Protokoll der Sitzung vom 22.11.2002

Wir bitten um namentliche Abstimmung.

Dann werden wir namentlich über den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 3/2824 in zweiter Beratung abstimmen. Ich bitte die Stimmkarten einzusammeln.

Ich nehme an, dass jeder die Möglichkeit hatte, seine Stimmkarte abzugeben. Ich schließe die namentliche Abstimmung und bitte um das Auszählen.

Mir liegt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung vor. Ich bitte Sie, inzwischen schon mal vor der Schlussabstimmung, wo Sie sich dann wieder erheben müssen, sich zu setzen. Es sind 70 Stimmen abgegeben worden. Mit Ja haben gestimmt 47, mit Nein haben gestimmt 11, es haben sich 12 enthalten (namentliche Abstimmung siehe Anlage). Damit ist der Gesetzentwurf mit Mehrheit angenommen worden.

Wir dokumentieren das noch einmal in der Schlussabstimmung. Wer in der Schlussabstimmung dem Gesetz zustimmt, den bitte ich sich vom Platz zu erheben. Danke schön. Das ist eine Mehrheit. Die Gegenstimmen bitte. Es gibt eine Reihe von Gegenstimmen. Die Stimmenthaltungen jetzt bitte. Es gibt auch eine Reihe von Stimmenthaltungen. Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist angenommen.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 8 und komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 11

Gesetz zur Änderung des Thüringer Hochschulgesetzes und des Thüringer Gesetzes über die Aufhebung der Pädagogischen Hochschule Erfurt Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/2847 ERSTE BERATUNG

Frau Ministerin Schipanski übernimmt die Begründung.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, vor Ihnen liegt der Gesetzentwurf für eine Änderung des Landeshochschulgesetzes. Es ist Ziel dieser Novelle, die Wettbewerbsfähigkeit der Thüringer Hochschulen im nationalen und im internationalen Maßstab weiter auszubauen, und es ist unser Ziel, den Hochschulen des Landes die Instrumentarien zu geben, mit denen sie eigenverantwortlich ihre Profile stärken können und sich weiterentwickeln können. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gehen wir den erfolgreichen Weg Thüringens weiter, der mit dem Abschluss der Rahmenvereinbarung vor wenigen Wochen zwischen der Thüringer Landesregierung und den Hochschulen des Landes zur Sicherung der Leistungskraft der Thüringer Hochschulen eingeschlagen wurde. In diesem Hochschulpakt sind partnerschaftliche Verabredung, Hochschulautonomie und Wettbewerb als Leitideen des künftigen Steuerungsmodells im Verhältnis Staat und Hochschulen verankert. Angesichts dieser Ziele, die wir uns dort gestellt haben, enthält der vor Ihnen liegende Entwurf eine Reihe von Änderungen und Ergänzungen des Thüringer Hochschulgesetzes, die es den Hochschulen ermöglichen, flexibel auf die Anforderungen und die Herausforderungen im Bereich von Lehre, Forschung und Weiterbildung sowohl zu agieren und nicht nur zu reagieren.

Meine Damen und Herren, beispielhaft möchte ich einige der wesentlichen Änderungen und Ergänzungen des Hochschulgesetzes ansprechen. Als Erstes wurden die Bestimmungen zur Weiterbildung flexibilisiert. Dazu gehört z.B. auch die Möglichkeit, das weiterbildende Studium künftig privatrechtlich auszugestalten. Die Weiterbildungsmaßnahmen finden dann auf Grundlage eines privatrechtlichen Vertrags statt, in dem Leistungen und Gegenleistungen der Vertragspartner geregelt sind. Dadurch können die Hochschulen auf die Bedürfnisse der Wirtschaft besser eingehen und werden nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Weiterbildung direkter Partner der Wirtschaft. Das ist auch ein Pluspunkt beim Anwerben von Investoren für Thüringen.

(Beifall bei der CDU)

Mit dem Gesetz wird den Hochschulen die Möglichkeit eingeräumt, das Betreuungsverhältnis, aber auch die Teilnehmerentgelte freier zu gestalten, als dies bei einer öffentlich-rechtlichen Festlegung des Teilnehmerverhältnisses möglich wäre. Die Hochschulen können im Rahmen der wissenschaftlichen Weiterbildung auch mit Einrichtungen außerhalb des Hochschulbereichs zusammenarbeiten. Das kann beispielsweise so ausgestaltet sein, dass eine Hochschule eine Kooperation mit einer Weiterbildungsakademie abschließt. Im Rahmen dieser Kooperation wäre die Weiterbildungsakademie dann der Anbieter des weiterbildenden Studiums und würde auch die vollständige Organisation und den Ablauf des Studiums übernehmen. Die Hochschulen erhalten in diesen Fällen ein angemessenes Entgelt für die von ihnen im Rahmen der Kooperation erbrachten Leistungen - beispielsweise, wenn sie Räumlichkeiten, Lehrmaterialien zur Verfügung stellen. Um aber auch gerade Personen mit Lehraufgaben an den Hochschulen Anreize dafür zu geben, sich in der Weiterbildung zu engagieren, wird im Gesetz jetzt ausdrücklich klargestellt, dass die Beteiligung an solchen Weiterbildungsangeboten in der Regel nicht zu den Dienstaufgaben der Hochschulbeschäftigten gehört. Das heißt, in diesen Fällen erfolgt das Engagement in der Weiterbildung im Rahmen einer Nebentätigkeit.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ein weiterer Bereich, der mit diesem Gesetz neu geregelt wird, ist, dass die Hochschulen bei der dienstrechtlichen Stellung der Professoren einen größeren Gestaltungsspielraum erhalten. Der Gesetzentwurf sieht deshalb zum einen eine weitgehende Gleichbehandlung der verschiedenen Rechtsverhältnisse bei Besetzung der Professorenstellen vor, das heißt, dass Professoren künftig sowohl im Beamtenverhältnis als auch im Angestelltenverhältnis und sowohl unbefristet als auch befristet beschäftigt werden können.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, diese Grundaussage im Thüringer Hochschulgesetz stellt ein politisches Signal dar, dass Professoren in Zukunft nicht mehr in allen Fällen schon bei der Erstberufung zu Beamten auf Lebenszeit ernannt werden müssen. Konkretisiert wird dies durch den § 50 des Gesetzentwurfs. Hier wird den Hochschulen ausdrücklich die Möglichkeit gegeben, die erste Anstellung eines neu berufenen Professors in einem Beamtenverhältnis auf Zeit oder in einem befristeten Angestelltenverhältnis von mindestens drei Jahren Dauer erfolgen zu lassen. Danach kann eine Bewertung der erbrachten Leistungen in Lehre und Forschung durchgeführt werden und entsprechend einfach eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit erfolgen oder eine Nichtverlängerung ausgesprochen werden. Diese Neuregelung wird nach unserer Auffassung zu einer Qualitätssicherung und Qualitätssteigerung an den Thüringer Hochschulen beitragen, da die Fähigkeiten der Hochschullehrer im Bereich der Lehre ein größeres Gewicht bekommen. Ich halte es für ein ganz wichtiges Kriterium bei der Auswahl der Professoren, dass nicht nur eine nachgewiesene Qualifikation im Bereich der Forschung von entscheidender Bedeutung

ist, sondern es ist auch von entscheidender Bedeutung, wie die Professoren ihr Expertenwissen an die Studenten weitervermitteln können.

(Beifall bei der CDU)

Das können erstberufene Professoren jetzt in den ersten Jahren ihrer Berufstätigkeit erfolgreich unter Beweis stellen. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass es sich um eine Soll-Vorschrift handelt. Das heißt, die Befristungen sollen in der Regel ausgesprochen werden. Solange diese Regelung aber nicht in ganz Deutschland eingeführt ist, kann von einer Befristung abgesehen werden, etwa bei Bewerbern aus dem Ausland oder aus Bereichen, die außerhalb der Hochschulen liegen, wo ein besonderes Gewinnungsinteresse besteht. Ich bin mir sicher, dass mit dieser Regelung, mit der wir Vorreiter in der Bundesrepublik Deutschland sind, Thüringen seinen Ruf als Land mit exzellenten Hochschullehrern weiter ausbauen wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Novelle des Thüringer Hochschulgesetzes zielt auch auf eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen ab. Sie wissen alle, dass wir Wert darauf legen, den Campus Thüringen zu entwickeln, das heißt, dass sich die Hochschulen in ihren Profilen ergänzen, dass wir keine doppelten Angebote im Lande vorhalten wollen. Deshalb sieht dieser Gesetzentwurf die Möglichkeit vor, dass hochschulübergreifend, wenn man sich eben ergänzen will in Lehr- oder in Forschungsangeboten, Betriebseinrichtungen geschaffen werden können oder auch hochschulübergreifende Ordnungen errichtet werden können. Das können gemeinsame Forschungsinstitute sein, das können aber auch gemeinsam betriebene Rechenzentren sein, es kann ein gemeinsames Hochschulsportzentrum sein oder auch Bibliotheken, die zusammenarbeiten. Es sollen hochschulübergreifende Studiengänge mit einer gemeinsamen Studien- und Prüfungsordnung versehen werden. Ein gutes Beispiel, das ich Ihnen schon nennen kann, ist der gemeinsam von der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Hochschule für Musik in Weimar angebotene Studiengang Musikwissenschaft oder auch der gemeinsam von den Universitäten Jena, Weimar und Ilmenau angebotene Studiengang Werkstoffwissenschaften. Diese Studiengänge erhalten eine gemeinsame Studien- und Prüfungsordnung. Das erleichtert den Studierenden, ihre Vorlesungen, Seminare und Prüfungen sinnvoll zu planen und damit auch das Studium zügig zu absolvieren. Ein weiterer Kernpunkt des vorgelegten Gesetzes ist die Erprobungsklausel zum Selbstauswahlrecht der Hochschulen. Mit der Aufnahme dieser Regelung, die wir auf besonderen Wunsch der Hochschulen aufgenommen haben, wird die Durchführung von Eignungsfeststellungsverfahren vor Aufnahme des Studiums in bestimmten Studiengängen für die Hochschulen eingeräumt. Man kann dann Erfahrungen mit der Selbstauswahl der Studienbewerber sammeln. Unserer Meinung nach werden dadurch die Chancen zur Gewinnung der besten Studierenden im nationalen sowie im internationalen Wettbewerb verbessert. Wir erreichen aber auch zugleich eine

Stärkung der Verantwortung der Hochschulen für ihre Studierenden und eine Verbesserung der Identifikation der Studierenden wiederum mit ihrer Hochschule. Nach den Bestimmungen des Hochschulrahmengesetzes ist grundsätzlich jeder Deutsche zu dem von ihm gewählten Hochschulstudium berechtigt, wenn er die für das Studium erforderliche Qualifikation nachweist. Dieser Nachweis wird in der Regel durch das Abitur erbracht. Dieser Grundsatz soll auch in dem Eignungsfeststellungsverfahren Gültigkeit haben. So weist der Gesetzestext extra darauf hin, dass überwiegend der Grad der Qualifikation der Hochschulzugangsberechtigung, also die Abiturnote, maßgeblich ist. Da jedoch das Abitur als solches nicht immer eine hinreichende Aussagekraft über die Eignung für den gewählten Studiengang besitzt, werden künftig spezielle Eignungsfeststellungsverfahren von den Hochschulen in den Studiengängen durchgeführt werden können, deren inhaltliche Gestaltung besondere fachspezifische Anforderungen an die Studierenden stellt. Wir denken dabei insbesondere an Studienfelder wie Kunst, Musik, Architektur, aber auch Informatik, Kommunikationswissenschaft oder Multimedia und auch international ausgerichtete Studiengänge. Will eine Hochschule ein Eignungsfeststellungsverfahren im Rahmen der Erprobungsklausel einführen, so stehen ihr insgesamt sechs Optionen zur Verfügung, mit denen sie die Eignung der Studienbewerber feststellen kann. Das ist also erstens die Abiturnote. Es ist zweitens die Abiturnote in einem bestimmten Leistungskurs, der für den gewählten Studiengang relevant sein muss, eine studiengangspezifische Berufsausbildung oder auch praktische Tätigkeiten. Es ist viertens die Motivations- und Leistungserhebung, die man in Bezug auf den Studiengang vornehmen kann. Es sind fünftens Auswahlgespräche und sechstens müssen mit in Betracht gezogen werden fachspezifische Zusatzqualifikationen, die über die Eignung für den betreffenden Studiengang dann besonderen Aufschluss geben können. Aus diesen sechs Optionen müssen die Hochschulen neben der Abiturnote wenigstens drei weitere Eignungsmerkmale in das Eignungsfeststellungsverfahren einbeziehen.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, Profilbildung an den Hochschulen setzt nämlich voraus, dass eine den individuellen Fähigkeiten entsprechende Vermittlung der Studierenden an die Hochschulen gewährleistet werden kann und die Studierenden auch den Anforderungen des gewählten Studiengangs gerecht werden.

(Beifall bei der CDU)

Dazu müssen die Hochschulen ihre Erwartungen an die Studienbewerber definieren, diese beraten und über die Zulassung nach eigenen Eignungs- und Auswahlprüfungen entscheiden können. Das neue Thüringer Hochschulgesetz setzt dies um und ermöglicht den Hochschulen einen Einstieg in dieses Selbstauswahlrecht, wie es eben die Hochschulen gefordert haben. Es ist aber die Ausnahme und nicht die Regel. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass wir hier in Thüringen Wert darauf gelegt haben, dass alle Studiengänge gut strukturiert sind, dass

entsprechend in den ersten Semestern Prüfungsleistungen abgefordert werden, die den Studenten ermöglichen, sich selbst zu überprüfen, ob sie den geeigneten Studiengang, den sie auch ausfüllen können, für sich gewählt haben. Das wird immer der Vorzug sein, dass unser Studium gut strukturiert ist, entsprechende Prüfungsanforderungen hat, dass man in den ersten zwei Semestern ganz deutlich weiß, kann ich das Studium absolvieren oder kann ich es nicht tun, und dann selbst seine Schlussfolgerungen ziehen kann.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich komme nun zu einem Punkt, der schon mehrfach in der öffentlichen Diskussion ein Rolle gespielt hat. Die Novelle des Thüringer Hochschulgesetzes beinhaltet auch die Einführung von Studiengebühren für so genannte Langzeitstudierende. Das sind Studierende, die die Regelstudienzeit um mehr als vier Semester in grundständigen Studiengängen überschreiten und in postgradualen Studiengängen um mehr als zwei Semester. Mit der Einführung dieser Gebühren soll der auch in Thüringen feststellbaren Tendenz der Verlängerung der Studienzeiten entgegengetreten werden. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass die Gesamtzahl der Langzeitstudenten bei uns in Thüringen wesentlich niedriger liegt als im Vergleich zu allen anderen Ländern in der Bundesrepublik. Wir haben im Jahr 1997 1,8 Prozent solcher Langzeitstudierenden gehabt und die sind im Wintersemester 2001/2002 auf 3,6 Prozent angestiegen. Die Vergleichszahl für Baden-Württemberg z.B. für das Wintersemester 1996/1997 liegt bei 17,1 Prozent. Daraus können Sie ersehen, dass die guten Studienbedingungen, die wir hier in Thüringen haben, dazu führen, dass die Studenten in der Regelstudienzeit ihr Studium absolvieren können. Eine Voraussetzung dafür ist geschaffen worden durch die Umstrukturierung, die wir Anfang der 90er-Jahre an den Hochschulen durchgeführt haben. Wir haben transparente Studien- und Prüfungsordnungen für jeden Studiengang, wir haben eine gute didaktische Aufbereitung des Lehrstoffes an unseren Universitäten und Hochschulen, bei uns ist die Gesamtverantwortung der Fakultät für die Lehre gewährleistet und wir haben nach wie vor ein gutes Betreuungsverhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden. Dementsprechend kann an unseren Thüringer Hochschulen von einem Großteil der Studierenden die Regelstudienzeit eingehalten werden. Wir gehen auch davon aus, dass wir durch die Erhebung der Gebühr die Studenten an ihren eigenen Beitrag mahnen, den sie bei der Absolvierung des Studiums leisten müssen. Denn Leistung ist Arbeit geteilt durch Zeit, die Zeit ist ein Faktor für Leistung. Unsere Gesellschaft ist auf die Erbringung von Leistungen angewiesen, deshalb fordert dieses Gesetz als Gegenleistung der Studierenden ein, dass sie in der Regelstudienzeit abschließen.

(Beifall bei der CDU)

Ich muss auch sagen, die Erfahrungen anderer Bundesländer zeigen, dass diese Studiengebühren für Langzeitstudierende in der Regel zu einem stringenteren und ergebnisorientierteren Studium veranlassen. Als Beispiel möchte ich

Ihnen wieder die Zahlen aus Baden-Württemberg nennen: Im Jahre 1996/1997, hatte ich gesagt, waren es 17,1 Prozent Langzeitstudierende, nach Einführung der Gebühren für Langzeitstudierende ist diese Zahl im Semester 2000/2001 auf 10,7 Prozent gesunken - also durchaus eine stimulierende Funktion diese Studiengebühren für Langzeitstudierende.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, der Gesetzentwurf sieht vor, dass nur von den Studierenden Gebühren erhoben werden, die eben die festgelegte Regelstudienzeit um einen längeren Zeitraum überschritten haben, die ich anfangs schon nannte. Zudem haben wir zu Beginn des Studiums eine Orientierungsphase vorgesehen, die zwei Semester beträgt, in der der Studierende ohne Auswirkung auf die Gebührenpflicht den Studiengang noch einmal wechseln kann. Das geht wieder konform mit den von mir genannten Bedingungen, dass das Studium gut strukturiert ist, Prüfungen abgefragt werden, man in den ersten zwei Semestern die eigene Überprüfung durchführen kann. Wir berücksichtigen im Gesetzesentwurf ebenfalls, wenn besondere Lebensumstände besondere Belastungen hervorrufen, dass die Studierenden eben auch nach den zusätzlichen vier Semestern das Studium nicht beenden konnten. Besondere Lebensumstände sind z.B. die Pflege und Erziehung von Kindern; es ist die Mitwirkung in Hochschulgremien, die von uns ja eingefordert wird; es kann die Behinderung und schwere Erkrankung sein, die zu einer unverschuldeten Verlängerung des Studiums führen. Deshalb werden in diesen besonderen Fällen die Anrechnungen entsprechend berücksichtigt. Es wird auch berücksichtigt, wenn ein Studierender Opfer einer Straftat wurde und er dadurch die Studienzeit verlängern muss.

Lassen Sie mich neben der Verkürzung der Studienzeiten, der Erhöhung der Studienabschlussquote, dem verantwortungsvollen Umgang mit öffentlichen Ressourcen noch einen weiteren Grund dafür angeben, warum der Gesetzentwurf die Erhebung von Gebühren bei bestimmten Regelzeitüberschreitungen enthält. Durch die Einführung dieser Studiengebühren für Langzeitstudierende kann auch eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit und der Effizienz der Thüringer Hochschulen erreicht werden, denn diese Einnahmen verbleiben bei den Hochschulen und sie sind dazu angehalten, diese Einnahmen direkt zur Verbesserung der Lehre einzusetzen.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich also noch einmal betonen: Wir werden keine allgemeinen Studiengebühren einführen, der erste berufsqualifizierende Studienabschluss an einer staatlichen Hochschule in Thüringen ist und bleibt auch in Zukunft gebührenfrei!

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir wollen aber privaten Hochschulen die Möglichkeit geben, Thüringen als Standort für eine private Hochschule in Erwägung zu ziehen. Deshalb muss privaten Hochschulen, die die staatliche Anerkennung anstreben, die Erhebung von allgemeinen Studiengebühren grundsätzlich erlaubt sein. Dies war in Thüringen bislang nicht zulässig und damit sind wir das einzige Land in der Bundesrepublik, das diese Regelung nicht in ihren Gesetzen hat. Diese Lücke schließen wir mit dem vorgelegten Gesetzentwurf.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren Abgeordneten, insgesamt gehen wir mit dieser Gesetzesnovelle einen entscheidenden und sehr zukunftsorientierten Schritt. Unsere Hochschulen erhalten eine Reihe neuer Chancen und Möglichkeiten. Wir geben ihnen Instrumentarien an die Hand, indem sie im weltweiten Wettbewerb, in Forschung und Lehre, aber auch im weltweiten Wettbewerb um die besten Hochschullehrer und um die besten Studenten Schritt halten können. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich eröffne die Aussprache und bitte als erste Rednerin Frau Kaschuba ans Rednerpult.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der von der Landesregierung vorgelegte Gesetzentwurf liegt als Artikelgesetz vor und regelt in einigen Punkten Fragen, die aus der Sicht der Landesregierung notwendig sind. Das betrifft das Thema Weiterbildung zur Führung ausländischer Hochschulgrade, zur dienstrechtlichen Stellung der Professoren, zu Studiengebühren für Langzeitstudierende, zur Auswahl der Studierenden durch die Hochschulen und nicht zuletzt erweitert das Ministerium seine Eingriffsmöglichkeiten in die Hochschulen. Gleichzeitig möchte ich hier betonen, dass Thüringen einen gültigen Landeshochschulplan aus dem Jahr 2001 hat. Die erste Frage, die ich hier stellen möchte, ist, welchen Beitrag die Änderung des Gesetzes zur Erreichung der Ziele des Landeshochschulplans leistet und diese Gesetzesänderung geeignet ist, die Leistungsfähigkeit der Thüringer Hochschulen systematisch zu verbessern, deren Exzellenz und Effizienz. Gleichzeitig frage ich auch, inwiefern hier Anpassungen von Landesrecht an Bundesrecht, also an das Hochschulrahmengesetz und dessen Novellierungen vollzogen wurden. Hinsichtlich der 4. Novelle zum Hochschulrahmengesetz erfolgt im vorliegenden Gesetzentwurf eine Anpassung, die 5. und 6. Hochschulrahmengesetznovelle finden keine Umsetzung. Als Begründung durch die Landesregierung wird angeführt, der Bundestag habe in die Landeszuständigkeit eingegriffen, die Bundesländer Thüringen, Bayern und Sachsen klagen beim

Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Man müsse erst die Entscheidungen abwarten und sehen, wie sie ausfallen. Fest steht aber, dass bis dahin Reformen blockiert werden, und zwar dort, wo sie längst überfällig sind. Ich möchte das kurz mit einigen Beispielen illustrieren, was an Anpassungen erforderlich wäre. Nach § 16 Abs. 3 Hochschulrahmengesetz sind Mutterschutz- und Elternzeitbestimmungen in Prüfungsordnungen zu berücksichtigen. Nach § 37 Abs. 1 Hochschulrahmengesetz ist die mitgliedschaftliche Stellung der Promovierenden landesrechtlich zu regeln, ebenso wie ihre wissenschaftliche Betreuung zu gewährleisten ist. Dafür werden bisher keine Regelungen getroffen. Faktisch haben wir in Thüringen auch zum jetzigen Zeitpunkt bereits die Möglichkeit Juniorprofessuren einzuführen. Das wissen Sie alle. Aber es ist nicht geklärt, welche mitbestimmungsrechtliche Stellung diese haben werden und auf welchen Stellen sie besetzt werden sollen. Es ist sozusagen vieles möglich. Nach § 44 des Hochschulrahmengesetzes sind zusätzliche wissenschaftliche Leistungen alternativ; (zusätzliche künst- lerische Leistungen) Einstellungsvoraussetzung für Professorinnen und Professoren, da die Habilitation ausläuft.

Aber diese Einstellungsvoraussetzungen bedürfen aus unserer Sicht einer Klarstellung in einer rechtlichen Regelung. Des Weiteren ist die Abschaffung der Stellenkategorien für wissenschaftliche und künstlerische Assistenten, Oberassistenten, Hochschuldozenten, Oberingenieure nach alter Fassung eine Lücke, die bei Gewährung von Vertrauensschutz geschlossen werden sollte. Ich möchte das jetzt hier nicht fortsetzen, aber auf einen Regelungsbedarf hinweisen, den es nach wie vor gibt. Darauf werde ich nachher noch einmal zurückkommen.

In der Änderung zum Hochschulgesetz wird die Weiterbildung auf privatrechtlicher Grundlage an den Hochschulen zum Gegenstand gemacht. Ich weiß, dass es der Wunsch der Hochschulen war, an vielen Stellen auch ausgesprochen, eine solche Regelung zu finden. Eigentlich gehört die Weiterbildung bereits zu den Primäraufgaben der staatlichen Hochschulen seit 1998, aber jetzt sollen die Hochschulen für diese Aufgabe mehr Gestaltungsfreiheit bekommen. Das heißt aber auch, dass die staatlichen Hochschulen mit auf den Bildungsmarkt gehen. Hier möchte ich auf ein paar Fragen aufmerksam machen, die uns in Gesprächen mit der IHK Ostthüringen gestellt wurden und auch mit privaten Bildungsgesellschaften.

Ich möchte diese Fragen hier nur benennen. Die Hochschulen stellen sich also dem Wettbewerb, den es so und so schon in einem großen Umfang im Bildungsbereich gibt. Sie können damit den Kontakt zu ihren eigenen Absolventen stabilisieren, das ist auch möglich, und können damit tatsächlich auch einen Beitrag zur Stärkung der Wirtschaft in Thüringen und zur Förderung der Wirtschaft leisten, indem man immer auf einem hohen Niveau auch weiterbildet. Aber die Frage ist gleichzeitig: Wie wird sich das ausgestalten in diesem Wettbewerb? Werden die Hochschulen dafür auch öffentliche Gelder einsetzen können

oder werden sie es nur auf privatrechtlicher Basis realisieren können? Das ist eine Frage, die uns gestellt wurde, und ich glaube, dort gibt es noch einen Klärungsbedarf.

Für die freien Bildungsträger, mit denen wir gesprochen haben, ist eine Frage formuliert worden, auf die möchte ich hier aufmerksam machen, dass die Formulierungen zur Zulassung zur Weiterbildung im Gesetz sehr unscharf sind. Es wird formuliert: "auf andere Weise ausgestaltet werden können". Hier stellt sich die Frage - für private Bildungsträger, auch der Bildungsträger, die einen Hochschulstatus haben, gelten sehr konkrete und scharfe Voraussetzungen für die Möglichkeit der Ausbildung -: Wie kann das im Gesetz präzisiert werden? Dazu hätten wir Gesprächsbedarf auch mit der Landesregierung.

Ich möchte positiv hervorheben, was die Ministerin auch bereits gesagt hat, ich will es deshalb auch nicht weiter ausführen, dass es jetzt die Möglichkeit der Kooperationsbeziehung zwischen den Hochschulen, Forschungseinrichtungen gibt. Das halten wir wirklich für eine sehr gute Möglichkeit, auch innerhalb des so genannten Campus Thüringen weitere Möglichkeiten zur Zusammenarbeit zu finden, die dann auch geregelt sind, weil ich weiß, dass aus dieser Nichtregelung sich häufig Dinge ergeben haben, wo sich selbst Hochschulen in einer Stadt gegenseitig blockiert haben, meinetwegen bei der Möglichkeit, Sport für Studierende anzubieten. Ich weiß schon, dass es da viele Probleme gab. Aber ich glaube, dass man an der Stelle noch über eine Frage reden muss: Wird es dazu auch Anschubfinanzierungen geben für diese Kooperationsbeziehungen oder wird es sie nicht geben? Bei der gegenwärtigen Haushaltslage sehe ich natürlich dort das Problem, dass es keine Anschubfinanzierung geben wird. Da ist dann die Frage: Wie wird es dann wirklich ausgestaltet?

Meine Damen und Herren, ich komme jetzt zu dem Thema, an dem sich bekanntlich die Geister scheiden und zwar deutlich scheiden, das ist die Einführung von Studiengebühren für Langzeitstudierende. Es ist quasi ein Bußgeld für Studenten, die in dem von der Ministerin genannten Sinne ihre Studienzeit überziehen. Wir wissen ja, dass es dafür prominente Beispiele gibt für Studienzeitüberzieher. Ich nenne hier den Bundeskanzler, der dann am Ende ja auch noch etwas geworden ist.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Ja, aber was!)

Ich könnte jetzt die Reihe fortsetzen, wie viele es davon gibt. Ein Langzeitstudium kann ja auch zu einer hohen Qualifikation und zu einer breiten Qualifikation führen. Es ist ja alles möglich. Man kann sich ja dann auch sehr weit reichend bilden. Aber es hat auch Erklärungen aus Thüringen gegeben, Herr Goebel

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Goebel, CDU: Es verbietet doch niemand.)

- sage ich ja, aber sie müssen es dann auch bezahlen können -, dass man gegen die Einführung von Studiengebühren ist. Auch die Ministerin hat sich vor längerer Zeit noch gegen die Einführung von Studiengebühren gewandt.