Protokoll der Sitzung vom 13.12.2002

(Beifall bei der PDS)

Herr Abgeordneter Grob, Sie haben das Wort.

Sehr verehrte Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich habe diesen Hut nicht aufgezogen, weil ich es untersagt bekommen habe. Aber diese Utensilien habe ich mitgebracht auf Geheiß vom Betriebsrat in Unterbreizbach, dass ich bei meiner Rede diese Utensilien immer im Auge behalte, weil diese Aussprache und dieses Ergebnis ganz wichtig für die Kumpel ist. Das habe ich mitbekommen. Auf dem Tisch sehen Sie noch ein Glas. Manche Laien sagen, da sind bunte Bonbons drin. Das ist Salz und da ist vielleicht auch ein bisschen Sylvinit dabei.

Über was reden wir heute? Reden wir über eine Hochzeit oder verteilen wir das Fell eines Bären? Mitnichten, wir reden über eine Veränderung und Ergänzung zum Staatsvertrag. Wir erlauben mit diesem Staatsvertrag einem Unternehmen, auf dem Markt besser mitreden zu können. Wir erlauben mit unserer Zustimmung, das Salz/Sylvinit im Untertagebereich grenzüberschreitend zu transportieren und nicht über einen unwirtschaftlichen übertägigen Transportweg, der übrigens keiner Genehmigung bedarf, in die hessischen Fabriken zu fahren, um es zu verarbeiten.

Meine Damen und Herren, diese Hochzeit ist schon vollzogen, dieses Fell ist schon verteilt. Wir haben es in der Hand, mit unserer Zustimmung die Mitgift zur Hochzeit mit einzubringen. Schauen wir uns doch mal den Bräutigam genauer an. Nach dem Eheversprechen, sprich Kalifusionskonzept 1993 und dem Ehevertrag, sprich Staatsvertrag 1996, können wir doch mit Beruhigung sagen, dass die Versprechen eingehalten wurden. Das Verbundwerk Werra hat derzeit 4.322 Beschäftigte, eine Ausbildungsquote von 5,3 Prozent und diese 115 Auszubildenden sind zu 50 Prozent aus Thüringen.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt keine Differenzierungen in puncto Lohn zwischen der Belegschaft Ost und West,

(Beifall bei der CDU)

sprich Thüringen und Hessen. Kali + Salz war das erste Unternehmen in Deutschland, das 1999 den tariflichen Lohn angeglichen hat. Wollen wir jetzt, wo wir mit einer Ergänzung zum Staatsvertrag weiterhin die Wettbewerbsfähigkeit des Betriebes steigern können, den Staatsvertrag von 1996, der in seiner Gänze ja noch gilt, in Frage stellen? Ich mag schon die Kommune Unterbreizbach und speziell ihren Bürgermeister verstehen, der Sicherheit für die Region fordert. Aber wenn man sich mit den dazu gefassten Paragrafen beschäftigt und diese zusätzlichen Vereinbarungen von 1995 und 2002 sowie die verfassten Schriftstücke von K + S an die Regierung und das uns allen bekannte

Wortprotokoll der Anhörung richtig und ausführlich gelesen hat, meine Damen und Herren, dann weiß man, dass die mögliche und vor allen Dingen machbare Sicherheit für den Betrieb, und ich meine dabei des gesamten Betriebs, gegeben ist.

(Beifall bei der CDU)

Ich darf zusammenfassend zu den gegebenen Sicherheiten ausführen: Im Staatsvertrag von 1996 besagt Artikel 8 Abs. 1: "Der Staatsvertrag kann von jedem vertragschließenden Land aus wichtigem Grund zum Schluss eines Kalenderjahres mit einer Frist von einem Jahr gekündigt werden,..." und Absatz 3, der auf diese dazu gehörende Protokollerklärung hinweist: "... wenn das in der Präambel festgelegte Ziel der Vereinbarungen, die Sicherheit des Kalistandortes Werra durch die Aufrechterhaltung des lagerstättenbedingten Abbaubetriebes in den drei Gruben einschließlich der Werke die Weiterführung der Produktion und des dazu notwendigen Beschäftigungsvolumens nicht erreicht wird." Des Weiteren ist in der dazu abgeschlossenen Vereinbarung von 1995 zu lesen: "Im Gesamtkonzept hat die Sicherung des Standortes Unterbreizbach für die Landesregierung unter Beschäftigungsaspekten in den betroffenen strukturschwachen Regionen besondere Bedeutung." Im Schreiben von K + S vom 09.12.2002, also ganz frisch und Sie kennen es, an das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt wird noch einmal bekräftigt, und das wörtlich: "... bezüglich des Standortes Unterbreizbach zur Vereinbarung vom 13.11.2002 getroffene Aussage gestanden wird..." Des Weiteren ist im Schreiben zu lesen: "... in der Vereinbarung vom 13.11.2002 wird darüber hinaus der Versorgung des Standortes Unterbreizbach mit sylvinitischem Rohsalz der Vorrang vor dem Standort Wintershall unter Betrachtung der Wirtschaftlichkeit eingeräumt." Damit ist die Rohstoffbasis für die Kapazitätsauslastung der Fabrik Unterbreizbach gesichert. Weiterhin darf ich auf das Wortprotokoll der Anhörung vom 06.12.2002 verweisen, als der Herr Abgeordnete Kretschmer

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Weil ich nicht rankomme, musst du das machen.)

bei Dr. Müller von K + S nachfragte, Frau Präsidentin, ich zitiere hier wörtlich, das war ja eine öffentliche Sitzung: "Ich will noch einmal nachfragen, weil ich darauf jetzt Wert lege, 11.09.1995, diese §§ 5 und 6, mit der - ich sag mal - Quasibestandsgarantie von Unterbreizbach hat auch Gültigkeit für die neue Entwicklung, wenn das Roll-Loch in Betrieb ist und die entsprechende Verteilung des Sylvinits vorgenommen wird." Und Antwort Dr. Müller: "Ja". Dies, meine Damen und Herren, vielleicht zu den abverlangten Sicherheiten von K + S zu Unterbreizbach.

Ich bin vor allem denjenigen dankbar, die mit dem Staatsvertrag 1995 die Grundlage gelegt haben. Ich spreche da hauptsächlich von Bergbauexperten, Herr Buse, Herr Kummer, weil Kenntnis und Fachverstand vorhanden sein

muss, um hierbei mitreden zu können.

(Beifall bei der PDS)

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Das gilt auch für Sie!)

Nun haben ja Herr Buse und Herr Kummer erkannt, dass auf der Forderung zu Arbeitsplatzgarantie nicht mehr weiter geritten werden kann. Was gibt es Besseres, als ein neues Pferd zu satteln und sich aufzuschwingen auf das Pferd "Sicherheit". Wir müssen doch für die Sicherheit der Kumpel garantieren, so Herr Kummer.

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Im Thü- ringer Landtag!)

Herr Kummer, stellen Sie als Experte das Gutachten zur Sicherheit des Roll-Lochs wirklich in Frage? Herr Kummer, sollte - und das wird garantiert nicht geschehen - Ihr Szenario von einem Wassereinbruch einmal nachvollzogen werden, sorgt da nicht der Abfluss des Wassers durch das Roll-Loch zur Entschärfung der Situation? Bei Ihrem Szenario ist der Bergmann in Thüringen doch jetzt schon gefährdet. Sie müssen sich vorstellen, wenn das Roll-Loch jetzt nicht da ist, Sie sprechen von Wassereinbruch, von Laugeeinbruch, dann ist der Bergmann in Thüringen gefährdet. Haben Sie schon jemals diese Gefährdung angesprochen?

(Zwischenruf Abg. Kummer, PDS: Nein!)

Herr Kummer, wollen Sie nicht wahrhaben, dass der Landtag in Hessen, wo Ihre Partei ja nun nicht vertreten ist, dass diese Abgeordneten ihre Verantwortung nicht erkennen? Diese sind fraktionsübergreifend, außer den Grünen, für dieses Roll-Loch-Verfahren.

Herr Kummer, oder sind Sie wirklich nicht in der Lage zu erkennen, dass, wenn die Grube Unterbreizbach absaufen würde, das würde heißen Merkers und Springen natürlich auch, weil es ein Verbund ist, also wenn man das gute Salz, was ja nachweislich im Bereich MerkersUnterbreizbach liegt, nicht mehr abbauen kann, sind Sie da nicht in der Lage zu erkennen, dass es dann Kali an der Werra nicht mehr gibt?

(Zwischenruf Abg. Vopel, CDU: Genau!)

Wenn Sie dann auf ein Gutachten von 1993 hinweisen, Gutachten sind auch dazu da, dass man sie überarbeitet. Es gibt bestimmt auch Gutachten von 1925, wo elektrisches Licht als vorsichtig eingeschätzt wird und in der Grube nicht benutzbar ist, bestimmt.

Meine Damen und Herren, zu Ihrer Erklärung über das ungefähre Ausmaß des Grubenfeldes Merkers, das im Vergleich so groß ist wie die Stadt Leipzig, dazu kommen noch Springen und Unterbreizbach, dann kann man sich unge

fähr vorstellen, wenn da ein Wassereinbruch ist, wie lange es dauern würde, ehe dieses Streckengeflecht voll laufen würde. Ich glaube, dann würde kein Wasser mehr in der Werra sein. Wenn diese von Ihnen aufgeführten Sicherheitsmängel nun nicht mehr greifen, was wollen Sie dann noch dranhängen, um diesen Vertrag zu verhindern - meine Damen und Herren, ich muss das so konsequent sagen und somit Arbeitsplätze nicht nur entstehen zu lassen, sondern zu vernichten? Sie, die Damen und Herren von der PDS, müssen sich das fragen.

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Da haben Sie gestern nicht zugehört.)

Dann habe ich gestern schon meine Aussagen zu heute geschrieben und wollte Frau Becker auch noch ein bisschen vermöbeln.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Nein, nein.)

Aber die Erkenntnis kam ja. Ich wollte Frau Becker darauf hinweisen, dass sie sich ohne Weiteres doch einmal an Kali-Experten wenden soll, die sie ja nachweislich in ihrer Fraktion hat.

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Sie verwei- gern sich.)

Prompt kam die Erleuchtung. Ich habe diesen Antrag gelesen und es sind sehr gute Sachen darin. Ich könnte mir vorstellen, dass man mit so einem Antrag mitgehen kann. Der Kollege Lippmann hat in der 96er Rede zum damaligen Plenum wörtlich ausgeführt und ich darf wieder zitieren: "... dass nicht nur der Staatsvertrag zwischen Hessen und Thüringen, sondern auch ganz besonders die Vereinbarung zwischen dem Freistaat und der Kali + Salz GmbH vom 11.09.1995 deutlich gemacht hat, welche monumentale Vorleistung unser Land zur Sicherung des deutschen Kalibergbaus überhaupt erbracht hat." Ein weiteres Zitat des Kollegen Lippmann aus dem Protokoll 35. Sitzung 19.04.1996 - es wäre schön, wenn dieses heute wiederholt würde: "Wir werden diesem Staatsvertrag zustimmen, weil es zum gegenwärtigen Zeitpunkt und unter den gegebenen Bedingungen die einzige Möglichkeit ist, zumindest einen Standort des Kalibergbaus in Thüringen zu erhalten."

Kein Mensch, meine sehr verehrten Damen und Herren, im Land, schon gar nicht die Betroffenen in der Region und Unterbreizbach, werden es unter nun einmal objektiven Gründen auch nur annähernd verstehen, wenn wir diese Möglichkeit auslassen würden. Es kann ja nicht sein, dass das, was in einer Koalition richtig und gut ist, danach hinfällig und schlecht ist.

Meine Damen und Herren, wenn auch der Anfang dieses Prozedere nicht ganz nach unseren Wünschen verlaufen ist, dies aber nach Informationen in der Ausschuss-Sitzung, Anhörung und persönlichen Gesprächen nicht nur geglättet, sondern auch zustimmungsreif gemacht wurde, dann bitte

ich Sie für diese Ergänzung des Staatsvertrags, für die Betroffenen der Region und für den dauerhaften Weiterbestand des Gesamtbetriebs Kali + Salz GmbH zu stimmen. Die Kumpels sind zurzeit beim Einfahren zur Mittagsschicht, sie sind mit der Hoffnung eingefahren, dass wir richtig entscheiden. Die Kumpels an der Werra haben uns diesen Auftrag erteilt. Nehmen wir diesen Auftrag verantwortungsvoll wahr. Sichern wir die Arbeitsplätze für die Zukunft und, meine Damen und Herren, Ihnen allen ein herzliches Glückauf und vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Frau Abgeordnete Becker, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Kalibergbau in Thüringen hat eine lange Geschichte und leider ist diese seit 1990 nicht besonders positiv. Herr Ministerpräsident, die Änderung des Staatsvertrags fußt auf einem Verfassungsbruch Ihrer Landesregierung.

(Unruhe bei der CDU)

Ich hätte von Ihnen erwartet, dass Sie sich dafür beim Parlament entschuldigen.

(Beifall bei der SPD)

Sie sprachen gestern von Verschleierung und Täuschung und Sie haben damit sicherlich mindestens zwei Mitglieder Ihrer Landesregierung gemeint.

Diese vorzeitige Vertragsunterzeichnung des Staatsvertrags hat wirklich keine rechtlichen Auswirkungen. Wir haben das ja auch prüfen lassen, aber Sie haben uns dadurch Mitspracherechte des Parlaments entraubt, das müssen Sie einfach zur Kenntnis nehmen. Herr Grob, Sie sprachen ja von Ehe, Sie haben die Mitgift vergessen - 1993 1 Mrd. DM für Kali + Salz und 1998 im Rahmen des Generalvertrags 800 Mio. DM.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das ist der größte Schwachsinn, den ich hier je ge- hört habe.)

(Zwischenruf Abg. Dr. Hahnemann, PDS: Das kann doch nicht wahr sein, Herr Minis- ter, das ist eine grobe Ungezogenheit!)

Herr Minister Sklenar, es gibt keine Zusage von 800 Mio. DM im Generalaltlastenvertrag für Kali + Salz; gibt es nicht.

Wenn man von Ehe spricht, kann man auch von Mitgift reden, Herr Staatssekretär. Zum wiederholten Mal sprechen wir also heute über Kalibergbau und zum wiederholten Mal werden die letzten Arbeitsplätze in Thüringen in Frage gestellt, seit 1993, 1996 und, wie gesagt, 1998 mit der Beschlussfassung von 1999. Schon 1995 im Rahmen der Vereinbarung, die ja Anhang des Staatsvertrags ist, wurden die jetzt in Rede stehenden Arbeitsplätze in Frage gestellt. In diesen damaligen Verhandlungen wurde sichergestellt, dass das Feld Merkers-Süd, um was es sich jetzt handelt, für die Sicherung der Fabrik Unterbreizbach zu dienen hat und für die nächsten 50 Jahre zur Erhaltung ihrer Lagerstätte vorgesehen ist. Heute, sieben Jahre danach, wirklich keine lange Zeit im Bergbau, wird durch einen Staatsvertrag zugelassen, dass dieses Feld als Lagerstättenzugriff für Wintershall gelten soll. Wir sagen, das ist okay, weil das ganze Werra-Revier sonst in Frage gestellt wird. Aber man muss doch ein paar Aussagen, die gerade im Vorfeld des Staatsvertrags und der Vereinbarung und dann auch noch zwischen dem 8. November und 11. November gerade von Ihnen aus dem Umweltministerium kamen, wirklich in Frage stellen. Da wurde erst einmal gesagt: Natürlich gibt es keine Reduzierung der Lagerstätte von 50 auf 30 oder 20 Jahre, wie das Frau Becker in den Raum gestellt hat. Aber bei der Anhörung wurde dieses bestätigt. Das ist so, ist doch selbstverständlich, wenn man vorher eine Lagerstätte für einen Standort vorsieht und dann die Lagerstätte aufteilt, um zwei Drittel nach Wintershall zu bringen, dass dann die Gesamtkapazität und die Lagerstättenzeit sich verringern, ist doch auch für einen Laien wie mich logisch.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Kann man das zitieren, dass Sie sich selbst als Laie bezeichnen?)

Natürlich, das sagen Sie doch immer wieder. Aber Herr Staatssekretär selbst hatte ja in einer Pressemitteilung noch darauf hingewiesen, dass das Lüge ist. Dann die Vereinbarung - ein nächster Punkt in unserer Diskussion. Die Vereinbarung wurde am 13.11. unterschrieben. Im Vorfeld dieser Vereinbarung wurde vom Ministerium bekannt gegeben, es sollen 100 zusätzliche Arbeitsplätze in Unterbreizbach entstehen. Am Tag der Vereinbarung waren es dann noch 100 Arbeitsplätze, die umgesetzt werden, und 170 Arbeitsplätze, die bis 2005 von Kali + Salz abgebaut werden. Das ist etwas anderes, das ist okay. Wenn man in Unterbreizbach das Salz Merkers-Süd abbaut, braucht man dafür mehr Leute, die da unter Tage arbeiten. Das ist auch in Ordnung und wir sind ja froh, dass die Arbeitsplätze im ganzen Werra-Revier erhalten werden und es nur 170 Arbeitsplätze sind, die abgebaut werden. Aber die Aussagen aus dem Ministerium waren andere und das müssen Sie zur Kenntnis nehmen.