Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein entscheidender Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung ist die Verkehrsinfrastruktur. So erfreulich die bisherigen Fortschritte sind, es sind noch Lücken zu schließen. Die Gunst unserer zentralen Lage in Deutschland und Europa können wir nur dann nutzen, wenn der Ausbau von Straßen und Schienen weitere Fortschritte macht. Die Verkehrsfreigabe des Rennsteigtunnels am Samstag ist ein Meilenstein. Es darf aber nicht darüber hinweggetäuscht werden, dass noch rund 295 Autobahnkilometer in Thüringen gebaut oder ausgebaut werden müssen.
Der Bau der fehlenden Strecken ist im Entwurf des Bundesverkehrswegeplans vorgesehen, ebenso wie der Bau von zahlreichen, dringend notwendigen Ortsumgehungsstraßen in Thüringen. Diese Vorhaben müssen in die Tat umgesetzt werden.
Es ist eine gute Nachricht, dass die Hochgeschwindigkeitstrasse Nürnberg-Erfurt-Leipzig-Halle-Berlin nun doch gebaut wird. Kürzlich ist die längst überfällige Finanzierungsvereinbarung für den Abschnitt Erfurt-Leipzig unterzeichnet worden, aber das allein reicht nicht aus. Es müssen auch die entsprechenden Mittel im Bundeshaushalt bereitgestellt werden. Für die Strecke nach Süden soll eine solche Finanzierungsvereinbarung nicht notwendig sein, dann kann ich nur sagen: Baut endlich diese Strecke, Verzögerungen hat es genug gegeben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sollten zuversichtlich sein und Zuversicht zeigen, gehen wir davon aus, dass Leipzig die Bewerbung für die Olympischen Spiele gewinnt, und deshalb muss der ICE bis 2012 auf ganzer Strecke im Einsatz sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch unser Drängen auf den zügigen Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung zahlt sich aus. Die Strecke von Eisenach bis Glauchau wird teils für Geschwindigkeiten bis 240, teils bis 140 km/h ausgebaut. 2006, also noch vor der Bundesgartenschau in Gera, ist sie fertig gestellt. Ab dann verfügen wir über eine leistungsfähige Schienenverbindung auch zu den neuen EU-Mitgliedstaaten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb bin ich davon überzeugt, dass die Erweiterung der Europäischen Union Thüringen sehr viel mehr Vor- als Nachteile erbringen wird. Nicht nur wegen unserer zentralen Lage, wir haben auch aus historischen Gründen eine Brückenfunktion zu den mittel- und osteuropäischen Staaten und wir wollen diese Brückenfunktion wirtschaftlich, kulturell und menschlich nutzen.
Deshalb bin ich froh, dass wir seit Jahren eine intensive Partnerschaft nicht allein mit der Picardie und Essex, sondern auch mit Kleinpolen pflegen. Ich grüße Sie ebenfalls sehr herzlich.
Dass wir gute Kontakte nach Litauen haben, dass wir den Ungarn bei der Gestaltung eines freiheitlichen Rechtssystems helfen durften, dass wir ab diesem Sommer Russland mit einem unserer Experten bei der Landesplanung unterstützen,
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Europa bietet Thüringen Perspektiven. Thüringen bietet für Europa und Europa für Thüringen Perspektiven. Von Polen zum Beispiel, einem Staat mit 40 Mio. Einwohnern, vom Baltikum und von den übrigen mittel- und osteuropäischen Beitrittsstaaten gehen schon heute positive Impulse für Wachstum und Beschäftigung in Thüringen aus. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, noch sind nicht alle Vorkehrungen getroffen, damit die größte Erweiterungsrunde in der Geschichte der Europäischen Union dauerhaft gelingt. Wir müssen zum Beispiel Acht geben, dass sich die EU-Förderbedingungen für die jungen Länder im Zuge der Erweiterung nicht verschlechtern und wir müssen uns in Thüringen auf das größer werdende Europa vorbereiten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, gemeinsam mit Sachsen und Sachsen-Anhalt wollen wir eine Wirtschaftsregion schaffen. Wir wollen sie deshalb schaffen, weil wir mit München und Stuttgart oder dem Rhein-MainGebiet vergleichbar und wettbewerbsfähig sein wollen, international wahrgenommen zu werden. Deshalb - wo es nützlich und förderlich ist - arbeiten wir in der "Initiative Mitteldeutschland" zusammen, um gemeinsam für uns zu werben, um gemeinsame Interessen vereint zu verfolgen und selbstverständlich, um Synergien zu nutzen. Zum Beispiel in der Verwaltung oder beim Aufbau des eGovernment. Bürokratische Hemmnisse verschlechtern unsere Chancen im internationalen Standortwettbewerb.
Deshalb wollen wir alles daran setzen, solche Hemmnisse zu beseitigen. Deshalb gibt es die Stabsstelle Verwaltungsvereinfachung/Entbürokratisierung in der Staatskanzlei und im vorigen Monat haben wir die Clearingstelle im Wirtschaftsministerium geschaffen. Sie nimmt konkrete Deregulierungsanregungen von Wirtschaft und Verbänden entgegen und soll Vorschläge zur Umsetzung erarbeiten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Thüringen muss sich auf einem größeren Markt behaupten. Deshalb brauchen wir zukunftsfähige Arbeitsplätze. Wir haben davon längst nicht genug. Aber was wir haben, kann sich sehen lassen. Denken Sie an Opel, Jenoptik, Mitsubishi/Daimler Crysler, denken Sie an das aktuelle Interesse von Moser Bear an Vieselbach oder Merck an Jena. Genau auf diesem Weg müssen wir weitergehen. Bei der Arbeitslosenquote hatten wir wie in ganz Deutschland den höchsten Maiwert seit 5 Jahren. 16,7 Prozent, diese Arbeitslosenzahlen machen deutlich, wir brauchen dringend Reformen auf der Bundesebene.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der zweite Arbeitsmarkt löst unsere Probleme nicht. Dennoch bleiben wir in den jungen Ländern vorerst bei dem zweiten Arbeitsmarkt und auch in diesem Haushalt stehen Landesmittel für den zweiten Arbeitsmarkt bereit. Aber wir setzen vor allem auf den ersten Arbeitsmarkt, z.B. durch die Fortführung unseres Programms "50 PLUS", für die Wiedereingliederung langzeitarbeitsloser Menschen über 50 Jahre. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Hauptverantwortung trägt die Bundesanstalt für Arbeit und die Bundesregierung und es ist in einer solchen Arbeitsmarktsituation unverständlich, dass die Haushaltsmittel für die Arbeitsförderung Ost von 2002 auf 2003 um 1,6 Mrd. gestrichen worden sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Schlüsselbegriff für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes heißt Qualifizierung. Nur wenn wir auf Qualifizierung setzen, werden wir Beschäftigung sichern und neue schaffen. Ich erlebe es bei jeder Betriebsbesichtigung, Qualifizierung ist ein Schlüsselbegriff, um neue Beschäftigung zu schaffen. Das hohe Ausbildungsniveau der hiesigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist ein zentraler Standortfaktor bei der Entscheidung für Thüringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es spricht für den Wirtschaftsstandort Thüringen, dass der Anteil betrieblicher Ausbildungsplätze höher ist als in jedem anderen jungen Land.
Ich möchte den Thüringer Unternehmerinnen und Unternehmern, im Besonderen Handwerk und Mittelstand, für dieses Engagement herzlich danken.
Dass die Qualität der Ausbildung auf höchstem Niveau steht, konnten wir vor einer Woche gemeinsam feiern. Der weltbeste Azubi kommt aus Thüringen, Daniel Roller, Lehrling der Polymechanik.
Dennoch, unsere Anstrengungen reichen noch nicht aus. Deshalb haben wir die Thüringer Arbeitgeber vor knapp drei Wochen öffentlich zu verstärkten Anstrengungen bei der Ausbildung junger Menschen aufgerufen, gerade in wirtschaftspolitisch problematischen Zeiten. Ich freue mich über die Reaktion der Thüringer Wirtschaft, ich zitiere: "Jedem ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen Jugendlichen in Thüringen wird ein Ausbildungsplatzangebot unterbreitet." Herzlichen Dank für diese Unterstützung.
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten fällt es den Unternehmen nicht leicht Ausbildungsplätze bereitzustellen. Dass sie ihre Verantwortung für junge Menschen dennoch verstärkt wahrnehmen, ist ein Grund zur Dankbarkeit und zur Unterstützung und verdient jedenfalls keine Drohung mit Ausbildungsplatzabgabe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Thüringen hat weitere Hürden beseitigt, damit Unternehmen für Fachkräftenachwuchs sorgen können. Allein in diesem Jahr stellen wir 32 Mio. ausbildung zur Verfügung. Gemeinsam mit den Tarifpartnern müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, damit jeder Jugendliche durch Ausbildung Perspektiven in Thüringen hat und damit wir künftige Fachkräfte an das Land binden, sie im Land halten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Abwanderung ist kein Problem, das Thüringen allein betrifft. Wir liegen, Gott sei Dank, unter dem Durchschnitt der jungen Länder, aber es ist eine Entwicklung, der wir entgegentreten müssen. Abwanderung und Zuwanderung müssen sich zumindest die Waage halten. Dass sich das negative Wanderungssaldo im letzten Jahr wieder verringert hat, ist deshalb ein gutes Zeichen. Unsere Antwort ist und bleibt, junge Menschen müssen in Thüringen Perspektiven haben, damit sie hier bleiben oder zu uns kommen können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem Sinne ist es richtig, wir orientieren uns an Bayern. Die Bayern haben über Jahrzehnte Mittel aus dem Länderfinanzausgleich erhalten und sie haben diese Mittel sinnvoll genutzt. Bayern ist vom Agrar- zum Technologieland mit positivem Wanderungssaldo geworden, und es stimmt, eine ähnlich gute Entwicklung wünsche ich mir für Thüringen auch.
Wichtige Schritte in diese Richtung haben wir getan. Gemessen an der Bevölkerung haben wir die meisten Patentanmeldungen unter den jungen Ländern. Jena zum Beispiel ist die Region in Deutschland, die die schnellsten Fortschritte bei der technologischen Leistungsfähigkeit macht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen die Entwicklung und Nutzung moderner Technologien weiter vorantreiben, um damit zusätzliche Wachstumsimpulse und zukunftssichernde Arbeitsplätze zu schaffen. Deshalb fördern wir den Start junger innovativer Unternehmen. Mit der Get up-Iniative haben wir eine innovative Gründeratmosphäre an den Hochschulen geschaffen. Wenn wir in Thüringen unsere Forschungs- und Technologielandschaft weiter ausbauen, dann ist das auch ein wichtiger Beitrag, um kleine und mittlere Unternehmen für den internationalen Wettbewerb zu stärken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, innovative Produkte und Verfahren machen Unternehmen zukunftsfähig und die Nachteile kleiner und mittlerer Betriebe bei Forschung und Entwicklung müssen ausgeglichen werden. Deshalb ist die Bildung von Netzwerken und Clustern ein wichtiges Mittel, um gemeinsame Vorhaben, verstärkte Kooperation anzuregen und zu unterstützen. Applikationsund Gründerzentren setzen zusätzliche Impulse und sorgen für den Transfer von technologischem Know-how. In Nordhausen und Ilmenau haben wir mit dem Aufbau von Kompetenzzentren für Stoffstrom und Flächenmanagement bzw. für Mikro- und Nanotechnologie begonnen. In Weimar, Erfurt und in Ostthüringen befinden sich weitere Einrichtungen dieser Art in Planung. Überschrieben mit "Campus Thüringen", das meint an der konsequenten Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft festhalten, weil eine unverzichtbare Grundlage unserer Wirtschaft die Forderung und die Förderung der Grundlagenforschung und auch der konkreten Forschung ist, Forschung z.B. in der Biotechnologie sowie in der Opto- und Mikrotechnologie. Auch in der Grundlagenforschung verfügen wir über herausragende Potenziale, die wir konsequent weiterentwickeln wollen. So leisten wir international anerkannte Beiträge, z.B. in der Klimaforschung, der Genetik oder der Laserphysik. Mit dem Ethikzentrum verfügen wir über eine Brücke zwischen den Geistes- und Naturwissenschaften.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Thüringen ist in der Hochschulpolitik neue Wege gegangen und unsere Hochschulen haben sich, wie alle Hochschulrankings zeigen, einen ausgezeichneten Ruf erworben.
Deshalb wollen wir in unseren Anstrengungen nicht nachlassen, auch konzeptionell. Die Expertenkommission "Wissenschaftsland Thüringen" wird zur weiteren Profilierung der Hochschulen und der Berufsakademie beitragen, auch finanziell, trotz schwieriger Haushaltslage. Mit dem Hochschulpakt vom Dezember 2002 gewinnen die Hochschulen den finanziellen Freiraum, langfristig zu planen, eigenverantwortlich und flexibel zu handeln. Wir werden diesen Hochschulpakt selbstverständlich aufrecht erhalten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Qualifikation macht deutlich, Bildung ist und bleibt ein Schwerpunkt an den Hochschulen, aber selbstverständlich auch an unseren Schulen.