ligt. Diese indirekte Einflussnahme - Berichtspflicht und damit Kontrolle - wurde schon immer über die Berichterstattung der Landesregierung im Ausschuss des Landtags durch den Landtag wahrgenommen. Diese Praxis wird auch heute noch so geübt, wobei die beiden Mitglieder des AdR dann berichten.
Warum also nun diese Berichterstattung über das übliche Maß hinaus? Der Landtag hat durch Wahl aus seiner Mitte einen Vertreter in dieses Gremium direkt entsandt und hat somit nach Meinung meiner Fraktion auch einen Anspruch auf eine direkte Berichterstattung über die Arbeit und deren Ergebnisse.
Mehr als ein Jahr Mitgliedschaft im Ausschuss der Regionen Europas, das ist eine einzigartige Situation. Eine Region im Herzen Europas bezieht Position und resümiert und versucht Zukunft mitzugestalten.
Ein kurzer Blick zurück: Die ehemalige DDR wurde per Einigungsvertrag nach Artikel 23 des Grundgesetzes Mitglied der Europäischen Union - ein Sonderfall in Europa, für uns ein Glücksfall. Heute betrachten wir quasi als Westeuropäer die Osterweiterung. Welche Veränderung in dieser kurzen Zeit!
Doch lassen Sie mich zu Beginn einmal unsere Rechtsstellung näher beleuchten. Gemeint ist natürlich im Zusammenhang dieser Berichterstattung die Stellung im Ausschuss der Regionen Europas. Wie wir in die Lage gekommen sind, habe ich gerade gesagt. Welche innerdeutschen Regelungen es gibt, ist bereits ausgesprochen. Bleibt mir nur noch, die Bedingungen zu nennen, unter denen man ein solches Mandat erwerben kann.
Erstens: Zunächst muss man ein Mandat bereits innehaben, welches durch Wahl auf politischer Ebene liegt.
Zweitens endet dieses Mandat vor Ablauf der AdR-Legislaturperiode, so endet auch das Mandat mit einer Übergangszeit.
Drittens: Das Mitglied im AdR hat kein imperatives Mandat, ich betone dies besonders, da im Zusammenhang mit der Arbeitsweise des AdR sonst eine nicht zu bewältigende Situation entstünde. Ich komme später noch einmal darauf zurück.
Der Ausschuss der Regionen besteht aus 222 Mitgliedern, die aus noch 15 Mitgliedstaaten entsandt werden. Er hat - genau wie dieser Landtag - Fraktionen; die größten sind die EVP-Fraktion, die Fraktion der Europäischen Volksparteien und die ESP-Fraktion, die Fraktion der Europäischen Sozialdemokratischen Parteien, zu denen u.a. die SPD auch gehört. Weitere Fraktionen existieren,
müssen aber wohl in diesem Zusammenhang nicht genannt werden. Außerdem gibt es die deutsche Delegation, die genauso, wie es in anderen Staaten üblich ist, versucht, gesamtstaatliche Interessen wahrzunehmen. Wenn Sie also betrachten, welche Gremien es hier in diesem Bereich gibt, so können Sie sich sicher vorstellen, dass die Arbeit im AdR auch etwa einer Landtagstätigkeit gleichkommt, besonders auch unter der Betrachtung der Tatsache, dass es ebenso Fachkommissionen gibt, wie hier im Landtag Ausschüsse. Der Ausschuss der Regionen hat sechs solcher Fachkommissionen, in denen die Mitglieder arbeiten. Jedes deutsche Mitglied ist auch Mitglied in zwei Fachkommissionen. Das heißt ganz speziell für Thüringen, Herr Minister Gnauck ist/war Mitglied in der Fachkommission für Außenbeziehungen und in der Fachkommission für konstitutionelle Fragen und Regieren in Europa. Ich selbst bin Mitglied in den Fachkommissionen Bildung und Erziehung und Wirtschaft und Soziales. Zum zeitlichen Aufwand sei nach diesem ersten Jahr gesagt, 6-mal im Jahr Plenarsitzungen mit je 2 Tagen. 5mal waren das Fachkommissionssitzungen beider Fachkommissionen. Ich will mich nicht über die Belastungen beschweren. Ich möchte nur sagen, dass man dies nicht nebenbei erledigen kann.
Nun zur Arbeitsorganisation: Der Ausschuss der Regionen hat gegenüber der EU-Kommission - genauso wie auch andere Gremien - lediglich eine beratende Funktion. Dies könnte sich ggf. in den Erörterungen des Konvents vielleicht verändern. Die Kommission entscheidet allerdings darüber, welche Gremien sie zu ihren Dokumenten um Stellungnahme bittet. Außer der Geschäftsordnungsfestlegung wird in der Regel vorgegeben, bis wann man eine Stellungnahme zu einem Kommissionsdokument haben möchte. Daraus ergeben sich andere als im Landtag vorliegende Abläufe. Während es im Landtag eine eigene Entscheidung des Parlaments ist, wann und wie eine aus der Regierung vorgelegte Angelegenheit behandelt wird, ist im AdR in der Regel folgendes Verfahren zu verzeichnen: Überweisung, also quasi die Bitte um Stellungnahme durch die Kommission, erste Lesung in der Fachkommission bei vorheriger Festlegung des Berichterstatters im Präsidium des AdR, danach zweite Lesung in der Fachkommission und Verabschiedung der Stellungnahme. Danach wird diese Stellungnahme im Plenum behandelt. Nebenbei, wenn in einer Fachkommission eine Stellungnahme einstimmig angenommen wird, wird dann im Plenum zu dieser Stellungnahme nicht mehr diskutiert. Das ist eine Geschäftsordnungsfestlegung, über die wir vielleicht im Landtag auch nachdenken könnten.
Während der Plenarsitzung werden auch noch eine Vielzahl von Änderungsanträgen behandelt, die jedoch erst kurz vor Sitzungsbeginn vorliegen. Hier sei noch einmal auf dieses freie Mandat verwiesen. Ohne diese Möglichkeit wäre eine gerechtfertigte Arbeit nicht möglich, was nicht heißt, dass man zu vielen Themen natürlich auch
An dieser Stelle möchte ich mich ganz besonders bei den für die Arbeit im Ausschuss der Regionen zuständigen Mitarbeitern in der Thüringer Landesvertretung, besonders Frau Holeschovsky, ausdrücklich und persönlich bedanken für ihr Engagement.
Es ist gut zu wissen, dass es jemanden gibt, der zunächst die Frage stellt, was für den Freistaat Thüringen gut ist und dann erst überlegt, ob er dafür zuständig ist.
Ohne diese Dependance Thüringens in Brüssel, die Dependance der Staatskanzlei, wäre eine koordinierende Arbeit innerhalb der Landesregierung zum AdR praktisch zu allen Themen nicht möglich. Außerdem ist immer zu beachten, da wir auch gesamtdeutsche Interessen zu vertreten haben, dass Standpunkte des Bundesrates bekannt sein müssen. Eine für den Freistaat qualitativ gute Arbeit wäre sonst wohl kaum möglich.
Zum Inhalt der Arbeit des vergangenen Jahres: Einige Themenschwerpunkte seien genannt. Zusammenarbeit im erweiterten Europa, Einwanderungspolitik, die Halbzeitbewertung der Agrarpolitik, die Binnenmarktstrategie bis 2006, um nur hier einiges zu nennen. Zu bemerken ist an dieser Stelle, dass den Mitgliedern des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten des Thüringer Landtags die Arbeitsschwerpunkte des Jahres schriftlich übergeben wurden. Vielleicht weiß der eine oder andere außerhalb dieses Gremiums in den Fraktionen darüber Bescheid, wenn man darüber gesprochen hat.
Lassen Sie mich allerdings noch eine Angelegenheit besonders erwähnen und etwas näher ausführen, die besondere Bedeutung für uns hat. Es geht um die Strukturfondsförderung durch die EU. Wie jeder weiß, sind die jungen Bundesländer insgesamt Ziel-1-Fördergebiet bei der EU-Kommission. Die laufende Förderperiode geht 2005 zu Ende. Während des Förderzeitraums kommen voraussichtlich, so die Referenten das in etwa auch bestätigen in den Ländern, noch 10 Mitglieder durch die Osterweiterung hinzu. Die Ziel-1-Förderung hat zum Kriterium, dass das Bruttoinlandsprodukt der Regionen, hier in Deutschland der Bundesländer, noch unter 75 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der EU der 15 liegt. Beim Eintritt von 10 neuen Mitgliedern mit einem sehr niedrigen Bruttoinlandsprodukt tritt aber ein statistischer Effekt ein, der den Durchschnitt des Bruttoinlandsprodukts der EU deutlich absinken lässt und u.a. auch Thüringen in der misslichen Lage sein könnte, dass es knapp in der Nähe der 75 Prozent liegt. Hier gibt es eine Thüringer Initiative, alle betreffenden Regionen zusammenzuführen und eine angemessene Übergangsregelung zu finden, die auch für alle anderen Betroffenen notwendig ist. Am 30.04.
dieses Jahres wurde von den 12 Regionen ein Positionspapier verabschiedet, welches der Kommission übergeben wurde. Dazu gab es ja heute Morgen auch in der Regierungserklärung von Dr. Vogel einige Bemerkungen. Die Reaktion des zuständigen Kommissars Barnier war öffentlich zu erkennen, er hat die Regelungsnotwendigkeit anerkannt und sie für einen langen Zeitraum als erforderlich angesehen.
Nun jedoch noch einige Bemerkungen zur Osterweiterung: Wie in allen europäischen Gremien so ist auch im AdR der Zeitpunkt gekommen, Veränderungen vorzunehmen. Mit der Unterzeichnung der Beitrittserklärung der 10 neuen Mitgliedstaaten wurde vom AdR-Präsidium festgelegt, dass nunmehr Letztere in Anlehnung an die Gepflogenheiten im Konvent auch vor der endgültigen verfassungsmäßigen Entscheidung der jeweiligen Staaten die benannten Mitglieder bereits jetzt zu den Sitzungen entsenden und diese teilnehmen können. Außer der Tatsache, dass sich die Anzahl der Sprachen erhöht, in die zu verdolmetschen ist, gibt es neuen Raumbedarf und andere Notwendigkeiten. Ich glaube, besonders allerdings die neuen Probleme werden es sein, mit denen wir uns zu befassen haben, die werden, meiner Meinung nach, zum Mittelpunkt haben den Bereich Landwirtschaft und den Bereich Grenzregionen. In diesem Bereich wird besonders die zukünftige Arbeit liegen.
Nebenbei bemerkt, die bisher nicht in Angriff genommene innere Reform der EU wird jetzt wohl kommen müssen, denn das derzeitige Recht jedes Mitgliedstaats, mindestens einen Kommissar zu stellen, hätte dann zur Folge, dass die Kommission auf 25 Mitglieder anwachsen würde. Der AdR würde eine Größe von bisher 222 dann 350 Mitgliedern haben. Das ist schon bereits so im Vertrag von Nizza festgelegt. Man muss sehen, welche Regionen von ähnlichen Problemen wie wir in Thüringen betroffen sind und muss versuchen, mit ihnen gemeinsam Lösungsansätze zu finden. Dass dies möglich ist, hat diese Initiative zum statistischen Effekt bewiesen.
Aber noch etwas anderes ist für die zukünftige Arbeit von besonderer Bedeutung. Man muss die Vertreter aus den Regionen kennen und auch selbst bekannt sein. Das setzt voraus, dass man die Sitzungen wahrnimmt, die Plenen besucht, die Fachkommissionen besucht, seine Meinung dort darlegt und die Gedanken austauscht. Meist wird dies noch außerhalb der Sitzungen fortgesetzt, denn am Rande der Tagungen sind noch andere Veranstaltungen, die man besuchen kann.
Und noch eine andere Angelegenheit sei hier genannt, weil sie von besonderer Bedeutung ist: das Berichterstattersystem im AdR. Wie auch im Landtag werden von den Fachkommissionen Berichterstatter für bestimmte Vorlagen bestimmt. Anders als im Landtag hat dieser Berichterstatter im Plenum seinen Platz im Präsidium und wird bei jedem in der Plenarsitzung zu dieser Stellungnahme vorliegenden Änderungsantrag um seine Mei
nung gefragt. Er hat ein persönlich großes Gewicht bei der Meinungsfindung. In Kenntnis dieser Tatsache hat sich Thüringen bereits um eine Berichterstattung bemüht, hat allerdings bedauerlicherweise keinen Zuschlag erhalten. Allerdings wollen wir für die Zukunft bei für den Freistaat wichtigen Themen auch diesen Versuch wieder unternehmen.
Damit komme ich zum Schluss. Wägt man ab, ob es einen sofortigen messbaren Erfolg im Vergleich zum betriebenen Aufwand gibt, so muss man sagen, nach einem Jahr ist dies noch nicht vollständig zu erzielen. Unstrittig aber ist in jedem Fall, dass man bei langfristiger und stetiger Arbeit einiges bewegen kann. Gegenseitige Kenntnis von Personen und Problemen sind von besonderer Bedeutung auf europäischer Ebene - mehr als in unseren zuweilen preußischen Denkstrukturen. Man kann nur allen, die mit europäischen Dimensionen in ihrer eigenen fachlichen Arbeit zu tun haben, empfehlen, die europäischen Institutionen zu besuchen, Gespräche zu führen und Hintergründe zu vermitteln. Das Thüringenbüro in Brüssel sollte dabei mehr in Anspruch genommen werden, diese Dienstleistungseinrichtung steht uns ja zur Verfügung.
Meine Damen und Herren, das Haus Europa bekommt einen Erweiterungsbau. Machen wir etwas daraus, damit es dann auch nach unseren Vorstellungen eine Heimstatt sein kann. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung darf ich zum vorliegenden Berichtsersuchen unmittelbar den Bericht der Landesregierung erstatten. Die Landesregierung ist außerordentlich dankbar dafür, dass erneut das Thema "Europa" hier auf der Tagesordnung des Landtags steht, in diesem Falle aufgrund eines Antrags der CDU-Landtagsfraktion, der auf die Arbeit und die Gewichtung des AdR, seine Möglichkeiten und Perspektiven abzielt. Ich darf vorweg auch gleich sagen, ich bin sehr dankbar, dass der Landtag 2001 diese Regelung treffen konnte, dass es nunmehr drei Vertreter im Ausschuss der Regionen gibt. Nicht nur, dass man auf unterschiedlichen Ebenen und mit vereinter Kraft dann für Thüringen Einfluss nehmen kann, in gewisser Weise auch werben kann, sondern auch, weil hier eine zusätzliche Sicht der Dinge aus der Mitte des Parlaments heraus eingebracht werden kann. Ich bin in Sonderheit Herrn Abgeordneten Schröter und Herrn Abgeordneten Bergemann außerordentlich für diese geleistete Arbeit dankbar. Es zeigt sich auch heute, dass ich einen
Teil dessen, was ich sagen könnte oder möglicherweise auch sagen wollte, nicht zu sagen brauche, weil Herr Schröter es bereits angesprochen hat.
Der Ausschuss der Regionen, die Vertretung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften der Europäischen Union geht auf eine Idee der Ministerpräsidenten der deutschen Länder zurück. Die ursprüngliche Absicht war, der erheblichen und immer stärker zunehmenden Erweiterung der Brüsseler Kompetenzen eine kraftvolle regionale Interessenvertretung auf europäischer Ebene entgegenzustellen. Der Ausschuss, den die Ministerpräsidenten damals im Sinn hatten, unterscheidet sich allerdings vom heutigen Ausschuss der Regionen ganz erheblich. Die Ministerpräsidenten hatten ein Regionalorgan mit echten Mitentscheidungsfunktionen im Auge, das zu einer dritten Kammer ausgebaut werden und quasi einen europäischen Bundesrat darstellen sollte. Doch diese Vorstellungen waren politisch in Europa nicht durchsetzbar; die Interessen waren zu unterschiedlich, auch die Strukturen in Europa. Aus einem Regionalorgan mit tatsächlichen Mitentscheidungsrechten wurde ein Ausschuss der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften mit beratenden Befugnissen, wie sie Herr Abgeordneter Schröter dargestellt hat. Und schon dies zu erreichen, diese Mitberatungsmöglicheit, diese Einflussnahme war nicht selbstverständlich. Dass der AdR überhaupt Bestandteil des Maastrichter Vertrags wurde, war ein bedeutsamer Erfolg der deutschen Verhandlungsführung. Seit der Konstituierung des AdR am 9. März 1994 - erstes Thüringer Mitglied war die heutige Landtagspräsidentin Christine Lieberknecht - seit damals haben wir unsere eigenen Erfahrungen mit dem Ausschuss der Regionen sammeln können. Und diese praktischen Erfahrungen lehren uns, dass die Orientierung am Bundesratsmodell in der Tat an den Arbeitsmöglichkeiten und in den Arbeitsergebnissen an der Sache vorbeigeht. Gleichwohl, auch wenn wir diese Möglichkeiten nicht haben, die sich im Bundesrat für uns als Land zeigen, plädiere ich sehr nachdrücklich dafür, die zwar reduzierten, aber dennoch vorhandenen Möglichkeiten von Mitwirkung, von Beratung und letztlich auf Umwegen doch Mitentscheidung im AdR offensiv und intensiv zu nutzen. Mit Ausnahme der föderal verfassten Mitgliedstaaten Deutschland, Österreich und Belgien gibt es in der heutigen Europäischen Union keine ausgeprägte föderale Tradition. Das spiegelt sich auch in der Struktur und Zusammensetzung des AdR wider, auch in den Möglichkeiten, die der Ausschuss zweifellos hat, die man gleichwohl aber nüchtern gewichten muss. Auch wenn im letzten Jahrzehnt bedeutende Fortschritte bei der Föderalisierung einiger EU-Mitglieder zu verzeichnen sind - ich nenne in diesem Zusammenhang beispielhaft nur Großbritannien, das bekannt ist für seine zentralistische Tradition und seine ausgeprägte Abneigung gegen föderale Tendenzen -, selbst dort haben sich mit Schottland und Wales zwei echte Regionen mit eigenständigen Kompetenzen etabliert, aber das sind erst wenige im Konzert der europäischen Staaten. Dies bedeutet auch, dass unsere Möglichkeiten, Partner zu finden, wenn es um föderale In
teressen geht, immer noch sehr stark eingeschränkt sind. Was wir zu Recht gelegentlich als europäische Vielfalt loben, die Unterschiedlichkeit in Kultur und Sprache, die Unterschiedlichkeit, die bunt und vielfältig und interessant macht, Europa auch Kraft geben kann, hat auch seine Kehrseite. Und die 222 im Ausschuss der Regionen vertretenen Politiker der regionalen und lokalen Ebene spiegeln deutlich die strukturelle und kulturelle Heterogenität der Europäischen Union wider. Es gibt eben Länder und Regionen, es gibt Departements und Gebiete und demnächst, so hoffen wir, eben auch Woiwodschaften, auf die wir uns freuen, wenn heute die Abstimmung so läuft, wie wir uns das, denke ich, in der Mitte Europas allesamt wünschen, dass es auch in Polen ein deutliches Ja zum Beitritt zur EU gibt. Denn gelegentlich hört man den etwas törichten Satz: Polen möchte doch bitte nach Europa zurückkehren. Das ist natürlich Unsinn. Polen ist europäisch, wie es auch Tschechien ist und wie es auch andere europäische Staaten im Osten sind. Es geht lediglich darum, dass auch jetzt diese Staaten in die Europäische Union kommen, dass sie das bekommen - Herr Schröter, Sie haben es angedeutet -, was wir hier so etwa als Morgengabe beim Beitritt bekommen haben, als die Länder nach Artikel 23 Grundgesetz beigetreten sind. Manche haben es gar nicht so richtig gemerkt, dass wir über Nacht zur EU gekommen sind. Das wird jetzt von den anderen Ländern endlich bald erstritten sein und darauf sollten wir uns freuen.
Vielfalt ist wunderbar, aber Vielfalt bedeutet natürlich auch, es gibt Regionen mit Gesetzgebungskompetenzen, es gibt solche mit begrenzten Kompetenzen und es gibt die Vertreter der lokalen Gebietskörperschaften sui generis, die fast die Hälfte der AdR-Mitglieder stellen. Aus dieser heterogenen Zusammensetzung ergeben sich fast zwangsläufig unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie Sachverhalte zu bewerten und welche Lösungen anzustreben sind, Unterschiedlichkeiten schließlich auch der Interessen aufgrund verschiedener und unterschiedlicher Gepflogenheiten und Gegebenheiten.
Herr Schröter hat erfreulicherweise hier ein wenig dargestellt, wie sich das im AdR abspielt und in den Ausschüssen und ich kann wirklich nur bestätigen, das ist ein hartes Brot, dass und wie man sich dort die Verbündeten zusammensuchen muss. Zum Glück gibt es das dort, übrigens auch ein Vorteil dieser Einrichtung. Man hat gelegentlich den Eindruck, dort kann man argumentieren und das Argumentieren führt auch noch zu einem positiven Ergebnis. All das ist schön, aber gleichwohl, es ist sehr, sehr schwierig und letztlich auch kompliziert und es kostet viel Zeit und Kraft, sich erst einmal bekannt zu machen und sich Gehör zu verschaffen, um dann auch wirklich zur Mitwirkung eingeladen und befähigt zu sein.
Der AdR hat in der Tat einen eigenen Arbeitsstil entwickelt mit einem hohen Maß an Diskussionsfreude und einer
sehr dominierenden Rolle der Berichterstatter. Denn in der Regel folgt das Plenum bei den Abstimmungen den Empfehlungen des Berichterstatters, nicht nur gelegentlich erst nach längeren Debatten, die zu recht minimalen Veränderungen von Vorlagen führen, was gleichwohl dann dem einen oder anderen Vertreter die Zustimmung ermöglicht. Dieser Arbeitsstil ist insbesondere für uns Deutsche gewöhnungsbedürftig, wie auch die Gepflogenheit, dass bestimmte Probleme in Vier-Augen- oder auch Gruppengesprächen am Rande der Sitzung geklärt werden, wobei das Letztere, das muss ich allerdings als regelmäßiger Teilnehmer an Sitzungen des Bundesrates sagen, inzwischen auch beim Bundesrat immer mehr zur Gewohnheit wird, dass dort das eine oder andere doch noch in kleinen Gesprächen am Rande der Sitzung geklärt und abgeklärt werden kann. Das hat bedauerlicherweise, und das spricht etwas für sich, in Berlin dann inzwischen den Namen "kleine Kungelrunde" bekommen. Aber gut, ich halte es dennoch für eine gute Möglichkeit, dass man Partner für seine Initiativen, für seine Ideen sucht und sie letztlich auf diese Art und Weise auch findet.
Aus Sicht der Landesregierung, meine Damen und Herren Abgeordneten, ist der Ausschuss der Regionen ein bedeutsames, flankierendes Instrument unserer europapolitischen Mitwirkung. Durch die im schon genannten Artikel 23 Grundgesetz, der allerdings heute eine andere Bedeutung hat, verbrieften Mitwirkungsrechte in EU-Angelegenheiten ist die Landesregierung in die Entscheidungsprozesse via Bundesrat direkt eingebunden. Sie wirkt an der Festlegung der Positionen der Bundesregierung, insbesondere in den Fällen der "maßgeblichen Berücksichtigung", direkt mit. Aber auch diese Form der direkten Mitwirkung über den Rat der Europäischen Union - ich sage das, um jetzt nicht so stark negativ zum AdR abzugrenzen - schützt uns nicht immer vor Abstimmungsniederlagen oder davor, dass wir unsere Interessen nicht genügend unterbringen können. Im Ausschuss der Regionen können wir solche Niederlagen - ich sage es etwas spitz - live erleben, im Rat erfahren wir davon in der Regel erst im Nachgang.
Der Ausschuss der Regionen ist aus Sicht der Landesregierung ein bedeutsames flankierendes Instrument, und nicht nur, um an der Meinungsbildung in Fragen der europäischen Politik mitzuwirken, sondern auch, um sich ein eigenes Bild von diesem Prozess zu machen.
Ich darf es an einem Beispiel deutlich machen: Die Diskussion um die Daseinsvorsorge ist aus Sicht der Landesregierung von zentraler politischer Bedeutung. Als der AdR im Herbst 2001 gegen deutsche Stimmen eine Stellungnahme zur Daseinsvorsorge verabschiedete, hat sich gezeigt, dass hier zwei grundverschiedene Philosophien zur Daseinsvorsorge aufeinander gestoßen sind. Wiederum europäische Vielfalt, die wir begrüßen, mit der wir aber umgehen und die wir zu unserem Vorteil nutzen müs
sen. Unsere deutsche Philosophie und Position sieht so aus: Sowohl Definition als auch Ausgestaltung von Dienstleistungen der Daseinsvorsorge durch die EU sahen und sehen wir als unzulässige Eingriffe in das Subsidiaritätsprinzip an. Andere, insbesondere französische Vertreter, meinten hingegen, eine vertragliche Verankerung solcher Regelungen sei eine Garantie für eine eigenständige Ausgestaltung dieser Leistungen. Die Gründe für eine solche Sichtweise zu kennen, muss nicht heißen, die Meinung zu teilen. Es schadet aber nicht, sich frühzeitig darauf einzustellen. Warum sage ich das? Das Thema "Daseinsvorsorge" wird uns nicht nur im Ausschuss der Regionen weiter beschäftigen, nachdem kürzlich die Europäische Kommission ihr Grünbuch zu den Leistungen der Daseinsvorsorge vorgelegt hat. Auch für die Debatte im Rat werden wir uns erneut zum Thema "Daseinsvorsorge" zu positionieren haben. Und ich warne ein wenig davor, dass wir unter Subsidiarität preisen und gut finden, dass nämlich das, was die kleine Einheit machen kann von der kleinen Einheit gemacht werden soll und das, was von der großen besser gemacht wird, von der großen gemacht werden soll. Das ist in Europa keineswegs einheitliche Sichtweise. Es geht aus meiner Sicht bei diesen Fragen um nicht mehr und um nicht weniger als um ein Stück Demokratie und bürgernahe Demokratie, dass die Dinge, die beim Bürger erledigt werden können oder bürgernah erledigt werden können, dort auch möglichst erledigt werden sollten. Wir müssen bei dem Verfolgen dieser Ziele offensiv vorgehen, auch um europäische Allianzen zu bilden. Wir brauchen Partner, wenn wir unsere Ziele erreichen wollen.
Nicht zuletzt deswegen ist es so bedeutsam, dass wir uns auch in den europäischen Zuwachsländern, in den Ländern, die jetzt dazukommen, frühzeitig engagieren. Und auch deswegen ist unsere Partnerschaft mit Kleinpolen, mit der Woiwodschaft Krakau, der früheren, so wichtig, dass wir dort bekannt sind, dass wir dort Ansprechpartner haben und sie für unsere Ziele gewinnen können, um letztlich Ziele, die im Sinne Europas und eines föderalen Europas wichtig sind, zu erreichen. Ich darf ein kleines Beispiel nennen. Herr Schröter hat es angedeutet, ein sehr positives Beispiel ist unsere Initiative zu den Regionen mit statistischem Effekt. Diese Regionen sind wie Thüringen Ziel-1-Gebiete der EU-Strukturförderung. Sie laufen wie wir Gefahr, ihren Förderstatus nach 2006 aufgrund des so genannten statistischen Effekts durch die EU-Erweiterung zu verlieren. Davon sind dann 21 Mio. Menschen in der Europäischen Union betroffen, die Hälfte davon in den jungen Ländern.
Es gibt also in anderen Mitgliedstaaten Regionen, die das gleiche Interesse haben und diese haben wir angesprochen, haben Partner gesucht und Partner gefunden. Es ist uns gelungen, neben den jungen Ländern auch die anderen betroffenen europäischen Regionen mit ins Boot zu holen und so konnten wir aus einer deutschen Forde