1. Im Bereich Wirtschaft, Technologie, Wissenschaft gab es keinerlei verbindliche Aussagen, von Neuigkeiten ganz zu schweigen.
Wir werden Ihnen deshalb ausdrücklich unsere Vorstellungen unterbreiten, die Thüringen Zukunftschancen eröffnen.
2. Im Bereich Jugend, Schule, Ausbildung sagen Sie, dass die Antwort sei, junge Menschen müssten eine Perspektive haben. Wir können nach dem Gehörten nur fragen: Wie denn in einer nicht nur von der PDS kritisierten Schullandschaft und ohne ausreichende Ausbildungsplätze? Auch dazu werden wir Ihnen unsere Vorschläge unterbreiten.
3. Im Bereich Familie sprechen Sie davon, dass Sie Sorge dafür tragen werden, dass junge Menschen ihren Wunsch
nach Gründung einer Familie umsetzen können. Wir fragen Sie: Wer soll diese Familien gründen, wenn die Jungen abwandern, wenn Kinder allgemeines Armutsrisiko geworden sind - insbesondere für allein Erziehende -, wenn Kommunen nicht mehr in der Lage sind Freizeiteinrichtungen zu erhalten, wenn in Ihrer Regierungserklärung nach dem Stichwort "Gesundheit" nur von Krankenhaussanierung etwas zu hören ist und wenn alte Menschen nur als belastender demographischer Faktor darin vorgekommen sind.
Herr Ministerpräsident, selbst wir waren überrascht und hatten mehr erwartet. Nimmt man Sie beim Wort Ihrer Regierungserklärung "auf Thüringens Stärken setzen", können wir nur feststellen, dass mit dieser schwachen Regierungserklärung daraus nichts wird.
Die Arbeit der Opposition, die Auseinandersetzung mit unseren Vorstellungen, Vorschlägen und kritischen Hinweisen kann Ihnen vielleicht helfen zu einem innovativen, glaubwürdigen und in Ihrem Amtseid verpflichtenden Politikstil zu finden, der für unser ganzes Land notwendig ist. Sie haben bekanntlich für Ihre Regierungstätigkeit erst einmal ca. ein Jahr Zeit. Dann wird der Zeitpunkt kommen, an dem wir - nicht nur die parlamentarische Opposition - Ihre Regierungsarbeit bewerten werden, sondern die Wählerinnen und Wähler. Wir jedenfalls werden das Unsere dafür tun, dass in Thüringen die Möglichkeit eröffnet wird, wenigstens ab Mitte des kommenden Jahres wirklich eine andere, eine neue Politik zu gestalten.
Wir entgegnen Ihnen deshalb mit unseren Vorstellungen, wie sich Thüringen gestalten kann, wenn die entsprechenden politischen Weichen dazu gestellt würden. Zuerst verweisen wir auf die Potenzen - Thüringen als Wissenschaftsland. Zukunft für Thüringen heißt Zukunft in Thüringen. Zukunft in Thüringen braucht Arbeitsplätze und Wirtschaftsentwicklung. Die Landesregierung muss ihre Politik auf Zukunftsgestaltung ausrichten. Das Zukunftskapital unseres Landes sind die Menschen und ihre Fähigkeiten und Möglichkeiten Zukunft zu gestalten.
Konsequenterweise fordern wir Investitionen in die Köpfe, Zukunft und Arbeit durch Innovation, Stärkung des Wissenschafts- und Wirtschaftsstandorts aus den Potenzialen von Wissenschaft und Forschung, Einbindung und Förderung des Mittelstands in Bildung und Wissenschaft. Leistungen, die in der Wissenschaftslandschaft Thürin
gens erbracht wurden, sind vier Universitäten, vier Fachhochschulen, 19 wirtschaftsnahe Forschungseinrichtungen. Gute Plätze in den Rankings, Verbünde und Cluster und Netzwerke entstanden und trotzdem gerät die Landesregierung immer stärker in die Kritik. "Willkommen in der Denkfabrik", so der 6 Mio. teure Slogan der Landesregierung, wird längst kolportiert im Land mit "Willkommen in der Denkste-Fabrik".
Wie sieht die aktuelle Lage in Thüringer Hochschulen aus? Laut dem Thüringer Landesamt für Statistik haben wir im Wintersemester 2003/2004 46.000 Studierende an den Universitäten und den anderen Hochschulen. Das war wiederum eine Steigerung, und zwar um 7,7 Prozent, gegenüber dem Wintersemester 2001/2002. Nach Schätzungen des Wissenschaftsministeriums im Landeshochschulplan hält diese Tendenz bis 2008 an. Das ist gut so. Aber im Bereich des hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen Personals herrscht seit Jahren Stagnation und sind weitere Rückgänge der Personalstellen zu verzeichnen. Die so genannte Betreuungsrelation, also das Verhältnis Studierende pro wissenschaftliches und künstlerisches Personal, verschlechtert sich von Jahr zu Jahr. Haushaltsposten hebeln positive Entwicklungen immer wieder aus. Selbst der Hochschulpakt, von dem Sie gesprochen haben, der den Hochschulen eine stabile Finanzierung garantiert, verlagert den Verteilungskampf um das Geld nur in die Hochschulen hinein.
Mittel für die Verbundforschung sind schon im letzten Haushalt gekürzt worden. Die wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen, siehe Weimar, sind schon gekürzt, und egal, wo man das Geld wegnimmt, Wissenschaftsentwicklung in Thüringen ist nur in Gänze ihrer Förderung möglich. Bricht ein Glied in der Kette, wird es Folgen haben für den Gesamtprozess in Thüringen. Doch betont die PDS, dass die Hochschulen des Landes einen wesentlichen Beitrag leisten, die kulturelle, wissenschaftliche und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gesellschaft in einer zunehmend auf wissenschaftliche Kompetenz und Fachkompetenz überhaupt angewiesenen Welt zu sichern. Freiheit von Wissenschaft und Forschung sind ebenso wie ausreichende personelle und materielle Ausstattung Voraussetzung für eine gute Hochschulausbildung. Das erfordert die Stärkung der Autonomie der Hochschulen und der Autonomie der Forschung. Die Gegenstände von Forschung sollten auf nachhaltige Zukunftssicherheit gerichtet sein. Dazu bedarf es der öffentlichen Vermittlung und Diskussion.
In ihrer Regierungserklärung am 23. August 2002 sagte die Ministerin Frau Schipanski - ich zitiere: "Thüringen baut auf Wissenschaft, Zukunft; Hochschulen und Institute seien geistig-kulturelle Zentren unseres Landes und Motoren unseres technologischen Aufschwungs." Dem
kann man nur zustimmen. Doch in der Realität wurde unserem Haushaltsantrag, Mittel für Verbundforschung in Höhe von 7 Mio. ! ! wohl hier der Mitteleinsatz nachweislich den höchsten Arbeitsmarkteffekt erbringt. Konsequent wurden über Jahre hinweg die Mittel der außeruniversitären Forschungseinrichtungen gekürzt: 15 Prozent Sperren, 2 Prozent gekürzte Haushaltspläne, Mittel für Investitionen im Rahmen der Globalen Minderausgabe um 7,5 Prozent gekürzt. Solche Mittelkürzungen werden spürbare Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Thüringer Industrie haben. Eine solche Forschungspolitik führt zum weiteren Wegfall von Arbeitsplätzen, zur Abwanderung hoch qualifizierter Fachkräfte und nicht zuletzt zum Wegbrechen von Ausbildungsplätzen.
Die institutionelle Förderung muss auf einem Niveau gehalten werden, welches Zukunftsgestaltung möglich macht. Die öffentliche Förderung von Forschung ist nicht Subventions-, sondern Investitionspolitik, eine Investition in die Zukunft.
Der Transfer von Ergebnissen öffentlich finanzierter Forschung in wirtschaftliche Wertschöpfung ist von grundsätzlicher Bedeutung für die Entwicklung der Thüringer Wirtschaft. Dazu gehört auch die Finanzierung und Unterstützung von Ausgründungen und deren konsequente Begleitung. Darüber hinaus vertritt die Fraktion der PDS seit Jahren den Standpunkt, dass erfolgreiche Wissenschaftspolitik sich nicht auf die Leuchttürme beschränken darf. Jena, Weimar, Ilmenau, Erfurt leuchten - und ab und zu flackert das eine oder andere Licht beträchtlich, wenn wieder gespart wird. Wir sprechen von Forschungs- und Wissenschaftsförderung als politischem Mittel von Struktur- und Regionalentwicklung, insbesondere in Ost- und Nordthüringen. Bisher hat die Landesregierung diese Art der Förderung abgelehnt oder Entscheidungen ausgesetzt. Wir hoffen, dass nun die Ansiedlung eines Instituts für Kunststoffverarbeitung in Ostthüringen nicht erneut ausgesessen oder gar ganz gestrichen wird.
In ihrem politischen und haushalterischen Handeln orientiert die Landesregierung die Einrichtungen immer mehr auf Drittmittelforschung, die sich im wirtschaftsnahen Bereich orientieren soll. Gemeint ist damit die Finanzierung aus diesem Bereich. Langfristig wird aber nur die Verbindung von Grundlagenforschung und wirtschaftsnaher Forschung erfolgreich sein. Dazu gehört eine aktive Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik, die Kapazitäten bündelt, die Wirkungskette zwischen Forschung, Innovation, Produktion und Markteinführung begleitet. Zusammengefasst: Wir brauchen für Thüringen eine Inno
Innovation braucht aber Bildung, somit komme ich zu einem zweiten Schwerpunkt - Thüringen als Bildungsland: In einem hat Ihr Vorgänger 1999 wirklich Recht gehabt - Zitat: "Die Qualität der Bildung bestimmt entscheidend die Zukunftschancen unseres Landes." Wenn man als Gradmesser der Zukunftschancen die Qualität der Thüringer Bildung nimmt, spricht vieles dafür, dass die Zukunftschancen der Thüringer nicht allzu gut aussehen.
PISA bescheinigt dem gegliederten Schulsystem in Thüringen neben schwachen Schulleistungen auch einen stark selektiven Charakter. Soziale Herkunft, Geschlecht und Nationalität sind entscheidend für den Bildungserfolg in Thüringen.
Das von Regierungsseite häufig gepriesene gegliederte Schulwesen wird von allen Seiten heftig kritisiert: Eltern, Schüler, Wissenschaftler und verantwortungsvolle Bildungspolitiker sträuben sich, die Gliedrigkeit noch länger zu akzeptieren. Selbst die CDU-Fraktion versucht auf den massiven Gegenwind mit dem Ypsilon-Modell zu reagieren und Dinge zu diskutieren, die im Thüringer Gesetz längst möglich sind. Aber viel dramatischer noch ist die Ignoranz folgender Tatsachen: Schon jetzt gibt es einen eindeutigen Mangel an Fachlehrern, Sonderpädagogen, sonderpädagogischen Fachkräften und dramatisch von Berufsschullehrern. Mit Unterrichtsausfällen, Lehrermangel und Überalterung bleibt Thüringen ein Bildungsschwellenland.
Meine Damen und Herren Abgeordneten, Bildung braucht Konzepte und kostet Geld. Wie sagte der schwedische König nach dem Staatsbankrott im letzten Jahrhundert, als er gegen den Widerstand seines Finanzministers die Ausgaben für Bildung und Kultur erhöhte - Zitat: "Arm und elend sind wir schon. Wenn wir jetzt noch dumm werden, können wir aufhören, ein Staat zu sein." Soweit
der schwedische König. Die Bundesregierung hat mit ihrem Investitionsprogramm für mehr Ganztagsschulen den ersten Schritt getan, die Länder bei der Schaffung qualitativ hochwertiger Bildungsangebote zu unterstützen. Wir begrüßen dieses Programm. Allerdings ist es in Thüringen nicht zu erwarten, dass es ein deutliches Plus an qualitativ hochwertigen Ganztagsangeboten geben wird - sie sind von Ihnen einfach nicht gewollt.
1. Gemeinsames Lernen für alle Schüler bis zur Klassenstufe 8: Viele Argumente sprechen für ein längeres gemeinsames Lernen. Ein gemeinsames Lernen in einer Klasse bis zur Klassenstufe 8 festigt Sozialbeziehungen und fördert soziale Kompetenz, stärkt die Lernmotivation,
gibt mehr Raum und Zeit für die persönliche Entwicklung des Einzelnen und bietet mehr Selbstbestimmungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler bei der Schullaufbahnentscheidung und erhöht letztlich das allgemeine Leistungsniveau.
2. Integration und frühe Förderung: Integration und frühe Förderung aller Kinder und Jugendlichen sind eine der wichtigsten Voraussetzungen für ein gerechtes Schulsystem. Das erfordert von Lehrenden, die Schwächen unserer Schülerinnen und Schüler zu erkennen, zu akzeptieren und gemeinsam mit ihnen sie zu bearbeiten, es heißt mit Leistungsunterschieden und Begabungen konstruktiv und differenziert umzugehen.
3. Ganztägige Angebote: Im Freistaat Thüringen gibt es nur wenige tatsächliche Ganztagsschulen. Schule soll dabei Lern- und Lebensort sein und sich nicht ver- oder abschließen. Ganztagsangebote an Thüringer Schulen anzubieten, das heißt für uns auch, dass nicht jede Schule in Thüringen eine Ganztagsschule sein muss. Aber dort, wo Eltern und Schüler dies wünschen, sollte wenigstens die Wahlmöglichkeit bestehen.