Protokoll der Sitzung vom 16.10.2003

lerweile Zustimmung von der F.D.P. in Baden-Württemberg, es gibt Zustimmung aus der Thüringer Handwerkerschaft - die liegt schriftlich vor - und anderen. Wir werfen der Landesregierung hier exemplarisch vor, dass sie allein schon die Prüfung eines solchen Versuchs hier im Haus verweigert hat und dies ist angesichts der Situation vieler kleiner Thüringer Betriebe tatsächlich ein Vergehen, welches nicht akzeptabel ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der PDS)

Mit einer dritten Entschließung fordern wir die Landesregierung auf, sich mit dem Bund und den Thüringer Trägern für eine Fortsetzung der Civitas-Programme einzusetzen. Meine Damen und Herren, ich will es klar sagen, diese müssen fortgesetzt werden, da sie eine demokratische, gemeinwesenorientierte Kultur befördern helfen.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, ich habe versucht Ihnen die Änderungsanträge und Entschließungsanträge der PDS in Kürze zu erläutern. Mehrheitlich schaffen diese Anträge Arbeitsplätze, sie stützen Zukunftsbereiche wie Forschung und Entwicklung und Bildung und sie stabilisieren den Sozialbereich, wo uns vieles wegzubrechen droht. Unsere Anträge sind machbar und sie sind finanzierbar, wenn man dies will. Unsere Anträge allerdings entziehen sich der Logik des ungehemmten Sozialabbaus. Ich will an dieser Stelle die Mehrheitsfraktion auffordern, sich sachlich mit den gewollten Änderungen auseinander zu setzen und an die Landesregierung geht die Aufforderung, notwendige Strukturreformen in Thüringen endlich zu beginnen. Ich will Ihnen auch sagen, dass Ihr Nachtragshaushalt dafür das falsche Signal ist.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss noch etwas zum genannten Entschließungsantrag "Honeckers Autoflotte wird versteigert" von zehn PDS-Abgeordneten sagen. Wir wollten verdeutlichen - dass ist durchaus auch im Kontext zur Kritik an der Verfahrensweise mit der Opposition zu sehen -, dass wir das Verhalten Dr. Lincks für anmaßend halten. Meine Damen und Herren, dieses Ziel ist erreicht

(Beifall bei der PDS)

und namens meiner unterzeichnenden Kollegen ziehe ich den Entschließungsantrag in der Drucksache 3/3678 zurück und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Jetzt kommen wir zum nächsten Redner, das ist der Abgeordnete Höhn, SPD-Fraktion, bitte.

Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Schnelligkeit ist keine Hexerei, sagt uns der Volksmund und die Reden zur Einbringung dieses Nachtragshaushalts sind gerade einmal so vor knapp fünf Wochen verklungen und schon befassen wir uns mit der Verabschiedung. Ob allerdings die hier an den Tag gelegte Schnelligkeit etwas mit Hexerei zu tun hat, das wage ich zu bezweifeln, es sei denn, man glaubt ernsthaft, dass unsere verehrte Frau Finanzministerin doch noch irgendwo im Nirvana Ihres Ministeriums einen Dukatenesel versteckt hat, der aber, wie wir leider schmerzlich feststellen müssen, wohl doch seinen Dienst versagt.

(Zwischenruf Diezel, Finanzministerin: Den, den Herr Schröder schon geschlachtet hat.)

Allerdings muss man dann feststellen, Frau Ministerin, mit den Hexenkünsten kann es so weit auch gar nicht her sein. Im Übrigen, mit Verlaub, Sie sehen auch gar nicht so aus.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Diezel, Finanzministerin: Vie- len Dank!)

Meine Damen und Herren, ich kann mich noch gut an die Debatte im September erinnern, als die Redner der CDU in der Reihenfolge Mohring, Althaus und Pietzsch ihr Bild von der Wirklichkeit in Thüringen und in der Bundesrepublik hier an diesem Pult gemalt haben. Auch wenn oder vielleicht auch gerade weil in Berlin Gerhard Schröder mit Joschka Fischer das Zepter schwingt, überwogen in Ihren Schilderungen oder in den Schilderungen der Drei von der Thüringer Baustelle in Richtung Bundesregierung ja wohl die schwarzen Farben und die Situation in Thüringen glänzte hingegen in leuchtendem Rosarot, obwohl hier doch Schwarz regiert.

(Zwischenruf Abg. Dr. Pietzsch, CDU: Gott sei Dank nicht rosarot!)

Ich stelle fest, Ihre Farbenlehre ist weiß Gott nicht die meine, und ich kann Ihre Schwarz-Weiß-Malerei auf der einen Seite genauso wenig nachvollziehen wie Ihre Thüringer Sichtweise durch die rosarote Brille auf der anderen Seite. Und ich weiß, ich weiß es wirklich, dass es inzwischen vielen Bürgern im Lande schon genauso geht.

(Beifall bei der SPD)

Spätestens nach den Vorschlägen der Herzog-Kommission, meine Damen und Herren, merken die Bürger, die CDU kocht auch nur mit Wasser. Geschichte wiederholt sich also doch angesichts der Debatten, die wir in der SPD führen mussten und zum Teil noch führen und die jetzt die CDU führen muss, will sie ernst genommen wer

den. Sie werden noch merken - die Bürger meine ich -, dass die soziale Gerechtigkeit in der SPD doch ihren besten Platz hat.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Sie können ruhig lachen, meine Damen und Herren. Ihr unseliges Taktieren auf Bundesebene hat nämlich endlich ein Ende, genau diese Poblematik betreffend. Lange genug hat es ja gedauert, ehe eigene Vorschläge zur Bewältigung der Probleme in den Bereichen Rente, Pflegeund Krankenversicherung vorgelegen haben.

(Beifall bei der SPD)

Bei den Steuern warten wir leider noch darauf. Wenn Sie sich nun einig werden in Ihrer Union, wohin Sie wollen mit Ihren Reformen, wenn Sie Ihren Selbstfindungsprozess abgeschlossen hätten und wüssten, welche Unionsvorschläge nun gerade die gültigen wären, dann könnte richtig was entschieden werden im Bundesrat und möglicherweise im Vermittlungsausschuss.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Vom Bundestag sprechen Sie gar nicht mehr!)

So viel zum von Ihnen allen immer wieder und fortwährend gegeißelten Durcheinander, angeblichen Durcheinander auf Bundesebene. Die Welt ist eben nicht nur schwarz und weiß, das sollten wir alle, auch in diesem Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen, mehr berücksichtigen. Es gibt nicht nur die Schlechten (die Reformer) oder die Guten, die Gralshüter der sozialen Gerechtigkeit in der Politik. Viele Dinge, von denen der Bürger auf der Straße nichts mitbekommt, weil darüber kein Journalist schreibt, laufen in Berlin gut, die laufen auch hin und wieder in Erfurt gut. Allerdings bin ich hier, Herr Althaus, als Vertreter der Opposition nicht angetreten, um Sie zu loben. Das ist nicht meine Aufgabe.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Aber es war gut!)

Ich habe die Aufgabe, die Probleme und Knackpunkte dieses Nachtragshaushalts herauszuarbeiten. Bevor ich das tue, bleibt es mir leider nicht erspart noch einmal zur großen Politik zurückzukommen, denn der Thüringer Haushalt und damit Thüringen ist nicht losgelöst, sondern ist eingebunden in die Finanz- und wirtschaftliche Situation in Deutschland, Europa, ja sogar in der Welt. Und steht es schlecht um die wirtschaftliche Entwicklung in der Welt, kann sich Deutschland als Exportnation dem nun weiß Gott nicht entziehen, damit auch Thüringen nicht. Allerdings angesichts verbesserter Wirtschaftsdaten in Thüringen von einem Althaus'schen Aufschwung zu sprechen, ist genauso vermessen und unangebracht wie den Bund für alle schlechten Daten zu geißeln. Thüringen ist keine Insel der Glückseligkeit und die geschilderten Einnahmeeinbrüche treffen unser Land

hart, sehr hart sogar. Ich will an dieser Stelle betonen, dass die Finanzministerin im Frühjahr, das habe ich schon mehrfach getan, richtig und nach unserer Auffassung auch angemessen ihrer Aufgabe nachgekommen ist und auf diese Lage nach der Steuerschätzung mit Bewirtschaftungsreserve, ja später sogar noch mit Haushaltssperre reagiert hat. Ich gehe sogar so weit und sage, es ist richtig die aufgetretenen Haushaltslöcher durch einen Mix aus Sparen und Schulden auszugleichen, wie das jetzt hier vorliegt, nur über die Höhe des Sparens, meine Damen und Herren, bestehen sehr unterschiedliche Auffassungen, also offensichtliche Diskrepanzen. Nach der Mai-Steuerschätzung gab es keine Alternative zur Aufstellung eines Nachtrags, auch wenn er eigentlich vor der Sommerpause, Frau Ministerin, hätte kommen müssen. Doch dafür, dass das Zahlenwerk erst vier Monate nach der Schätzung in den Landtag eingebracht wurde, und das habe ich bei der Einbringung betont, und ich betone es heute noch einmal, ist er zudem handwerklich schlecht gemacht. Ich sage an dieser Stelle noch einmal meinen zentralen Vorwurf anlässlich der Einbringung. Sie, die Landesregierung, versuchen sich mit einer Politik des aalglatten Verschleierns über die wirklichen Einschnitte bis zum Wahltermin durchzuwursteln, um den Leuten aus sehr durchschaubaren Gründen die Knackpunkte zu verheimlichen. Denn so viele Globale Minderausgaben gab es noch nie, in keinem Haushalt. Das ist immer ein Mittel, um als Regierung am Parlament vorbei die wahren Sparabsichten zu verschleiern.

(Zwischenruf Diezel, Finanzministerin: Große Koalition...)

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Nein, das stimmt nicht!)

Nun werden Sie mir vielleicht triumphierend entgegenhalten, Frau Ministerin, dass unsere Deckungsvorschläge ja auch nichts anderes beinhalten. Jawohl, Frau Ministerin, wie könnten Sie auch anders als die Regierung. Wenn Sie es nicht nötig haben uns Ihre wahren Absichten zu offerieren, welche Möglichkeiten hat dann die Opposition? Wir sagen sogar, wenn schon die Einsparungen über Globale Minderausgaben, das reicht eben nicht, so wie Sie da herangehen. Ich kann an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich den Vorwurf meines Kollegen Huster wiederholen, dass genau dieser Eindruck sich dadurch noch verstärkt hat, dass Sie uns als Opposition die für eine wirklich fundierte Bearbeitung dieses Nachtragshaushalts notwendigen Daten erst zwei Tage vor dieser heutigen Debatte zur Verfügung gestellt haben. Das ist einmalig in diesem Haus seit 13 Jahren und das kritisiere ich auch an dieser Stelle ganz deutlich.

(Beifall bei der SPD)

Es wurde auch schon gesagt, selbst den vorläufigen Abschluss 2002, der seit Frühjahr titelbezogen Frau Ministerin, das ist eine simple Datei, selbst die wurde uns

nicht zur Verfügung gestellt. Ich muss sagen aus der Erfahrung der letzten vier Jahre, da hat sich aber Ihr Vorgänger anders verhalten. Er ist mit diesen Dingen offener umgegangen. Ich kann mich erinnern, vor zwei Jahren, als wir schon einmal einen Nachtrag hier diskutiert haben, da hatten wir sogar die Möglichkeiten aufgrund der vorliegenden Ist-Listen sämtliche Einsparpotenziale zu lokalisieren in diesem Haushalt, und wir haben das damals auch getan. Dies war diesmal nicht möglich und das kritisiere ich ganz deutlich.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Offensichtlich sind Transparenz und unliebsame Fragen nicht erwünscht.

(Beifall bei der SPD)

Das hat auch die Anhörung im Haushalts- und Finanzausschuss ergeben. Auf manche Fragen wurde gar nicht und auf manche nur nichts sagend geantwortet. Denn, meine Damen und Herren, am Nachtragshaushalt hat es ja nichts geändert, dazu hätte es ja des Willens der CDUFraktion bedurft. Die Anhörung hat auch zu keiner anderen Bewertung geführt als ich das bei der Einbringung schon deutlich gemacht habe. Man kann ja profan sagen, mit den Nachtragshaushalten werden lediglich Ausgaben und Einnahmen einander angepasst. Aber, meine Damen und Herren, in diesem Nachtragshaushalt wird getrickst, dass sich die Balken biegen. Ich behaupte, dass, wenn man alle Veranschlagungen korrekt vornehmen würde wie in der Vergangenheit, Sie würden die 20-prozentige Investitionsquote nie und nimmer erreichen, die Sie immer wie eine Monstranz vor sich hertragen.

(Zwischenruf Diezel, Finanzministerin: Wie denn?)

Sie gaukeln der Öffentlichkeit höhere Investitionen vor als tatsächlich getätigt werden und auch die Anhörungen im Haushalts- und Finanzausschuss brachten darüber keine Klarheiten,

(Beifall bei der SPD)

beispielsweise bei dem Vorwurf unsererseits, dass sich die Globale Minderausgabe im Kapitel Wirtschaft nicht zu großen Teilen in der Titelgruppe der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur niederschlägt und damit zu Lasten der Investitionen im Freistaat geht. Meine Damen und Herren, gerade hier bei den Investitionen, bei den dramatisch zurückgehenden Investitionen muss man korrekterweise sagen, neben dem dramatischen Steigen der Nettoneuverschuldung sehen wir das als das größte Problem dieses Nachtragshaushalts an. Wir haben hier versucht einen Gegenkontrast herzustellen, indem wir höhere Investitionsausgaben insgesamt von 14,5 Mio.         zelnen Titeln und ihren Begründungen komme ich noch.

Aber dadurch, dass die Regierung und die Fraktion in den ersten Jahren dieser Legislatur, wo sie durchaus alle Möglichkeiten in der Hand gehabt haben und nach wie vor haben, nicht gewillt oder auch nicht in der Lage sind, die Thüringer Landesverwaltung zu reformieren, haben wir heute die für Thüringen schädliche Situation, dass mehr Geld für Verwaltungsausgaben gebunden wird, als bei rechtzeitigem Einlenken notwendig gewesen wäre. Dies erklärt auch die im Ländervergleich hohe Personalausgabenquote. Uns sind wichtige Jahre verloren gegangen, in denen sich die CDU noch über entsprechende Anträge der SPD lustig gemacht hat. Ja, Hochmut kommt vor dem Fall, meine Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Sagen Sie das mal Ihrem Landesvorsitzenden.)

Ich erinnere hier an dieser Stelle nur einmal an die vielen Diskussionen zum Personalentwicklungskonzept.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Dann soll- ten Sie heute einmal die Zeitung lesen.)

Der Druck unsererseits seit der vergangenen Legislatur hat zumindestens, vielleicht ist Ihnen das entgangen, Früchte getragen. Es gibt unterdessen erfreuliche Ansätze in der Verwaltung zu verschlanken. Da gibt es eine Drucksache 3/3610, eine - ich zitiere: "Konzeption zur Festlegung einer methodischen Grundlage der weiteren Verfahrensweise bei der Entwicklung eines mittel- bis langfristigen Personalentwicklungskonzepts". Das ist ja schön, dass Sie endlich unserer Forderung nachkommen, aber nicht allein auf Basis haushalterischer Überlegungen den Stellenabbau zu betreiben, sondern dort tiefgreifender heranzugehen. Aber dazu gehört noch wesentlich mehr.

Meine Damen und Herren, ein weiteres, ich sage, erfreuliches Indiz, dass Anträge der Opposition während der Haushaltsberatungen zwar regelmäßig versenkt, aber manchmal doch nicht ganz umsonst sind, ist die Tatsache, dass nun im Rahmen des Pilotprojekts Aufgabenkritik im Innenministerium - ich zitiere: "eine systematische Prüfung des Aufgabenbestandes auf seine Berechtigung bzw. Notwendigkeit unter Hinzuziehung von externen Beratern erfolgt". Fällt Ihnen da was zu den letzten Debatten auf, als wir genau einen solchen Antrag hier in diesem Plenum eingebracht hatten?