Das hat Bernhard Vogel vor knapp einem Monat in seiner letzten Regierungserklärung hier gesagt und ich will das in meiner ersten Regierungserklärung wiederholen, weil ich direkt daran anknüpfen möchte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Zeiten sind alles andere als leicht, aber die Thüringerinnen und Thüringer können den gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen mit Selbstbewusstsein und Zuversicht begegnen. Sie können zu Recht stolz sein auf ihr Land, stolz sein auf das, was sie in den letzten 13 Jahren geleistet haben.
Thüringen ist unter der Führung der Ministerpräsidenten Vogel einen erfolgreichen Weg gegangen und wir verstehen und sehen, dass wir im Vergleich der anderen jungen Länder besser da
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Kontinuität und Stabilität sind gewahrt, aber Kontinuität schließt Veränderungen nicht aus. Akzente der Regierungsarbeit werden neu gesetzt oder auch verstärkt. Man kann nicht über die Zukunft des Landes sprechen, ohne auf die katastrophalen Entwicklungen der Steuereinnahmen hinzuweisen. Weitere schmerzliche Einschnitte sind unausweichlich, aber wir können die Zukunft ebenso wenig gewinnen, wenn wir uns von den Sparzwängen lähmen lassen. Das heißt "Sparen und Gestalten" muss unsere Leitlinie bleiben.
Thüringen ist ein menschliches, ein leistungsfähiges Land und wir wollen und müssen die Leistungsfähigkeit noch steigern, damit alle, die arbeiten wollen, auch arbeiten können. Über die erforderlichen Potenziale verfügen wir; wir müssen sie noch stärker erschließen und nutzen. Das gilt für Thüringen, das gilt für Deutschland.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ganz Deutschland, nicht nur Thüringen und die jungen Länder, leidet unter einer tief greifenden wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Krise. Das Wachstum ist viel zu gering mit der Folge, dass die öffentlichen Haushalte immense Steuerausfälle zu verkraften haben. Es besteht dringender Reformbedarf. Der Bund muss seine Hausaufgaben endlich zügig machen.
Ich wiederhole auch an dieser Stelle: Thüringen wird sich sinnvollen und notwendigen Reformen nicht verweigern, aber wir warten immer noch auf das Gesamtkonzept der Bundesregierung.
Auch in der Agenda 2010 ist zum Beispiel zum weiteren Ausbau in den jungen Ländern kaum etwas zu hören.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden auch dem Vorziehen der Steuerreform unsere Zustimmung geben, wenn die Bundesregierung entsprechende Finanzierungsvorschläge vorlegt. Die Klärung der Gegenfinanzierung ist entscheidend, das sagt auch EU-Kommissar Pedro Solbes. Er sagt: "Steuersenkungen können teuer werden, falls dadurch die Schulden steigen." Das heißt, wir brauchen Klarheit. Noch sind die Ankündigungen der Bundesregierung nebulös.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, solange es in Deutschland nicht weiter und wieder aufwärts geht, sind auch wir gezwungen, Einsparungen vorzunehmen, wo es
geht, auch bei den Personalkosten. Unsere Personalausgaben sind im Vergleich zu Sachsen und Sachsen-Anhalt hoch, nur bitte ich darum, die Fakten nicht aus den Augen zu verlieren. So nimmt der Anteil der Personalkosten in einem sinkenden Haushalt wie in Thüringen zu, während er in einem steigenden Haushalt wie in Sachsen und Sachsen-Anhalt aufgrund der Flutkatastrophe zwangsläufig abnimmt, ohne dass jeweils ein Euro mehr oder weniger für Personal ausgegeben worden wäre. Das heißt, wir orientieren uns an unserem Personalentwicklungskonzept, um Kosten zu reduzieren und es bleibt deshalb auch dabei, dass an der Bildung und der inneren Sicherheit nicht gespart wird.
Es bleibt bei der Einstellungsquote für junge Lehrerinnen und Lehrer und auch bei der Einstellung junger Polizistinnen und Polizisten. Wir werden auch nichts daran ändern, dass Hortnerinnen, anders als in anderen Ländern, im Landesdienst stehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden auch nicht sparen auf Kosten anderer - im Gegenteil. Thüringen hat stets weitaus mehr Mittel für seine Landkreise, Städte und Gemeinden bereitgestellt als andere Länder, und wir stehen zu dieser Zusage, den Beitrag zum Kommunalen Finanzausgleich nicht entsprechend der Steuerausfälle zu reduzieren.
Wir wissen, dass die Stärke Thüringens auch im Besonderen auf der Stärke der Kommunen beruht. Sie müssen investieren können und das wollen wir weiter sicherstellen. Aber natürlich muss an dieser Stelle auch gesagt werden, dass z.B. die Gemeindefinanzreform, die die Bundesregierung auflegen will, schon mehrere Jahre überfällig ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Jahr 2003 fehlen im Landeshaushalt 465 Mio. den Jahr 712 Mio. kündigt: Weitere Ausgabenkürzungen sind in so einer Situation unausweichlich. Ein Nachtragshaushalt ist nicht zu vermeiden. Anfang September wird die Landesregierung dem Thüringer Landtag ihren Entwurf vorlegen. Trotzdem, die Entscheidung, einen Doppelhaushalt zu verabschieden, bleibt richtig.
Denn die notwendigen Einsparungen und Veränderungen betreffen gerade im Jahr 2003 5 Prozent und im Jahr 2004 etwa 7 Prozent der Ausgaben. Das heißt, Planungssicherheit ist in weiten Teilen gegeben; das gilt besonders zum Beispiel für die Kommunen oder für die Hochschulen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden aber auch daran festhalten, die Nettoneuverschuldung zu verringern, weil wir die junge Generation nicht über Gebühr mit Schulden belasten dürfen.
Wären unsere Einnahmen auf dem Niveau 1999 geblieben, wäre ein ausgeglichener Haushalt 2006 ohne Weiteres möglich gewesen. Aber angesichts der Wirtschaftsentwicklung in Deutschland sind wir gezwungen, die Neuverschuldung langsamer zu reduzieren als wir es wünschten. Der Freistaat muss seine Investitionstätigkeit bewahren, er muss in der Lage sein, jungen Menschen neue Perspektiven zu eröffnen. Wir machen keinen Haushalt für die Gegenwart, wir machen einen Haushalt für die Zukunft.
Wir wollen ein menschliches und leistungsstarkes Thüringen und beides bedingt sich. Nur wenn die Wirtschaftskraft stark ist, haben wir die Kraft zur Solidarität. Die Haushaltslage zwingt uns deshalb noch konzentrierter Schwerpunkte zu setzen. Die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft weiter zu verbessern ist dabei ein solcher Schwerpunkt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist unstreitig, Thüringen hat beim Aufbau seiner Wirtschaft bedeutende Erfolge erzielt. Unsere Erwerbstätigenquote liegt über der von Rheinland-Pfalz und etwa gleich mit Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Wir haben die geringste Arbeitslosigkeit unter den jungen Ländern. Unser verarbeitendes Gewerbe wächst weitaus stärker als im Bundesdurchschnitt, allein im Jahr 2002 in Thüringen 4,4 Prozent, Deutschland 0,3 Prozent. Die Zahl der Industriebeschäftigten ist sehr viel höher als im Durchschnitt der jungen Länder: 58 pro 1.000 Einwohner, der Durchschnitt der jungen Länder liegt bei 40. Auch die Ansiedlungserfolge der zurückliegenden Monate und Wochen zeigen, Thüringen ist als Wirtschafts- und Investitionsstandort international wettbewerbsfähig.
Natürlich übersehen wir dabei nicht, dass es Defizite gibt. Die relativ niedrige Produktivität, die auch aus der kleinstgliedrigen Unternehmensstruktur in unserem Land resultiert und vor allem die Strukturprobleme der Bauwirtschaft. Aber wir lassen uns von diesen Defiziten nicht täuschen. Die positiven Signale und die Standortqualität in Thüringen überwiegen diese bei weitem.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch deshalb, der Streik in der Metallindustrie hat den Standorten und
Die IG-Metall wollte auf dem Rücken der Arbeitnehmer am Ende für Arbeitslosigkeit streiken und ich bin froh, dass die Gewerkschaftsfunktionäre gerade noch rechtzeitig, möglicherweise sogar dauerhaft wieder zur Vernunft gekommen sind. Allen Beteiligten kann ich nur sagen, lassen Sie uns die Erfolge der Vergangenheit nicht sinnlos aufs Spiel setzen. Unser Ziel bleibt der Abbau von Arbeitslosigkeit und deshalb muss die Standortqualität Thüringens und Deutschlands weiter verbessert werden.
Dabei geht es im Besonderen um die Wettbewerbsfähigkeit und die Innovationskraft unserer Unternehmen. Unsere Anstrengungen werden nicht nachlassen, solange die jetzigen Förderbedingungen der EU gelten. Wir wollen wie bisher keine struktur- und arbeitsplatzwirksamen Ansiedlungen an fehlenden Haushaltsmitteln scheitern lassen.
Vor einer Woche bei der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin ist es gelungen, insbesondere die alten Länder von der notwendigen Fortführung der Investitionszulage zu überzeugen. Sie wird nicht wie vorgesehen 2004 auslaufen, auch wenn über die Höhe jetzt noch im Detail verhandelt werden muss. Auch weiterhin werden wir attraktive Industrie- und Gewerbeflächen anbieten. Damit schafft die Landesregierung Voraussetzungen dafür, dass sich weitere Großunternehmen in Thüringen ansiedeln können. Kleine und mittlere Unternehmen wollen wir nach Thüringen holen, indem wir ihnen mit so genannten Mietfabriken eine noch umfassendere Standortvorteilqualität unterbreiten. Nach ihrer erfolgreichen Umstrukturierung kann die LEG die Akquisition internationaler Investoren mit verstärkter Kraft fortsetzen. Auch die übrigen Landesgesellschaften sind reformiert und besser aufgestellt. Sie sind nun aufgerufen, intensiv miteinander zu kooperieren.
Natürlich sind Großinvestitionen und Großbetriebe unverzichtbar, aber wir wissen auch, Thüringen ist ein Land des Mittelstands und des Handwerks. Drei Viertel unserer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im verarbeitenden Gewerbe sind in kleinen und mittleren Betrieben beschäftigt. Eine gute Entwicklung der Thüringer Wirtschaft und des Arbeitsmarkts ist also nur möglich, indem wir Mittelstand und Handwerk weiter unterstützten.
Deshalb wird selbstverständlich der Pakt mit dem Thüringer Handwerk fortentwickelt und wo wir können, unterstützen wir das Handwerk zum Beispiel mit unserer Bundesratsinitiative für ein Forderungssicherungsgesetz.
Wir werden auch in Zukunft einseitigere Formen der Handwerksordnung ablehnen, zum Beispiel die Aufgabe des Meisterbriefs.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein entscheidender Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung ist die Verkehrsinfrastruktur. So erfreulich die bisherigen Fortschritte sind, es sind noch Lücken zu schließen. Die Gunst unserer zentralen Lage in Deutschland und Europa können wir nur dann nutzen, wenn der Ausbau von Straßen und Schienen weitere Fortschritte macht. Die Verkehrsfreigabe des Rennsteigtunnels am Samstag ist ein Meilenstein. Es darf aber nicht darüber hinweggetäuscht werden, dass noch rund 295 Autobahnkilometer in Thüringen gebaut oder ausgebaut werden müssen.