Protokoll der Sitzung vom 13.11.2003

(Beifall bei der CDU)

Ich darf jetzt noch mal aus dem Artikel zitieren, der endet folgendermaßen: "900 Ausländer studieren in Weimar; zumindest Hua Son - der Name ist von der Redaktion geändert worden - wird demnächst nicht mehr dazugehören. Sie sucht sich einen Ort, an dem sie willkommen ist und er wird nicht in Ostdeutschland liegen." Das sollte uns bedenklich machen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Zum Herrn Hahnemann möchte ich eigentlich nur so viel sagen: Herr Hahnemann, Sie schätzen selbst ein, dass Sie Vertrauen in die Polizei haben, und Sie sagen, aber nicht in Kameras. Kameras können keine Entscheidungen treffen, können keine Veranlassung geben, irgendetwas in die Wege zu leiten, das können nur Personen, Polizisten, die mit den Daten umgehen. Wer Misstrauen in Kameras hegt, der hegt zuallererst Misstrauen in die Menschen, in die Beamten der Thüringer Polizei,

(Beifall bei der CDU)

die diese Kameras bedienen.

(Beifall bei der CDU)

Das ist die logische Konsequenz,

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das ist Ihre logische Konsequenz.)

die Sie mit Ihrer Aussage treffen.

Meine Damen und Herren, zum eigentlichen Thema möchte ich sagen, dass ich, wie Ihnen ja bekannt ist, am 24. Oktober angewiesen habe, sowohl die Kameras im Bereich des Goetheplatzes als auch die im Bereich des Theaterplatzes abzubauen und die aufgezeichneten Daten zu löschen. Die Anweisungen wurden noch am selben Tag umgesetzt. Insofern ist der SPD-Antrag erledigt. Der bezieht sich nämlich nur auf den Goetheplatz.

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Darauf kann man doch nicht stolz sein.)

Über eine etwaige Wiederaufnahme des Pilotprojekts auf dem Theaterplatz werden wir erst nach intensiver Prüfung, die ausdrücklich auch die Ergebnisse der parlamentarischen Debatte mit einschließt, entscheiden.

Meine Damen und Herren, es ist selbstverständlich das legitime Recht des Gesetzgebers, die von ihm verabschiedete Rechtsnorm im Rahmen der Evaluierung jederzeit auf den Prüfstand zu stellen. Nur die Wirkung einer Norm sollte sinnvollerweise nach ihrer realen Anwendung beurteilt werden und nicht im Rahmen einer theoretischen Diskussion.

(Beifall bei der CDU)

Von daher war und ist es richtig, dass die konkreten Maßnahmen der Videoüberwachung in Weimar im Rahmen des Pilotprojekts diskutiert werden. Die Landesregierung hat keinen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Befugnisnorm für die Videoüberwachung. Ich verweise hier vor allem auf die Aussagen des Justizministers im Justizausschuss am 4. November 2003. Und dass wir nichts zu verbergen haben, das zeigt einmal der öffentliche Umgang mit dieser Sache. Sowohl der Innenausschuss hat öffentlich getagt wie auch der Justizausschuss öffentlich getagt hat.

Lassen Sie mich mit Blick auf die Begründung des Antrags der PDS-Fraktion noch einige rechtliche Ausführungen zum Pilotprojekt in Weimar machen. Dass Videoüberwachung insbesondere und vor allem, wenn sie durch die Polizei vorgenommen wird, auch unter Verweis auf verfassungsrechtliche Aspekte heftig diskutiert wird, ist eine unbestreitbare Tatsache und angesichts der Grundrechtsrelevanz dieser Maßnahmen auch selbstverständlich. Ich weise jedoch darauf hin, dass Thüringen eine vergleichbare Regelung, wie sie auch in 14 anderen Ländern vorzufinden ist, getroffen hat. Einen Sonderweg Thüringens gibt es schon gar nicht. Videoüberwachung gibt es in zahlreichen größeren und kleineren Städten, in Dresden, Halle, Leipzig, Potsdam, Bernau, Regensburg, Stuttgart, Mann

heim, Frankfurt, Kassel, Magdeburg. Ich möchte nur darauf verweisen, meine Damen und Herren von der SPD, in Magdeburg ist im Jahre 2000 auf zwei Parkplätzen Videoüberwachung installiert worden und in Halle ebenfalls am Marktplatz.

(Zwischenruf aus der SPD-Fraktion: Das ist vorbereitet worden...)

Das war eine SPD-Minderheitsregierung mit Tolerierung der PDS, Herr Hahnemann.

(Unruhe bei der SPD)

Im Jahre 2002 ist das im Innenstadtbereich in Magdeburg noch vor der Wahl erweitert worden. Fest steht, dass in den wenigen...

(Unruhe bei der SPD)

Ich musste mir Ihre Beiträge anhören, nun hören Sie wenigstens mal meinem Beitrag zu.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Befassen Sie sich mit Thüringen, Herr Minister.)

Nein, ich rede zu den Anträgen. Der Antrag enthält Begründungen und ich muss auf die Tatsachen, die in der Begründung aufgeführt werden, reagieren können, Herr Höhn. Da empfehle ich Ihnen ganz einfach mal, die Anträge durchzulesen. Ich rede zu den Anträgen.

(Beifall bei der CDU)

Fest steht auch, dass in den wenigen Fällen gerichtlicher Überprüfung der Rechtsgrundlagen für polizeiliche Videoüberwachung bisher die Vereinbarkeit mit der Verfassung festgestellt wurde. So hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, der kürzlich in zweiter Instanz über die Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung in Mannheim zu entscheiden hatte, keinen Zweifel an der Verfassungsmässigkeit der entsprechenden Bestimmungen im Polizeigesetz Baden-Württembergs geäußert.

Zum Vorwurf, die materiellen Voraussetzungen für die Videoüberwachung seien nicht gegeben gewesen, ist festzuhalten, dass der § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Polizeiaufgabengesetz einen öffentlich zugänglichen Ort verlangt, an dem tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dort Straftaten verabredet, vorbereitet oder verübt werden sollen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das habe ich vorhin schon mal vorgelesen. Sie wollten es nicht hören.)

Herr Hahnemann, da haben wir ein anderes Rechtsverständnis dazu. Was ist eine Straftat? Was muss eigentlich passieren? Ich bin mit Ihnen in Ihrer Verharmlosung von bestimmten Straftaten nicht einer Meinung.

(Beifall bei der CDU)

Ob das die Mehlbeutel von Herrn Dittes sind, wie Sie vorhin gesagt haben, ob Sie mich kritisieren, weil ich gesagt habe, in Ohrdruf wäre jemand zusammengeschlagen worden, dabei ist ihm nur das T-Shirt heruntergerissen und zerfetzt worden. Straftat ist Straftat.

(Beifall bei der CDU)

Die Straftaten können sowohl auf dem Straftatenaufkommen in der Vergangenheit, aber auch, wie der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in dem bereits angesprochenen Urteil festgestellt hat, aus der polizeilichen Einsatzstatistik entnommen werden. Lassen Sie mich an dieser Stelle auch darauf hinweisen, dass bei der Frage, ob ein Kriminalitätsschwerpunkt vorliegt, es nicht auf den landesweiten Vergleich ankommt, sondern dass die örtlichen Verhältnisse, hier also in Weimar, maßgeblich sind.

(Beifall bei der CDU)

Diese grundsätzlichen Voraussetzungen waren und sind nach Auffassung der Landesregierung sowohl in Bezug auf den Theaterplatz als auch auf den Goetheplatz in Weimar erfüllt. Zu den zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblichen Einzelheiten, nämlich den statistischen Angaben zu polizeilichen Maßnahmen, darf ich auf die Antwort zu Ihrer Kleinen Anfrage 744 verweisen. Ich verweise auf meine Ausführungen in der öffentlichen Sitzung des Innenausschusses am 23. Oktober.

Meine Damen und Herren, bei der Frage der rechtlichen Zulässigkeit einer Maßnahme ist aber in die Prüfung auch einzubeziehen, inwieweit andere, möglicherweise übergeordnete Erwägungen die Maßnahme beeinflussen. Das ist auf jeden Fall die Tatsache, dass in den Überwachungsraum Zeitungsredaktion, das Haus der Demokratie und eine Rechtsanwaltspraxis fielen, und dieser Umstand ist durch die Verfahrenssicherung in der Dienstanweisung, also auch durch technische Vorkehrungen berücksichtigt worden.

Wissen Sie, Herr Hahnemann, was mir da auch immer missfällt - Ihre Aussage, eine Maske auf dem Videobildschirm. Die Maske bedeutet, dass dort keine Daten erhoben werden, weil die Maske in der Kamera ist. Es werden also keine Daten ausgeblendet, sondern dort, wo eine Maske vorhanden ist, werden keine Daten erhoben.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Aber der Ministerpräsident hat doch gesagt...)

Es muss sich auch vielleicht mal mit den technischen Möglichkeiten sehr intensiv befasst werden. Natürlich, wenn man den Ministerpräsidenten fragt, ob eine Maske, die über die Daten gelegt wird, der Sache Rechnung trägt...

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Die müsste doch so groß sein, dass es keinen Sinn mehr macht...)

Herr Gentzel, hören Sie mir doch mal zu. In dem Moment, wo nämlich eine Maske über Daten gelegt wird, da hat der Ministerpräsident vollkommen Recht, dass das nicht hilft, weil nämlich die Aufzeichnungen von Daten in sensiblen Bereichen verhindert werden muss. Das ist erfolgt.

(Beifall bei der CDU)

Da gibt es auch überhaupt keinen Widerspruch zu Aussagen des Ministerpräsidenten und meinen Aussagen. Jeder antwortet auf eine bestimmte Fragestellung. Natürlich wurde durch entsprechende Programmierung im Bereich des Goetheplatzes die Aufnahme von Daten im Bereich der Obergeschosse des Pressehauses unterbunden. Das Resultat können Sie in der "Thüringer Allgemeinen" vom 21. Oktober abgebildet sehen. Die Aussage der Datenschutzbeauftragten im Innenausschuss ist auch vollkommen korrekt, dass im Rahmen des Zoomens nämlich diese Maske bis herunter in den Eingangsbereich gezogen worden ist, so dass keine Personen in diesem Bereich hätten identifiziert werden können.

Natürlich sind neben der rechtlichen Prüfung selbstverständlich weiter gehende Erwägungen vorzunehmen. Ich sage ganz offen, dass in dem Verfahren insbesondere intensive Gespräche mit Anrainern schlicht und einfach vernachlässigt worden sind. Da ist nichts Schlimmes dabei, wenn man hier ganz offen sagt, dass im Rahmen eines Pilotprojekts auch Fehler aufgetreten sind, weil man nämlich dann auch solche Fehler zukünftig vermeiden kann.

(Beifall bei der CDU)

Vielleicht hat man das gerade deswegen vernachlässigt, weil das Pilotprojekt offen und transparent entwickelt und umgesetzt worden ist. Ich erinnere an die PDS-Veranstaltung im Mai auf dem Theaterplatz, ich erinnere an Stadtratsbefassungen, an die Beantwortung der Kleinen Anfrage.

(Zwischenruf Abg. Dr. Hahnemann, PDS: Hätten Sie die Veranstaltung gemacht, wenn wir sie nicht gemacht hätten?)