Protokoll der Sitzung vom 12.12.2002

(Beifall bei der PDS; Abg. Gentzel, Abg. Pelke, SPD)

In dieses Bild passt, dass der Landeshaushalt durch das Parlament gepeitscht wird, ohne - wir haben hier eben einige Einführungen dazu spüren können - dass eine sachgerechte Beratung mit den Betroffenen durchgeführt werden konnte. Es passt in das Bild, dass Herr Trautvetter noch im Oktober die November-Steuerschätzung gering schätzte; Zitat: "Wir ziehen das jetzt durch." Dann sind die Ausschussberatungen eigentlich schon abgeschlossen und die Ergänzungsvorlage kommt danach. Sie meinen es mit parlamentarischen Gepflogenheiten nicht ernst. Allein die CDU-Fraktion ist mit sich zufrieden und fällt nur dadurch auf, dass sie nicht auffällt bei der Haushaltsberatung.

(Beifall bei der PDS)

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Das gilt aber auch für Sie.)

Eine Parlamentsfraktion - tja man möge sagen, es ist fast unwürdig, meine Damen und Herren -, die gemessen an ihren Änderungsvorschlägen eigentlich nur attestiert bekommen könnte, dass sie Arbeitsverweigerung betreibt oder könnte man bei Ihnen sparen und streichen -, jedenfalls gemessen an der Aktivität Ihrer Änderungsanträge, die gleich null waren, haben wir da nichts verzeichnen können. Wir meinen, dass die Verabschiedung eines Einjahreshaushalts mit einer nachhaltigen Beratungsfrist das geeignete Element wäre.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, wir haben aber nicht nur Kritik an der Art und Weise, wir haben auch Vorschläge, die wir untersetzt haben. Wir haben das ABC-Programm genannt Arbeit, Bildung, Chancen. Diese Ideen haben wir eingebracht und wir haben feststellen müssen, der CDU-Regierungsentwurf offenbart eins, der CDU fehlt es an eigenen Ideen und am politischen Mut, die Probleme im Land zu lösen. Was nicht läuft, wird ausschließlich auf Rotgrün geschoben, für Erfolge selbstverständlich ist sie allein zuständig. Doch von dieser rein parteitaktisch geprägten Sicht haben die Menschen in diesem Land die Nase voll. Wir fordern Sie auf, machen Sie endlich eine Politik, die die Probleme der Menschen im Lande wahrnimmt und auch lösen will. Die Landesregierung kürzt in Zukunftsbereichen, im geförderten Arbeitsmarkt streichen Sie, was das Zeug hält. Das führt zu höherer Arbeitslosigkeit. Die PDS will das nicht. Wir wollen eine aktive Rolle des Landes bei der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, Ausbildungslücken und Maßnahmen gegen die Abwanderung. Deshalb wollen wir die Mittelansätze im Landesarbeitsmarktprogramm und bei der Arbeitsförderung Ost deutlich erhöhen.

(Beifall bei der PDS)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, betroffen von den vorgesehenen Kürzungen bei ABM und SAM werden vor allem auch viele Menschen sein, die für die Gesellschaft wichtige Leistungen erbringen, vor allem im Sozialbereich, auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge, der Drogen- und Suchtberatung, im Kulturbereich und bei den Jugendkulturprojekten. Wer jetzt bei Jugendorganisationen die SAM-Stellen schlicht streichen lässt, nimmt in Kauf, dass es im Sommer die ganzen Jugendfreizeitfahrten, die diese SAM-Kräfte vorbereiten, nicht geben wird. Sie werden doppelt, ja Sie werden dreifach auf dem Rücken der Jugend und der Zukunft dieses Landes streichen.

Meine Damen und Herren, wir nennen das unsozial und unsolide.

(Beifall bei der PDS)

Die PDS will die Kürzungen hier und bei den Zuschüssen in den jeweiligen Einzelplänen nicht mitmachen. Die PDS will außerdem eine Kompensation für die vielen wegfallenden Stellen. Unser Konzept einer Sozialpauschale und die Aufstockung des Projektmanagementprogramms sieht die Stabilisierung dieses Bereichs vor, angesichts der finanziellen Rahmenbedingungen des Landes eine ehrgeizige, aber aus unserer Sicht eine machbare und an politischen Zielen orientierte Forderung, meine Damen und Herren.

Im Bereich der Wirtschaftsförderung kann ich die Landesregierung wirklich nicht mehr verstehen. Obwohl Sie die hohen Arbeitsplatzeffekte kennen, kürzen Sie bei der Verbundforschung. Zusätzlich wird durch die Ergänzungsvorlage bei den Forschungseinrichtungen am Geldhahn gedreht. Das ist kontraproduktiv und steht im Gegensatz

zu Ihren Sonntagsreden. Die PDS will das nicht hinnehmen und verstärkt die Mittel bei der Verbundforschung mit unseren Anträgen.

(Beifall bei der PDS)

Sie werden Gelegenheit haben, sich per Abstimmung dazu verhalten zu können.

Meine Damen und Herren, die Bildungsdebatte ist im Gange und es ist einfach traurig, wie inkonsequent die Landesregierung bei der Schulgesetznovelle geblieben ist. Sie halten an einer gegliederten Schule fest. Wir halten das für falsch. Mit dem Landeshaushalt kürzen Sie in diesem Zukunftsbereich. Sie kürzen die Investitionspauschalen für Schulgebäude, Sie kürzen bei der Schülerbeförderung und Sie kürzen beim Schullastenausgleich. Die PDS will eine bessere Bildung für Thüringen. Deshalb ist bei Bildung bei uns im Haushaltsansatz auch ein Schwerpunkt gesetzt worden. Wir wollen mit unseren Anträgen Ihre Kürzungen rückgängig machen und damit die Thüringer Schulen verbessern.

(Beifall bei der PDS)

Wir greifen eine der zentralen Forderungen von Lehrerund Elternverbänden auf und führen eine auch finanziell abgesicherte Klassenlehrerstunde ein. Nicht nur reden darüber, sondern auch die Zahlen in den Haushalt einsetzen, das ist unsere Maxime.

(Beifall bei der PDS)

So etwas kostet Geld, ja, aber Bildung ist auch Geld wert, ist eine Investition in die Zukunft. Wir wollen, dass Schülerinnen und Schülern die notwendige Aufmerksamkeit gewidmet wird, die sie heute als Heranwachsende dringend benötigen. Die Kürzungen beim Schullastenausgleich wollen wir mit unserem Antrag rückgängig machen, Ihren Ansatz zur Schuljugendarbeit können wir so nicht nachvollziehen. Wir wollen, dass es an Thüringer Schulen die Möglichkeit einer von Fachkräften getragenen, qualifizierten Schulsozialarbeit gibt - also nicht nur ein bisschen außerschulisches Hopsasa und Trallala, wie das manchmal Herr Schwäblein formuliert hat, sondern Schulsozialarbeit, die von Fachleuten mit den Schülerinnen und Schülern organisiert und durchgeführt wird. Auch dafür muss Geld in die Hand genommen werden. Übrigens wird es langsam Zeit, meine Damen und Herren der Landesregierung, dass die Kompetenzen in diesen Fragen endlich geklärt werden und dazu eine Richtlinie vorgelegt wird.

(Beifall bei der PDS)

Beim Schulessen hat die CDU kalte Füße bekommen, dennoch ihr Ansatz ist weder visionär noch zukunftsfähig. Sie wissen doch, dass gerade einmal ein Viertel der Schüler am Schulessen teilnimmt. Wir wollen, dass jede Schülerin und jeder Schüler die Chance eines kostengünstigen und

warmen Mittagessens bekommt. Dazu reicht die Wiedereinstellung der 26 Cent nicht aus. Die PDS will nicht nur Schulen verändern, sondern auch das Schulumfeld verbessern. Dazu gehört unter anderem das Schulessen. Lern- und Lebensort Schule, gelernt, gelebt und praktiziert, das wäre eine Vision, Herr Ministerpräsident, bei der Schulessen dazugehört, auch wenn Sie so wenig Kinder haben, mit denen Sie sich über solche Fragen herumärgern müssen.

(Beifall bei der PDS)

Aber eine Vision ist eine Schule, die lebt, in der Region lebt und nicht nur am Mittag irgendeine Aufbewahrungsanstalt wird. Dazu das Schulessen als Beispiel von 26 Cent auf 1    !    Schritt.

Meine Damen und Herren, die Höhe der kommunalen Investitionen verringert sich in Thüringen seit Jahren. Dies ist insbesondere für die Bauwirtschaft in Thüringen fatal, gesellschaftspolitisch übrigens skandalös. Zehntausende junger Menschen wurden in Thüringen in den 90er Jahren mit öffentlichen Mitteln ausgebildet, nur um ihnen jetzt zu sagen, es gibt für sie im Lande nichts zu tun. Jeder sieht doch den Bedarf, wenn er durch die Städte und Dörfer fährt. Gerade die Kommunen sind die Hauptauftraggeber für die kleinen Betriebe in Thüringen. Wenn es den Kommunen schlecht geht, dann geht es auch den Betrieben schlecht. Geht es den Betrieben schlecht, entlassen sie Leute, sie zahlen keine Steuern mehr. Die Arbeitslosigkeit steigt weiter, was die sozialen Sicherungssysteme weiter belastet.

Meine Damen und Herren, wir müssen raus aus diesem Kreislauf, diesem Kreislauf abwärts, die Spirale durchbrechen wäre unser Ziel. Die PDS hat dazu einen Ansatz, kein Patentrezept. Wir wollen die Investitionskraft der Kommunen erhöhen, wir wollen, dass das Land Thüringen einen eigenen Beitrag zur wirtschaftlichen Gesundung leistet. Dabei vertrauen wir auf den Sachverstand der Akteure vor Ort. Sie sollen entscheiden, was wichtig für die Regionalentwicklung ist. Wir versetzen die Kreistage und die Stadt- und Gemeinderäte durch die Erhöhung der Investitionspauschalen wieder in die Lage, kommunale Förderprogramme kozufinanzieren. Weiterhin setzen wir eine jahrelange Forderung der kommunalen Spitzenverbände um und nehmen die Auftragskostenpauschale aus dem Kommunalen Finanzausgleich heraus. Es muss Schluss sein damit, dass das Land bei Aufgabenübertragungen Kommunen das Geld nicht überträgt. Das, was man überträgt, das muss man auch bezahlen.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, ein Wort an die Autofahrerinnen und Autofahrer, wenn es um den ÖPNV geht. Hier ist aus unserer Sicht schon eine dickere Sauerei angelegt. Sie kürzen bei den Zuschüssen, bei den Investitionen und bei der Schülerbeförderung. Überhaupt scheinen Sie dort besonders leicht mit dem Rotstift zu sein, wo Kommunen,

kommunale Unternehmen und freie Träger die Kürzungen direkt über Erhöhungen der Gebühren, Tarife und Beiträge kompensieren können und dann kompensieren müssen. Das Land ist der Gute, die Örtlichen sind dann die Bösen. Das ist aber kontraproduktiv und bedeutet eine Verschlechterung des Standorts Thüringen.

(Beifall bei der PDS)

Das ist nicht akzeptabel. Die PDS will mit ihrem Antrag zum ÖPNV in Drucksache 3/2940 das bestehende Gefüge sichern und damit die Unternehmen und die Tarife.

(Beifall bei der PDS)

Wir nennen Ihre Politik die Politik der Preistreiberei bei Bus und Bahn. Das ist mit uns nicht zu machen.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, nicht unerwähnt lassen will ich, dass die PDS die Kürzungen bei den Vereinen und Verbänden, bei den Studentenwerken und, was wir besonders schlimm finden, bei der Jugendberufshilfe ebenfalls nicht mittragen kann. Wir wollen Ihnen mit unseren Anträgen Gelegenheit geben, Ihre unsozialen und ungerechten Kürzungen wieder abzuändern. Wir wollen Chancen sichern und nicht zerstören. Die Landesregierung verspielt mit dieser Art der Politik Zukunftschancen und damit wird auch Vertrauen verspielt.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss noch etwas zu unseren Deckungsvorschlägen sagen. Die Landesregierung ist an Starrsinn nicht mehr zu übertreffen. Trotz dramatischer Steuerausfälle hält sie an dem völlig überzogenen Abbaupfad der Nettoneuverschuldung fest. Dabei werden volkswirtschaftliche Erkenntnisse völlig negiert. Abbau ja, aber konjunkturell angemessen ist das Gebot der Stunde. Der Kreislauf nach unten kann nur dann durchbrochen werden, wenn der Staat sich auf eine aktive Rolle gerade in Ostdeutschland besinnt. Das heißt nicht mehr Regulierung, sondern mehr Engagement, mehr Anreize;

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Wer hat Ih- nen denn das aufgeschrieben?)

Anreize vor allem für Investitionen und für Zukunftsausgaben. Deshalb wollen wir den Abbau der Nettoneuverschuldung verlangsamen, ich betone: verlangsamen. Für die Autorinnen und Autoren gewisser Schlagzeilen, sage ich es noch einmal ganz deutlich: Die Schlagzeile, die PDS will Neuverschuldung erhöhen, ist falsch; sie ist schlicht und ergreifend falsch. Unser Tempolimit bedeutet für uns langsamer, das heißt herunterschalten, nicht so radikal vorgehen im Abbau und anschließend, Herr Ministerpräsident, es nicht durchhalten wie im Jahr 2002.

(Zwischenruf Dr. Vogel, Ministerpräsident: Von Abbau kann doch gar keine Rede sein.)

(Beifall bei der PDS)

Bei Ihnen doch auch nicht, Herr Ministerpräsident. Im Jahr 2002 sind Ihnen doch die Haushaltspläne um die Ohren geflogen. Verzeihung, Herr Ministerpräsident, 12 Jahre lang häuften Sie Schulden über Schulden. Es war die Landespolitik unter Ihrer Federführung, die den größten Schuldenberg

(Beifall bei der PDS)

den Thüringerinnen und Thüringern hinterlassen hat. Das haben wir in der letzten Debatte schon einmal genau erläutert. Sie haben unter Trautvetter mehr Schulden aufgehäuft, als in der DDR an Außenverschuldung am Schluss überhaupt vorkam.

(Heiterkeit bei der CDU)

(Beifall bei der PDS)

(Unruhe bei der CDU)

Sie können lachen und toben, es ist die Wahrheit, meine Damen und Herren. Die Deutsche Bundesbank hat es in ihrem Abschluss...

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Dumm- schwätzer.)

Die Deutsche Bundesbank sind Dummschwätzer, Herr Althaus, und Sie sind die Superschlauen.