Herr Huster, ich will auf zwei Dinge eingehen, mit denen Sie versucht haben, Ihre Vorschläge zu untersetzen. Mit NRW und Hessen als Beispiel zwei Geberländer zu zitieren, ist schon im Ansatz falsch. Und wenn der Ansatz falsch ist, kann aus dem anderen Rest auch nichts werden. Das sind Länder, die in den Länderfinanzausgleich einzahlen, die haben eine ganz andere Steuerdeckungsquote und können somit variabler mit dem Geld umgehen, weil sie ein bisschen mehr am Ende heraushaben als wir. Insofern stellt sich für die die Schuldenfrage anders. Sie selbst müssten doch wissen, wir haben gerade einmal eine Steuerdeckungsquote von 50 Prozent.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: 46,8 Prozent.)

46,8 Prozent, genau. Die Schulden im Rücken und dann noch über neue Schulden zu reden ist unverantwortlich. Aber nach Ihrer Rede muss ich wirklich sagen, das scheint bei Ihnen auch ein Wahrnehmungsproblem zu sein, denn von der DDR zu reden, die nicht an Schulden kaputt gegangen ist, ist mehr als ein böser Witz. Sie wissen doch, dass es einen Erblastentilgungsfonds gibt, wo die Schulden der ehemaligen DDR hineinkommen, weil die ja jetzt von uns auch noch getilgt werden müssen. Da liegen im Augenblick 250 Mrd.  ' sichts dieser Tatsachen so eine verwegene Behauptung aufzustellen, das unterstützt in Ihrer Haushaltsdebatte den ganzen Klang in Ihrer inhaltlichen Stärke - den Gang, den Ihre Partei im Augenblick nimmt - relativ unsolide, man ist losgelaufen und weiß nicht, wo man hinkommen will, aber über eines ist man sich einig, über Schwierigkeiten wird nicht geredet.

(Beifall bei der SPD)

Letztes Jahr oder vor zwei Jahren - daran erinnere ich Sie gerne - haben Sie diesem Haus ja beweisen wollen, dass wir mehr Steuereinnahmen bekommen, haben sich diese Steuereinnahmen zugute gerechnet und damit Ihre Wün

sche finanziert. Das letzte Mal ist es ja nun aufgeflogen, weil es richtiger Unsinn war, nun versuchen Sie es mit einer Sache, die man im Nachhinein nicht beweisen kann. Insofern entheben Sie sich der schweren Problematik, ehrlich mit diesem Haushalt umzugehen und Ihren Wunschzettel, den Sie dann aufstellen wollen, auch ehrlich gegenzufinanzieren.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage nur, wir müssen in der Verantwortung für nach uns folgende Generationen heute auch Verantwortung für schwierige Entscheidungen tragen. Diese Entscheidungen müssen aber soziale Gerechtigkeit zum Leitmotiv haben und sie müssen die Grundlage für eine ausgewogene Entwicklung des Landes sowie für Wachstum und Beschäftigung schaffen. All dies sehe ich durch den vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung in vielen Bereichen nicht erfüllt. Vielmehr verstärkt sich der Eindruck, als wolle man sich weiter "durchwurschteln". Diese Landesregierung hat keine Vorstellungen, wie und wohin sich der Freistaat Thüringen weiter entwickeln soll. Sie ist jetzt schon fast zwei Jahre vor dem Ende der Legislaturperiode ohne Vision, inhaltlich und personell vollkommen ausgebrannt. Diese Landesregierung ist am Ende.

(Unruhe bei der CDU)

(Beifall bei der SPD)

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Wann kommt denn das Schlusswort?)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Althaus zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, das war jetzt eine ganz unpolemische Rede und vollkommen der Sache gewidmet.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Ich freue mich auch, dass Ihr Siegesgeheul nach dem Wahlergebnis so fulminant angestimmt wurde. Ich würde es etwas dämpfen. 6.029 Stimmen Vorsprung - also wissen Sie, lassen Sie die Kirche im Dorf. Jetzt zeigen Sie erst einmal, dass Sie das tun, was Sie auch angesagt haben und bringen Sie Deutschland wirklich voran.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie die großen Verwerfungen der bayerischen CSU hier nennen, die angeblichen oder wirklichen, haben Sie an die jüngsten Kölner und nordrhein-westfälischen Klüngelpolitiker der SPD nicht gedacht. Der Ministerpräsident

dieses Landes wird ja nun Superminister für Deutschland. Ich hoffe nur, dass er den Klüngel in Nordrhein-Westfalen lässt und nicht mit nach Berlin nimmt.

(Beifall bei der CDU)

Wissen Sie, sozusagen als Grundlinie, die Verschlankung der Landesregierung zum Anlass zu nehmen, daraus die Schlüsse für Wachstum und Zukunft in Thüringen abzuleiten, das ist doch etwas lächerlich.

(Beifall bei der CDU)

Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ganz unzweifelhaft. Noch nie in der Geschichte des Freistaats Thüringen seit seiner Wiedererstehung 1990 standen Haushaltsberatungen unter so schwierigen Rahmenbedingungen wie die jetzt vor uns liegenden Beratungen zum Doppelhaushalt 2003 und 2004. Es ist aber auch genauso unstrittig, dass die verfehlte Steuer-, Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik von Rotgrün die Verantwortung für diese schwierigen Rahmenbedingungen in Deutschland und Thüringen trägt.

(Beifall bei der CDU)

Und daran ändert auch der Ausgang der Bundestagswahl nichts, wenn ich auch spüre, dass wenige Wochen, eigentlich wenige Tage, nachdem die Bundestagswahl entschieden ist, plötzlich Wahlversprechen gebrochen werden. Wer heute Nachrichten hören konnte, hat sehr aufmerksam sicher einige Ergebnisse aus dem Koalitionsgespräch des gestrigen Tages vermerkt und festgestellt, dass einige von uns, von der Union, eingeforderte konkrete Programme jetzt umgesetzt werden sollen, Kündigungsschutz und Teilzeit nur als Stichworte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich, z.B. 1996, mussten wir schon einmal 300 Mio. 2ausfälle verkraften. Übrigens damals, den verehrten Kollegen der SPD zur Erinnerung, mit dem Koalitionspartner SPD durch Haushaltssperren erwirtschaftet, nicht durch einen Nachtragshaushalt. Aber die Dimensionen, die in diesem Jahr und in den nächsten zwei Jahren zu verkraften sind, sprengen diesen und eigentlich jeden Maßstab. Die ökonomischen Konsequenzen von vier Jahren Rotgrün sind unübersehbar. Steuereinbrüche haben im Mai alle Haushälter von Bund, Ländern und Gemeinden alarmiert. Nach der Mai-Steuerschätzung werden die öffentlichen Haushalte bis zum Jahr 2005 insgesamt 65 Mrd.  Steuereinnahmen verlieren. Die Länder verlieren allein insgesamt 25,5 Mrd.  > ! /!    ursprünglichen Planungen allein in diesem Jahr mit Mindereinnahmen und notwendigen Mehrausgaben 750 Mio.  Gegenüber der Mittelfristigen Finanzplanung 2001 bis 2005 ist bei den Steuern, beim Länderfinanzausgleich und bei den Bundesergänzungszuweisungen im Jahr 2003 ein Minus von 182 Mio.    & % ( 9 Mio. + " 2+     ! opti

mistische Annahmen der wirtschaftlichen Entwicklung zugrunde. Ich hoffe, dass die November-Steuerschätzung diese Annahme nicht schon wieder über den Haufen wirft. Allein in den vier Jahren rotgrüner Politik in Berlin hatte Thüringen rund 850 Mio.  2mindereinnahmen zu verkraften. Wir bräuchten heute und in den nächsten Wochen über Einsparungen und Defizite nicht zu diskutieren, hätten wir diese Summe zur Verfügung. Ein deutlicheres Zeichen des Versagens dieser Wirtschafts- und Finanzpolitik von Rotgrün kann es nach meinem Erachten nicht geben.

(Beifall bei der CDU)

Es ändert auch der Wahlausgang nichts an den Fakten. Deutschland ist beim Wirtschaftswachstum Schlusslicht in Europa, das Haushaltsdefizit steigt, die Arbeitslosigkeit stagniert bei 4 Mio., die Wachstumsschere zwischen den alten und jungen Ländern geht seit 1998 kontinuierlich auseinander, eine Angleichung ist so nicht möglich, der Aufbau Ost ist erlahmt und die Abwanderung junger Menschen ein deutliches Signal, dass endlich etwas für die jungen Länder aus der Bundesregierung heraus passieren muss.

(Beifall bei der CDU)

Die Einkommen sind real gesunken, übrigens im Unterschied zu Nachbarländern in Europa, z.B. zu Frankreich. Die Abgabenlast steigt gleichzeitig. Wir verzeichnen über 40.000 Firmenpleiten in 2002, einen Rückgang bei den Auslandsinvestitionen um immerhin 84 Prozent, die größte Flaute im Einzelhandel, wie der Einzelhandel veröffentlicht, seit 1949 und einen dramatischen Einbruch bei den Großhandelsumsätzen. Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind keine landesspezifischen Zahlen, das sind deutschlandspezifische Zahlen, dafür trägt ganz allein Rotgrün die Verantwortung.

(Beifall bei der CDU)

Ich würde mich freuen, wenn die Prognose für uns alle, besonders für dieses Land, besser wäre, aber der Internationale Währungsfonds hat vor ganz kurzer Zeit die Prognose für Deutschland angegeben, nur noch 0,5 Prozent Wachstum. Auch die Bundesregierung hat dann infolge ihre Wachstumsaussagen verändert. Der IFO-Geschäftsklimaindex hat zum vierten Male infolge ein Sinken angekündigt und das DIW rechnet mit Überschreitung der Drei-Prozent-Defizitgrenze noch in 2002. Die wirtschaftliche Entwicklung der letzten vier Jahre hätte nicht nur besser laufen können, sondern im Vergleich mit den europäischen Nachbarn auch besser laufen müssen.

(Beifall bei der CDU)

Unsere Forderungen sind auch nach dem Wahlausgang immer noch die gleichen. Wir brauchen endlich einen neuen Aufbruch für die Wirtschaft, insbesondere für den

Mittelstand.

(Beifall bei der CDU)

Wir brauchen eine Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik, die ihren Namen wirklich verdient. Wenn selbst die IG-Metall - natürlich nach der Wahl - zu dieser Einsicht gelangt und der zweite Vorsitzende, Herr Peters, hier in Erfurt dann nach der Wahl am 26.09. gesagt hat, Beschäftigung brauche nachhaltiges Wachstum wie die Luft zum Atmen, dann ist das richtig. Ich hätte mir nur gewünscht, dass es vor der Wahl von den Gewerkschaften deutlich gesagt worden wäre.

(Beifall bei der CDU)

Wir brauchen wieder Motivation und Zuversicht für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Deshalb sind die Neiddebatten in Deutschland, die Sie gern entfachen, Reich gegen Arm, Ost gegen West, genau der falsche Weg für einen Aufbruch und Aufschwung in Deutschland.

(Beifall bei der CDU)

Wir brauchen wieder mehr Investitionsbereitschaft. Das hängt sehr mit der Psychologie der Unternehmerinnen und Unternehmer in Deutschland zusammen, um die es nicht gut bestellt ist. Stattdessen ist bereits in den ersten Tagen nach der Wahl so viel Porzellan zerschlagen worden wie im Jahr 1998 in einem halben Jahr. Der Bundesfinanzminister entdeckt ganz plötzlich nach der Wahl ein weiteres 10 Mrd. 4

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrter Herr Gentzel und sehr geehrte Mitglieder der SPD-Fraktion, natürlich war der Kanzler über den Vorstoß der SPD-Ministerpräsidenten informiert. Dass er von vornherein kein Machtwort gesprochen hat, spricht doch eine klare Sprache. Dass er insgeheim hofft, dass eine solche Steuererhöhung über die Länder umgesetzt wird, ist klar. Wir werden ganz klar dagegenarbeiten und dazu wird der Bundesrat auch keine Mehrheit beschaffen.

(Beifall bei der CDU)