Keine Vorschläge zu Wirtschaft, Arbeitsmarkt oder Sonstigem, sondern der erste eingebrachte Gesetzentwurf der PDS-Fraktion
Einen kleinen Moment mal bitte. Es ist ja gut, wenn alle aufmerksam diesen Aufforderungen zuhören. Aber Herr Abgeordneter Dr. Pidde hat das Recht, seine Ausführungen auch zu Ende zu bringen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einmal zusammenfassen: Wir hätten uns gewünscht, dass wir im Vorfeld gemeinsam über dieses Problem reden. Dieser Weg ist nun nicht mehr gegeben. Zum Inhalt des Gesetzentwurfs werden wir im Ausschuss Gelegenheit haben, darüber zu beraten. Ich hoffe, dass wir trotzdem noch die
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, auf Ihre letzten Bemerkungen, Herr Pidde, möchte ich auch am Ende meiner Rede eingehen. Ich denke, Sie haben Recht, was wahr ist, muss auch wahr bleiben. Ich werde das hier auch dann so darstellen.
Meine Damen und Herren, meine Kollegin Frau Wolf hat unseren Antrag begründet und hat auch noch einmal kurz den Werdegang bis zu unserem Antrag dargelegt. Ich möchte dort einhaken, wo die erste mündliche Verhandlung im Jahr 2000, nämlich im Januar, zu Stande kam. In dieser mündlichen Verhandlung sind die Funktionsträger verpflichtet worden, von Februar bis einschließlich Juli 2002 ihren durch die Ausübung der Funktion bedingten Aufwand in Erhebungsbögen aufzulisten, diese dem Rechnungshof zukommen zu lassen und dieser sammelte von Amts wegen diese Ergebnisse, wertete sie aus in einem Gutachten, das dann später als Mitteilung an das Gericht weitergegeben wurde. In dieser Mitteilung kann man nachlesen, dass für die beiden klagenden Fraktionen vom Rechnungshof ein Prüfergebnis mit einem durchschnittlichen funktionsbedingten Aufwand von 67,38 die PDS und 79,90 ! wurde. Damit wurden die von den klagenden Fraktionen eingereichten Werte bestätigt. Im Vergleich dazu ging die CDU-Mehrheitsfraktion in die Vollen. Nach Prüfung allerdings durch den Rechnungshof, der die etwa 700 etwas nach unten redigierte - es sind nicht alle Dinge, die angegeben wurden, vom Rechnungshof angenommen worden - blieben dann nur nach Bereinigung 463,64 übrig. Lesen Sie doch einmal nach. 80 Prozent der angegebenen Aufwendungen aller Betroffener waren im Übrigen Fahrtkosten. Das Verfassungsgericht wollte nicht in die Einzelprüfung einsteigen und stellte die Zuordnungsentscheidung, funktionsbedingt oder nicht, weitestgehend in das Ermessen der Abgeordneten. Wir sehen das als problematisch an und halten es weiterhin für möglich, dass zumindest gesetzliche Rahmenkriterien für die Funktionsbedingtheit festgelegt werden können, auch wenn das Urteil, das sage ich auch noch einmal, vom Juli in Weimar uns diesen Weg nun offensichtlich verbaut, aber ich sage, offensichtlich verbaut; ich gehe davon aus, dass das noch einmal geprüft werden könnte.
Meine Damen und Herren und Herr Wolf, wir respektieren das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs und deshalb auch unser Antrag und deshalb auch so schnell unser Antrag. Die Richter fordern in ihrem Urteil eine deutliche Absenkung der Pauschale, deutlich unter 500 Monat. Die Richter lassen dem Gesetzgeber allerdings auch den Weg der Einzelabrechnung offen, so wie sie als Übergangsregelung und Ersatz für die bisherige Regelung derzeit angeordnet wurde, gültig natürlich bis In-Kraft-Treten einer Neuordnung oder Neuregelung. Das Gericht betonte jedoch, dass bei einer Einzelabrechnung dem Abgeordneten selbst ein sehr weiter Einschätzungsspielraum bezüglich der Einordnung als funktionsbedingt und bezüglich der Notwendigkeit der Einzelmaßnahme zusteht. In diesen Einschätzungsspielraum darf weder die Landesverwaltung noch der Rechnungshof durch Nachprüfung eingreifen, weil er sich aus der Freiheit des Mandats ergibt und verfassungsrechtlich geschützt ist. Durch diesen, meine Damen und Herren, abgesicherten Entscheidungsspielraum werden die Vorteile der Einzelentscheidung letztlich zunichte gemacht. Denn natürlich hat die Einzelabrechnung den Vorteil, dass mit ihr tatsächlicher Aufwand und Entschädigungsbeitrag am besten zur Deckung gebracht werden kann. Doch im vorliegenden Fall muss man ehrlicherweise sagen, durch den weiten und vor Nachprüfungen geschützten Entscheidungsspielraum der Abgeordneten bleibt der eigentliche Vorteil der Einzelabrechnung ein rein theoretischer Vorteil. Denn bei Unkorrektheiten oder noch deutlicher ausgedrückt, bei Missbräuchen mit der Ausnahme, dass sie ganz offensichtlich wären, sind den Kontrollinstanzen, Verwaltung und Rechnungshof, die Hände gebunden. Berücksichtigt man in dem Zusammenhang die Erfahrungen und Tatsachen, wie die betroffenen Abgeordneten der Mehrheitsfraktion in diesem Haus mit ihren Abrechnungen bei der Beweiserhebung vor Gericht umgegangen sind, um auf ihre 700 kommen, drängt sich die Entscheidung für eine Pauschalierung geradezu auf. Mit der Beibehaltung der Einzelabrechnung wird sich, so fürchten wir, die praktisch ungehemmte Selbstbedienung der CDU-Mehrheitsfraktion aller Wahrscheinlichkeit nach fortsetzen.
Da der Rechnungshof die für die beiden klagenden Fraktionen ermittelten monatlichen Durchschnittsbeträge zwischen 65 und 80 mittelnder Durchschnittsbetrag als Ausgangspunkt für eine steuerfreie Aufwandspauschale angesetzt werden. Und so, meine Damen und Herren, ist der Betrag von 75 unserem Antrag entstanden.
Die Richter monierten im Urteil, dass die bisherige Ausgestaltung des § 6 Abs. 3 einen Systembruch darstelle. Gerade angesichts der Tatsache, dass 80 Prozent der von den Funktionsträgern geltend gemachten Aufwendungen Fahrtkosten sind, und das ist für die Zukunft auch so zu erwarten, verlangt das Gericht die Systematik des § 6 Abs. 2 bei der Ausgestaltung der Aufwandsentschädigungsregelung zu berücksichtigen. Diese Systematik, Herr Wolf hat schon dazu gesprochen, bezieht sich auf den Ersatz von Fahrtkosten zwischen Fahrten von Wohnort bzw. Wahlkreisbüro und dem Landtag in Erfurt und ist gekennzeichnet durch eine Staffelung der Entschädigung nach Entfernungskilometern. Wir mussten auch berücksichtigen bei der Entwicklung unseres Antrags, dass es sich bei Fahrtkosten nicht nur um solche Fahrten zum Landtag handelt. Es war aber aus unserer Sicht keine praktikable Lösung und, ich denke, der Justizausschuss wird auch dazu kommen, dafür eine Lösung zu finden, wie man eine Pauschale für Fahrten zu Terminen und Veranstaltungen an anderen Orten, vor allem gestaffelt nach Entfernungskilometern, hätte bilden können. In diesem Punkt sehen wir daher eine konzeptionelle und systematische Schwäche auch in der Begründung des Urteils selbst. Die Wahl der Fixpunkte Landtag und Wohnort bzw. Wahlkreisbüro ist dadurch gerechtfertigt, dass das Gericht auch von Fahrten zur Vorbereitung von Sitzungen des Ausschusses oder Fraktionssitzungen für Parlamentarische Geschäftsführer in Erfurt ausgeht. Unsere Staffelung in drei Kategorien ist übrigens entstanden, weil eben nur 80 Prozent Fahrtkosten sind und 20 Prozent andere Kosten. So ist das System in § 6 Abs. 3 eben nicht im Detail zu übernehmen. Wir als PDS-Fraktion sind der Überzeugung, dass ein verfassungsgerichtliches Urteil nach einer schnellen Umsetzung verlangt. Das gebietet die Achtung vor dem Verfassungsgerichtshof und die Verantwortung auch gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern. Dem Argument der Achtung vor dem Gericht müssten sich ja gerade Sie, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, besonders verpflichtet fühlen, waren Sie es doch, die für das Urteil zum Volksbegehren "Mehr Demokratie" immer wieder gebetsmühlenartig wiederholten.
Abschließend möchte ich noch einmal feststellen: Der vorliegende Antrag meiner Fraktion setzt die Vorgaben des Urteils des Verfassungsgerichtshofs um, und zwar in einer praktisch handhabbaren Weise. Er setzt eine Aufwandsentschädigung gestaffelt zwischen 50 und 100 fest, die sich aus den Prüfergebnissen des Rechnungshofs im Rahmen des verfassungsgerichtlichen Verfahrens ableitet.
Wir leiten das ab. Dass Ihre Fraktion, Herr Wolf oder auch Herr Stauch, unseren Gesetzentwurf an den Justizausschuss überweisen will, das freut uns natürlich, weil ich denke, dort kann man auch noch mal über Details diskutieren. Ich hoffe aber, dass die Beratungen nicht so wie viel
leicht zu anderen Gesetzen - wir hatten heute früh ein Gesetz davon gehabt, nämlich das Ministergesetz - nach hinten hinausgeschoben und der Gesetzentwurf in diesem Ausschuss geparkt wird. Ich denke, die Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch auf eine schnelle Neuregelung. Ich gehe einmal davon aus, braucht man vielleicht noch etwas Zeit, die Argumente auszutauschen und das Urteil genau anzuwenden, dann müsste aber spätestens im November die letzte Lesung dieses Gesetzentwurfs hier in diesem hohen Haus stattfinden. So hoffe ich, dass dann entsprechend auch unserer Überlegungen ein Gesetzentwurf verabschiedet wird.
ich muss mich schon wundern, was Sie für eine Wahrnehmungsgabe haben, waren es doch wir beiden Parlamentarischen Geschäftsführer, die sich nach dem Urteil am gleichen Tag verständigt haben. Eine schnelle Lösung heißt: Einreichen im September. Wir hatten uns verständigt, als Parlamentarische Geschäftsführer gehen wir auf unsere Fraktionen zu und machen nach der Sommerpause einen Vorschlag, der im September umgesetzt werden kann. Wenn Sie das nicht gemacht haben, dann ist das Ihr Problem. Ich habe es gemacht und habe zumindest unsere Überlegungen an diesem Verkündungstag des Urteils in die Fraktion eingereicht. Sie hatten unseren Vorschlag in den Händen und hätten dies genauso machen können. Dass Sie letztlich dann gesagt haben, wir machen mit ihrem Antrag nicht mit, das ist auch Ihrer Fraktion dann geschuldet, aber dann kann man nicht sagen, wir haben mit den anderen Fraktionen gesprochen und wir wollten einen gemeinsamen Antrag. Vielleicht wollten Sie einen gemeinsamen Antrag, ich hatte mit meinem Kollegen Parlamentarischen Geschäftsführer Herrn Stauch gesprochen, der kannte diese Absprachen auch nicht. Bei den Telefonaten sowohl mit Ihnen als auch mit Herrn Stauch musste ich zumindest davon ausgehen, dass es zu einer einvernehmlichen, ernst gemeinten, seriösen und schnellen Lösung - und das haben wir ja heute gesehen - gemeinsam hier nicht kommt, auch nicht, wie Sie es vorgeschlagen hatten, mit Hilfe der Moderation von Frau Präsidentin Lieberknecht. Ich denke, da das jetzt so gelaufen ist, sollten wir im Justizausschuss diesen Gesetzentwurf ganz schnell beraten. Dort besteht auch die Möglichkeit, dass sich alle drei Fraktionen so, wie es eigentlich in einem Landtag sein sollte, einigen können. Ich hoffe, dass wir dann zu einer Lösung spätestens, wie gesagt, im November kommen. Herr Pidde, ich hoffe, dass ich der Wahrheit eben noch einmal auf die Sprünge helfen konnte.
Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache. Es ist die Überweisung an den
Justizausschuss beantragt worden. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Es gibt 1 Stimmenthaltung. Mehrheitlich ist an den Justizausschuss überwiesen worden. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 8.
Gesetz zur Änderung kommunalwahlrechtlicher Bestimmungen in Thüringen (ThürKWRÄG) Gesetzentwurf der Fraktion der PDS - Drucksache 3/3548 ERSTE BERATUNG
Meine Damen und Herren, wenn es nach dem Willen der PDS-Fraktion geht, dann finden im nächsten Jahr die Wahlen zu den Gemeinderäten und zu den Kreistagen statt, ohne dass eine 5-Prozent-Klausel besteht. Aber da es hier in Thüringen nicht nach dem Willen der PDS-Fraktion geht, sondern der Landtag
sich in seiner Mehrheit diesem Willen anschließen muss, bevor er Realität wird, haben wir Ihnen den vorliegenden Gesetzentwurf in den Landtag heute zur ersten Beratung zur Änderung kommunalwahlrechtlicher Bestimmungen in Thüringen eingebracht.
Meine Damen und Herren der CDU-Fraktion und Herr Pietzsch, Sie haben die Möglichkeit, sich in der Beratung und am Ende bei der Abstimmung dem Willen der PDS-Fraktion anzuschließen oder Ihren eigenen in diesem Punkt zum Ausdruck zu bringen,
denn, meine Damen und Herren, nach den bisherigen Bestimmungen im Kommunalwahlrecht, eben durch die 5Prozent-Sperrklausel, fallen eine ganze Reihe von Stimmen Thüringer Wählerinnen und Wähler gerade für kleine Parteien oder kleine Wählergruppen einfach unter den Tisch und damit ist natürlich ein Ausschluss bzw. auch eine Missachtung eines unter Umständen doch ganz erheblichen Teils von Wählerstimmen und Wählern verbunden. Weil dies so ist, besteht gerade in der Mehrzahl der Bundesländer eine solche 5-Prozent-Hürde gerade auf kommunaler Ebene nicht mehr und wohl auch deshalb, weil dort offenkundig erkannt worden ist, dass kleinere Parteien, kleinere Wählergruppierungen eben nicht eine Be
hinderung der Diskussion auf kommunaler Ebene darstellen, sondern - im Gegenteil - in vielen Fällen eher die Beratung in den kommunalen Vertretungen beleben. Nach Aussage der Landesregierung existiert lediglich in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und RheinlandPfalz eine fünfprozentige Sperrklausel.
Weiterhin will die PDS-Fraktion das Wahlalter von bisher 18 auf 16 Jahre auf kommunaler Ebene, wie gesagt, reduzieren, denn man kann unseres Erachtens nicht mehr Verantwortung gerade für das Gemeinwesen von Jugendlichen einfordern und sie auffordern, sich auch in die Diskussion um Entscheidungen mit einzubringen, aber sie bei einem wichtigen Bestandteil in der gesellschaftlichen Meinungsbildung, nämlich bei Wahlen, ausschließen und gerade auf der Ebene, wo unmittelbar über die ihr Leben betreffenden Verhältnisse entschieden wird, nämlich auf kommunaler Ebene. Deshalb ist unser Vorschlag zur Absenkung des Wahlalters ein möglicher Schritt, dem entgegenzuwirken, und er reagiert natürlich damit gleichzeitig auch auf Veränderungen der Situation, das heißt auch in der Fähigkeit der Wahrnahme von Verantwortung gerade durch junge Menschen.
Schließlich will die PDS-Fraktion die so genannten Scheinkandidaturen für die kommunalen Vertretungen künftig ausschließen. Damit würde unseres Erachtens der noch 1999 wahrnehmbaren Wählertäuschung entgegengewirkt werden können, denn um nichts anderes handelt es sich, wenn Landräte und Bürgermeister kandidieren, wo bereits von vornherein klar ist, dass sie dieses Mandat nicht annehmen können, nicht annehmen werden. Somit könnte dieser Wählertäuschung unseres Erachtens die legale Grundlage im Kommunalwahlgesetz genommen werden.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf beinhaltet noch eine Reihe weiterer Änderungen, auf die wir im Rahmen der Aussprache noch hinweisen werden. Insgesamt schafft er unseres Erachtens für Thüringen ein modernes Kommunalwahlrecht, das den demokratischen Anforderungen von Bürgerinnen und Bürgern eher entspricht. Die Vorschläge dazu sind nicht neu, sie wurden in Teilen auch hier im Thüringer Landtag
durch die PDS-Fraktion schon vorgestellt. Aber, Frau Groß, Sie sind deswegen nach wie vor noch berechtigt, weil die PDS-Fraktion mit dem vorliegenden Gesetzentwurf beabsichtigt, eine Lücke zu schließen, weil eine Angleichung mit dem Wahlrecht auf kommunaler Ebene anderer Bundesländer endlich auch für Thüringen vorgenommen wird. Vielen Dank.