Protokoll der Sitzung vom 11.12.2003

Herr Staatssekretär Illert, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, zu Frage 1 und 3: Die Landesregierung legt gemäß Artikel 102 Abs. 1 Thüringer Verfassung die Haushaltsrechnung für das jeweilige Haushaltsjahr im Verlauf des darauf folgenden Rechnungsjahrs dem Landtag vor. Diese Rechnungslegung ermöglicht die Wahrnehmung der parlamentarischen Haushaltskontrolle. Den Vorwurf der Geheimniskrämerei weist die Landesregierung ausdrücklich zurück. Die Landesregierung hat dem Landtag weder Informationen vorenthalten noch bestehende parlamentarische Kontrollrechte eingeschränkt.

(Zwischenruf Abg. Doht, SPD: Niemals.)

Bei einem objektiven Betrachter kann ihre Verfahrensweise einen entsprechenden Eindruck nicht erwecken. Dem Parlament steht die Beschlussfassung über Haushaltsgesetz und Haushaltsplan zu. Die Regierung hat die alleinige Zuständigkeit für die Ausführung des Haushaltsplans.

Anhand der Haushaltsrechnung kann die Einhaltung des Budgets überprüft und über die förmliche Entlastung der Regierung entschieden werden. Die Landesregierung hat in diesem Jahr entsprechend bisheriger Übung am 23. Mai 2003 die Mitglieder des Haushalts- und Finanzausschusses über den vorläufigen kassenmäßigen Abschluss des Landeshaushalts 2002 informiert. Das ist die Vorlage 3/1867. Sie hat darüber hinaus den Mitgliedern des Haushalts- und Finanzausschusses Übersichten über alle Einnahmen und Ausgaben des Landeshaushalts auf der Ebene der Obergruppen übermittelt. Eine ähnlich detaillierte Darstellung ist nur in wenigen anderen Ländern üblich. Die Erstellung des endgültigen Jahresabschlusses für 2002 ist durch Ausbleiben fälliger Zahlungen der EU aus der abgeschlossenen zweiten Förderperiode, die die Landesregierung nicht zu vertreten hat, verzögert worden. Deshalb konnten die Haushaltsbücher für das Jahr 2002 erst zu einem relativ späten Zeitpunkt geschlossen und mit der Erstellung der endgültigen Haushaltsrechnung begonnen werden.

Die Landesregierung ist von den in den Vorjahren geübten Verfahrensweise der Übermittlung von titelbezogenen Buchungslisten abgerückt, weil die Praxis gezeigt hat, dass sich daraus die zahlreichen haushaltsrechtlich vorgesehenen Deckungs- und Übertragungsmöglichkeiten nur unzulänglich entnehmen lassen. Die titelbezogenen Übersichten haben daher immer wieder zu Missverständnissen hinsichtlich der Inanspruchnahme der Ausgabenermächtigungen geführt.

Zu 2: Die Landesregierung wird die Haushaltsrechnung auch in diesem Jahr fristgerecht vorlegen. Bedarf, den Mitgliedern des Haushalts- und Finanzausschusses daneben

eine zusätzliche Buchungsübersicht zu übersenden, erkennt die Landesregierung nicht.

Es gibt eine Nachfrage. Bitte, Herr Abgeordneter Gerstenberger.

Herr Staatssekretär, als objektiver, allerdings aus der Opposition stammender Betrachter hätte ich da eine Nachfrage bzw. zwei. Die Erste: Warum ist es dann der Landesregierung im Rahmen der Nachtragshaushaltsdiskussion nicht gelungen, titelbezogene Listen und Übersichten dem Ausschuss zur Beschlussfassung zur Verfügung zu stellen? Und das Zweite: Wenn die Abrechnung titelbezogen zu Missverständnissen führt, wäre es da nicht sinnvoll, auch die Aufstellung des Haushalts in Zukunft nicht mehr titelbezogen zu machen?

Letzteres wäre zweifellos nicht sinnvoll. Zu dem ersten Punkt: Der Nachtragshaushalt hatte, wie Sie wissen, nur punktuelle Änderungen im Vergleich zum Gesamthaushalt, deswegen war eine Gesamtdarstellung nicht notwendig.

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Auch keine Listen.)

Dem Haushalts- und Finanzausschuss stand die Landesregierung in allen ihren Gliederungen zu jeder Auskunft zur Verfügung.

(Heiterkeit bei der SPD)

Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Wir sind zwar ein bisschen über der Zeit, aber wir haben noch eine Frage, die werden wir jetzt noch abarbeiten, und zwar in Drucksache 3/3790. Bitte, Herr Abgeordneter Hahnemann.

Danke, Frau Präsidentin.

Vergabe von Kfz-Kennzeichen

Trotz der grundsätzlichen Sperre von bestimmten KfzKennzeichen mit den Buchstabenpaaren SA, HJ, SS oder KZ fallen im Straßenverkehr Kfz-Kennzeichen auf, durch deren Buchstaben- oder Zahlenkombination der Eigentümer des Fahrzeugs gegebenenfalls seine Unterstützung für rechtsextreme Organisationen oder Ideologien zum Ausdruck bringt. So können Kombinationen mit den Buchstaben AH, HH, OI oder BH zusammen mit entsprechen

den Zahlencodes, z.B. 18, 88, 28, 14 beobachtet werden.

Die Autokennzeichen können den Pkw-Inhabern oder Nutzern als Zeichen der Sympathie für die rechtsextreme Szene oder deren Gedankengut sein. Darüber hinaus dienen diese Codes wie auch entsprechende Kennzeichen auf Kleidungsstücken der internen Verständigung.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Buchstaben- oder Zahlenkombinationen sind durch Erlass untersagt?

2. Welche weiter gehenden Festlegungen wurden durch Landkreise oder kreisfreie Städte getroffen?

3. Können schon vergebene Kennzeichen wieder eingezogen werden und kam es schon zu solchen Maßnahmen?

4. Gibt es Ähnliches zu Buchstaben- und Zahlenkombinationen aus dem Bereich der satanistischen Symbolik?

Herr Staatssekretär Richwien, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich beantworte die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hahnemann für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Zu Ihrer 1. Frage: Die Zuteilung und Ausgestaltung der amtlichen Kennzeichen für die Kraftfahrzeuge erfolgt nach bundesrechtlichen Vorschriften. Nach Bundesrecht besteht keine grundsätzliche Sperre bestimmter Zahlen- und Buchstabenkombinationen. Vom Bundesverkehrsministerium erging an die Bundesländer die Empfehlung, Kombinationen, die auf ehemalige nationalsozialstische Vereinigungen oder Einrichtungen hinweisen, nicht zu verwenden. Im Bund-Länder-Fachausschuss Fahrzeugzulassung wurde sich auf SA, HJ, SS, KZ und NS geeinigt.

Zu Ihrer 2. Frage: Da es sich um Bundesrecht handelt, können dazu keine weiter gehenden Festlegungen durch die unteren Verwaltungsbehörden getroffen werden.

Zu Ihrer 3. Frage: Nach einhelliger Rechtsauffassung besteht für eine Einziehung keine Rechtsgrundlage.

Zu Ihrer 4. Frage: Die satanistische Symbolik weist eine Vielzahl von Zeichen auf, die aber in der Regel nicht aus den amtlichen Kfz-Kennzeichen gebildet werden können. Nach vorliegendem Kenntnisstand gibt es keine gesperrten Buchstaben- und Zahlenkombinationen, die dem satanistischen Bereich zuzuordnen wären.

Vielen Dank. So, das war die Fragestunde, Tagesordnungspunkt 19 und ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 20 auf

Aktuelle Stunde

a) auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: "Stand der Umsetzung des Landesprogramms 'Schuljugendarbeit an Thüringer Schulen'" Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/3770

Zunächst Herr Abgeordneter Seela. Entschuldigung, der Minister wollte zuerst? Herr Seela, Sie können noch mal Platz nehmen bitte. Ich habe das nicht gleich gesehen. Bitte, Herr Minister. Aber Sie kommen ja auch noch dran.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, das war so abgestimmt.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Das wusste ich nicht.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Landesprogramm "Schuljugendarbeit" kann auf einen geglückten Start verweisen. Die ersten Projektschulen konnten bereits zum Tag der offenen Tür hier im Thüringer Landtag ihre ersten Ergebnisse präsentieren. Nachdem Ende 2002 in den Doppelhaushalt 2003/2004 erstmalig ein Titel für Schuljugendarbeit eingestellt worden war, hat der Ausbau außerunterrichtlicher Betreuungs- und Förderangebote im Sozialraum Schule mit der bereits Mitte März 2003 in Kraft getretenen Förderrichtlinie zur Schuljugendarbeit die notwendige Rechtssicherheit erhalten. Die Arbeitsstelle für Schuljugendarbeit am staatlichen Schulamt Jena hat am 1. Juli 2003 ihre Tätigkeit in vollem Umfang aufgenommen. Sie hat erfolgreich sichergestellt, dass die beantragten und bewilligten Projekte der Schuljugendarbeit spätestens mit Beginn des neuen Schuljahres umgesetzt werden konnten.

Die Projekte der Schuljugendarbeit sind gekennzeichnet durch bedarfsorientierte außerunterrichtliche Betreuungsund Förderangebote für alle Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 5 bis 10 an Regelschulen, Gymnasien und Gesamtschulen auf der Basis eines von der Schulkonferenz beschlossenen pädagogischen Gesamtkonzepts der Schule, auch in Kooperation mit Partnern der Schule; ein freiwilliges und verlässliches Angebot von Jugendarbeit an und in Verantwortung der Schule zur Stärkung des Sozialraums Schule also. Nicht in diese Förderung einzuschließen sind Grundschulen, da diese in Thüringen bereits über ein bedarfsdeckendes Hortangebot verfügen.

Bedingt förderfähig sind Förderschulen, da diese ohnehin als Ganztagsschulen organisiert sind.

Meine Damen und Herren, bis zu 80 Prozent der Sachund Honorarkosten der unterschiedlichsten Angebote über Sport und Spiel, Theater, Musik, Medien, Kunst, Umwelt, Gewalt- und Suchtprävention, Gesundheitsförderung, Sozialprojekte, Berufsorientierung oder praktische Lebenshilfe bis hin zur Hausaufgabenbetreuung können so gefördert werden. Für den Eigenanteil von 20 Prozent besteht für die Träger der Schuljugendarbeit auch die Möglichkeit, geldwerte Leistungen einzubringen. Das freut mich ganz besonders, dass die Thüringer Ehrenamtsstiftung den Impuls zur Anerkennung ehrenamtlicher Tätigkeit im Rahmen der Schuljugendarbeit positiv aufgenommen hat. Ein gemeinsames Papier zu den Grundsätzen einer solchen Anerkennung liegt vor und ist auch im Internet verfügbar. Bisherige Maßnahmeträger sind überwiegend Schulfördervereine und andere freie Träger der Jugendarbeit, aber auch Sport- und Musikvereine oder Gebietskörperschaften.

Ziele der Schuljugendarbeit sind: Sicherung des Erziehungsrechts der Eltern bei veränderten gesellschaftlichen Bedingungen durch Mitgestaltung des Konzepts der Schuljugendarbeit in der Schulkonferenz, Stärkung der Eigenverantwortung und Eigeninitiative der Schüler bei der Gestaltung des Schullebens, Entlastung der Lehrer durch Einbeziehung externer Erziehungspotenziale, Vernetzung der Angebote von Schule und Jugendarbeit in der Region, Vernetzung von Schule und regionalen Partnern z.B. Vereinen, Verbänden, Kirchen und Wirtschaft, Verknüpfung von formeller und informeller Bildung, Förderung von Interessen und Begabungen über den Unterricht hinaus, Anleitung zu sozialem Engagement, Schaffung von Freiräumen für soziales Lernen, Anregungen zur sinnvollen und verantwortungsbewussten Freizeitgestaltung und schließlich Unterstützung auch bei Schwierigkeiten und Krisen.

Schuljugendarbeit ist allerdings kein zielgruppenorientiertes Programm nach den Bedingungen von § 13 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes wie etwa die Schulsozialarbeit. Schuljugendarbeit richtet sich an alle Schülerinnen und Schüler einer Schule. Schuljugendarbeit kann und soll aber bei entsprechendem Bedarf mit Schulsozialarbeit vernetzt werden. Dazu können Schule und Jugendhilfe eng miteinander kooperieren und ihre spezifischen Ressourcen kombinieren.

Im Bereich der Klassenstufen fünf bis zehn schafft das Landesprogramm für Schuljugendarbeit übrigens die entscheidenden Voraussetzungen für ein Gelingen des Ganztagsschulprogramms des Bundes, "Zukunft Bildung und Betreuung" heißt es. Die Bewilligung von Investmitteln dieses Programms für die Schulträger ist an die Vorlage eines vom Land bestätigten pädagogischen Ganztagsschulkonzepts gebunden. Meine Damen und Herren, in zähen Verhandlungen mit dem Bund ist es gelungen, Schulen mit Schuljugendarbeit, die der KMK-Definition von Ganztagsschu

len entsprechen, förderfähig zu machen. Mehr dazu werde ich im zweiten Teil der Aktuellen Stunde ausführen können.

Nun zum aktuellen Stand der Umsetzung des Landesprogramms Schuljugendarbeit im Einzelnen. Bis November 2003 konnten wir 402 Anträge bewilligen, davon 20 von freien Schulträgern. Mit 209 Schulen, die Schuljugendarbeit leisten, dominiert die Regelschule, gefolgt von 82 Gymnasien und 16 Förderzentren, den Rest bilden Schulen in freier Trägerschaft, Landesschulen und Gesamtschulen. Zu gegebener Zeit wird das Kultusministerium eine differenzierte inhaltliche Bilanz der Schuljugendarbeit vorlegen. Bisher wurden 2,48 Mio.     werden gegebenenfalls im Januar die Übertragung von Restmitteln beantragen.

Das Kultusministerium informierte die interessierte Öffentlichkeit sofort beim Start des Programms mit Informationsveranstaltungen, Broschüren und im Internet über die Schuljugendarbeit. Diese ist bereits im ersten Jahr zu einem Begriff im Freistaat geworden. Die Medien haben ausführlich über gute Beispiele berichtet und das ist aus gutem Grund auch richtig. Das Konzept ist pädagogisch durchdacht, basisnah, praxisorientiert und am Lebensumfeld ausgerichtet. Meine Damen und Herren, Schuljugendarbeit regt ausdrücklich zur Kooperation zwischen Schulen, Fördervereinen, Trägern der Jugendhilfe, Sportvereinen, Verbänden, Kirchen und anderen Partnern an. Sie respektiert aber auch die Verantwortung der Eltern für die Erziehung ihrer Kinder und schafft damit einen zeitgemäßen Rahmen für eine moderne Partnerschaft zwischen Schule und Elternhaus. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Döring, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sie hier noch ausharren, meine Damen und Herren von der CDU, ich möchte Sie konkret ansprechen, dass Sie über zehn Jahre gebraucht haben, um zu begreifen, dass nachmittägliche Angebote an unseren Schulen sowohl notwendig sind als auch erfolgreich umgesetzt werden können, ist nun wahrlich kein Grund in Euphorie auszubrechen.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Wir haben es schon früher gemerkt.)