Protokoll der Sitzung vom 05.06.2003

Die Einreicher wünschen Begründung und die wird Herr Abgeordneter Dr. Müller vornehmen. Ich bitte das zu tun.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Sie alle kennen aus den Gesprächen mit den Rat suchenden Bürgern die Situation, dass Arbeit Suchende, die auf eine Chance hoffen, die wissen wollen, wie es weitergeht, häufig nicht nur innerhalb eines Amts von Tür zu Tür geschickt werden, sondern auch zwischen Arbeitsamt, Sozialamt und anderen Dienststellen. Bei all diesen Dienststellen gibt es in der Regel kaum jemanden, der das Anliegen des Beratung Suchenden insgesamt erfassen kann. Dies aber sollen und können Job-Center leisten. Gewiss, sie können keine Arbeits- und Ausbildungsplätze backen, aber sie können schnell und passgenau bürger- und betriebsfreundlich vermitteln und sie sind Sensoren für die Bedürfnisse der Betriebe und die Bedürfnisse der Arbeit Suchenden. Dies alles ist kein Wunschdenken, sondern es funktioniert anderenorts. Es funktioniert zum Beispiel seit Jahren in Köln und es funktioniert in Hessen, wo Herr Koch modellhaft Job-Offensiv-Center fördert.

Um dies zu erreichen, brauchen wir ein anderes Verständnis all derjenigen Dienststellen bei der Arbeitsverwaltung und den Kommunen, die in irgendeiner Weise zur beruflichen Integration beitragen können. Dann muss über die jeweils bestehenden gesetzlichen Grundlagen hinweg ein umfassendes Denken einziehen, ein Denken, welches sich zunächst und vor allen Dingen an den Problemen des Rat Suchenden zu orientieren hat und eben nicht mehr vorrangig an der Frage, für was bin ich zuständig und für was nicht. Genau deshalb zum Beispiel unterstützt das Land Hessen die modellhaft eingerichteten Job-Offen

siv-Center mit jeweils 350.000 !

Ich bin der festen Überzeugung, dass Landkreise und kreisfreie Städte sowohl finanziell als auch qualitativ Unterstützung benötigen. Wir müssen gemeinsam mit den Landkreisen und kreisfreien Städten die notwendigen kommunalen Beratungsdienstleistungen in die Modernisierung der Bundesanstalt für Arbeit einbringen und zu einem Gesamtkonzept verschmelzen. Da gibt es dringend Handlungs- und Nachholbedarf. Diese Landesregierung hat sich im Übrigen die Familienpolitik immer wieder auf die Fahnen geschrieben. Bei der Einrichtung eines spezifischen Serviceangebots für junge Menschen und ihre Eltern innerhalb der Job-Center können sie das durch Taten beweisen. Genau dies hat der Landesjugendhilfeausschuss in dieser Woche auch beschlossen.

Lassen Sie mich zusammenfassen:

1. Die Einrichtung der Job-Center ist überfällig und liegt auf der Hand.

2. Wir dürfen die Städte und Landkreise dabei nicht allein lassen, sondern müssen sie in einem gemeinsamen Prozess mit der Bundesanstalt für Arbeit unterstützen.

3. Wir haben für junge Menschen und ihre Familien gerade an der ersten Schwelle während der Berufsfindung eine besondere Fürsorgepflicht.

All dies können wir mit dem Ihnen vorliegenden Antrag umsetzen, ich bitte deshalb um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der SPD)

Das war die Begründung. Wir kommen jetzt zur Aussprache. Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Gerstenberger, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die SPDFraktion beantragt, die Landesregierung soll den Aufbau von Job-Centern in Thüringen mit einem eigenen Förderprogramm unterstützen. Nun hat die PDS-Fraktion schon häufig Aktivitäten in der Arbeitsmarktpolitik eingefordert und wir sind die Letzten, die sich sinnvollen Vorschlägen in diesem Problemfeld, das wieder von verschiedenen Rednern als das Dringendste bezeichnet wurde, verschließen. Aber die Frage ist: Worum geht es eigentlich in dem Antrag? Job-Center sind ein Element der Forderung des Hartz-Papiers und sie sollen aus Sicht der Bundesregierung bestimmte Bereiche der Arbeits- und Sozialämter zusammenführen. Welche Details dazu aber bisher gesetzlich geregelt sind,

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Keine!)

ist nicht bekannt und welche überhaupt öffentlich bekannt sind, das ist auch weitestgehend im Dunkeln. Man wolle flächendeckend Job-Center einrichten, betonte Wirtschafts- und Arbeitsminister Clement bereits im November 2002 im Bundestag in der Debatte um die ersten beiden Hartz-Gesetze. Doch er blieb unkonkret und er ergänzte nur, dass diese Job-Center vor der Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, die für Anfang 2004 vorgesehen sei, geschaffen werden sollen und es handele sich bei ihnen um - Zitat: "einheitliche Anlaufstellen". "Einheitliche", meine Damen und Herren, Herr Müller hat ja darauf verwiesen, dass das ein Problem darstellt.

In einem Papier seines Ministeriums zur Umsetzung der Vorschläge der Hartz-Kommission wird nur der Datenaustausch zwischen Arbeits- und Sozialämtern thematisiert und Erleichterung zur Einrichtung von Job-Centern dabei gesehen. Zu weiteren Einzelheiten hält sich Herr Clement allerdings bis heute bedeckt. Meines Wissens ist es auch so, dass zwischen Arbeitsämtern und Sozialämtern eine Übereinkunft existiert und nach dieser auch bereits seit Anfang April so verfahren wird, dass diese gemeinsamen Anlaufpunkte besetzt wurden, die Technik dort aufgestellt wird und erste Erfahrungen in der Kommunikation gesammelt werden. Schon im September 2002, meine Damen und Herren, hatte jedoch Bundeskanzler Gerhard Schröder in einem Brief an Betriebsräte die JobCenter, ich zitiere: "als die weiterentwickelten Arbeitsämter" bezeichnet. In einem aktuellen Faltblatt der SPD mit dem etwas unzusammenhängenden Titel "Agenda 2010 - schneller in neue Beschäftigung - das Arbeitslosengeld" wird von, ich zitiere nochmals: "den Job-Centern der umstrukturierten Bundesanstalt für Arbeit" gesprochen. Das heißt also, in bereits existierenden Job-Centern wie in München-Passing übernimmt, so jedenfalls eine Pressemitteilung der Bundesanstalt für Arbeit, das Arbeitsamt die fachliche Schulung und Qualifizierung der Mitarbeiter. Schon im September 2002 hat Staatssekretär Dr. Achenbach vom Bundesarbeitsministerium unmittelbar bevorstehende Verhandlungen mit kommunalen Spitzenverbänden angekündigt und Arbeitsschritte genannt, darunter die Prüfung räumlicher Voraussetzungen in den Arbeitsämtern und Fragen des Datenaustausches. Der Datenaustausch scheint ja bereits in Gang gekommen zu sein. Zudem kündigte Achenbach schon für den Oktober gemeinsame Fortbildungen für Mitarbeiter von Arbeits- und Sozialämtern an der Fachhochschule der Bundesanstalt für Arbeit in Mannheim an.

Aus dem bisher Gesagten geht für mich klar hervor, dass Rahmenbedingungen für den einheitlichen Aufbau der Job-Center, bei aller Kritik, die man vielleicht inhaltlich an diesem Konstrukt haben kann, und Kriterien für die Qualifizierung der Mitarbeiter zunächst eine Aufgabe der Bundesregierung und der Bundesanstalt für Arbeit sind,

wo diese Center eindeutig angegliedert sind bzw. angeliedert sein werden, jedenfalls nach dem, was wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt wissen. Es gibt dort offenbar bereits Vorstellungen, die aber noch nicht öffentlich gemacht wurden. Um hier für Klarheit zu sorgen, wäre es vielleicht wünschenswerter, dass zunächst von Regierungsseite der entsprechende Gesetzesentwurf mit der Regelung der Verantwortlichkeiten und der Zielstellungen in der Qualifizierung der Mitarbeiter für diese neue Arbeitsaufgabe vorliegt, so dass wir uns anschließend darüber verständigen können, welche Notwendigkeiten hier bestehen.

Ich halte es für richtiger und wichtiger, dass wir die ESFund Arbeitsmarktmittel, die in viel zu knapper Form im Freistaat zur Verfügung stehen, für aktive Arbeitsmarktpolitik, für die Arbeitslosen bzw. Nichtbeschäftigten im Freistaat nutzen als für Qualifizierung von Angestellten von Bundesbehörden. Ich bedanke mich.

(Beifall bei der PDS)

Als Nächste hat das Wort Frau Abgeordnete Vopel, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich habe es eben hinten schon gesagt, es kommt nicht allzu häufig vor, aber eigentlich könnte ich jetzt sagen, ich kann mich den Worten des Kollegen Gerstenberger nur anschließen.

(Beifall und Heiterkeit bei der PDS)

Ein paar Sätze gestatten Sie mir trotzdem. Es ist tatsächlich so, es geht in diesem Antrag um die Job-Center, um die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, die wir befürworten, das haben wir immer gesagt. Wir haben auch immer gesagt, wir haben Prämissen und man kann das Ganze nicht trennen von der Gemeindefinanzreform. Anders geht es nicht. Genau da liegt der Hase im Pfeffer, genau die Probleme sind noch nicht gelöst. Deshalb hat mich dieser Antrag schon etwas verwundert, Herr Müller. Sie haben in der Sitzung am 3. April in der Aktuellen Stunde, als es um die Zusammenlegung ging, selbst gesagt, ich darf das mal kurz zitieren: "Wir haben ja das Hartz-Konzept und es ist bekannt, in welchen Zeitabläufen die Umsetzungsschritte laufen. Das ist Hartz IV, Zusammenlegung Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu JobCentern ist vorgesehen für das IV. Quartal dieses Jahres, weil vorher die Gemeindefinanzreformkommission noch ihre Ergebnisse vorlegen muss." Also, lieber Herr Kollege Müller, Sie kennen doch das Verfahren, Sie kennen die Abläufe und umso mehr war ich jetzt verwundert. Sie hatten mich heute ja im Laufe des Tages schon einmal angesprochen, weil Sie jetzt Hessen ins Spiel bringen, da muss man doch einmal sagen, in Hessen ist doch eine

völlig andere Situation. Als Hessen bereits im Bundesrat diesen Vorschlag gemacht hat, mehr arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger in Arbeit zu bringen, um dafür etwas zu tun, da wurde das doch von Ihrer Seite noch vehement bekämpft. Dafür hat doch der Roland Koch vehement geworben, dass das endlich zum Tragen kommt. Da müssen wir doch mal bedenken, dass die Situation in den alten und den neuen Bundesländern sehr unterschiedlich ist. Hier gibt es doch weitaus mehr Arbeitslosenhilfe-Bezieher als in den alten Bundesländern, und dort gibt es weitaus mehr Sozialhilfeempfänger, die arbeiten könnten. Die Unterschiede sind wirklich gravierend. Wir haben heute gerade in irgendeiner Zeitung die Meldung gehabt, wie gerade in den Ballungsräumen die Verteilung ist. Deswegen ist in Ihrem Antrag schlicht und einfach ein Denkfehler. Geregelt ist das Ganze in Hartz II, umgesetzt werden soll es in Hartz IV. Das wissen wir nun alles.

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung sagt selbst, es soll, ich darf das noch einmal zitieren: "ein modernes Dienstleistungsangebot am Arbeitsmarkt geschaffen werden, deshalb sollen die Arbeitsämter mittelfristig in so genannte Job-Center umgewandelt werden, eine gemeinsame Anlaufstelle für Arbeitslosenhilfe-Bezieher, für Träger und Sozialhilfeempfänger darstellen". Inwieweit dadurch auch ein Arbeitsplatz mehr entsteht, das ist eine ganz andere Frage, aber der Verfahrensweg, der ist doch eigentlich klar. Auch da muss ich wirklich Herrn Gerstenberger Recht geben, warum wir unsere Fördergelder, die in allen Bereichen hinten und vorn nicht ausreichen, jetzt dafür ausgeben sollen, das erschließt sich mir nicht, zumal es in einer Pressemitteilung hieß, dass die Bundesanstalt für Arbeit 12.000 neue Vermittlerstellen bewilligt bekommt, um diese Job-Center mit Leben zu erfüllen. Aber, auch das ist schon gesagt worden, noch haben wir kein Gesetz. Wir haben noch nicht einmal Eckpunkte und ich glaube auch nicht daran, dass wir vor der Sommerpause einen Gesetzentwurf sehen werden. Ich denke, solange das nicht vorliegt, brauchen wir über finanzielle Beteiligungen, ganz gleich wie diese stattfinden sollen, diese Job-Center, überhaupt nicht reden. Ich denke, der Umbau der Bundesanstalt ist ein Jahr in aller Munde gewesen. Ich habe so irgendwie den Verdacht, dass das Wort Umbau auf bauliche Dinge mittlerweile bezogen wird. Es ging um den inhaltlichen Umbau der Bundesanstalt. Im Moment höre ich nur von räumlichen Umbauten. Das ist nämlich das Problem, vielleicht will man auf diese Art und Weise ein Stückchen davon ablenken.

Meine Damen und Herren, wir warten gespannt auf den Gesetzentwurf, dann können wir uns dazu äußern und dann werden wir weitersehen, aber diesen Antrag müssen wir ablehnen. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Es hat jetzt das Wort in der weiteren Aussprache Herr Dr. Müller, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, eine kurze Bemerkung noch zu dem vorher Gesagten. Wo die 12.000 zusätzlichen Mitarbeiter herkommen, das habe ich noch nicht gehört. Das wären ja 15 Prozent Personalaufstockung. Das kann ich mir nicht vorstellen. Das kann ich mir insofern nur vorstellen, dass das aus anderen...

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Ich gebe Ihnen den Artikel dann mal vor.)

Ja, ja, mit Presseartikeln ist das immer so eine Sache. Anderweitig haben wir das auch schon gehabt, wenn wir hier was zitiert haben und Sie uns dann vorgeführt haben, dass die Realität ganz anders ist. Also, offiziell habe ich von diesen Dingen nichts gehört, ich kann mir das nur so vorstellen, dass das durch den Umbau in der Behörde zu Stande kommt.

Herr Abgeordneter Dr. Müller, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Vopel?

Herr Kollege Müller, der Name Rudolf Anzinger, Wirtschaftsstaatssekretär, sagt der Ihnen was, der hat diese Mitteilung verfasst?

Ja, der hat die nicht verfasst, der hat vor der Presse was gesagt.

(Heiterkeit bei der CDU)

Das ist genau der Punkt. Ich habe keine offizielle Mitteilung, weil ich mir das von der Dimension nicht vorstellen kann, dass das 12.000 Neueinstellungen sind. Aber es bringt uns jetzt hier, glaube ich, nicht weiter. Und dann, es ist klar, bei der Zusammenlegung von Arbeitslosenund Sozialhilfe geht es um die Zusammenlegung einer kommunalen Einrichtung mit einer Bundeseinrichtung. Wir sind der Meinung, die Länder können sich da nicht heraushalten, und Herr Koch hat das am Sonntag noch mal eindrucksvoll dargestellt auch in der ARD, dass Hessen hier in gewisser Weise in einer Vorbildwirkung nach vorn geht und das eben schon seit 01.01.2003 vorbereitet. Man

weiß ja, in welche Richtung das läuft, und man braucht nicht wie das Kaninchen vor der Schlange zu stehen und zu warten bis da mal ein Gesetz kommt. Sie kennen ja die Entwürfe, im Prinzip sind wir da gar nicht so weit auseinander.

Ich möchte Herrn Koch hier zitieren. Er sagt, Job-Center: umfassende Hilfe aus einer Hand, die Sozialverwaltung wandle sich von der Alimentationsinstanz zum modernen Dienstleister. Dies ermöglicht einen Rundumservice individueller Betreuung und einen zielgenauen Einsatz der Mittel. Meine Damen und Herren, all dies können Sie der Internetveröffentlichung der Hessischen Staatskanzlei zur Rolle der Job-Center entnehmen. Die heißen dort eben Job-Offensiv-Center, ich hatte darauf schon hingewiesen. Und wir sollten eben genau in Thüringen diese Offensive auch gestalten und uns vorbereiten auf die Dinge, die hier kommen. Wir wissen, dass es ein schwerer Kompromiss ist zwischen der Bundes- und der Landesebene, weil die Gemeindefinanzreform dranhängt.

Wir gehen mit dem Antrag im Übrigen auch darüber hinaus, über diese einfache Diskussion Zusammenlegung Arbeitslosen- und Sozialhilfe, weil wir wissen, wie wichtig junge Menschen für die Zukunft unseres Landes und wie wesentlich die Weichenstellung an der Schnittstelle von Schule und Beruf ist, und weil wir Familienpolitik und die Rolle der Eltern ernst nehmen. Genau deshalb wollen wir nicht nur Leistungssysteme zusammenführen, wollen wir nicht nur einen bürgerfreundlichen Service, wollen wir nicht nur einen betriebsnahen Beratungsservice, sondern wir wollen auch ein spezifisches Serviceangebot für junge Menschen und ihre Eltern. Wenn uns dies gelänge, dann könnten wir an dieser Stelle nicht nur in Ostdeutschland, sondern in der ganzen Bundesrepublik Vorbildwirkung für unsere Bürger und für unsere Betriebe entfalten. Aber dazu müssten Sie die heutigen Worte von Dr. Bernhard Vogel ernst nehmen und müssten Ihren Parteigraben verlassen, den Parteigraben, den wir übrigens genau an dieser Stelle gern verlassen haben, indem wir den hessischen Vorschlag durchaus zu würdigen wissen, aber ihn ergänzen und verbessern wollen. Wenn wir trotz der dramatischen Situation des Arbeitsmarkts - und diese Situation ist nicht zu beschönigen mit allen uns möglichen Kräften und im abgestimmten und vereinten Vorgehen mit der Bundesanstalt für Arbeit dafür sorgen wollen, dass jeder junge Mensch ein Angebot erhält, wenn wir uns dazu bekennen wollen, dass dies auch für möglichst viele der anderen Arbeitslosen gilt, dann werden wir uns wieder zu einer verstärkten Förderung des öffentlich geförderten Arbeitsmarkts in Thüringen bekennen müssen. Auch dabei brauchen Sie keine ideologischen Sorgen mehr zu haben, der neue Ministerpräsident hat sich in den vergangenen Wochen überraschend sehr wohl zu ABM bekannt. Selbst das "Handelsblatt" hat erkannt, dass das Zurückfahren von Arbeitsbeschaffungs- und beruflichen Bildungsmaßnahmen die Arbeitslosigkeit im Osten entscheidend erhöht hat. In seiner heutigen Ausgabe wird festgestellt - Zitat: "Die neuen Bun

desländer werden noch lange nicht auf die beschäftigungspolitische Krücke eines zweiten Arbeitsmarkts verzichten können." Sie sehen, das Umdenken ist offensichtlich parteiintern ebenso wie bei den wirtschaftsnahen Medien mittlerweile erlaubt. Und der Titel Ihres Leitantrages - ich habe im letzten Plenum schon darüber gesprochen - "Sozial ist was Arbeit schafft" verschafft auch die Möglichkeit zur Kehrtwende in der Arbeitsmarktpolitik.

Nun aber zurück zu den Job-Centern. Warum betone ich in diesem Zusammenhang die öffentliche Beschäftigungsförderung? Innerhalb der Job-Center werden wir differenziert feststellen können, wer sich mit welchen Unterstützungsmöglichkeiten in betriebliche Angebote vermitteln lässt und für wen wir sehr wohl in öffentlicher Verantwortung Ersatzangebote schaffen müssen. Wenn ich sage in öffentlicher Verantwortung, dann meine ich nicht etwa, dass die Durchführung dieser Ersatzangebote in erster Linie von der öffentlichen Hand zu erledigen ist. Auch hier werden wir auf Betriebsnähe zu achten haben und auf qualitativ hochwertige Angebote freier Träger zurückgreifen. Die Einrichtung der Job-Center gibt uns also neben der Hilfe für Menschen selbst für die Betriebe auch die Chance, Arbeitsförderungsinstrumente besser als bisher zu steuern und vor allen Dingen besser als bisher aus den Regionen zu steuern. Auch dies ist eine konkrete Hilfe nicht nur für die Arbeit Suchenden, sondern auch für die Städte, Gemeinden und Landkreise unseres Landes.

Meine Damen und Herren, Sie wissen, ich bin Mathematiker. Was ich Ihnen hier vorgetragen habe, ist logisch und ist in anderen Ländern weit gehend erprobt. Wenn dem dennoch nicht entsprochen werden sollte, dann würde diese Regierungspartei mal wieder ein parteipolitisches Süppchen kochen. Weil ich aber an die Kraft der Vernunft glaube, darf ich noch einmal um Ihre Zustimmung bitten. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Landesregierung hat sich Staatssekretär Richwien zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Dr. Müller, ich würde Ihnen empfehlen, einfach mal beim Bundesministerium nachzufragen, wann denn eigentlich die Gemeindefinanzreform kommt,

(Beifall bei der CDU)

die zwingend notwendig ist, um die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zu ermöglichen. Wenn wir dann mit den Kommunen darüber sprechen wollen, müssen wir erstmal ein Papier auf dem Tisch ha

ben, und ich sehe dieses Papier weit und breit nicht.

(Beifall Abg. Zitzmann, CDU)