Protokoll der Sitzung vom 12.12.2008

Meiner Meinung nach sind das alles Punkte, denen auch vor Ort noch mal nachgegangen werden sollte. Also an der Stelle auch meine Bitte an die Abgeordneten aus dem Landkreis Sömmerda, da noch mal zu schauen, zumal der Betreibervertrag im nächsten Jahr nach Aussage des dortigen Amtes endet, und hier wirklich für eine Verbesserung zu sorgen. Ich will dazusagen, der Ausschuss hat diese Einrichtung nur beispielgebend besucht, ohne damit alle Einrichtungen über einen Kamm scheren zu wollen, aber die Probleme existieren so natürlich auch in anderen Einrichtungen. Was sich in dem Zusammenhang als schwierig gestaltete, war die Frage, den Landkreistag anzuhören. Der Landkreistag hatte in der Anhörung hier im Landtag ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er bereit ist, sich der Frage der Gemeinschaftsunterkünfte nochmals nach einer ausführlicheren Vorbereitung zu widmen. Das war erst

nach mehreren Nachfragen dann möglich, erfolgte schriftlich und ist auch von Ihnen nachzulesen.

Zur Auswertung durch den Gleichstellungsausschuss möchte ich so viel sagen: Wir haben festgestellt, dass in Thüringen eine Sondersituation im Bereich von Migranten insoweit existiert, dass wir einfach sehr geringe Fallzahlen haben, was das Agieren gerade im Hilfenetz oftmals schwieriger macht, aber wir haben auch festgestellt, dass die Frage der Integration, was auch Thema der Großen Anfrage der CDU-Fraktion war, also Integrationspolitik, eine Querschnittsaufgabe ist und ein breites Netzwerk an der Stelle notwendig ist.

Wir haben in der Auswertung festgestellt, dass gerade in der Frage der Bildung und Ausbildung noch einmal verstärkt auf Arbeitsagenturen und die Bundesanstalt zugegangen werden sollte, um berufsbezogene Deutschkurse anzubieten und Deutschkurse insgesamt noch mehr aus ihrer Starre herauszuholen und flexibler und damit auch für Menschen dann effektiver zu gestalten. Wir haben festgestellt, dass es notwendig ist, insgesamt in Ämtern, aber im Besonderen in Fragen der beruflichen Orientierung Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu stärken, das heißt, hier auch wirklich für interkulturelle Kompetenz vor Ort und bei der Arbeit zu sorgen.

Ich möchte noch einmal darauf eingehen, was am Ende die Schlussfolgerungen des Gleichstellungsausschusses waren. Wir haben in den Schlussfolgerungen festgestellt, dass wir der Meinung sind, dass es notwendig ist, ein Integrationskonzept für Migrantinnen und Migranten zu erarbeiten bzw. zu überarbeiten, verbesserte Angebote der Sprachförderung zu machen unabhängig vom Rechtsstatus und insbesondere auch berufsbezogene Deutschkurse anzubieten, Mindeststandards in der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften zu schaffen und als ersten Schritt hierzu eine Rechtsverordnung zu erlassen. Wir haben uns aber auch dafür ausgesprochen, dass bevorzugt Frauen, Familien und ältere Flüchtlinge in Einzelunterkünften untergebracht werden sollten.

(Beifall DIE LINKE)

Wir wollen eine Verbesserung der Information über und eine Vernetzung aller aktuellen Hilfsangebote für Migrantinnen/Migranten und Flüchtlinge - das ist die Frage des Netzwerkes, was ich angesprochen habe - und eine Verbesserung der Anerkennung beruflicher Abschlüsse. Weiterhin fordert oder wünscht sich der Gleichstellungsausschuss eine Verbesserung der beruflichen Integration und hier im Besonderen ein Konzept zusammen mit der Bundesagentur und ein Verbundprojekt zur Integration, zum Spracherwerb und zur beruflichen Orientierung bzw. Wie

dereingliederung. Dementsprechend auch die Anforderungen an die ARGEn und die jeweils zuständigen Behörden des Landes, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fortzubilden und die Anerkennung der im Ausland erworbenen Abschlüsse zu erleichtern.

Weiterhin verständigte sich der Gleichstellungsausschuss darauf, eine stärkere Unterstützung der von Gewalt bedrohten und betroffenen Frauen an der Stelle zu leisten, weil - das will ich als Hintergrund kurz ansprechen - wir feststellen mussten, dass überproportional Frauen mit Migrationshintergrund sich in Frauenhäusern wiederfinden, also überproportional zu ihrem Anteil an der Bevölkerung, und hier offensichtlich ein besonderer Handlungsdruck existiert.

Als letzten Punkt haben wir uns darauf verständigt, dass wir uns für die Finanzierung einer Beratungsstelle für Flüchtlinge aussprechen und die Notwendigkeit einer speziellen Beratungsstelle, einer psychosozialen Beratungsstelle für Flüchtlinge einsetzen werden.

Zum Schluss möchte ich kurz anfügen, dass ich hoffe, dass wir nach der guten und sehr umfänglichen Diskussion im Gleichstellungsausschuss darauf hoffen und darauf vertrauen, dass entsprechend dieses Ergebnisses auch wirklich der Landtag und die Landesregierung tätig werden. Dementsprechend hoffen wir auch heute auf eine gute Diskussion. Ich danke Ihnen.

(Beifall DIE LINKE)

Ich eröffne die Aussprache und rufe für die CDUFraktion Frau Abgeordnete Tasch auf.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, mir bleibt jetzt nicht mehr viel zu sagen, denn Frau Wolf hat ausführlich den Werdegang dargestellt, die vielen Beratungen, die wir durchgeführt haben. Sie haben gesagt, eigentlich waren wir nicht dafür zuständig, aber es war der Antrag der CDU-Fraktion, diese beiden Großen Anfragen an den Gleichstellungsausschuss zu überweisen, weil wir uns gerade noch einmal mit der Frage der Situation von Frauen und Familien beschäftigen wollten. Deshalb ist diese Befassung auch zustande gekommen.

Frau Wolf, Sie haben jetzt wirklich sehr ausführlich alles dargestellt, die Zeit, die Intensität, mit der wir hier vorgegangen sind, in zehn Sitzungen uns dieses Themas anzunehmen, eine sehr umfangreiche

Anhörung haben wir durchgeführt, die sechs Stunden ging. Von 25 Anzuhörenden haben 12 teilgenommen. Daran sieht man schon, wie lang und wie viel Zeit wir uns für das Thema genommen haben. Wir haben auch von vielen guten Beispielen hier in Thüringen gehört: das Beispiel der Volkshochschule Weimarer Land, die bei diesem Thema wirklich eine Vorreiterrolle spielen; das Thema, wie geht die Stadt Erfurt mit Migrantenkindern um, indem sie mehr Erzieherinnen zur Verfügung stellt; das Beispiel von vielen Landkreisen, die Ausländerbeauftragte haben, aber auch Integrationskonzepte; es gibt einige Landkreise und kreisfreie Städte schon, die das haben; all diese guten Beispiele, die es gibt, aber auch das Negative, was es auch gibt. Sie haben ja davon gesprochen, dass wir in Gangloffsömmern waren. Im Ergebnis dieser zehn Beratungen haben wir uns dann auf einen Bericht geeinigt. Der Bericht enthält auch Handlungsempfehlungen. Ein strittiges Thema sind Gemeinschaftsunterkünfte oder auch Gutscheine. Bei den Gemeinschaftsunterkünften sind wir auch der Auffassung, dass es zu einer Rechtsverordnung kommen sollte. Es müssen Mindeststandards festgelegt werden, was auch die baulichen Geschichten anbetrifft. Aber ich möchte jetzt nicht noch einmal alles ausführen.

Wir, die CDU-Fraktion, werden uns jetzt noch einmal die Handlungsempfehlungen in aller Ruhe vornehmen. Die eine Seite ist, dass die Landesregierung, das Parlament, aber auch die Landkreise, also viele Partner hier gefragt sind, aber auch die ARGEn. Frau Wolf hat alles aufgezählt, ich brauche mich nicht zu wiederholen.

Der Bericht ist sehr umfangreich. Ich bedanke mich auch einmal bei der Verwaltung, bei allen Mitgliedern des Gleichstellungsausschusses, die dieses möglich gemacht haben. Es gibt noch viel zu tun. Wir werden uns jetzt in aller Ruhe den Bericht vornehmen und schauen, wo können wir zur verbesserten Situation beitragen, denn Integration ist eine wichtige Aufgabe und der werden wir uns stellen. Nochmals herzlichen Dank an alle, die hier in großer Sachlichkeit an dem Thema gearbeitet haben. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Pelke zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann mich nahtlos den Dankesworten anschließen und einfach feststellen, dass es im Nach

hinein gesehen - ich weiß, dass die Entscheidung damals von dem einen oder der anderen belächelt wurde -, ein Glücksgriff war, dass wir parteiübergreifend entschieden haben, die beiden Anfragen im Gleichstellungsausschuss zu beraten; die Schwerpunkte hätten sicherlich in den verschiedensten Ausschüssen gelegen. Aber was in den vergangenen Monaten in der Vielzahl von Sitzungen und Ortsterminen im Gleichstellungsausschuss gelungen ist, das ist parlamentarische Arbeit, wie ich sie mir eigentlich immer wünsche hier in diesem Haus,

(Beifall CDU, DIE LINKE)

die sachliche Diskussion im Interesse der Betroffenen. Die Diskussion war auch sehr stark vom Interesse an der Lebenssituation der Menschen mit Migrationshintergrund geprägt. Es war das ernsthafte Bemühen aller Fraktionen vorhanden, Missstände zu erkennen und auch Vorschläge zur Verbesserung zu machen.

Ich hatte vorhin schon bei der Diskussion, als es um die Frage der Gemeinschaftsunterkünfte ging, unsere Position für Gemeinschaftsunterkünfte genannt. In erster Linie muss insbesondere für Frauen und Familien die Frage einer Einzelunterbringung gewährleistet sein und die Standards in den Gemeinschaftsunterkünften - Kollegin Tasch hat es auch angesprochen - müssen festgelegt werden, damit es wirklich menschenwürdige Bedingungen sind. Ich will das auch nicht als Bösartigkeit an denen hier im Raum stehen lassen, die die Arbeit vor Ort machen. Oftmals sind Hemmnisse da, die aus dem Weg geräumt werden müssen, und da hatte ich auch vorhin schon gesagt, da muss das Land Grundsätze festschreiben, die keiner unterschreiten kann.

Es ist mit angesprochen worden, und das ist mir ein ganz wesentlicher Aspekt, die Frage der beruflichen Integration von insbesondere jungen Menschen, die zu uns kommen, weil letztendlich auch diese Frage der Schwerpunkt dafür ist, wie es uns gelingt, die Integration der Generation der Zuwanderer und auch der Nachfolgegeneration zu regeln und, ich glaube, das ist auch unsere Aufgabe. Insbesondere haben wir feststellen können in den vielen Diskussionen, dass eine gute Migrationspolitik natürlich auch schwerpunktmäßig eine gute Politik für und mit Frauen sein muss und mit Familien. Ich sage das bewusst auch in beiderlei Richtungen. Oftmals wird immer die Frau unter Familie subsumiert, aber, ich denke, gerade die Rolle der Frau in diesem Zusammenhang ist auch ganz wichtig, weil letztendlich wie in vielen anderen Fällen auch noch mal der Schwerpunkt dessen, was zu leisten ist, was zu tun ist, was zu ertragen ist, auch oftmals von Frauen zu tragen ist.

Insofern ist mir ein ganz wichtiger Punkt - und auch der ist hier schon angesprochen worden - die Sprachkompetenz der Kinder und der Frauen. Oftmals ist es so, dass Kinder auch sehr viel schneller in die neue Sprache mit eingebunden werden können. Insofern, denke ich, ist es auch ganz wichtig, in den Kindereinrichtungen und in den Schulen dafür Sorge zu tragen, dass Sprachangebote gegeben werden, dass es hier eine vernünftige Begleitung gibt und dementsprechendes Personal, das ist natürlich dann eine zwangsläufige Bedingung. Sie alle wissen, dass es mittlerweile ja einen Bildungsplan von 0 bis 10 gibt, der auch noch mal festschreibt, dass hier Arbeit mit Kindern und Eltern geleistet werden muss. Das ist gerade ein Aspekt, der für Familien mit Migrationshintergrund ein ganz wichtiger ist.

Lassen Sie mich nur ein Beispiel nennen: Wir haben eine Anfrage der SPD im Stadtrat Erfurt zur Frühförderung für Kinder in Auftrag gegeben. Sie wurde beantwortet und sie bezog sich auch ausdrücklich auf die Situation der Kinder von Migranten. In der Antwort der Stadtverwaltung wurde festgestellt, dass 469 Kinder von Migranten in Kindertagesstätten untergebracht sind, aber letztendlich liegen nur 39 Anträge zur besseren Förderung der Sprachkompetenz vor, also weniger als 10 Prozent. Ich glaube, das zeigt noch mal deutlich, dass hier ein ganz wesentlicher Handlungsbedarf ist in dem ganz frühen Bereich.

Ich hoffe und wünsche bei all den vielen Dingen, die auch dankenswerterweise von der Ausschussvorsitzenden Frau Wolf noch mal aufgelistet worden sind für den Bericht, dass wir alle hier in diesem Haus, die Fraktionen und auch die Landesregierung, die Schlussfolgerungen des Ausschusses auch als Auftrag verstehen und dass jetzt dieser Bericht nicht in der Schublade verschwindet, sondern dass wir entsprechend handeln werden. Das hätten wir zwar vorhin schon machen können bei dem einen Antrag, leider Gottes hat es nicht funktioniert. Aber ich hoffe und wünsche, dass wir diese gute, konstruktive Diskussion weiter fortsetzen können und im Interesse von Menschen mit Migrationshintergrund jetzt die Dinge umsetzen, die auch in den Schlussfolgerungen festgehalten sind. Noch einmal herzlichen Dank an alle, die mitgearbeitet haben, und lassen Sie diesem guten Beispiel im Gleichstellungsausschuss noch viele gute Beispiele folgen. Danke.

(Beifall im Hause)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Abgeordnete Berninger zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich bin sehr positiv überrascht, dass der Innenminister heute Abend selbst hier geblieben ist, um der Aussprache beizuwohnen, das freut mich sehr. Ich möchte auch Herrn Peters zum zweiten Mal heute hier in diesem Raum begrüßen. Mich verwundert nicht, dass der Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion anscheinend kein Interesse daran hat, die Aussprache seiner eigenen Großen Anfrage zu verfolgen.

Ich möchte mit einem Zitat beginnen, und wem auffällt, woraus das Zitat stammt, der kann es ja dazwischenrufen - ich zitiere: Es sei „ein Gebot vorausschauender Politik, die Situation der Ausländer, Spätaussiedler und anderer Gruppen mit Migrationshintergrund in Thüringen aus der Perspektive der Integrationspolitik zu analysieren, die vorhandenen integrationspolitischen Instrumente zu überprüfen, etwaige Defizite zu erkennen und daraus gegebenenfalls Schlussfolgerungen abzuleiten.“ In demselben Text heißt es drei, vier Zeilen später: „Zugleich zeigt der Thüringen-Monitor seit vielen Jahren, dass auch die Thüringer Deutschland als in einem gefährlichen Maße überfremdet wahrnehmen und der Ansicht sind, Ausländer kämen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen. Diese Ansichten haben angesichts der Situation in Thüringen keine Entsprechung in der Realität.“ Ich werde auf das Zitierte noch zurückkommen und zum Schluss dann auch sagen, was ich zitiert habe, wenn es Ihnen nicht vorher schon auffällt.

Die Beschäftigung mit den Großen Anfragen der Fraktion der CDU und der Fraktion der SPD lässt schon allein bei dem Überblick über die gestellten Fragen eine gewisse Tendenz erkennen. Die CDU hat in ihrer Anfrage 101 Fragen gestellt und die SPD hat 83 Fragen formuliert. Aber wie immer, Masse ist nicht gleich Klasse. Die CDU hat vorwiegend Zahlen abgefragt und ich hatte das Gefühl, man ist darauf aus, die Integrationspolitik der Thüringer Landesregierung in einem guten Licht dastehen zu lassen. Ich habe mich auch gewundert, in einer Großen Anfrage zur Integration der Migrantinnen und Migranten das Wort „Patriotismus“ zu lesen. Das hat bei mir Schmunzeln, aber auch einen gewissen Ärger ausgelöst. Bei den Fragen der SPD ist das ganz anders. Die SPD formuliert ihre Fragen so, dass sehr oft Wertungen abgefragt werden. Man merkt bei den Fragen der SPD-Fraktion einen flüchtlingspolitischen Hintergrund. Die SPD-Fraktion hat zum Beispiel nach Mindeststandards für Unterkünfte gefragt. Sie hat nach Fällen und Gründen gefragt, warum Abschiebungen verhindert werden konnten. Sie hat das Problem der Kettenduldungen thematisiert, den Flüchtlingsschutz. Sie hat ganz konkret nach

Sprachförderungen in Kindertagesstätten und verschiedenen Schulformen gefragt, nach der beruflichen Integration junger Menschen. Sie hat das Thema „Ghettoisierung“ problematisiert, wo die Landesregierung sagt, so etwas gibt es in Thüringen nicht. Sie hat nach Migrantinnen und Migranten mit Behinderungen gefragt, nach Älteren, die nicht mehr im Berufsleben sind, und zum Beispiel in der Frage nach Flüchtlingsorganisationen: die CDU-Fraktion fragt einfach, welche gibt es. Die SPD fragt: Welche gibt es und wie ist der Erfahrungsaustausch der Landesregierung mit diesen Organisationen? Also, eine ganz andere Herangehensweise als in den Fragen der CDU-Fraktion.

Ich habe vorhin zitiert und eines der Schlagwörter in dem Zitat war es, zu überprüfen, welche vorhandenen integrationspolitischen Instrumente es gibt. Sowohl in der Antwort der Landesregierung als auch in der Art, wie die Fragen der CDU angelegt waren, liest man heraus: Die Integrationspolitik soll sich in Thüringen auf Ausländer beschränken, die über einen verfestigten Aufenthalt verfügen. Dass die Fraktion DIE LINKE und auch Flüchtlingsorganisationen das als zu kurz gegriffen finden und dass die Integrationspolitik auch auf Flüchtlinge, also auch auf Leute im Asylverfahren bezogen werden sollte, das wissen Sie, das muss ich hier nicht noch mal betonen.

Es wird bei der Großen Anfrage der CDU und dann auch in den nachfolgenden Debatten sehr großer Wert auf Sprache, auf das Erlernen der deutschen Sprache als Voraussetzung für Integration gelegt. Sie hätten sowohl in der letzten Plenarsitzung als auch heute Mittag die Möglichkeit gehabt, eine Möglichkeit, die Sprache besser zu lernen, umsetzen, nämlich, indem man Unterbringung nicht weitab entfernt vom Leben und von den Menschen, von Wohnsiedlungen organisiert, sondern dort, wo das Leben ist, wo soziokulturelle Zugänge sind etc. Sie hätten aber auch die Möglichkeit durch die Abkehr von dem Verteilungsschlüssel gehabt, liebe CDU-Fraktion, wie wir ihn in unserem Antrag für Flüchtlingspolitik vorgeschlagen hatten. Das ist aber nicht gewollt gewesen. In der Antwort der Landesregierung auf die SPD-Frage, und zwar die letzte Frage SPD, die lautet, das ist Nummer 82: Welche Verbesserungsmöglichkeiten und welchen Handlungsbedarf sieht die Landesregierung? Das Innenministerium antwortet: Nach Auffassung der Landesregierung ist insbesondere der von der Ministerpräsidentenkonferenz am 14. Juni 2007 beschlossene Länderbeitrag zum Nationalen Integrationsplan geeignet, die Integration von Zuwanderern in Thüringen zu fördern. Das klingt sehr gut, Herr Innenminister. Ich weiß, Sie haben ja die Antwort damals nicht verfasst. Nein, da waren Sie noch nicht Innenminister. Ich frage mich, was ist denn der Länderbeitrag zum Nationalen Integrations

plan des Landes Thüringen. Mir ist bekannt, es gab einmal einen Entwurf im November 2007, der war überschrieben mit „Leitlinien und Handlungsempfehlungen zur Integration von Zuwanderern“. Den habe ich auf Umwegen, also auch nicht als offizielle Drucksache des Landtags, erhalten. Ich habe leider nicht mitbekommen, ob es den Länderbeitrag Thüringens gibt zum nationalen Integrationsplan. Ich habe ihn gesucht im Internet, auf den Internetseiten des Thüringer Ausländerbeauftragten. Er ist anscheinend nicht veröffentlicht. Ich habe auch gegoogelt, ich weiß nicht, ob es ihn gibt. Aber wenn er öffentlich nicht existiert, wie kann sich das Innenministerium dann darauf beziehen? Auch im ersten Fortschrittsbericht der Bundesregierung zum Nationalen Integrationsplan vom Oktober 2008 scheint Thüringen nicht vorzukommen. Ich habe nicht das ganze Dokument durchgelesen, es hat 126 Seiten. Ich habe aber in dem Pdf-Dokument das Wort „Thüringen“ gesucht und die Anzahl der Fundstellen war null. Vielleicht kann das Innenministerium darauf im Folgenden noch eine Antwort geben. In dem, was ich anfangs zitiert habe, war auch die Rede von den etwaigen Defiziten, die es zu erkennen gilt. Die etwaigen Defizite, die sind ganz konkret benannt worden. Die hat auch Frau Wolf eben noch einmal für Sie alle wiederholt, nämlich die Experten in der öffentlichen Anhörung des Gleichstellungsausschusses am 13. März haben viele der Dinge, die wir immer wieder anprangern, benannt, die diskriminierende Form der Leistungserbringung in Form von Wertgutscheinen, die Unterbringung, dabei die Isolation der Unterkünfte, die mangelnden baulichen und hygienischen Zustände, dass es dort kaum eine Privatsphäre für die Menschen gibt, die Nichtanerkennung beruflicher Abschlüsse, was auch Frau Pelke eben thematisiert hat, den Ausschluss von der Erwerbstätigkeit aufgrund des Aufenthaltsstatus und die fehlenden Mindeststandards der Unterbringung, deren Kritik sich auch der Ausländerbeauftragte, Herr Peters, angeschlossen hat, wenn ich mich richtig erinnere. Weitere Defizite, die benannt wurden, waren die Residenzpflicht und zum Beispiel das fehlende Netzwerk an flächendeckenden Beratungsangeboten. In dem, was ich zitiert habe, war dann auch der Halbsatz, dass man dann daraus gegebenenfalls Schlussfolgerungen ableiten solle. Die Schlussfolgerungen wurden abgeleitet, und zwar im Gleichstellungsausschuss. Die Empfehlungen, die der Gleichstellungsausschuss gegeben hat, die haben mich positiv überrascht. Ich habe mich gefreut, dass es möglich war, im Gleichstellungsausschuss dieses Papier einstimmig zu beschließen. Leider aber haben sich offensichtlich die CDU-Vertreterinnen aus dem Gleichstellungsausschuss in ihrer Fraktion nicht durchsetzen können, weil einige dieser Schlussfolgerungen, das hat auch Frau Pelke heute Mittag schon gesagt, hätte man umsetzen können, indem man Teilen unserer Anträge, also des Antrags zur Flüchtlingspolitik und zum

Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz, zugestimmt hätte. Meine Fraktion ist auch eine derjenigen, die Schlussfolgerungen getroffen haben, wie es in diesem von mir zitierten Satz gesagt wurde. Als Letztes habe ich dann zitiert die Dinge, die im Thüringen-Monitor festgestellt worden sind, die Überfremdungsängste der Thüringer und die Ansicht, Ausländer kämen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen. Wir haben gestern über den Thüringen-Monitor 2008 gesprochen. 49 Prozent der Befragten stimmen dem Satz „Thüringen sei in einem gefährlichen Maße überfremdet“ zu oder stimmen eher zu. Dass der Sozialstaat durch die Ausländer ausgenützt würde, meinten 44 Prozent der Befragten. In dem von mir Zitierten habe ich gesagt, diese Ansichten haben angesichts der Situation in Thüringen keine Entsprechung in der Realität; augenscheinlich aber doch. Das haben wir heute Mittag gemerkt. Mein Kollege Dr. Hahnemann hat das auch thematisiert. In der CDU-Fraktion zumindest werden solche Aussagen unwidersprochen hingenommen. Ich möchte gern jetzt auflösen, woher das Zitat stammt. Ist es vielleicht jemandem aufgefallen? Es stammt aus dem Vortext der Drucksache 4/2696.

(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Das habe ich gedacht.)

Das ist die Drucksache der Großen Anfrage der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag zur Integration in Thüringen. Als ich die Anfrage das erste Mal gelesen habe und das als Beginn, habe ich gedacht, super, jetzt haben wir es geschafft, jetzt gibt es bald eine neue Flüchtlingspolitik. Schade, es ist nicht so.

Meine Damen und Herren, die Fraktionen CDU und SPD haben im Februar 2007 ihre Anfrage eingereicht, die CDU am 12. und die SPD am 20. Februar. Die erste Aussprache zu den Anfragen gab es am 12. Oktober 2007, also vor etwas mehr als einem Jahr, heute ist der 12. Dezember 2008. Wenn die Opposition solche Dinge benennt, ist es meistens so, dass sie der Landesregierung oder der Regierungsfraktion vorwerfen möchte, man hätte etwas hinausgezögert. Das ist in dem Fall nicht so. Ich finde es ausdrücklich begrüßenswert, bin sehr froh darüber, dass sich so lange Zeit genommen wurde, um über diese beiden Anfragen und die Antworten zu reden. Ich meine, dass neben den Flüchtlingsprotesten Anfang dieses Jahres und im Sommer in Katzhütte und Gehlberg auch diese beiden Anfragen und die Arbeit des Gleichstellungsausschusses dafür gesorgt haben, dass es eine sachliche und ausführliche Debatte hier im Landtag gab, und auch dafür gesorgt haben, dass es eine Sensibilisierung in der Öffentlichkeit gegeben hat und dass sich der Stellenwert von Flüchtlingspolitik in Thüringen verbessert hat. Es hat jetzt einen besseren Stellenwert, über Flüchtlingspolitik zu sprechen. Dafür bin ich

dankbar, aber ich kann nicht unerwähnt lassen, nochmals zu wiederholen, wie enttäuscht ich darüber bin, wie mit unseren Anträgen zur Flüchtlingspolitik umgegangen wurde. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Für die Landesregierung hat sich Innenminister Scherer zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich danke den Abgeordneten des Gleichstellungsausschusses für die Erarbeitung des vorgelegten Berichts. Die Auffassung der Ausschussmitglieder, wonach sich die Integrationspolitik schwerpunktmäßig auf die Bereiche sprachliche Bildung und Ausbildung sowie berufliche und gesellschaftliche Integration konzentrieren muss, diese Auffassung teile ich uneingeschränkt. Ich habe bereits in der letzten Sitzung des Plenums am 13. November die Integrationsaktivitäten der Landesregierung dargestellt. Wir haben im Hinblick auf eine nachhaltige Integration der bei uns lebenden über 100.000 Migranten damit schon einiges auf den Weg gebracht und sind dabei nicht stehen geblieben. In einer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe, in der selbstverständlich auch die Kirchen, die Liga der freien Wohlfahrtspflege, die kommunalen Spitzenverbände sowie die Gewerkschaften und die Wirtschaft vertreten sind, haben wir Leitlinien zur Integration der in Thüringen lebenden Zuwanderer erarbeitet. Auch in diesem Konzept werden die Schwerpunkte auf die Bereiche Sprache, berufliche Bildung sowie soziale Integration gelegt. Diese Leitlinien wurden abschließend in der Arbeitsgruppe am 19. November beraten und werden Anfang nächsten Jahres dem Kabinett zur Billigung vorgelegt werden. Ohne gute Kenntnisse der deutschen Sprache ist eine Integration, eine gleichberechtigte Teilhabe der Zuwanderer nicht möglich. Von entscheidender Bedeutung ist hierbei eine möglichst frühe Sprachförderung. Dies gilt im besonderen Maße für Kinder, die mit einer nicht deutschen Herkunftssprache in Deutschland aufwachsen und Deutsch als Zweitsprache erlernen. Hier kommt den Kindertageseinrichtungen und den Schulen eine entscheidende Rolle zu. Aber auch im Hinblick auf die Sprachförderung jugendlicher und erwachsener Migranten ist es notwendig, günstige Rahmenbedingungen zu schaffen und staatliche Hilfen anzubieten. Die seit 2005 eingeführten Integrationskurse des Bundes sind sicherlich ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Im Bericht des Gleichstellungsausschusses wird zu Recht darauf hingewiesen, dass der Besitz eines Arbeitsplatzes für eine erfolgreiche Integration von zentraler Bedeutung ist. In diesem Zusam

menhang sind auch die Anerkennung ausländischer Abschlüsse sowie die Maßnahmen zur Anpassungsqualifizierung und Nachqualifizierung von Bedeutung. Eine zu dieser Thematik beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eingerichtete Arbeitsgruppe soll hierzu bis Anfang nächsten Jahres Vorschläge erarbeiten. Auch ich sehe die Notwendigkeit, insbesondere Verbundprojekte zu fördern. So erhält etwa der Thüringer Volkshochschulverband für die Durchführung eines Modellprojekts eine finanzielle Unterstützung des Thüringer Innenministeriums. Im Rahmen dieser Maßnahme arbeiten neun Volkshochschulen eng mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie den Grundsicherungsämtern zusammen und geben so mehr als 100 Zuwanderern die Chance, bereits während ihres Sprachkurses ein Praktikum in Betrieben vor Ort zu absolvieren. Hierdurch erhalten diese Kursteilnehmer die Gelegenheit, ihre Sprachkenntnisse im beruflichen Alltag zu verbessern und gegebenenfalls auch schon eine Festanstellung zu bekommen. Diesen Weg werden wir weiter beschreiten.

Lassen Sie mich noch kurz auf die im Bericht angesprochene Thematik Unterbringung von Flüchtlingen eingehen. Auch mir ist bekannt, dass die kommunalen Gemeinschaftsunterkünfte durchaus eine unterschiedliche Ausstattung aufweisen. Ich stimme den Abgeordneten des Gleichstellungsausschusses zu, dass Möglichkeiten zur Gewährleistung bestimmter Standards intensiv geprüft werden müssen, um zu Verbesserungen zu kommen, wo dies notwendig ist. Das Thüringer Innenministerium ist hier durchaus aufgeschlossen, von der im Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz bestehenden Ermächtigung auch Gebrauch zu machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich teile durchaus die Einschätzung, dass im Hinblick auf eine erfolgreiche Integration der bei uns lebenden Zuwanderer weiterhin Anstrengungen unternommen werden müssen. Ich will aber darauf hinweisen, dass das Thüringer Innenministerium derzeit mehr als 30 Integrationsprojekte unterstützt, die im Wesentlichen von Kirchen, Wohlfahrtsverbänden und gemeinnützigen Vereinen durchgeführt werden. Ohne die Entscheidung des Landtags, dem Innenministerium in den Jahren 2008 und 2009 jeweils 500.000 € für Integrationsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen, wäre diese nachhaltige Integrationspolitik nicht möglich. Dafür danke ich Ihnen ganz herzlich und bitte Sie, die Integrationsmaßnahmen der Landesregierung weiterhin zu unterstützen. Danke schön.

(Beifall CDU)

Ich schließe jetzt die Aussprache und ich schließe auch den Tagesordnungspunkt.