Meine Damen und Herren, auch die wahlrechtlichen Bestimmungen tragen zum Teil dazu bei, dass eine zunehmende Anzahl der Bürger der Wahl fern bleibt und hier will die PDS Veränderungen. Ich will aber sagen, dass
nicht alle wahlrechtlichen Bestimmungen von uns generell erneuert werden müssen. Es gibt eine Reihe von Regelungen im Kommunalwahlrecht, die bei den Bürgern unbestritten auf Zustimmung stoßen. Ich nenne hier die Direktwahl der Bürgermeister und Landräte oder die verständlichen Regelungen zum Panaschieren und Kumulieren der Stimme bei der Wahl der Vertretungen. Gerade bei Letzterem haben die Bürger das Gefühl, dass ihre Entscheidung gefragt ist und sie die Vorgaben von Parteien und Wählergruppen durchaus verändern können. An diesen bewährten Regelungen will die PDS auch festhalten. Andererseits gibt es eine Reihe von kommunalwahlrechtlichen Bestimmungen, die für die Bürger nicht nachvollziehbar sind, die sie für überholt und für ungerecht halten. Dies betrifft gerade solche Regelungen, die es in anderen Bundesländern so nicht mehr gibt. Hier setzen natürlich einige unserer Vorschläge an. Aber nicht nur deshalb haben wir den Gesetzentwurf gemacht, Herr Schemmel, sondern uns geht es wirklich darum, dass die demokratischen Mitwirkungsrechte der Bürger ganz einfach größer werden.
Einen Teil des vorliegenden Gesetzes, das ist richtig, haben Sie auch schon gesagt, haben wir bereits im Zusammenhang mit unserer Kommunalordnung, die wir vor zwei Jahren eingereicht haben, vorgelegt. Aber, ich möchte sagen, dass das Alter unserer Vorschläge nicht gegen deren Aktualität spricht. Herr Fiedler, Sie sprachen vom alten Wein in neuen Schläuchen, aber Sie wissen doch, ich denke, Sie sind auch Weintrinker,
alter Wein, der wird eigentlich immer besser, wenn er gut ist, je länger er steht, also denke ich, auch unsere Vorschläge dieser Art sind nicht schlechter geworden. Sie sind eigentlich viel mehr Ausdruck für den Unwillen, für den Unwillen der Landesregierung und der CDU, nun endlich
Regelungen aus der Welt zu schaffen, die einfach nicht mehr zeitgemäß sind. Wir wollen ein modernes Kommunalwahlrecht, das den Thüringer Bürgern vergleichbare Wahlrechte gibt wie anderswo.
Es ist schon deutlich geworden durch die Begründung von Herrn Dittes, dass der Wegfall der 5-Prozent-Sperrklausel im Mittelpunkt steht. Ich danke auch noch mal Herrn Schemmel, dass er die Bedeutung der Klausel so ausführlich erklärt hat. Ihr Wegfall tritt erst bei Städten und Gemeinden ab 5.000 Einwohner in Kraft, vorher hat sie überhaupt keinen Einfluss.
Meine Damen und Herren, wir verlangen von unserer Jugend sehr viel, bieten aber wenig. Die Perspektiven sind für sie in Thüringen nicht rosig. Deshalb verlassen auch
viele junge Menschen unser Land. Unser Vorschlag, das Alter von 18 auf 16 zu reduzieren, ist vielleicht ein kleines Signal an die Jugend, dass sie hier bei uns gebraucht wird und eine Perspektive hat.
Das Wahlrecht ersetzt natürlich nicht den fehlenden Ausbildungs- oder Arbeitsplatz, motiviert aber möglicherweise zu einem stärkeren kommunalpolitischen Wirken. Wem wir mit 16 Jahren die Entscheidung zumuten, den Freistaat zu verlassen, den müssen wir auch für mündig halten, verantwortungsbewusst sein Wahlrecht auszuüben.
(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Beim Waffenrecht möchten Sie am liebsten auf 21 gehen. Hören Sie doch auf.)
Meine Damen und Herren, zu unserem Vorhaben, künftig Scheinkandidaturen der kommunalen Wahlbeamten auszuschließen, brauche ich nicht allzu viel zu sagen. Die Forderung ist bekannt. Es wurde auch einiges dazu gesagt. Sie sollten einfach darauf hören, was hierzu auch Bürger zu den Scheinkandidaturen sagen. Ich sage ganz einfach: Solche Scheinkandidaturen sind in meinen Augen Betrug am Bürger.
Ich sage auch warum. Die Bürger, denen wir es erklärt haben, haben es schon begriffen. Die Bürgermeister und Landräte sind von Amts wegen Mitglied der Vertretung und brauchen doch deshalb nicht erneut zu kandidieren. Durch die Scheinkandidaturen kommen zu den Kandidaten von den Listen die kommunalen Vertretungen, die von den Bürgern überhaupt kein Votum erhalten haben. Wir brauchen bloß das Beispiel Erfurt zu nehmen. Da sind Leute dann in den Stadtrat eingezogen über Oberbürgermeister Ruge, die eigentlich viel, viel weniger Stimmen haben als Leute, die z.B. durch die 5-Prozent-Klausel überhaupt nicht in den Stadtrat gekommen sind.
Wir appellieren an die Landesregierung, wir appellieren auch an Sie als CDU-Regierung, mit dieser Praxis Schluss zu machen. Wir brauchen keine Scheinkandidaturen in Thüringen. Es ist auch nicht überraschend, dass unsere Fraktion erneut die Angleichung der Amtszeiten der Bürgermeister und Landräte an die Wahlperiode der Vertretungen fordert. Es hat sich nicht überholt, Herr Fiedler. Für die bisherige Abweichung der Amtszeiten, die ab nächstem Jahr auch für die ehrenamtlichen Bürgermeister gelten, haben Sie nur eine Begründung: Es soll gesichert werden, dass das Organ Bürgermeister und Land
rat arbeitsfähig bleibt, wenn das andere Organ, nämlich der Gemeinderat, der Stadtrat und der Kreistag, Wahlkampf macht. Dieses Argument erledigt sich schon dadurch, dass die meisten Bürgermeister und Landräte für die Vertretung kandidieren. Sie sehen, Ihr Argument ist wenig überzeugend und andere sachliche Argumente gibt es nicht. Eventuell sind versorgungsrechtliche Fragen hier die entscheidenden Fragen.
Auf die übrigen Änderungen, meine Damen und Herren, will ich nur kurz eingehen. Wir wollen das uneingeschränkte Ausländerwahlrecht, das es 1990 als eine Errungenschaft der Wende gab. Es hatte damals keine negativen Folgen, ganz im Gegenteil. Verfassungsrechtlich sehen wir hier, Herr Fiedler, eigentlich keine Probleme, weil wir meinen, diese Regelungen treffen für die Parlamente zu, für den Bundestag, sie treffen für den Landtag zu. In den beiden Verfassungen sind nur Regelungen für die Parlamente und somit könnten also die Kreis- und die Stadtvertretungen eigentlich auch Leute wählen lassen, die mindestens drei Monate im Ort leben. Also, wer in der Gemeinde seinen Wohnsitz hat, soll auch - unabhängig von seiner Nationalität - wählen können.
Wir wollen weiterhin die Residenzpflicht für alle Bürgermeister und Landräte, und zwar bis zu sechs Monaten nach der Wahl. Was begründet hier eigentlich die bisherige Unterscheidung zwischen dem hauptamtlichen und dem ehrenamtlichen Bürgermeister? Für uns ist es selbstverständlich, dass der Bürgermeister in seinem Ort und der Landrat in seinem Kreis wohnt. Bei der Wahl braucht er das noch nicht zu sein, aber wir sagen, spätestens nach sechs Monaten müsste das erfolgt sein. Bei der Mehrheitswahl wollen wir die Verwendung der Wahlumschläge ausschließen. Schön, Herr Fiedler, dass Sie da mitgehen, aber das spricht eigentlich dafür, dass man unseren Entwurf an die Ausschüsse überweisen kann, zumindest an Innenund Justizausschuss und damit ohne Not so eine Änderung herbeiführen kann. Wir stellen auch klar, dass in Amtsblättern keine Wahlwerbung gemacht werden darf, dass Hoheitszeichen und Wappen künftig auch für Wahlkampfzwecke tabu sein sollen. Die Wählbarkeitsvoraussetzungen für Bürgermeister und Landräte wollen wir denen der kommunalen Mandatsträger und Landtagsabgeordneten angleichen. Schließlich wollen wir eine Reaktion auf die demographische Entwicklung. Deshalb unser Vorschlag zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung in Artikel 2. Erfurt soll beispielsweise durch den Einwohnerrückgang künftig keinen Schaden haben, sondern weiterhin 50 Stadtratsmitglieder behalten. Deswegen haben wir eine Anpassung vorgesehen.
Als wir vor zwei Jahren, meine Damen und Herren, bereits einen Teil der heutigen Vorschläge einbrachten, wurden diese in den Diskussionen abgelehnt. Auch wenn Herr Fiedler vorhin gesagt hat, keine Überweisung an den Ausschuss, bitte ich doch darum und werbe dafür, dass wir diesmal eine Beratung in den Ausschüssen vornehmen können. Es gab immerhin zwei Jahre Zeit zum Nachden
ken. Ich meine, dass unsere Vorschläge vernünftig und anderswo teilweise schon Realität sind. Also zeigen Sie als CDU auch, was Sie für Thüringen wollen - ein modernes, ein zeitgemäßes Wahlrecht, das Bürger zum Mitmachen einlädt. Sie müssen wissen, wollen Sie das oder wollen Sie Stagnation mit der Konsequenz, dass im nächsten Jahr vielleicht noch weniger Bürger zur Wahl gehen. Ich beantrage Überweisung an den Innenausschuss und ich beantrage Überweisung an den Justizausschuss. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, der vorgelegte Gesetzentwurf der Fraktion der PDS zur Änderung des Thüringer Kommunalwahlgesetzes hat in meinen Augen noch nicht einmal Neuigkeitswert und ich will das Wort vom alten Wein eigentlich nicht wieder aufgreifen.
Aber, als aus einer Weingegend kommend, muss ich doch sagen, durch Umfüllen wird alter Wein auf keinen Fall besser, um nicht noch mehr zu sagen.
Präsentiert werden altbekannte Vorschläge im Gewand eines neuen Gesetzentwurfs. Tatsächlich liegen uns hier Auszüge vor, aus dem bereits abgelehnten Gesetz zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung und weiterer kommunalrechtlicher Regelungen, das die PDS im November 2001 in den Landtag eingebracht hat und von der Mehrheit des Landtags bereits damals abgelehnt wurde.
Danach wiederholte die PDS ihre Positionen im Änderungsantrag zum Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung und anderer Gesetze noch einmal. Auch diese Änderungsanträge lehnte der Landtag im Dezember 2002 ab.
Die Landesregierung lehnt diesen Gesetzentwurf der PDS auch weiterhin ab, weil die Vorschläge zu einer Schwä
chung der Position des Bürgermeisters und Landrats führen, die in Teilen verfassungsrechtlich bedenklich und vielfach auch schlicht überflüssig sind. Zudem ist nach Ansicht der Landesregierung der gegenwärtige Zeitpunkt für eine Novellierung des kommunalen Wahlrechts völlig falsch gewählt.
Ich will nur zwei Punkte herausgreifen aus der Vielzahl der Änderungsvorschläge. Der Gesetzgeber hat erst vor einem Jahr die Amtszeit der ehrenamtlichen Bürgermeister und der Gemeinschaftsvorsitzenden auf sechs Jahre verlängert und damit auch von der Amtszeit der Gemeinderatsmitglieder bewusst entkoppelt. Es liegt auf der Hand, dass die neu gewählten Gemeinderatsmitglieder sich in ihre neuen Aufgaben erst hineinfinden müssen und durch die Verlängerung der Amtszeiten der ehrenamtlichen Bürgermeister und der Gemeinschaftsvorsitzenden hat der Gesetzgeber dafür gesorgt, dass im Normalfall in dieser Übergangsphase die Verwaltungsspitze durch erfahrene Amtsinhaber besetzt ist.
Eine Anpassung aller Amtszeiten der Verwaltungsspitzen nimmt die vom Gesetzgeber der Thüringer Kommunalordnung gewollte Stärkung der Verwaltungsspitzen gerade wieder zurück und das lehnt die Landesregierung entschieden ab. Verfassungsrechtlich bedenklich ist der Vorschlag, das kommunale Wahlrecht an den Status als Einwohner anzuknüpfen und damit quasi durch die Hintertür das generelle kommunale Wahlrecht für Ausländer einzuführen. Damit werden die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Freistaats und der Bundesrepublik missachtet. Die Aufgabenerfüllung auf der kommunalen Ebene umfasst auch die Ausübung von Staatsgewalt. Und nach der Thüringer Verfassung und dem Grundgesetz geht alle Staatsgewalt vom Volke aus und der Begriff des Staatsvolkes knüpft an die deutsche Staatsangehörigkeit bzw. an die deutsche Volkszugehörigkeit an und nur als Ausnahme davon räumt das Grundgesetz Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaft besitzen, ein aktives und passives Wahlrecht ein. Die Einführung des Kommunalwahlrechts für alle Ausländer wäre daher schlicht verfassungswidrig.
Zusammenfassend: Die Landesregierung hält es nach wie vor für zweckmäßig, die Novellierung des Thüringer Kommunalwahlgesetzes bis nach der Durchführung der Thüringer Kommunalwahlen im Jahr 2004 zurückzustellen. Bei einer Novellierung des Thüringer Kommunalwahlgesetzes sollen die bei der Durchführung der bisherigen Wahlen seit In-Kraft-Treten gewonnenen Erfahrungen ausgewertet werden. In einigen Punkten könnten die technischen Verfahrensweisen zur Durchführung der Wahlen aus Sicht der Praxis sicher etwas zweckmäßiger gestaltet werden, so z.B. die Frage, die vorhin ja schon die Sympathie des Abgeordneten Fiedler erweckt hat, dass
man bei den Wahlen bei Urnenwahl die Wahlumschläge weglassen kann. Davon abgesehen bleibt aber festzuhalten, das Thüringer Kommunalwahlgesetz hat sich bisher bewährt.
Kommunen, Wahlleiter und Wahlhelfer haben bei den Kommunalwahlen Routine mit den bestehenden Regelungen gewonnen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt besteht keine Notwendigkeit das Wahlgesetz zu ändern. Aber schon wegen der inhaltlichen Ungereimtheiten sollte dieser Gesetzentwurf dasselbe Schicksal wie seine zum Teil identischen Vorgänger erfahren und durch die Abgeordneten abgelehnt werden. Danke schön.
Es gibt eine Anfrage an die Landesregierung. Herr Staatssekretär Scherer, beantworten Sie die Anfrage der Frau Abgeordneten Sojka?
Ich habe in Ihren Ausführungen die Beantwortung vermisst, wie die Landesregierung die Ablehnung der Streichung der 5-Prozent-Hürde begründet. Würden Sie dazu noch ein paar Sätze sagen?