Meine Damen und Herren, die Landesregierung will bis zum Herbst pädagogische Leitlinien für Kindertagesstätten erarbeiten, mit denen der Bildungsauftrag konkreter definiert wird. Auch muss der Übergang von Kindertagesstätten in die Grundschule verbessert und parallel dazu müssen die Fort- und Weiterbildungsangebote für Erzieherinnen ausgebaut werden. Dies sind sicher geeignete Maßnahmen, um die Bildungssituation zu verbessern und sie sind besser als ein verpflichtendes Vorschuljahr.
Meine Damen und Herren, aufgrund der dramatischen Einbrüche bei den Steuereinnahmen können wir derzeit kein Integrationsgesetz für Menschen mit Behinderungen verabschieden. Dieses habe ich in anderer Position hier schon einmal gesagt. Wir würden Versprechungen machen, die wir in der aktuellen Situation nicht halten können und das wäre ebenso unverantwortlich. Aber unsere Politik für Menschen mit Behinderungen bleibt auch weiterhin an den Zielen der Integration und der gesellschaftlichen Teilhabe ausgerichtet und, meine Damen und Herren, das Gleichstellungs- und Integrationsgesetz für Behinderte bleibt für uns auf der Tagesordnung.
Den Wirtschaftsstandort Thüringen zu stärken, bedeutet vor allem, den Mittelstand zu stärken. Mittelstand ist zu einem großen Teil Handwerk. Deshalb ist es gut, dass die Landesregierung im Bundesrat gegen die Abschaffung des großen Befähigungsnachweises votiert hat.
Ganz sicher muss die Handwerksordnung in einigen Teilen geändert werden, man darf dem Handwerk aber nicht die qualitative Basis nehmen, wenn man Reformen durchführen will.
Ich denke, die Bedingungen für den Wirtschaftsstandort Thüringen sind gut. Aktuelle Unternehmensansiedlungen belegen dies übrigens. Deshalb ist es wichtig, dass die Landesregierung die Investitions- und Technologieförderung
sichern will. Ich hatte schon gesagt, mit dem Bund konnte die Fortführung des Investitionszulagengesetzes über 2004 vereinbart werden. Jetzt kommt es noch auf Verhandlungen zur Höhe an. Das Wachstum im verarbeitenden Gewerbe ist mit 4,4 Prozent in 2002 weitaus höher übrigens als der Bundesdurchschnitt von 0,3 Prozent. Das Industriewachstum hat sich zwar etwas abgeschwächt, aber dies hängt auch mit dem hohen Ausgangsniveau zusammen. Zeitgleich aber hat die Thüringer Industrie mit 2,4 Prozent einen Beschäftigungszuwachs zu verzeichnen, der bundesweit am höchsten ist. Meine Damen und Herren, Beschäftigungszuwachs ist entscheidend für die Perspektive.
Insgesamt habe ich den Eindruck, die Thüringer Wirtschaft ist äußerst motiviert. Sie will sich engagieren, sie hat Mut und Ideen, also gute Startchancen. Notwendig dazu ist, dass der Wirtschaftsmotor in Deutschland wieder gestartet wird.
Sicherlich, die Arbeitslosigkeit ist viel zu hoch, aber mit 16,7 Prozent die geringste in den jungen Ländern. Unsere Ausrichtung der Arbeitsförderung auf den ersten Arbeitsmarkt hat sich bewährt, ist richtig und wird jetzt auch von der Bundesanstalt für Arbeit verfolgt. Solange aber die wirtschaftliche Situation so schlecht ist, dass keine Arbeitsplätze geschaffen werden, muss der zweite Arbeitsmarkt erhalten werden. Herr Gentzel, wenn Sie von den Ich-Agenturen gesprochen haben, es mag ja sein, dass es einige in Thüringen unterdessen gibt, aber es bleibt doch für die neuen Bundesländer unverändert. Mit IchAgenturen und sonstigen organisatorischen Dingen schaffen wir doch keine neuen Arbeitsplätze. Was wir in den neuen Bundesländern brauchen sind neue Arbeitsplätze und ist Wirtschaftswachstum. Nur so kann die Arbeitslosigkeit beseitigt werden.
Ich komme natürlich nicht umhin auch ein Wort zur 35Stunden-Woche zu sagen. Der Abbruch der Streiks in der ostdeutschen Metallindustrie war Gott sei Dank und war vernünftig. Die 35-Stunden-Woche passt nicht in eine Zeit, in der wir uns für den Wettbewerb mit den osteuropäischen Staaten einstellen müssen. Natürlich wollen wir eine Angleichung der Lebensverhältnisse, wer etwas anderes sagen würde, würde lügen, aber wir können doch deshalb unsere wenigen Standortvorteile nicht aufgeben. Noch wichtiger als die Angleichung ist die Schaffung und ist der Erhalt von Arbeitsplätzen. Das muss Priorität haben.
Die Arbeitslosigkeit ist die größte soziale Ungerechtigkeit, nicht einige Stunden mehr oder weniger Arbeit. Die aber bekämpfen wir nicht mit der 35-Stunden-Woche, sondern im Gegenteil, wir schaffen Arbeitsplätze ab. Wir müssen vielleicht eher fragen, ob die Arbeitszeiten im Westen sinnvoll sind. Meine Damen und Herren, wir können nicht auf der einen Seite von der Verlängerung der
Lebensarbeitszeit reden und auf der anderen Seite die Arbeitszeit mit drastischen Streiks verkürzen wollen.
Infrastruktur ist ein wichtiger Standortfaktor. Ich denke, wir haben in diesem Bereich viel in den letzten Jahren erreicht. Die Eröffnung des Rennsteig-Tunnels am Samstag macht dieses einmal mehr deutlich.
Wenn Sie so klar fragen, Herr Höhn: Die SPD hat zwar 1999 im Wahlkampf mit dem Autobahnschild geworben - ich kann mich noch entsinnen, Ihr Spitzenkandidat hieß Dewes -, das war aber schon eine zweite Lüge. Denn vorher kann ich mich entsinnen, welche Klimmzüge Sie gemacht haben, da durfte die Autobahn nicht Autobahn genannt werden, sondern es war eine vierspurige Straße.
Ich weiß gar nicht mehr die Bezeichnung, aber Sie kennen sie sicher noch. Also an Ihnen hat es nicht gelegen, wenn die Autobahn nach Südthüringen gebaut worden ist.
Meine Damen und Herren, sowohl was ICE als auch was Autobahnen angeht, die Attraktivität Thüringens als Wirtschaftsstandort hängt mit der Infrastruktur unmittelbar zusammen.
Lieber Herr Gentzel, wenn Sie uns die Rechnung aufmachen, dass Thüringen vom Bund die meisten Infrastrukturfördermittel für den Ausbau der Verkehrswege bekommt, ja, ich bitte Sie, wir liegen in der Mitte Deutschlands.
Wenn die Niedersachsen nach Sachsen wollen, müssen sie durch Thüringen. Wenn die Brandenburger nach Bayern wollen, müssen sie durch Thüringen. Natürlich muss man in Thüringen in ganz besonderer Weise die Verkehrsinfrastruktur ausbauen, weil wir sozusagen die Drehscheibe in Deutschland sind, weil wir nämlich die Mitte Deutschlands sind.
Meine Damen und Herren, ich habe schon gesagt, der ICE ist natürlich auch ein wichtiges Thema. Deswegen haben wir heute eine Aktuelle Stunde zur ICE-Finanzierungsvereinbarung beantragt. Mit dieser Vereinbarung ist zwar Planungssicherheit für die Teilabschnitte Erfurt-HalleLeipzig-Berlin gegeben, aber wir haben Sorge mit Blick auf die Zeitschiene. Die Fertigstellung ist bis 2015 geplant. Nun gehen wir davon aus, dass die Olympischen Spiele nach Leipzig kommen, dann dürfte es vielleicht 2012 werden. Aber die Finanzierungsvereinbarung für die Querung des Thüringer Waldes ist nicht berücksichtigt und hier dürfen wir nicht nachlassen. Denn dort, wo wir nachlassen, kommen wir ins Hintertreffen.
Meine Damen und Herren, die schwierige Wirtschaftslage wirkt sich natürlich auch auf die Ausbildungsplatzsituation aus. Der Ministerpräsident hat deshalb bereits in der ersten Woche seiner Amtszeit mit dem Wirtschaftsminister eine Ausbildungsplatzoffensive gestartet. Ich denke, das ist ein gutes Zeichen gerade die Schwerpunkte, die Sorgenkinder unserer Politik aufzugreifen. Junge Menschen brauchen eine Ausbildung und wir brauchen gut ausgebildete junge Leute in unserem Land. Übrigens, einige Branchen beklagen schon heute einen Fachkräftemangel und mein Aufruf an die Industrie, an die Wirtschaft: Wer heute nicht ausbildet, wird im Jahre 2010/2011 keine Fachkräfte mehr haben.
Eine Ausbildungsplatzabgabe aber, wie sie Teile der SPD und die PDS fordern, meine Damen und Herren, das ist keine Lösung. Sie würde betriebliche Ausbildungsplätze vernichten, denn sie ermöglicht es den Unternehmen, sich von der Ausbildungsverpflichtung freizukaufen.
Meine Damen und Herren, als Fraktion wollen wir eine Initiative der IHK's begleiten. Ich hoffe, dass wir im Dezember dann gemeinsam feststellen können, dass - wie im letzten Jahr - nur relativ wenig Ausbildungswillige keinen Ausbildungsplatz bekommen haben.
Meine Damen und Herren, im Rahmen der Initiative Mitteldeutschland geht es um mehr Effizienz und um Einsparungen durch Zusammenarbeit der drei Länder. Ich freue mich, Herr Ministerpräsident, dass Sie diese Initiative Ihres Vorgängers engagiert fortsetzen wollen. Dabei legen wir natürlich Wert darauf, dass Thüringen Thüringen bleibt und Sachsen Sachsen bleibt und Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt bleibt.
Aber es soll ja nicht verboten sein, etwas Vernünftiges zusammen zu machen und manchmal macht es sogar mehr Spaß, wenn man etwas zusammen macht.
Überrascht bin ich übrigens, dass die PDS nun populistisch eine Verwaltungsreform fordert und unter anderem die mittlere Verwaltungsebene in Frage stellt. Realisieren Sie überhaupt, was um Sie herum passiert, meine Damen und Herren von der PDS? Wir sind doch längst in dieser Richtung aktiv. Denken Sie an das Katasterwesen. Ich denke beispielsweise an die Kommunalisierung der Veterinärverwaltung und an die Kommunalisierung der Sozialhilfe.
Die parlamentarische Unterstützung aus Ihren Reihen hielt sich gewaltig in Grenzen, kann ich mich dunkel entsinnen.
Meine Damen und Herren, innere Sicherheit wird natürlich auch weiterhin Priorität haben. Die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten ist originäre Aufgabe der Politik. Das Programm für mehr Sicherheit in Thüringen macht dies deutlich. Wenn nun noch Einstellungen dafür vorgenommen werden, weil entsprechende Beamtenanwärter ihre Ausbildung zuvor beenden mussten, dann sollte dies von der Opposition nicht kritisiert werden.
Meine Damen und Herren, Probleme im Bereich Abwasser/Wasser müssen gelöst werden. Ich bin dankbar, dass diese gegründete Management GmbH den Zweckverbänden Unterstützung geben soll und geben wird. Allerdings sind die Ursachen für das Dilemma sehr vielfältig und, ob alle Dinge zu vollster Zufriedenheit gelöst werden können, wird man sehen müssen.
Meine Damen und Herren, Natur und Kultur gehören in Thüringen zusammen, der Ministerpräsident hat es beschrieben. Die Landesgartenschau in Nordhausen und die Landesausstellung 2004 in Sondershausen zu den Thüringer Residenzen machen dies eindrucksvoll deutlich.