Protokoll der Sitzung vom 08.05.2003

Kurz zum Inhalt dieses Entwurfs: Neue Produkte auf der Basis nachwachsender Rohstoffe müssen sich am Markt regelmäßig gegen eingeführte kostengünstig aus endlichen Rohstoffe hergestellten Erzeugnissen behaupten. Dies ist besonders schwer, da die Verarbeitung nachwachsender Rohstoffe meist auch neue Technologien erfordert, die erst entwickelt und eingeführt werden müssen. Vor allem die Phase der Überführung von der Theorie in die Praxis erfordert Ausdauer und finanziellen Rückhalt, um die Prototypen unter reellen Praxisbedingungen zu testen und weiter zu verbessern. Bei der Überleitung neuer Technologien, Erfahrungen und Produkten in die Praxis offenbart sich das Defizit in der Praxis und hier setzt der Fachbeirat dieses eigenständige Förderprogramm an.

Förderfähig soll nach dem Vorschlag des Fachbeirats die Überleitung und Überprüfung von Forschungsergebnisse ebenso sein, wie die neuartige Kombination oder die Übertragung von Verfahren aus anderen Bereichen auf den Bereich nachwachsender Rohstoffe. Die Höhe der Förderung richtet sich nach dem Neuigkeitsgrad und sicherlich auch nach dem zu erwartenden Nutzen für die Region. Allerdings rechnen wir wirklich nicht mit einer gehäuften Anzahl von Anträgen. Ich denke, das ist nicht der Fall, das hat die Erfahrung gezeigt. Aber es muss eben die Möglichkeit bestehen, für wirkliche - das ist das, was Dr. Botz sagt - Schwerpunktvorhaben auch genügend Mittel bereitzustellen.

Natürlich ist die Unterscheidung aussichtsreicher Neuerungen von fixen Ideen nicht einfach und erfordert viel Sachkenntnis. Die Umsetzung auch der besten Projekte gelingt zudem nur, wenn mutig entschieden wird und Investoren in der regelmäßig schwierigen Startphase nicht alleingelassen werden.

Meine Damen und Herren, die Erzeugung von festen, flüssigen und gasförmigen Bioenergien hat einen festen Platz in der Thüringer Landwirtschaft, doch der Landwirt als Energiewirt beschränkt sich nicht nur auf den Anbau von Raps und die Produktion von Biodiesel. In der heutigen Zeit nehmen Land- und Forstwirte oder von ihnen gegründete Unternehmen nicht nur die Erzeugung der biogenen Rohstoffe, sondern auch die Umwandlung in die jeweiligen Energieträger selbst in die Hand und das wollen wir ja auch. Diese verwenden sie selbst oder sie verkaufen sie an die Endverbraucher und können auf diese Weise ihre wirtschaftlichen Aktivitäten ausweiten.

Für die drei Energienutzungsvorhaben Wärme, Mobilität und Elektrizität ergeben sich für die land- und forstwirtschaftliche Biomassen die folgenden bevorzugten Einsatzgebiete: Feste Energieträger wie Holz und Wärme

zunehmend in der Stromerzeugung, flüssige Energieträger wie Öle, Ester und Alkohol, Herr Kummer, in der Mobilität. Diese Geschichte mit den Zuckerrüben ist hochinteressant. Selbstverständlich bedauere ich sehr, dass wir in Nordhausen eine riesengroße Brennerei für technische Alkohole abgerissen haben, die wäre bestimmt umrüstbar gewesen. Es ist halt Geschichte und zehn Jahre her. Nun wissen wir intern, dass eventuell an anderen Standorten - nicht bei uns, sondern am Rande von Sachsen-Anhalt - darüber nachgedacht wird, die Zuckerrübengeschichte läuft im Jahr 2008 aus und da ist schon etwas zu machen. Darüber denken viele nach, diese Alkohole herzustellen. Das ist eine interessante Geschichte, die muss man weiter verfolgen.

Gasförmige Energieträger wie Biogas in der Elektrizität, Wärme-Kraft-Kopplung in der Anfangsphase der Erschließung der Märkte für Biomasse kommen sicherlich aus Kostengründen in erster Linie Reste und Nebenprodukte der Land- und Forstwirtschaft in Frage, so liegen die Potenziale in Thüringen im Wald, Restholz, Landschaftspflegeüberschuss, Stroh, Grünschnitt, Biogras, Rapsöl für energetische Zwecke. Solange allerdings die Nachfrage mit diesen kostengünstigen Rohstoffen gedeckt werden kann, sind keine Energiepflanzen nötig. Das ist eine Diskussion, die immer geführt worden ist, muss ich extra Holz anbauen oder dieses und jenes. So lange wie wir die Potenziale noch haben, müssen wir das nicht tun. Das wird auch in langer Zukunft nicht so bleiben, ich denke, darauf müssen wir uns einstellen, dass das funktioniert. Die energetische Verwertung von nachwachsenden Rohstoffen ist in Thüringen auf einem guten Weg. Gegenwärtig deckt Thüringen ca. 3 Prozent des Primärenergieverbrauchs als Biomasse, der Anteil konnte seit 1998 mehr als verdoppelt werden. Dazu beigetragen haben in den letzten Jahren veränderte Rahmenbedingungen für die energetische Biomassenutzung, das sagen wir nüchtern, Dr. Botz, was es da alles gegeben hat. Zum einen wurde das erneuerbare Energiegesetz, das Marktanreizprogramm erneuerbarer Energien und zu unserem Leidwesen ökologischer Steuerreform ein breites Maß für den Ausbau der energetischen Biomassennutzung auf den Weg gebracht. Das ist schon so.

Zum anderen haben die Förderungen des Freistaats mit dem Landesförderprogramm des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur, diesen Fortschritt natürlich maßgeblich unterstützt. Wenn wir allerdings die hoch gesteckten Ziele der Bundesregierung im Klimaschutz anschauen, ist noch eine ganze Menge nötig. Kurz- und mittelfristig, so unsere Forderung, hat die höchste Priorität die anstehende Novellierung des erneuerbaren Energiegesetzes. Herr Minister hat das vorhin angesprochen. Dabei muss über die Anhebung der Vergütungssätze für energetische Biomassenutzung, deren Spezifizierung und Differenzierung diskutiert werden. Da das EEG nur die Stromgewinnung fördert, die Biomasse jedoch zu einem überwiegenden Anteil auf dem Thermomarkt genutzt werden muss, sollten die Mittel des Marktanreizprogramms des Bundes auf die auf dem Thermomarkt eingesetzten

Energieträger konzentriert werden. Die Arbeitsgruppe Biogas berichtete in der letzten Sitzung im März, dass in Thüringen derzeit 29 Anlagen in Betrieb sind. Diese landwirtschaftlichen Biogasanlagen produzieren etwa 30 Mio. Kubikmeter Biogas, das fast ausschließlich verstromt wird. Jährlich können ca. 55.000 Megawattstunden Elektroenergie erzeugt werden. Die in Thüringen vorhandenen Tierbestände und damit der konzentrierte Anfall organischen Düngers bieten sehr günstige Voraussetzungen für das Betreiben von Biogasanlagen. Nach Erhebung der Experten der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft werden z.B. 55 Prozent der Schweine in Anlagen mit mehr als 3.000 Tieren gehalten. Ca. 50 Prozent der Milchkühe und ein Großteil der Schweine stehen in Gülleställen. Die von Herrn Kummer angesprochene EU-Vorschrift halte ich für Schwachsinn und wir müssen uns mal ansehen, ob es tatsächlich so ist. Wenn es so ist, dann müssen wir sie bekämpfen. Die normierte jährliche Wirtschaftsdüngermenge der Rinder- und Schweinehaltung Thüringens entspricht über 500 Kilotonnen organischer Trockensubstanz, daraus können etwa 90 Mio. m³ Methan erzeugt werden. Dieses tierhaltungsbedingte Biogaspotenzial entspricht ca. 90.000 m³ Heizöl bzw. 1,24 Prozent des Primärenergieverbrauchs von Thüringen. Bei Unterstellung von 30 Prozent elektrischem und 45 Prozent thermischem Wirkungsgrad der Energiewandlung können nach Abzug der Prozessenergie jährlich 270 Mio. Kilowattstunden Energie und 280 Mio. Kilowattstunden Wärme als Nutzenergie bereitgestellt werden. Diese Energiemenge würde ausreichen, um 200 Dörfer mit je 500 Einwohnern vollständig mit Wärme und Elektroenergie zu versorgen. Das sind Zahlen, die muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, was da für Möglichkeiten und Potenziale stecken. Über 30 Anlagen befinden sich in Thüringen im Bau oder in der Vorbereitungsphase. Das Potenzial, sagen die Fachleute, bei ausreichender Bereitstellung von Fördermitteln liegt bei weiteren 100 bis 130 Anlagen. Hier ist wirklich was zu tun. Für die Gespräche um die Novellierung der EEG sind eigentlich von Thüringen aus praxisnah Hinweise gegeben worden. Ich hoffe, dass nun die Novellierung in Gang kommt und das eingearbeitet wird, Herr Minister. Das kann nur unsere Hoffnung sein. Aber eins, was wir machen können, ist das Förderprogramm, das Agrarinvestitionsprogramm unseres Ministeriums, hier eröffnen sich neue Möglichkeiten der Biogasförderung. Das Einzige, was wirklich schwierig ist - und das müssen wir eben berücksichtigen -, ist die Bereitstellung ausreichender eigener Landesmittel. Da stoßen wir immer wieder an Grenzen. Das muss man so sagen, aber die Möglichkeiten sind riesengroß.

Meine Damen und Herren, die energetische Nutzung von Biomasse birgt ein vielfältiges Spektrum. Nicht alles ist so selbstverständlich wie das Heizen mit Holz, die Erzeugung von Strom aus Biogas oder das Tanken von Biodiesel. Auch diese Bereiche haben klein, viel diskutiert und risikobereit angefangen. Ich erinnere mich, wie schwer das mit der Markteinführung des Biodiesels war. Jeder hatte nur Angst, wie es wird. Halten wir das durch?

Es waren keine Tankstellen da. Ich denke, es war gut, dass wir das unterstützt haben. Inzwischen können wir sagen, es ist eine Erfolgsstorry. 10 landwirtschaftliche Kaltpressanlagen mit naturbelassenem Rapsöl treiben Biogasdieselanlagen mit einer Kapazität von 45 Mio. Liter Biodiesel, 36 Tankstellen in Thüringen. Mit 10 Cent pro Liter liegt der Biodiesel meist unter dem mineralischen Diesel, die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen, die Entlastung von umweltsensiblen Bereichen durch den Einsatz von Rapsöl oder Biodiesel als Kraft- und Schmierstoffe wie in Trinkwasserschutzgebieten, innerstädtischen Bereichen, Forst- und Landwirtschaft. Ein wichtiger Punkt bei Biodiesel - den muss ich ansprechen -, wo ich denke, da muss die Bundesregierung nun endlich die Hausaufgaben machen, ist die Norm DIN E 51 6 06, die über den Biodiesel nun die Qualitätsnorm legt. Das ist immer noch eine Vornorm, wir haben sie nicht. Das Problem ist, dass die Fahrzeughersteller inzwischen abspringen wollen, weil es nicht mehr sicher ist, was wir denn tanken, wenn es nicht einheitlich genormt ist. Jetzt haben sich die Hersteller zusammengetan - Deutschland, Österreich - und ein Qualitätsmanagement gemacht in ihrer Arbeitsgemeinschaft und stellen sicher, dass wir mit vernünftigem Biodiesel versorgt werden, der dieser Norm entspricht. Aber es gibt sie eben noch nicht offiziell und das ist einzufordern, das ist wichtig.

Jetzt möchte ich noch ein Thema ansprechen, was in der Diskussion sicherlich sehr unterschiedlich bewertet werden kann. Es ist die energetische Nutzung von Non-FoodGetreide. Hier wird in der Öffentlichkeit viel diskutiert. Auf einer Fachtagung der Fachagentur nachwachsende Rohstoffe in Gülzow drehte sich die Diskussion um die energetische Verwertung von Roggen. Für die Energiegewinnung kann, wie bei den anderen Getreidearten auch, die ganze Roggenpflanze genutzt werden. Dies gilt sowohl bei der Verwendung als Festbrennstoff als auch bei der Biogasgewinnung und Kraftstofferzeugung. Bezogen auf den Heizwert - und das ist wichtig zu wissen - sind Getreidekörner beim derzeitigen Marktpreis günstiger als Heizöl. Ein entsprechendes Rechenbeispiel belegt die Aussage: Beim Vergleich der aktuellen Heizöl- und Roggenpreise entstehen Brennstoffkosten von rund 0,03  Kilowattstunde bei Heizöl, während die gleiche Energiemenge für nur 0,02   )   kann. Die Diskussion über die Verwertung von Getreide als nachwachsender Rohstoff hat jedoch nicht nur - und das ist das Problem - eine agrar- und energiepolitische Dimension, sondern hier gibt es ethische Konflikte. Die Frage, die sich ergibt, ist angesichts der Tatsache, dass Millionen Menschen auf der Erde hungern: Kann man Getreide zur Energiegewinnung nutzen? Die Frage ist darauf zurückzuführen, dass man seit Jahrhunderten Getreide auf den Nährwert als Nahrung bezogen gezüchtet hat. Jetzt haben wir nur dieses Getreide. Es muss umgedacht werden und das Getreide zur Energiegewinnung umgezüchtet werden. Dann hat man auch diese Probleme nicht. Wir müssen dies offensiv, jedoch mit dem notwendigen Respekt vor dem ethischen Hintergrund diskutieren. So

kommen wir auch ein Stück weiter. Wir kommen aber nicht drum herum, wir müssen es tun.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr veehrten Damen und Herren, wir können sicherlich noch dieses und jenes sagen. Ich möchte Sie noch informieren, dass Sie alle das Angebot nutzen können, den Messestand "Nachwachsende Rohstoffe", den wir haben, einmal in Ihren Wahlkreisen zu zeigen. Dies nützt dem Vorankommen der nachwachsenden Rohstoffe, aber Sie können es natürlich auch für Ihr eigenes Image nutzen. Ich kann es nur empfehlen, es ist eine gute Sache.

Wir haben - und darauf können wir alle stolz sein - in Bezug auf nachwachsende Rohstoffe im Vergleich zu den anderen Bundesländern die Nase ein Stückchen vorn. Wenn wir alle weiter fleißig daran arbeiten, können wir das auch noch weiter ausbauen. Ich bin mir sicher, das wird uns gelingen.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten. Ich beantrage hiermit die Überweisung unseres Antrags an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen vor. Es ist beantragt worden, diesen Bericht im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten fortzuberaten. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? 1 Stimmenthaltung. Mit einer großen Zahl von Jastimmen ist der Antrag überwiesen.

Ich stelle zum Abschluss fest, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist, falls dem nicht widersprochen wird. Es wird nicht widersprochen. Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 10.

Gegen 20.00 Uhr wollten wir den parlamentarischen Abend des Initiativkreises "Das Erdgasfahrzeug" beginnen, ich denke, mit der entsprechenden Verzögerung kann das jetzt geschehen.

E n d e d e r S i t z u n g: 20.33 Uhr