Protokoll der Sitzung vom 03.07.2003

Meine Damen und Herren, Konsequenzen dieser verfehlten Bundespolitik sind für Thüringen fast unübersehbar. Wichtigste Aufgabe in den kommenden Wochen - das ist angesprochen worden - ist deshalb der Nachtragshaushalt. In diesem Jahr fehlen 465 Mio.   ,  712 Mio. Die Finanzministerin hat deshalb eine Haushaltssperre und einen Bewilligungsstopp für Maßnahmen zu Lasten des Jahres 2004 erlassen. Beides ist sicherlich

nicht erfreulich, aber die Landesregierung hatte angesichts der weiter einbrechenden Steuereinnahmen keine andere Chance. Der Kollege Höhn von der SPD hat diese Maßnahme auch als unvermeidbar bezeichnet. Dass die Finanzministerin dafür die konkreten Ist-Zahlen vom Mai abgewartet hat, die ihr Mitte Juni zugegangen sind, ist nur allzu verständlich und die Kritik der Opposition ist allzu unverständlich; es sei denn, man macht Kritik um der Kritik willen.

(Beifall bei der CDU)

Die Finanzministerin hat erfreulicherweise Ausnahmen vorgesehen und damit auch Schwerpunkte gesetzt für die politische Arbeit wie die Bereiche Kinder, Familie, Hochschulen, Ehrenamt, arbeitsplatzwirksame Investitionen, Infrastrukturprojekte im Rahmen der EU und BundLänder-Programme sowie für den kommunalen Finanzausgleich. Ich kann dieses von Seiten der Fraktion nur unterstützen.

(Beifall bei der CDU)

Sparen mit dem Rasenmäher macht keinen Sinn. Unsere Devise lautete und lautet weiter "Sparen und Gestalten". Das heißt Schwerpunkte setzen und daran wollen wir auch festhalten.

(Beifall bei der CDU)

Der Nachtragshaushalt im Herbst muss der dramatischen Lage gerecht werden. Aber damit ist der Doppelhaushalt, meine Damen und Herren, doch nicht gescheitert. Bei jedem Nachtragshaushalt kommt die Opposition mit dieser Behauptung und jedes Mal erklären wir, dass der Doppelhaushalt nicht dazu gedacht ist, der Landesregierung Planungssicherheit zu geben, sondern den Empfängern. Dazu zählen z.B. die Kommunen.

Meine Damen und Herren, bei dieser kritischen Situation hätten wir auch bei einem Einjahreshaushalt einen Nachtragshaushalt machen müssen.

(Beifall bei der CDU)

Die Sicherheit für die Fördermittelempfänger wäre nicht gegeben wie beim Doppelhaushalt. Meine Damen und Herren, ich habe eine Reihe von Entschließungsanträgen gesehen. Ich habe vorhin gesagt, man kann nicht an einzelnen Stellschrauben drehen. Das ganze System muss funktionieren. Wir können nicht im Vorgriff auf einen Nachtragshaushalt Beschlüsse zu einzelnen Punkten des Nachtragshaushalts schon jetzt fassen. Das wäre unsolide.

(Beifall bei der CDU)

Wundern Sie sich deswegen nicht, dass wir die Entschließungsanträge ablehnen werden. Selbst die Bereiche, wo wir sehr intensiv in den Nachtragshaushaltsgesprächen da

rum ringen werden. Aber wir müssen Nachtragshaushalte für 2003 und 2004 aus einem Guss machen und nicht Vorentscheidungen unabhängig von der Gesamtsituation des Nachtragshaushalts machen.

(Beifall bei der CDU)

Denn, meine Damen und Herren, eine drastische Erhöhung der Nettoneuverschuldung in 2003 wollen wir uns nicht leisten, wenngleich wir eine Nettoneuverschuldung nicht ganz ausschließen können. Wichtig ist aber, dass wir auf dem Abbaupfad bleiben und die Verschuldung weiter zurückführen. Unser Ziel bleibt, die Nettoneuverschuldung in absehbarer Zeit auf null zurückzufahren.

In diesem Zusammenhang auch einige Rechenfehler der Opposition: Die SPD beklagt eine zu hohe Personalquote in Thüringen. Es ist einfachste Mathematik festzustellen, dass bei einer Reduzierung des Haushaltsvolumens der Anteil der Personalkosten, also die Personalquote, steigt. Andere Länder haben durch höhere Neuverschuldung ihren Haushalt erweitert und in diesem Fall sinkt natürlich die Personalquote.

Meine Damen und Herren, aussagekräftiger ist die Zahl der Beschäftigten pro 100.000 Einwohner. Hier liegt Thüringen in der Mitte der jungen Länder, auf dem Niveau übrigens von Bayern. Wir haben mehr Polizisten und Lehrer, wir haben zudem Hortnerinnen im Landesdienst und im Gegensatz z.B. zu Brandenburg führen wir das gesamte Hochschulpersonal im Personalhaushalt des Landes.

Meine Damen und Herren, es ist gefährlich, einzelne Zahlen miteinander zu vergleichen, ohne in die Systematik und ohne in den Hintergrund hineinzuleuchten.

(Beifall bei der CDU)

Thüringen hat ein Personalentwicklungskonzept, das den weiteren Abbau von Stellen vorsieht. Und wenn die Opposition weiteres Personal einsparen will, dann sagen Sie uns doch bitte wo. Meine Damen und Herren, ich bin fest davon überzeugt, wenn heute Nachmittag eine Demonstration hier vor dem Landtag stattfindet, dann werden diejenigen, die die zu hohe Personalquote in Thüringen beklagen, sich dort vor die Arbeitnehmer stellen und sagen, dass sie dafür eintreten werden, dass diese Arbeitsplätze gesichert werden. Meine Damen und Herren, das ist unredliche Politik und das haben die Menschen in Thüringen nicht verdient.

(Beifall bei der CDU)

Die SPD kritisiert übrigens auch eine zu geringe Investitionsquote. Die höhere Investitionsquote in Sachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern in den Jahren 2002 und 2003 ist aber ausschließlich auf die Flut des vergangenen Jahres und auch die entsprechenden Hilfen zurückzuführen. Meine Damen und Herren, das ist be

dauerlich für diese Länder und wir wünschen uns dieses nicht, aber daraus nun auch noch politisches Kapital zu schlagen, meine Damen und Herren, das ist schlichtweg unredlich.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben eine hohe Investitionsquote, wir wollen sie bei 20 Prozent halten, aber ich frage Sie: Wo sollen wir denn dann im Leistungsbereich kürzen, wenn wir die Investitionsquote erhöhen? Von den Oppositionsparteien kommt doch gerade immer die Forderung zur Ausweitung im Leistungsbereich. Herr Gentzel, sollen wir bei den Kindergärten kürzen? Herr Ramelow, sollen wir bei den Beratungsstellen kürzen, um einmal in meinem ehemaligen Bereich zu bleiben? Oder sollen wir den Wissenschaftspakt oder den Theaterpakt aufkündigen und von dort die Mittel nehmen, um die Investitionsquote aufzustocken? Sagen Sie es uns doch bitte. Wir werden dieses nicht tun. Und auch der PDS-Vorwurf, Thüringen sei der größte Schuldenmacher, stimmt nicht. Bei der Pro-KopfVerschuldung liegt Thüringen in 2003 hinter Sachsen an zweiter Stelle; Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt haben eine höhere Pro-Kopf-Verschuldung.

Richtig ist sicherlich, wir müssen noch mehr sparen, aber wir wollen unsere Schwerpunkte beibehalten und auch Akzente setzen, so zum Beispiel für Familien. Meine Damen und Herren, Familienpolitik ist Zukunftspolitik und Zukunftspolitik ist Familienpolitik. Die Förderung der Familie hat für uns Priorität. Junge Menschen brauchen eine Perspektive in Thüringen. Familien mit Kindern sind für unsere Zukunft ganz entscheidend. Sie bilden die Grundlage für eine langfristig stabile und soziale wirtschaftliche Entwicklung und deshalb fühlen wir uns als CDU-Fraktion dem Beschluss "Familie stärken Zukunft sichern" des Landesparteitages der CDU Thüringen vom 24. Mai in Gera verpflichtet.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessern, die Familien- und Elternbildung stärken und zur Lösung vieler praktischer Fragen für Familien vor Ort uns dafür einsetzen, dass lokale Bündnisse für Familien gegründet werden.

(Beifall bei der CDU)

Ich begrüße es sehr, dass die Landesregierung trotz massiv angespannter Haushaltslage das Landeserziehungsgeld beibehalten will.

(Beifall bei der CDU)

Auch werden der vom Sozialminister angekündigte Familienratgeber und die Vernetzung der entsprechenden Internetseiten für Familien durchaus hilfreich sein und

sicherlich dankbar aufgenommen werden.

(Beifall bei der CDU)

Und wir wollen Erziehung und Bildung stärken, meine Damen und Herren. Die Schulgesetznovelle haben wir verabschiedet. Vorschläge zur Stärkung der Regelschule haben wir jetzt vorgelegt und auf dem Regelschulforum der Fraktion intensiv beraten. Die Enquetekommission im Thüringer Landtag wird weitere Vorschläge ausarbeiten und ich bin dankbar, dass der Ministerpräsident zugesagt hat, sich die Empfehlungen der Enquetekommission so weit wie möglich zu Eigen zu machen. Mit den Hochschulen hat die Landesregierung den Hochschulpakt geschlossen, der ihnen Planungssicherheit bis 2006 bietet. Sie hat zudem eine Kommission eingesetzt, die die gesamte Thüringer Forschungs- und Hochschullandschaft bewerten und noch in dieser Legislaturperiode Vorschläge zur weiteren Stärkung der Thüringer Forschungs- und Technologielandschaft unterbreiten wird.

Wir wollen auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessern und deshalb werden wir z.B. Betreuungsangebote ab der 5. Klasse ausbauen und dafür auch das Bundesprogramm umfassend nutzen. Meine Damen und Herren, aber ein verpflichtendes Vorschuljahr, wie es von der PDS gefordert wird, macht für Thüringen keinen Sinn.

(Beifall bei der CDU)

97 Prozent der Kinder besuchen ein Jahr vor der Einschulung bereits einen Kindergarten. Ich bin der Kollegin Pelke übrigens dankbar, dass sie sich ebenso klar dagegen ausgesprochen hat, aber ich habe den Eindruck, dass Sie ihren Vorsitzenden davon noch überzeugen müssen.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Das ist falsch.)

Umso besser, denn dann haben Sie sich unterdessen eines Besseren belehren lassen.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Sie brau- chen mich nur zu fragen, Sie kriegen fast immer eine Antwort.)

Herr Ramelow, eines muss ich an Sie ganz persönlich richten, Sie haben die frühkindliche Bildung in Thüringen mit "Hopsasa und Trallala" bezeichnet.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Das habe ich nicht. Sie müssen lesen.)

Ich lese - es war in wörtliche Rede gesetzt. Ehrlich gesagt, ich war ganz schlicht und einfach entsetzt, als ich das gelesen habe.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Schein- bar hat es beim Lesen lernen nicht gereicht. Das war eine Antwort auf Sachsen-Anhalt.)

(Heiterkeit bei der CDU)

Herr Ramelow, ich habe gelesen und ich kann sogar lesen und ich kenne auch jemanden, der lesen kann.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Wieder- holen der Unwahrheit führt nicht zur Wahr- heit.)

Ja, das gehört zur Wahrheit.