Katja Wolf

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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, dpa berichtete Ende April, dass die Umsätze in der Thüringer Industrie zu Jahresbeginn erheblich gesunken sind, laut Landesamt für Statistik ca. 26 Prozent weniger Umsätze als im Vorjahreszeitraum. Besonders stark, und das kam hier schon zur Sprache, brachen die Erlöse in Eisenach ein. Hier waren die Einbrüche bei ca. minus 55 Prozent, was natürlich schon frustrierende Zahlen sind. Auch der Landkreis Sömmerda minus 52 Prozent und der Wartburgkreis minus 40 Prozent. Diese Negativentwicklung schlägt natürlich auch in der Entwicklung der Gewerbeanmeldungen und auch -abmeldungen zu Buche. Folge sinkender Industrieumsätze sind Firmenpleiten, die sich in Thüringen aktuell auf 547 erhöht haben. Das entspricht einem Anstieg um 6,2 Prozent. Damit hat Thüringen 2008 im Vergleich der ostdeutschen Bundesländer mit 6,2 Prozent den höchsten Anstieg bei den Unternehmensinsolvenzen, Tendenz weiter steigend. Ursachen dafür sind vor allem die Verschlechterung der Auftragslage, geringe Nachfrage, zu geringe Eigenkapitaldecke und all das, was in diesem Zusammenhang immer wieder zu nennen ist.
Auch das Thüringer Handwerk sieht die Talsohle der Krise noch nicht erreicht. Das schlägt sich natürlich auch in der jüngsten Konjunkturumfrage nieder. Nur 17 Prozent der Kfz-Betriebe z.B. bezeichnet derzeit ihre Geschäftslage als gut. Besonders betroffen von den immensen Umsatzeinbußen und der rückläufigen Entwicklung des Auftragsindex ist die Automobilbranche in Thüringen. Sie haben es schon genannt. Die Autobauer mussten einen Auftragsrückgang um 52 Prozent hinnehmen. Das will ich an der Stelle als Eisenacherin sagen, an der Stelle war auch verheerend das Gerede von Herrn zu Guttenberg bezüglich der Insolvenz, weil damit die Einbrüche beim Corsa auch wieder zu spüren waren aufgrund der Verunsicherungen der Käuferinnen und Käufer. Das führte dazu, dass insbesondere der Automobilzulieferstandort in Eisenach in große Gefahr gerät. Gefahr besteht
nicht nur für die Opelaner, sondern zugleich, wie schon angedeutet, für die zahlreichen Zulieferbetriebe und damit natürlich Tausende Arbeitnehmer. Helfen soll das 100-Mio.-Euro-Liquiditätsprogramm der Landesregierung. Nutznießer dieses Programms soll der industrielle Mittelstand Thüringens sein. Die kleinen und Kleinstbetriebe bleiben leider wieder einmal außen vor. Gleiches gilt für Unternehmen, die vor dem 1. Juli 2008 in Schwierigkeiten geraten sind. Für diese Unternehmen steht nach Aussage des Wirtschaftsministeriums der Konsolidierungsfonds zur Verfügung. Hierbei, Herr Minister, muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass dieser Fonds ausdrücklich für Unternehmen in Schwierigkeiten zur Verfügung gestellt wird.
Unternehmen, die Fördermittel aus dem Konsolidierungsfonds in Anspruch nehmen, können und dürfen keine weiteren Strukturfondsfördermittel beantragen. In der relevanten Förderrichtlinie ist eindeutig die Förderung von Unternehmen in Schwierigkeiten ausgeschlossen. Demgemäß werden sich die von Insolvenz bedrohten Firmen sehr wohl überlegen, ob sie Fördermittel aus dem Konsolidierungsfonds beantragen. Eine Lösung für die Not leidenden Firmen wird damit nicht geboten.
Ein weiteres Problem, was ich hier ansprechen möchte, welches sich zunehmend offenbart und nicht dazu beiträgt, die prekäre finanzielle Situation der Automobilbranche zu entschärfen, ist die sogenannte Abwrackprämie. Ich weiß, da gibt es Licht und Schatten. Natürlich hat sie auch Vorteile, das sage ich ausdrücklich auch als Eisenacherin. Natürlich war die Abwrackprämie positiv für das Corsawerk, aber es gibt eben auch die andere Seite und die möchte ich nicht verschweigen an dieser Stelle. Aus den Reihen der Handwerkerschaft wird zunehmend scharfe Kritik an der Abwrackprämie für Altautos laut. Viele Werkstätten bekommen existenzielle Probleme, weil Reparaturaufträge ausbleiben, Gebrauchtwagenhändlern bleiben ihre Gebrauchtwagen auf den Höfen stehen. Zudem entzieht die Ankurbelung des Neuwagengeschäfts, von dem natürlich auch die Billiganbieter aus dem Ausland profitieren, anderen Branchen die Nachfrage. Auch meine Fraktion sieht die Pläne der Bundesregierung zur Verlängerung der Abwrackprämie an dieser Stelle äußerst kritisch.
Es ist eben versäumt worden, das will ich ausdrücklich sagen, nachhaltige Maßnahmen zu ergreifen, um einen grundlegenden Strukturwandel in der Branche einzuleiten.
Wir bewerten die Abwrackprämie als ökonomisch fragwürdig, ökologisch unsinnig und sozial ungerecht und ich möchte das begründen, meine Damen und
Herren.
Die Probleme der Automobilindustrie werden nicht beseitigt, sondern in die Zukunft verschoben; das muss uns, glaube ich, allen klar sein. Die Branche befindet sich in einer strukturellen Krise, ausgelöst durch Überproduktion, Nachfragerückgang und die reine Ausrichtung auf kurzfristige Renditen. Ökologisch unsinnig ist die Verlängerung der Prämie, weil sie den tatsächlichen CO2-Ausstoß eines Neuwagens nicht berücksichtigt und dementsprechend Spritschleudern genauso subventioniert werden.
Die Entwicklung umweltfreundlicher Fahrzeuge und Verkehrssysteme ist in Deutschland weitgehend verschlafen worden.
Bitte, wo ist denn der Rußpartikelfilter entwickelt worden? Doch nicht in Deutschland.
Doch statt die Abwrackprämie zu nutzen, um Impulse für den notwendigen ökologischen Wandel zu setzen, wurde lediglich der Status quo zementiert. Schließlich, das will ich auch ausdrücklich sagen, ist die Abwrackprämie sozial ungerecht, weil sie nach wie vor nicht an Hartz-IV-Bezieher ausgezahlt werden soll, und das, obwohl sogar inzwischen der Präsident des Bundessozialgerichts die Verfassungsmäßigkeit der bisherigen Regelung infrage stellt.
Ich freue mich ja, dass Sie so wunderbar darüber diskutieren, aber vielleicht könnten Sie sich hinterher einfach noch einmal zu Wort melden, da wäre das nämlich konstruktiver.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. DIE LINKE tritt für einen grundlegenden Strukturwandel in der Automobilindustrie ein. Wir schlagen einen Zukunftsfonds von 100 Mrd. € vor,
der sich an den Unternehmen der Automobilindustrie, aber auch an anderen Branchen beteiligen und den sozialen und ökologischen Strukturwandel unterstützen soll. Über die Geschäfte der Fonds sollten Vertreter von Belegschaften, Gewerkschaften, Umwelt- und Sozialverbänden, Gebietskörperschaften und Unternehmen gemeinsam entscheiden. Insofern sind wir der Ansicht, dass ein Autopakt für Thüringen anders aussehen sollte, als es in Ihrem Antrag, sehr geehrte Damen und Herren von der SPD, gefordert wurde.
Nicht in Thüringen, bundesweit 100 Mrd. €. Trotzdem können wir doch sagen, welche Vorstellungen wir bundesweit haben, oder? Unsere Position zum Umgang und vor allem zur Rettung des Automobilstandorts Thüringen haben wir hier im Plenum, in den Ausschüssen und im Rahmen einschlägiger Diskussionsrunden mehrfach kundgetan. Entgegen aller anders lautenden Erfolgsmeldungen ist Opel eben noch nicht gerettet. Es ist weiter alles offen, auch wenn Magna seinen Kaufwillen bekundet hat.
Der Rettungsplan für Opel wird in einschlägigen Wirtschaftskreisen als unverbindlich und vage bezeichnet, unverbindlich deshalb, weil das Opel-Konzept bislang nur eine rechtlich unverbindliche Absichtserklärung ist, an der die Bundesregierung, der klinisch bereits tote General Motors Konzern und der österreichisch-kanadische Autozulieferer Magna beteiligt sind. Für die rechtlich verbindlichen Verträge soll es laut Bundesregierung Ende September eine abschließende Runde geben, rechtzeitig vor der Bundestagswahl.
Ich möchte dazu ausdrücklich noch etwas zu unserem Konzept sagen. Wir sehen in der Gründung eines Konsortiums der vier beteiligten Bundesländer und im Einbringen von Bundes- und Landesbeteiligung bei Opel nach wie vor die größten Chancen zum Überleben der Opelwerke und der gesamten Automobilbranche.
Es muss das unumstößliche Ziel bleiben, Standorte und Arbeitsplätze zu erhalten und zukunftsfähig, das heißt sozial, ökologisch und nachhaltig zu entwickeln. Staatliche Bürgschaften sind an Auflagen zur Arbeitsplatz- und Lohnsicherung sowie zur Entwicklung eines zukunftsfähigen Konzeptes zu binden. Die Produktion von Opel muss neu strukturiert werden,
das sehen wir so. Der Produktion umweltverträglicher Autos mit geringem Treibstoffverbrauch gehört in unseren Augen die Zukunft. Wir treten dafür ein, dass staatliche Zuschüsse unter Einbeziehung der Belegschaft in Eigentumsformen umgesetzt werden, die mit umfassenden gesellschaftlichen Mitbestimmungsrechten verbunden sind. Das trifft auch auf die Beteiligung Thüringens im Beirat der Treuhand zu. An der Stelle will ich ausdrücklich sagen, dass ich mit diesem Treuhandbeirat nicht zufrieden bin. Ich finde, dass hier Steuermittel nicht ausreichend und wirklich sicher eingesetzt sind, der Treuhandfonds oder der Treuhandbeirat ist in meinen Augen einfach zu stark wirtschaftslastig ausgerichtet.
Die weitreichenden Mitbestimmungsmöglichkeiten der Belegschaften bei VW haben gezeigt, dass die Beschäftigten die besseren Entscheidungen treffen. Sie sind am Erhalt ihrer Arbeitsplätze und damit auch an einem dauerhaften und nachhaltigen Erfolg ihres Unternehmens interessiert. Die Herstellung eines Thüringer Opel soll ein realistisches Vorhaben bleiben. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht und die Möglichkeiten des Eisenacher Werkes, der Batterietechnik von BOSCH und der Übertragungstechnik in Ilmenau und wie auch immer, da sollte man einfach in unseren Augen konsequent, kreativ, aber vor allem mit Engagement daran arbeiten, dass wir in Thüringen wirklich eine Zukunft haben. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren. „Ich kann es nicht genießen.“ Das waren die Worte einer jungen Frau, die ich gestern zufällig in der Stadt getroffen habe - in Eisenach.
Zwei Kinder - ich war auf dem Weg ins Büro, ich mache das mit dem Fahrrad - sie hat zwei Kinder und ist beim Zulieferer im Wartburgkreis beschäftigt; genauso wie ihr Mann. Beide sind in Kurzarbeit. Ich habe gesagt: „Na ja, Mensch, dann habt ihr ja jetzt wenigstens ein bisschen mehr Zeit.“ Ihre Antwort war, wie gesagt,: „Ich kann es nicht genießen.“ Es ist im Moment die blanke Zukunftsangst, die hier an der Stelle umgeht und empfunden wird, weil im Moment kaum einer in der Region weiß, wie es wirklich weitergeht.
Opel, das sind nicht in erster Linie die Autos. Opel sind in Eisenach die Menschen; das sind die 1.800 Menschen im Werk, aber es sind genauso die vielen, vielen in Zulieferbetrieben. Es ist auch der Bäcker um die Ecke, es ist der Gastronom und es ist genauso das Geschäft in der Innenstadt. Das heißt, wir brauchen an dieser Stelle nicht nur eine Lösung für den Konzern, sondern damit natürlich automatisch die Lösung für den Menschen. Natürlich, das ist auch mir klar, ist an dieser Stelle General Motors gefragt. Ich fürchte, dass die Stimmung im Werk, die verhalten optimistisch ist aufgrund der Abwrackprämie, der Sonderschichten, die laufen, dass die im Moment eher trügerisch ist. Was ist, wenn die Abwrackprämie ausläuft? Die Fragen stellt man sich natürlich auch in Eisenach. Der Standort muss dringend erhalten bleiben. Das - da sind wir uns, glaube ich, alle einig, Herr Bergemann genauso, denke ich - geht natürlich nur mit einem zukunftsfähigen Konzept. Für dieses zukunftsfähige Konzept muss auch die Landesregierung an der Stelle in die Bresche springen und die Bereitschaft dazu äußern, - ich sage an dieser Stelle ausdrücklich - Initiative zeigen und zeigen, dass sie nicht in dieser Lethargie verharrt, wie das im Moment den Anschein hat.
Opel Eisenach, das Eisenacher Werk ist weltweit berühmt - über diesen Ruf kann man streiten -, aber berühmt als die effektivste Werkbank der Welt. In meinen Augen reicht das auf Dauer nicht. Das Problem in meinen Augen ist im Moment, dass wir zwar ein Superwerk haben, ganz ohne Zweifel, aber dass - und das empfinden auch die Mitarbeiter so - vom Eisenacher Werk niemand abhängig ist, wir aber von anderen. Das muss in meinen Augen sich mittelfristig ändern. Das heißt ganz klar an dieser Stelle, wir brauchen dringend einen Bereich Forschung und Entwicklung in Eisenach. An dieser Stelle sollte die Landesregierung aktiv werden.
Die Eisenacherinnen und Eisenacher wissen, dass sie eine verdammt gute Arbeit im Werk machen. Sie haben aber ganz genauso Angst, zum Spielball zu werden; zum Spielball der Mächtigen in Konzernzentralen und auf Chefetagen.
Meine Damen und Herren, ich kann das an dieser Stelle nur noch einmal ausdrücklich wiederholen: Eisenach braucht den Automobilbau. Wenn in der Eisenacher Werkhalle die Neonröhren ausgeschaltet werden, dann leuchten in Eisenach nur noch ganz kleine Kerzchen. Ich sage Ihnen aus meiner Sicht, und ich glaube, da sind wir uns einig, diese kleinen Kerzchen leuchten dann nicht nur in Eisenach, sondern damit wird automatisch das Licht in ganz Thüringen dunkler. Das müssen wir verhindern. Danke.
Schlossanlage Wilhelmsthal
Die Schlossanlage Wilhelmsthal befindet sich im Besitz des Freistaats Thüringen. Der Verfall der historisch ausgesprochen wertvollen Immobilie schreitet unaufhörlich und scheinbar immer schneller voran. Es ist offensichtlich, dass der Verfall nicht mehr aufzuhalten ist, wenn nicht schnellstmöglich gehandelt wird.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie bewertet die Landesregierung den Zustand der Anlage und welche Notsicherungen bzw. Sanierungsmaßnahmen sind 2009 geplant?
2. Welche Strategie verfolgt die Landesregierung im Hinblick auf die Schlossanlage, sollte in absehbarer Zeit (innerhalb des nächsten halben Jahres) kein potenzieller Investor gefunden werden?
3. Wie ist der aktuelle Zustand des Telemannsaals?
4. Wie viele Gespräche mit möglichen Investoren sind 2008 mit welchem Ergebnis erfolgt?
Danke. Die Nachfrage zu Frage 2: Sie haben ausgeführt, dass es keinen Landesbedarf gibt. Meine Frage bezieht sich aber darauf, was die Landesregierung für eine Strategie hat, wenn in nächster Zeit kein Investor gefunden ist. Heißt das, dass Sie als Land die Schlossanlage weiter dem Verfall damit preisgeben oder gibt es einen sogenannten Plan B? In dem Zusammenhang die Nachfrage: Wird der Gedanke der Freunde zum Erhalt der Schlossanlage Wilhelmsthal, diese in eine eigenständige Stiftung zu geben, vonseiten des Landes unterstützt?
Eine weitere Frage geht nicht, das weiß ich. Aber wenn Sie die Frage im Moment nicht beantworten können, kann ich aber davon ausgehen, dass es möglich ist, die Antwort schriftlich zugearbeitet zu bekommen.
Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mich haben die Worte von Frau Ministerin Lieberknecht nach vorn getrieben, weil Sie hat zwar die Prozedur richtig dargestellt, aber mir fehlt an der Stelle einfach die Positionierung der Landesregierung. Ich habe von Ihrer Seite leider heute nicht
vernehmen können, wie Ihre Position dazu ist. Das ist nicht nur eine Frage der Sachgremien an der Stelle, sondern Sie können auch Ihre persönliche Meinung da mit einbringen.
Der in der Diskussion befindliche Neubau der Klinik ist so ein bisschen die Frage „bittere Medizin“ oder „süßes Gift“. In meinen Augen „süßes Gift“, weil im ersten Moment klingt das für eine Kommune wie Eisenach - Sie wissen, finanziell nicht so unglaublich gut dastehend - natürlich verlockend, eine Investition von 40 Mio. € in Aussicht stehen zu haben, gar keine Frage, aber ich will Ihnen erklären, warum ich diesen Neubau für „süßes Gift“ halte, denn in meinen Augen kann dieses Gift durchaus tödlich für Eisenach sein oder doch zumindest eine sehr gefährliche Spritze beinhalten, Finanzspritze. Es ist richtig, wir haben in Thüringen einen Krankenhausplan. Eisenach hat aus meiner Sicht ein gut funktionierendes Gesundheitssystem, wenn auch derzeit in einer etwas schwierigen Situation in der Diskussion mit dem Landkreis. Das ist Ihnen sicherlich auch bekannt. Das heißt, wir haben in Eisenach keine Unterversorgung, wir haben auch im Landkreis keine Unterversorgung. Soweit mir bekannt ist, gibt es auch keinen Versorgungsmangel gerade in dem entsprechenden Fachgebiet, das heißt - auch schon angedeutet, weil gerade auch in letzter Zeit ein Beckenbodenzentrum geschaffen wurde -, weil das zunehmend gut angenommen wird.
Es wird argumentiert, dass eine neu geschaffene Klinik eine deutschlandweite Ausstrahlung hat. Das mag sein, muss aber nicht. Meine Sorgen beziehen sich darauf, was passiert, wenn die Auslastung dieser Klinik nicht entsprechend mit den 18.000 Frauen im Jahr, die in der Diskussion waren für eine wirtschaftliche Tragfähigkeit, realisiert werden kann. Dann wird sich in meinen Augen automatisch diese Klinik andere Betätigungsfelder suchen, sogar suchen müs
sen, und es wird ein Wettbewerb mit dem kommunalen Haus in Eisenach stattfinden und auch mit dem Haus im Landkreis.
Ich muss - da werden sicherlich alle Eisenacher Kollegen mich an der Stelle unterstützen - sagen, das kann das Eisenacher Haus nicht brauchen. Es ist zurzeit sowieso ein mühsamer Akt, aus den roten Zahlen rauszukommen. Von daher ist die derzeitige Entwicklung für Eisenach wirklich eine gefährliche.
Auf die Rolle von Herrn Goebel möchte ich an der Stelle gar nicht eingehen, auch wenn ich zugebe, dass das ein bitteres Geschmäckle auch in Eisenach mit hervorgerufen hat, weil ich finde es an der Stelle doch schon bedenklich, wenn sich ein Mitglied in diesem Hohen Hause in dieser Art und Weise da mitbetätigt.
Keine Unterstellung, aber er hat offiziell zugegeben, in dem Klinikum auch oder in dem Unternehmen als Berater tätig zu sein.
Ich möchte zusammenfassen: In Eisenach ist die öffentliche Meinung eindeutig. Wir brauchen diese Klinik nicht, wir wollen diese Klinik nicht, wir befürchten in Eisenach einen wirtschaftlichen Schaden für die kommunale Klinik. Von daher wünsche ich mir vonseiten der Landesregierung hier an der Stelle ein klares Wort. Herzlichen Dank.
Das heißt aber, ich kann davon ausgehen, dass das Sozialministerium zumindest dann entsprechend handeln wird, dass die Stelle wirklich hauptberuflich besetzt ist, also mit dem erforderlichen Stellenumfang?
Herzlichen Dank.
Altlast „Alte Farbenfabrik“ Eisenach
In der Antwort des Staatssekretärs Baldus auf meine letzte Mündliche Anfrage wurde deutlich, dass der Aushub an der Altlast „Alte Farbenfabrik“ an der
Eisenacher Bahnhofstraße entsprechend des Sanierungsplans erfolgte.
Ich frage die Landesregierung:
1. Auf welcher Grundlage wurden im Sanierungsplan die Baugruben möglicher Gebäude festgelegt?
2. Ist es üblich, Sanierungspläne zu genehmigen, welche eine mögliche Bebauung enthalten, ohne dass eine entsprechende Bauplanung durch die Stadt/Gemeinde existiert?
Danke schön, es ist ja schon erstaunlich, dass bei mir sich schon Freude einstellt, dass ich überhaupt eine Antwort kriege, aber trotz allem die Nachfrage: Sie haben mir doch aber in der letzten Antwort auf meine Mündliche Anfrage geantwortet, dass der Aushub entsprechend einer möglichen Bebauung erfolgte, das heißt, dass nur an der Stelle so tief geschachtet wurde, wo sich später ein Fundament wiederfinden soll. Von daher verstehe ich Ihre heutige Antwort nicht.
Das ist schön. Herr Baldus, wie erklärt sich denn der Widerspruch aus der letzten Antwort und Ihrer heutigen Antwort? Können Sie mir das irgendwie verständlich machen?
Daraus würde ich ja schlussfolgern, dass der Sanierungsplan nur für den Hang gilt und nicht für den alten Parkplatz. Der alte Parkplatz ist doch aber auch Teil des Sanierungsplans.
In dem Zusammenhang meine Nachfrage: Sie haben dann ausgeführt, dass der Mehraufwand des Aushubs finanziert wird. Aber wenn es noch gar keinen Bauplan oder keine Bauleitplanung gibt, wie kann denn dann schon der Aushub für eine mögliche Bebauung finanziert werden?
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die lange Vorankündigung der Präsidentin deutet darauf hin, es ist ein Prozess, der uns doch schon länger begleitet. Ich freue mich, diesen Bericht des Gleichstellungsausschusses heute hier vorstellen zu können, auch wenn er ja schon zumindest in den letzten vier Wochen doch öfter durch diesen Raum schwebte, aber heute nun die Beratung des Berichts. Auch wenn ich ehrlich zugebe, ich hätte mir natürlich eine andere Tageszeit gewünscht, aber das liegt ja nicht in unserer Macht.
Ich erlaube mir trotz allem, auch wenn Ihnen der Bericht schriftlich vorliegt und Sie alle des Lesens mächtig sind, Ihnen diesen Bericht noch mal kurz vorzustellen. Aber ich glaube, dass das notwendig ist aufgrund der ausführlichen und guten Arbeit, die
wir an der Stelle im Gleichstellungsausschuss geleistet haben. An dieser Stelle will ich auch ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich meinen Abgeordnetenkollegen aus dem Ausschuss danken möchte für die konstruktive Arbeit, aber auch im besonderen der Verwaltung für die Unterstützung, die wir dabei erhalten haben.
Mit Beschluss des Landtags vom 12. Oktober 2007 wurde beschlossen, die Großen Anfragen der Fraktion der CDU und der SPD - auf den ausführlichen Namen verzichte ich jetzt - weiterzuberaten im Gleichstellungsausschuss. Auf das Zustandekommen dieses Beschlusses möchte ich nicht näher eingehen, denn wenn man es ehrlich betrachtet, muss man natürlich eigentlich feststellen, dass ein anderer Ausschuss zuständig gewesen wäre. Aber ich glaube, am Ende tat es dem Thema gut, so wie es kam.
Vom November 2007 bis November 2008 hat sich der Gleichstellungsausschuss in insgesamt zehn Sitzungen mit der Thematik beschäftigt. In der 33. Sitzung am 13. März haben wir eine große mündliche Anhörung durchgeführt, die wir am 06.12.2007 beschlossen hatten. In der 36. Sitzung hatten wir als Reaktion auf die große mündliche Anhörung den Besuch der Gemeinschaftsunterkunft in Gangloffsömmern, die wir gemeinsam beschlossen hatten. In der 38. Sitzung am 4. September hat der Gleichstellungsausschuss aufgrund der Vielzahl der Hinweise beschlossen, einen Bericht zu erstellen, den wir Ihnen ja jetzt vorlegen können und heute diskutieren.
Ich möchte kurz auf die inhaltliche Beratung eingehen. Der Gleichstellungsausschuss hat sich verständigt, inhaltliche Schwerpunkte zu setzen, die ich Ihnen kurz nennen möchte. Das waren einmal die Lebenssituation von Migrantinnen und Migranten, die sprachliche Integration, die Frage von Bildung und Ausbildung und die berufliche Integration. Dazu wurden einstimmig die Anzuhörenden beschlossen. Von, ich glaube, insgesamt 24 Anzuhörenden waren 12 anwesend und es lagen 17 Zuschriften vor. Alle möchte ich nicht noch mal nennen, es waren unter anderem der Gemeinde- und Städtebund, der Landkreistag, der Ausländerbeauftragte des Freistaats, das Bundesamt für Migration, die Verbände der Liga der Freien Wohlfahrtshilfe, bis hin zu einzelnen Vereinen und dem Flüchtlingsrat. Das können Sie noch mal im Bericht nachlesen.
Zu den einzelnen Schwerpunkten und zur Lebenssituation als Erstes: Es war für uns nicht vorhersehbar, aber in der Anhörung wurden immer wieder die Fragen von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern als Schwerpunkt thematisiert. Es kam hier zur verstärkten Thematisierung der Frage der Gemein
schaftsunterkünfte und der Unterbringung. Dabei wurden zum einen die Vorteile einer Gemeinschaftsunterkunft dargestellt, zum Beispiel die Möglichkeit der schnellen Problemlösungen, die gute Möglichkeit der Überwachung von Schulbesuchen von Kindern und auch bessere soziale Kontakte der Migranten untereinander. Es wurden aber auch die Nachteile genannt, die ich kurz andeuten möchte, Probleme, die sich oftmals durch die Randlage der Gemeinschaftsunterkünfte in Fragen von Einkauf, Schule, Arztbesuchen, aber auch des Besuches von Ämtern ergeben. Es wurde diskutiert, dass Gemeinschaftsunterkünfte fehlen, die Rückzugsmöglichkeiten bieten, und dass Gemeinschaftsunterkünfte das Problem der Gettoisierung mit sich bringt. Verstärkt thematisiert wurde innerhalb der Anhörung auch die Frage der baulichen Mängel in Gemeinschaftsunterkünften.
Wir konnten in der Anhörung feststellen, dass es unterschiedliche Praxen vor Ort gibt, das heißt, ich will das nur kurz anreißen, dass z.B. in Suhl 100 Prozent der Asylbewerberinnen und Asylbewerber in Einzelunterkünften untergebracht werden, im Landkreis Sömmerda sind das nur 1,8 Prozent. Ein weiteres Problem, was immer wieder genannt wurde von den verschiedensten Beteiligten, ob das nun vom Volkshochschulverband war aufgrund der angebotenen Kurse für Sprachförderung bis hin zu Beratungsvereinen, war die Frage der Residenzpflicht. Hier wurde vor allem das Problem genannt, dass dadurch Grundrechte eingeschränkt sind, damit aber auch die Frage von Unterstützung und Integration ausgesprochen schwierig wird. Zur Frage, wie zum Beispiel Grundrechte eingeschränkt werden, wurde genannt, dass es aufgrund der Residenzpflicht sehr schwierig ist, bei den verschiedensten Religionen zum Beispiel Gottesdienste zu besuchen, was aber von uns als Grundrecht anerkannt ist.
Der Thüringer Ausländerbeauftragte führte aus, dass für ihn eine Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften nur zeitlich begrenzt zumutbar ist.
Zum Thema Integration wurde ausgeführt, dass eine Aufklärungsarbeit laufend notwendig ist gegen Fremdenfeindlichkeit und die gesamtgesellschaftliche Aufgabe weiterhin steht. Ein Schwerpunkt, der thematisiert wurde, war die Frage von Sachleistungen und Bargeld. Hier wurde von verschiedenen Anzuhörenden ausgeführt, dass es durch die Vergabe von Gutscheinen zu Problemen vor Ort kommt. Das sind manchmal ganz lebenspraktische Fragen, dass es in vielen Bereichen nicht möglich ist, z.B. Mittagessen für Kinder in Einrichtungen mit Gutscheinen zu bezahlen, dass aber auch Einkauf damit einfach diskriminierend und teurer in vielen Fällen gestaltet wird. Für mich und sicher auch für viele Ausschussmitglieder war neu, dass Gutscheine ein hohes Miss
brauchspotenzial mit sich bringen, was ja eigentlich gerade verhindert werden soll, da ein sogenannter Schwarzmarkt dann für Gutscheine entsteht mit einem mehr oder weniger offiziellen Umtauschkurs von einem Gutscheineuro zu 80 Cent in Bargeldleistung.
Thematisiert wurde auch die Frage der sprachlichen Integration. Es wurde von allen Anzuhörenden ausgeführt, dass Sprachkompetenz Grundvoraussetzung für Integration ist und die individuelle Förderung demnächst verstärkt erfolgen sollte, weil es im Moment im Bereich der sprachlichen Förderung zu oft nur ein starres Schema gibt. Hier im Besonderen ist festzustellen, dass spezielle Angebote, die sich an Zielgruppen wenden, eben im Besonderen z.B. an Frauen oder auch an Kinder, in Thüringen oftmals nicht machbar sind oder in den seltensten Fällen machbar sind aufgrund dessen, dass die Fallzahlen sehr gering sind.
Zum Schwerpunkt Bildung und Ausbildung wurde ausgeführt, dass die Angebote, die die ARGEn und auch die Bundesanstalt an dieser Stelle machen, oft nicht ausreichend sind und dass die Frage der Anerkennung von Abschlüssen vermehrt in den Fokus genommen werden muss. Es wurde angeregt, dass darüber mit den Arbeitsagenturen und zuständigen Behörden geredet wird, speziell auch Teilabschlüsse anzuerkennen, um eine berufliche Integration zu ermöglichen und zu fördern.
Ein Punkt, der im Speziellen mit dem Hinblick auf Asylbewerber - wir haben uns ja nicht nur mit der Frage Asylbewerber beschäftigt - genannt wurde, ist in der Frage der Möglichkeit der Bildung und der Ausbildung die Frage der Residenzpflicht. Gerade auch für Jugendliche und Menschen, die eine Ausbildung machen oder sich weiterbilden wollen, ist die Residenzpflicht als sehr schwierig genannt worden.
Die berufliche Integration wurde als Voraussetzung für die gesellschaftliche Teilhabe für Migrantinnen und Migranten genannt, wobei hier das Haupthindernis sicherlich die Frage der Sprachkompetenz ist. Ein Punkt, der auch angesprochen wurde, ist in dem Bereich im Besonderen die Frage der fehlenden Frauenarbeitsplätze.
Die Anhörung machte für uns deutlich, dass im Besonderen die Situation von Asylbewerbern ein besonderer Schwerpunkt ist. Das zog sich - Frau Tasch wird das sicher bestätigen können - durch eine ganze Reihe der Beiträge von Anzuhörenden durch. Dementsprechend kam der Ausschuss - wie schon angedeutet - überein, eine Gemeinschaftsunterkunft zu besuchen, wobei wir nach dem Motto verfahren sind, eine möglichst durchschnittliche Gemeinschaftsunterkunft, also weder eine besonders gute noch eine besonders schlechte, anzuschauen. Dement
sprechend haben wir uns an eine relativ nah an Erfurt gelegene, nämlich die in Gangloffsömmern, gewandt und einen Besuch dort ermöglicht. Der Besuch war für uns als Ausschuss ohne Zweifel spannend, aber auch schwierig. Es kamen viele Menschen sofort auf uns zugestürmt und wollten ihre Probleme bei uns loswerden und die auch äußern, was uns dazu gebracht hat, dass wir im Anschluss an die Besichtigung der Einrichtung eine Aussprachemöglichkeit gegeben haben.
Sichtbar wurde für uns der bauliche Zustand der Gemeinschaftsunterkunft - ein großer Sanierungsbedarf am Haus, die Fenster waren kaputt. Aber - ich will das aus meiner Sicht auch sagen und ich nehme an, ich rede da auch im Namen der anderen Ausschussmitglieder - auch die Sauberkeit vor Ort war nicht wirklich das, was man sich eigentlich von einer solchen Einrichtung erwarten könnte. Es gab keine ordentlichen Spielmöglichkeiten. Das Spielzimmer, was existierte, ist größtenteils abgeschlossen. Also von daher gestaltet sich die Situation - auch für uns nachvollziehbar - dort wirklich schwierig.
Ein Punkt, der mich persönlich betroffen gemacht hat, war die Frage der Ausstattung von Bädern und Toiletten. Sicher haben auch die anderen Ausschussmitglieder an der Stelle schlucken müssen. Wenn wir uns vorstellen, es gibt an Toiletten und an Duschen keine Abschließmöglichkeit. Es gibt auf Toiletten - wie ist der schöne Begriff für Klobrille? -
dann eben keine Sitzgarnitur. Das ist in meinen Augen keine wirklich menschenwürdige Unterbringung an der Stelle gewesen. Das ist für Männer schon schwierig, aber im Besonderen mit Blick auf die Situation von Frauen in Gemeinschaftsunterkünften in meinen Augen wirklich inakzeptabel.
Die Zimmer, in denen die Asylbewerber untergebracht waren, waren sehr klein und voll belegt - drei erwachsene Männer, die jeweils acht bis neun Jahre schon in der Gemeinschaftsunterkunft lebten, in einem kleinen Raum, eine Familie mit Kind in einem kleinen Raum. Also wenn man das nicht gesehen hat, kann man sich das nicht vorstellen. In der Küche selber gab es nichts anderes als Herde. Das heißt, es gab weder eine Abstellmöglichkeit noch eine Möglichkeit zum Essen noch in irgendeiner Weise die Möglichkeit, dort Speisen selber zuzubereiten. Was in der Praxis bedeutet, dass Menschen ihre - ich sage jetzt mal - geschnippelten Sachen mit heruntertragen müssen, also die Küche befand sich im Erdgeschoss, und dann die gekochten Sachen wieder
hochtragen müssen - also für mich ist das auch eine Frage der Sicherheit vor Ort, wenn man da mit heißem Essen wirklich weite Strecken zurücklegen muss.
Ich hatte angeführt, dass es zu einer persönlichen Aussprache mit den Asylbewerberinnen und Asylbewerbern kam, zumindest mit denen, die das gewünscht haben. Hier wurden verschiedene persönliche Probleme genannt, von denen ich einige nennen will, die im Bericht nicht noch mal ausführlich dargestellt sind, aber an der Stelle empfehle ich wirklich noch mal das Nachlesen im Protokoll des Gleichstellungsausschusses. Hier wurde im Besonderen genannt die Schwierigkeit bei der Erlangung von Besuchserlaubnissen, also beim Verlassen der Residenzpflicht sozusagen. Eine ältere Dame wandte sich an uns, deren Tochter in München wohnt und der mehrfach die Besuchserlaubnis für ihre Tochter nicht genehmigt wurde. Es wurde thematisiert, dass es sehr, sehr schwer ist, die Einkaufsstelle zu erreichen. Gerade Menschen, die nur noch eingeschränkt mobil sind und nicht mehr so gut zu Fuß sind, haben erhebliche Schwierigkeiten, in den mehrere Kilometer entfernten Ort zu kommen, zumal an der Stelle die Buskosten, die nicht unerheblich sind, auch als Problem genannt wurden, zumal man bedenken muss, dass natürlich das Vorhandensein von Bargeld relativ eingeschränkt ist durch die Gutscheinausgabe und Fahrscheine nicht mit Gutscheinen bezahlt werden können.
Weiterhin wurde als Problem genannt die Frage der beruflichen Integration. Speziell ein junger Mann mit einer offenbar guten Ausbildung wandte sich an uns und sagte, er will gern arbeiten und er bekommt keine Erlaubnis dazu. Die Wohnbedingungen und die ärztliche Versorgung wurden ebenfalls als Problem genannt. Weiterhin auch die schlechte Anbindung an den ÖPNV und der selten fahrende Bus.
Meiner Meinung nach sind das alles Punkte, denen auch vor Ort noch mal nachgegangen werden sollte. Also an der Stelle auch meine Bitte an die Abgeordneten aus dem Landkreis Sömmerda, da noch mal zu schauen, zumal der Betreibervertrag im nächsten Jahr nach Aussage des dortigen Amtes endet, und hier wirklich für eine Verbesserung zu sorgen. Ich will dazusagen, der Ausschuss hat diese Einrichtung nur beispielgebend besucht, ohne damit alle Einrichtungen über einen Kamm scheren zu wollen, aber die Probleme existieren so natürlich auch in anderen Einrichtungen. Was sich in dem Zusammenhang als schwierig gestaltete, war die Frage, den Landkreistag anzuhören. Der Landkreistag hatte in der Anhörung hier im Landtag ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er bereit ist, sich der Frage der Gemeinschaftsunterkünfte nochmals nach einer ausführlicheren Vorbereitung zu widmen. Das war erst
nach mehreren Nachfragen dann möglich, erfolgte schriftlich und ist auch von Ihnen nachzulesen.
Zur Auswertung durch den Gleichstellungsausschuss möchte ich so viel sagen: Wir haben festgestellt, dass in Thüringen eine Sondersituation im Bereich von Migranten insoweit existiert, dass wir einfach sehr geringe Fallzahlen haben, was das Agieren gerade im Hilfenetz oftmals schwieriger macht, aber wir haben auch festgestellt, dass die Frage der Integration, was auch Thema der Großen Anfrage der CDU-Fraktion war, also Integrationspolitik, eine Querschnittsaufgabe ist und ein breites Netzwerk an der Stelle notwendig ist.
Wir haben in der Auswertung festgestellt, dass gerade in der Frage der Bildung und Ausbildung noch einmal verstärkt auf Arbeitsagenturen und die Bundesanstalt zugegangen werden sollte, um berufsbezogene Deutschkurse anzubieten und Deutschkurse insgesamt noch mehr aus ihrer Starre herauszuholen und flexibler und damit auch für Menschen dann effektiver zu gestalten. Wir haben festgestellt, dass es notwendig ist, insgesamt in Ämtern, aber im Besonderen in Fragen der beruflichen Orientierung Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu stärken, das heißt, hier auch wirklich für interkulturelle Kompetenz vor Ort und bei der Arbeit zu sorgen.
Ich möchte noch einmal darauf eingehen, was am Ende die Schlussfolgerungen des Gleichstellungsausschusses waren. Wir haben in den Schlussfolgerungen festgestellt, dass wir der Meinung sind, dass es notwendig ist, ein Integrationskonzept für Migrantinnen und Migranten zu erarbeiten bzw. zu überarbeiten, verbesserte Angebote der Sprachförderung zu machen unabhängig vom Rechtsstatus und insbesondere auch berufsbezogene Deutschkurse anzubieten, Mindeststandards in der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften zu schaffen und als ersten Schritt hierzu eine Rechtsverordnung zu erlassen. Wir haben uns aber auch dafür ausgesprochen, dass bevorzugt Frauen, Familien und ältere Flüchtlinge in Einzelunterkünften untergebracht werden sollten.
Wir wollen eine Verbesserung der Information über und eine Vernetzung aller aktuellen Hilfsangebote für Migrantinnen/Migranten und Flüchtlinge - das ist die Frage des Netzwerkes, was ich angesprochen habe - und eine Verbesserung der Anerkennung beruflicher Abschlüsse. Weiterhin fordert oder wünscht sich der Gleichstellungsausschuss eine Verbesserung der beruflichen Integration und hier im Besonderen ein Konzept zusammen mit der Bundesagentur und ein Verbundprojekt zur Integration, zum Spracherwerb und zur beruflichen Orientierung bzw. Wie
dereingliederung. Dementsprechend auch die Anforderungen an die ARGEn und die jeweils zuständigen Behörden des Landes, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fortzubilden und die Anerkennung der im Ausland erworbenen Abschlüsse zu erleichtern.
Weiterhin verständigte sich der Gleichstellungsausschuss darauf, eine stärkere Unterstützung der von Gewalt bedrohten und betroffenen Frauen an der Stelle zu leisten, weil - das will ich als Hintergrund kurz ansprechen - wir feststellen mussten, dass überproportional Frauen mit Migrationshintergrund sich in Frauenhäusern wiederfinden, also überproportional zu ihrem Anteil an der Bevölkerung, und hier offensichtlich ein besonderer Handlungsdruck existiert.
Als letzten Punkt haben wir uns darauf verständigt, dass wir uns für die Finanzierung einer Beratungsstelle für Flüchtlinge aussprechen und die Notwendigkeit einer speziellen Beratungsstelle, einer psychosozialen Beratungsstelle für Flüchtlinge einsetzen werden.
Zum Schluss möchte ich kurz anfügen, dass ich hoffe, dass wir nach der guten und sehr umfänglichen Diskussion im Gleichstellungsausschuss darauf hoffen und darauf vertrauen, dass entsprechend dieses Ergebnisses auch wirklich der Landtag und die Landesregierung tätig werden. Dementsprechend hoffen wir auch heute auf eine gute Diskussion. Ich danke Ihnen.
Dekontaminierung der Altlast „Alte Farbenfabrik“ Eisenach
In Eisenach ist in den letzten Jahren in der Bahnhofstraße die Fläche der Farbenfabrik dekontaminiert worden. Dies ist ausgesprochen zu begrüßen. Dabei wurde von der beauftragten Firma Becker umfangreiches Erdmaterial entnommen und entsorgt. Die gefundenen Giftstoffe waren erheblich. Auffällig ist nun jedoch, dass der Erdaushub scheinbar nicht entsprechend der Belastungen mit Giftstoffen erfolgte, sondern eher einer eventuellen Bebauung folgt. Dabei ist besonders erstaunlich, dass im Bereich der geplanten Müllerstraße überhaupt keine Entnahme erfolgte, jedoch links und rechts davon sehr tief.
Ich frage die Landesregierung:
1. Was war die Aufgabenstellung der mit der Dekontaminierung beauftragten Firma?
2. Warum wurde gerade im Bereich der geplanten Müllerstraße (Mitte der kontaminierten Fläche) keine Entsorgung vorgenommen?
3. Welche Giftstoffe werden aufgrund welcher Untersuchungen unter der in Frage 2 genannten Fläche vermutet und wie werden diese gesichert?
4. In welcher Höhe erfolgte bisher die Finanzierung dieser Maßnahme durch das Land?
Als Erstes möchte ich anmerken: Die Antwort zu Frage 1 war zum Teil salomonisch, insgesamt kompliziert. Das muss ich in Ruhe erst einmal nachlesen, weil die Mischung aus Gefahrenabwehr und Zentralbereich für mich im Moment verwirrend ist. Aber habe ich Sie dann richtig verstanden mit Frage 1, dass es im Prinzip weniger um eine Beseitigung von Giftstoffen ging als vielmehr um eine Bauvorbereitung, wobei damit natürlich verbunden war, dass Erdaushub im Rahmen der Bauvorbereitung fachgerecht entsorgt werden musste, da er schwer belastet ist? Damit direkt im Zusammenhang: Sie haben davon gesprochen, dass die Belastung im Bereich der Müllerstraße aufgrund des nicht feststehenden Planfeststellungsverfahrens noch nicht erfolgte und durch die bisherige Versiegelung auch kein großes Gefahrenpotenzial existiert. Im Moment ist die Fläche doch schon relativ lange und auch absehbar noch eine ganze Weile unversiegelt. Wie ist denn in dem Moment die Frage der Gefahrensituation?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Krauße, auch ich habe die Chance genutzt, die Anhörung zu besuchen. Sie haben recht, es war hochinteressant, es war sehr spannend, ich habe an der Stelle auch was gelernt, wie, glaube ich, alle, die bei
der Anhörung anwesend waren. Für mich war neu, dass das Thema „Global Marshall Plan“ ein ganz, ganz wichtiges Frauenthema ist, weil mir deutlich geworden ist, wir denken zu Recht oft in dem Fokus Kinderarbeit. Wir müssen aber auch verstärkt darüber nachdenken, durch welche Arbeitsbedingungen ansonsten vor Ort Produkte entstanden sind, die wir hier konsumieren. Dazu muss man wissen, dass in den Weltmarktfabriken ungefähr zwei Drittel der Arbeitskräfte Frauen sind. Wir haben damit natürlich auch eine Verantwortung, uns Gedanken zu machen über Sozialstandards, über Sicherheitsstandards und Produktionsbedingungen, das nicht nur bei den schon angesprochenen Blumen, wobei Sie da völlig recht haben. In meinen Augen ist es wichtig, auch bei Blumen darüber nachzudenken, unter welchen ökologischen und auch unter welchen sozialen Bedingungen sie produziert worden oder gewachsen sind. Das gilt aber genauso bei den schon angesprochenen Textilien und geht bis hin zu Spielzeug, zu Elektronik und all dem, was global gehandelt wird.
Herr Krauße, Sie haben es angesprochen, Sie haben gesagt: Wonach greifen denn die Leute, wenn ein Produkt aus dem Ausland oder dem nicht europäischen Ausland 30 Prozent billiger ist? Ich will Ihnen die Antwort insoweit geben, dass ich glaube, dass, wenn die Leute informiert sind darüber und sich wirklich Gedanken machen, unter welchen Bedingungen Produkte entstanden sind, dass dann zumindest diejenigen, die die Wahl haben aufgrund eines ausreichend gefüllten Portmonees, auch bewusst zu ökologischen und zu fairen Produkten greifen. Es ist nicht umsonst, dass man inzwischen in nahezu allen Kaufhallen wirklich auch fair gehandelte Schokolade kaufen kann. Es ist nicht umsonst, dass man inzwischen wirklich auch im Bereich von Jeansproduktionen das Angebot an ökologischer Kleidung bekommt, die auch unter sozialen Standards produziert wurde. Dementsprechend ist die Aufklärung an dieser Stelle hier wirklich das A und O und notwendig.
Ich will dazu noch mal sagen, mir war das in der Weise auch nicht bewusst, bevor ich mich informiert habe, dass in China Arbeitstage von 10 bis 16 Stunden völlig normal sind, dass es normal ist, dass man im ersten Monat kein Einkommen erhält, dass es normal ist, Überstunden ohne Entlohnung zu leisten, und dass es leider auch in Weltmarktfabriken normal ist, bei Krankheit und bei Schwangerschaft entlassen zu werden.
Von daher meine ausdrückliche Bitte, dass wir hier diesem Antrag zustimmen, und meine ausdrückliche Bitte, die beiden verschiedenen Anträge auch noch einmal miteinander so zu qualifizieren, dass es wirklich zustimmungsfähig von der breiten Masse des Hauses ist. Ich glaube, wir haben eine Verantwortung für das, was wir hier konsumieren. Deshalb auch
meine Bitte, das wirklich noch einmal in den Ausschüssen zu diskutieren und beide Anträge sowohl an den Umweltausschuss als auch an den Gleichstellungsausschuss zu überweisen, weil - das will ich ausdrücklich dazu sagen - ich glaube, diese Verantwortung, die ich beim Konsumieren angesprochen habe, haben wir nicht nur bei unserem privaten Einkauf, nicht nur, wenn wir im Supermarkt oder im Kleidungsladen stehen, sondern auch gerade bei öffentlichen Beschaffungen.
Ich möchte abschließen mit einem Zitat, was mir bei der Debatte durch den Kopf ging, und an der Stelle noch einmal ausdrücklich auch zu Herrn Reinholz: Herr Reinholz, ich habe Ihren Worten wohl gelauscht und Sie haben mich enttäuscht.
Lassen Sie mich das begründen: Ich habe den Eindruck bei den Worten von Minister Reinholz, dass er sagt, wir können das nicht hundertprozentig richtig machen, wir können das nicht hundertprozent kontrollieren, das ist alles rechtlich ein bisschen schwierig und reine Formulierung von dem, was wir gern möchten, das reicht mir doch nicht und deswegen machen wir lieber gar nichts. Und das ist nicht mein Politikansatz.
Deswegen ging mir das Zitat von Rio Reiser durch den Kopf: „Wann, wenn nicht jetzt? Wo, wenn nicht hier? Wer, wenn nicht wir?“ Danke.
Danke.
Kostenübernahme der Lehr- und Lernmittel bei Beziehern von ALG II
Der Landrat des Wartburgkreises hat am 17. Juli 2008 per Eilentscheidung bestimmt, dass Bezieher von Arbeitslosengeld II (ALG II) bei Antragstellung die Kosten für die Erstausstattung von schulpflichtigen Kindern erstattet bekommen. Damit sollen die zu geringen Regelleistungen und Regelsätze nach SGB II und XII aufgefüllt werden. Diese Eilentscheidung fußt auf dem Beschluss des Bundesrats vom 23. Mai 2008 nach Neubemessung des Kinderbedarfs und eines Urteils des Landessozialgerichts von Nordrhein-Westfalen vom 17. April 2008 ebenfalls zur Absicherung von Sonderbedarfen für den Schulbesuch.
Der Landrat vertritt dabei die Auffassung, dass nur Anträge bewilligt werden, die in dem Zeitfenster von Beschlussfassung bis zum eigentlichen Schulanfang gestellt worden sind. Eine wie auch immer geartete Bekanntmachung erfolgte nicht. Eltern, die aufgrund der Berichterstattung, die erst nach Schuljahresbeginn in den regionalen Tageszeitungen erfolgte, einen Antrag gestellt hatten, aber bereits vor Schuljahresbeginn die notwendigen Lehr- und Lernmaterialien kauften, wären von dieser Regelung ausgenommen. Nach Auffassung des Landrats wären
die Betroffenen offensichtlich leistungsfähig gewesen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung als oberste Aufsichtsbehörde zur Auffassung des Landrats des Wartburgkreises, ausschließlich Anträge im oben genannten Zeitfenster zu bewilligen und Anträge, die erst im Zusammenhang mit der öffentlichen Berichterstattung gestellt wurden, abzulehnen, und geht die Landesregierung, bezogen auf den in Absatz 2 der Einleitung geschilderten Sachverhalt von einer Ungleichbehandlung aus?
2. Wie viele Anträge lagen der Verwaltung zum Zeitpunkt der Eilentscheidung des Landrats des Wartburgkreises vor und wie viele Anträge sind nach der Eilentscheidung zusätzlich bei der Landkreisverwaltung gestellt worden?
3. Welche weiteren Landkreise, kreisfreien Städte, Gemeinden oder Städte in Thüringen haben vergleichbare Entscheidungen zur Unterstützung von Beziehern von ALG II getroffen? In welcher Höhe werden dabei als sogenannte freiwillige Leistungen im Einzelfall Hilfen bewilligt und welche Zweckbindungen liegen dabei gegebenenfalls vor?
Sie haben zu Frage 1 ausgeführt, dass eine Prüfung veranlasst wurde und bisher kein Ergebnis vorliegt. Kann ich davon ausgehen, dass, wenn das Ergebnis vorliegt, das den Mitgliedern des Landtags mitgeteilt wird?
Eine zweite Nachfrage: Sie haben ausgeführt, dass es sich dabei um ein Ergebnis sozusagen im eigenen Wirkungskreis handelt. Wie bewerten Sie trotz allem das Vorgehen des Landrats?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Frau Tasch, ich freue mich über den Antrag der Fraktion der CDU, das Thema demnächst ausführlicher hier zu diskutieren, weil die Aktuelle Stunde wirklich, das gebe ich zu, zu kurz ist.
Meine Damen und Herren, stellen Sie sich vor, es ist Fußballeuropameisterschaft. Deutschland erreicht einen glorreichen 24. Platz. Das ist schlimmer als Grand Prix. Wir können uns aber auf die Schulter klopfen, wir haben große Nationen wie Zypern, Estland und die Slowakei hinter uns gelassen. Was passiert am nächsten Tag? Noch am selben Abend würde der Trainer, wenn er nicht selber geht, sofort entlassen werden. Die öffentliche Stimmung wäre, ihn auf den Mond zu schicken, Betreuer und Berater würden sofort arbeitslos. Die gesamte Mannschaft würde ausgetauscht. Ein Ruck würde durch das ganze Land gehen, alle gemeinsam würden feststellen, es muss sich etwas tun. Alle würden das Problem diskutieren und es muss etwas geschehen, Schmach und Schande von uns zu bringen. Die Bild-Zeitung würde mindestens eine Woche das Thema auf Seite 1 platzieren, alle Zeitungen würden Sonderbeilagen veröffentlichen und die Bundesregierung würde einen nationalen Aktionsplan erstellen. Genau hier sind wir beim Thema, weil es nicht die Europameisterschaft im Fußball war, sondern der Einkommensunterschied, bei dem wir den 24. Platz belegt haben. Ich frage Sie: Welche Schande ist größer? Für mich, das sage ich ehrlich, ist die Schande größer, dass in Deutschland Lohnunterschiede von 22 Prozent zwischen Frauen und Männern existieren.
Meiner Meinung nach ist hier ganz klar eine Gerechtigkeitsdebatte notwendig. Da reicht es nicht, Frau Tasch, wie Sie es angedeutet haben, Mädchen in andere Berufe zu schicken. Eine Wertedebatte ist notwendig, den Wert einer Arbeit festzulegen. Frau Tasch, da will ich an der Stelle ausdrücklich sagen: Mädchen in technische Berufe zu schicken, das al
lein ist einfach zu wenig. Es ist die Frage: Sind pflegende Berufe denn weniger wert als montierende Berufe? Ist die Arbeit an der Maschine mehr wert als die Pflege von Kindern in Kindertagesstätten? Es stimmt nicht - das will ich ausdrücklich auch an dieser Stelle sagen -, dass das Ganze nur aufgrund von Teilzeitregelungen oder weniger Arbeit oder wie auch immer sich errechnet, es geht hier um den Bruttostundenlohn. Netto sieht das Ganze übrigens noch viel schlimmer aus; aufgrund des Ehegattensplittings sind Frauen in vielen Fällen überdurchschnittlich besteuert. Einige Zahlen will ich Ihnen nicht ersparen, meine Damen und Herren, die Einkommensunterschiede der 25- bis 29-Jährigen belaufen sich nur auf Pi mal Daumen 10 Prozent, bei den über 60-Jährigen sind es 31 Prozent. Als Branche hervorheben möchte ich das Rechnungswesen, Frau Tasch, keine typische Aufteilung der Arbeit in technisch oder nicht technisch. Im Rechnungswesen verdienen Frauen 22 Prozent weniger als Männer. Wenn ich das Ganze vergleiche Ost gegen West kann man feststellen, dass eine Ostfrau 58 Prozent von dem verdient, was ein Mann im Westen verdient - 58 Prozent. 44 Prozent der Thüringer Frauen verdienen monatlich weniger als 900 €, 60 Prozent von sogenannten Billigjobbern sind Frauen. Ich bin der Meinung, weil die verheerenden Auswirkungen überall zu sehen sind - beim Arbeitslosengeld, bei der Rente und auch bei der Unterstützung von Alleinerziehenden -, dass hier ein klarer Auftrag für Politik zum Handeln existiert.
Wir brauchen dringend ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft, dringend und sofort. Schweden hat es uns gezeigt und andere europäische Länder. Das bedeutet nicht den Untergang der Wirtschaft, es kann sogar positive Auswirkungen haben. Wir brauchen in Thüringen ausdrücklich die Umgabe des § 22 des Gleichstellungsgesetzes. Es steht im Gesetz, es ist eine gesetzliche Verankerung. Hier besteht notwendiges Handeln.
Sie fragen sich vielleicht, was ist aktuell an der Aktuellen Stunde? Ich will es Ihnen kurz andeuten: Der 27. Oktober. Das ist der Tag, wenn wir bei gleichen Einkommensverhältnissen wären, an dem die Männer bis zum Jahresende zu Hause bleiben können. Fast zehn Wochen, 65 Tage arbeiten Frauen länger als Männer. Nicht, dass ich Ihnen das nicht gönne, aber ich würde gern mit die zehn Wochen Urlaub haben.
Zum Abschluss einen letzten Satz: Der Trainer muss das Problem erkennen, bevor wir noch mal 24-ster werden, sonst hat er es verdient, auf den Mond geschickt zu werden. Denn Frauen sind mehr wert.
Danke.
Hausbesuche der ARGE in Eisenach
In der Antwort auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Leukefeld und Hauboldt (Drucksache 4/4097) führte die Landesregierung aus, dass die ARGE Eisenach im Jahr 2007 1.712 Hausbesuche durchführte. Diese überdurchschnittlich hohe Zahl führte nicht nur in Eisenach zu einem Sturm der Entrüstung. In einem daraufhin geführten Gespräch mit der Leiterin der ARGE stellte diese klar, dass diese Zahl nicht der Wahrheit entsprechen würde. Es handle sich im Gegensatz dazu um weniger als 500 Fälle (von ins- gesamt einem Mitarbeiter).
Weiterhin führte sie aus, dass sie sich das Zustandekommen dieser Zahl nicht erklären könne, da sie keine Anfrage diesbezüglich beantwortet habe.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie ist die deutliche Diskrepanz der Zahlen der ARGE Eisenach und des zuständigen Ministeriums zu erklären?
2. Von wie vielen Hausbesuchen im Jahr 2007 der ARGE Eisenach geht die Landesregierung aktuell
aus?
3. Wie kamen die Aussagen und Zahlen aus der Drucksache 4/4097 bezüglich der ARGE Eisenach zustande und wer beantwortete die Nachfrage der Landesregierung?
Meine Nachfrage: Gab es denn auch aus anderen ARGEn oder Städten - oder wie auch immer - Reaktionen, dass die Zahlen, die das Ministerium veröffentlicht hat, aus ihrem Bereich falsch gewesen seien?
Umsetzung von § 12 Thüringer Gleichstellungsgesetz
Entsprechend des Thüringer Gleichstellungsgesetzes wirken die Dienststellen bei der „Besetzung von Kommissionen, Beiräten, Verwaltungs- und Aufsichtsrä
ten, Ausschüssen sowie sonstigen Gremien, für die sie ein Entsendungs-, Bestellungs- oder Vorschlagsrecht haben, auf eine gleiche Beteiligung von Frauen und Männern hin“ (§ 12 Abs. 1 Thüringer Gleich- stellungsgesetz - ThürGleichG). In § 12 Abs. 2 ThürGleichG wird weiterhin geregelt, dass „die vorschlagsberechtigten Stellen für jeden auf sie entfallenden Sitz jeweils eine Frau und einen Mann zu benennen oder vorzuschlagen (Doppelbenennung)“ haben.
Ich frage die Landesregierung:
1. In wie vielen Fällen hatte die Landesregierung in dieser Legislatur entsprechend des oben genannten Gesetzes ein Vorschlags-, Entsendungs- oder Bestellungsrecht und wie wurde es ausgeübt (bitte um Darstellung getrennt nach Geschlecht)?
2. In wie vielen Fällen wurden Doppelbenennungen durchgeführt und wie oft erfolgte diese nicht und warum nicht?
3. Ist der Vorgabe des Gesetzes Genüge getan, indem Frauen und Männer gleichermaßen an Gremien, Ausschüssen, Beiräten und Aufsichtsräten beteiligt sind und wie beurteilt die Landesregierung diese Situation?
Eine Nachfrage zu Frage 2. Sie haben ausgeführt, dass es keine statistische Erhebung dazu gibt, in wie vielen Fällen es zu Doppelbenennungen kam, haben aber ausgeführt, welche Gründe dagegen sprechen. Gehe ich richtig in der Annahme, dass Ihre Ausführungen so zu interpreterieren sind, dass es bisher eigentlich nicht zu Doppelbenennungen kam? Und die Nachfrage in dem Sinne dann: Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit oder ist aus Ihrer Sicht § 12 Abs. 2 an der Stelle überhaupt durchführbar oder realisierbar?
Dr. Peter Krause, Horst Krauße, Thomas Kretschmer, Klaus von der Krone, Jörg Kubitzki, Dagmar Künast, Tilo Kummer, Frank Kuschel, Annette Lehmann, Benno Lemke, Ina Leukefeld, Christine Lieberknecht, Christoph Matschie, Beate Meißner, Mike Mohring, Maik Nothnagel, Michael Panse, Birgit Pelke, Dr. Werner Pidde, Walter Pilger, Egon Primas, Michaele Reimann, Jürgen Reinholz, Dr. Johanna Scheringer-Wright, Prof. Dr. Dagmar Schipanski, Fritz Schröter, Dr. Hartmut Schubert, Gottfried Schugens, Jörg Schwäblein, Heidrun Sedlacik, Reyk Seela, Diana Skibbe, Dr. Volker Sklenar, Andreas Sonntag, Carola Stauche, Christina Tasch, Heike Taubert, Elisabeth Wackernagel, Marion Walsmann, Wolfgang Wehner, Siegfried Wetzel, Katja Wolf, Henry Worm, Dr. Klaus Zeh.
Dr. Peter Krause, Horst Krauße, Thomas Kretschmer, Klaus von der Krone, Jörg Kubitzki, Dagmar Künast, Tilo Kummer, Frank Kuschel, Annette Lehmann, Benno Lemke, Ina Leukefeld, Christine Lieberknecht, Christoph Matschie, Beate Meißner, Mike Mohring, Maik Nothnagel, Michael Panse, Birgit Pelke, Dr. Werner Pidde, Walter Pilger, Egon Primas, Michaele Reimann, Jürgen Reinholz, Dr. Johanna Scheringer-Wright, Prof. Dr. Dagmar Schipanski, Fritz Schröter, Dr. Hartmut Schubert, Gottfried Schugens, Jörg Schwäblein, Heidrun Sedlacik, Reyk Seela, Diana Skibbe, Dr. Volker Sklenar, Andreas Sonntag, Carola Stauche, Christina Tasch, Heike Taubert, Elisabeth Wackernagel, Marion Walsmann, Wolfgang Wehner, Siegfried Wetzel, Katja Wolf, Henry Worm, Dr. Klaus Zeh.
Dr. Peter Krause, Horst Krauße, Thomas Kretschmer, Klaus von der Krone, Jörg Kubitzki, Dagmar Künast, Tilo Kummer, Frank Kuschel, Annette Lehmann, Benno Lemke, Ina Leukefeld, Christine Lieberknecht, Christoph Matschie, Beate Meißner, Mike Mohring, Maik Nothnagel, Michael Panse, Birgit Pelke, Dr. Werner Pidde, Walter Pilger, Egon Primas, Michaele Reimann, Jürgen Reinholz, Dr. Johanna Scheringer-Wright, Prof. Dr. Dagmar Schipanski, Fritz Schröter, Dr. Hartmut Schubert, Gottfried Schugens, Jörg Schwäblein, Heidrun Sedlacik, Reyk Seela, Diana Skibbe, Dr. Volker Sklenar, Andreas Sonntag, Carola Stauche, Christina Tasch, Heike Taubert, Elisabeth Wackernagel, Marion Walsmann, Wolfgang Wehner, Siegfried Wetzel, Henry Worm, Dr. Klaus Zeh, Katja Wolf.
Vielen Dank. Wir beide sind uns da sicher in der Weise ähnlich, dass auch ich nicht Fischexpertin bin, trotzdem meine Frage: Geben Sie mir recht, dass wir beide uns da auch einig sind, dass Fische in die Werra gehören und dass dementsprechend schon die Frage spannend ist, wie wirkt Kalilauge auf Fische in der Werra?
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren, Kali + Salz steht die Lauge bis zum Hals, große Teile der Entsorgungsmöglichkeiten sind innerhalb weniger Monate mit dem Ende der Versenkung in Gerstungen und mit dem „Vollsein“ des Speichers bei Fulda weggebrochen. Was hat diese Feststellung nun mit unserem Antrag zu tun? Ich möchte Ihnen das erläutern. Wir beantragen heute hier ein unabhängiges Gutachten zu den ökologischen Auswirkungen der Lauge auf das Leben in und an der Werra. Was ist der Hintergrund? Die Salze und ihr Verhältnis belasten das Leben im Fluss. Ich glaube, das ist auch in diesem Saal unstrittig. Eindrückliche Versuche haben das nachgewiesen. Es ist eben nicht nur das Chlorid als Grenzwert entscheidend, sondern auch die Salze und ihr Verhältnis sind entscheidend. Daher gibt es auch die Härte, deren Grenzwert derzeit für die Werra bei 90 Grad festgeschrieben ist. Diese Grenzwerte werden 2009 neu festgelegt; die Frage ist, auf welcher Basis. Kali + Salz wurde verpflichtet, eine Studie zu finanzieren. Diese Studie soll untersuchen, welche Auswirkungen die Härte auf das Biotop Werra hat. Das ist auch richtig so, das will ich gar nicht kleinreden, diese Studie ist in meinen Augen wichtig. Wir haben jedoch Zweifel an der Unabhängigkeit dieser Studie. Wir fürchten, dass an dem Sprichwort - ich zitiere das Sprichwort, darauf möchte ich ausdrücklich hinweisen - „Wessen Brot ich fress, dessen Lied ich sing“ zumindest irgendwo etwas dran ist.
Wir fordern daher die Finanzierung und die Beauftragung eines unabhängigen - für mich ist wirklich wichtig, an der Stelle darauf hinzuweisen -, eines unabhängigen Gutachtens. Die Anhörung von Biologen deutet darauf hin, dass die Härte ganz entschei
dende Auswirkungen auf ein Ökosystem hat. Wir sind der Überzeugung, dass die Härte mit ihrem Grenzwert von 90 Grad dH in der Weise keinen Bestand haben kann. Wir fürchten aber, dass es - und da spanne ich wieder den Bogen zum Beginn - aufgrund dessen, dass Kali + Salz die Lauge im Moment wirklich bis zum Hals steht, einen gewissen Druck auf die derzeitige Studie gibt. Von daher würden wir uns darum bemühen, ein unabhängiges Gutachten durch die Landesregierung durchführen zu lassen. Ich bedanke mich.
Ich bedanke mich. Es gibt ja auch Sätze mit ausgesprochen vielen Kommas. Der gehört ohne Zweifel dazu.
Verzeihen Sie, dass ich jetzt noch einmal ein Stück in Ihren Ausführungen zurückgehen muss. Sie haben gesagt, Ihre persönliche Bewertung der Dauereinleitung ist uns bekannt. Da haben Sie recht. Sie haben die Hessische Landesregierung um eine rechtliche Bewertung gebeten. Gehe ich recht in der Annahme, dass es aber auch eine rechtliche Bewertung des Vorgangs innerhalb der Landesregierung Thüringens gibt? Sie hatten ja nun ein gutes Jahr Zeit, zu dieser rechtlichen Bewertung zu kommen.
Schulwegsicherheit im Wartburgkreis
Immer wieder wird von besorgten Eltern die gefährliche Schulweg-Situation in Förtha (Gemeinde Marksuhl) angemerkt. Fast alle Grundschulkinder des Ortes müssen dabei die B 84 überqueren. Es gibt an dieser Stelle (Einmündung der Alten Eise- nacher Straße in die Frankfurter Straße) keine Sicherheitsmaßnahmen wie Fußgängerampel oder Fußgängerüberweg - abgesehen von einer Fußgängerinsel. Das Überqueren der Bundesstraße ist in diesem Bereich besonders gefährlich, da es sich um eine lange Gerade handelt, welche sich an eine kurvenreiche Strecke, die Rennsteigquerung, anschließt. Somit nutzen viele Autofahrer die Chance zum Überholen oder mal wieder richtig aufs Gas zu drücken. Der Bürgermeister der Gemeinde stellte fest, dass er keine Möglichkeit zum Handeln besitzt, da es sich
um eine Bundesstraße handelt. Viele Eltern sind besorgt, aber auch enttäuscht über die derzeitige Situation. Im Ort herrscht das Gefühl, dass es erst einen dramatischen Unfall geben muss, ehe etwas passiert.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie schätzt die Landesregierung die Gefährdung vor Ort ein?
2. Welche Vorfälle in diesem Bereich sind bekannt?
3. Wer trägt die Verantwortung für die Entschärfung dieser Gefahrensituation?
4. Welche Lösungen sind nach Ansicht der Landesregierung denkbar?
Wegweisungen und Ingewahrsamnahmen in Thüringen
Das Gewaltschutzgesetz des Bundes ermöglicht die Wegweisung eines Gewalttätigen aus der ehelichen bzw. gemeinsam genutzten Wohnung.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie oft erfolgten Einsätze der Polizei wegen Gewalt im sozialen Nahraum 2007?
2. Wie oft wurden nach diesem Gesetz im Jahr 2007 Wegweisungen oder Platzverweise vorgenommen?
3. Wie oft erfolgte eine Ingewahrsamnahme nach Gewalttätigkeiten im häuslichen Bereich?
4. Wie oft waren Frauen die Täter?
Keine direkte Nachfrage, nur die Bitte, die letzte Frage noch einmal zu wiederholen. Ich kam einfach so schnell nicht mit, das tut mir leid. Eine richtige Nachfrage: Wir hatten schon die Möglichkeit, einmal die Auflistung entsprechend der einzelnen PD-Bereiche zu bekommen. Ist es denn möglich, das schriftlich nachgeliefert zu bekommen, um nicht noch einmal extra eine Anfrage machen zu müssen, weil das für mich ausgesprochen günstig wäre, das zu sehen. Die zweite Nachfrage bezieht sich auf die Frage 2. Sie haben ausgeführt, dass es 341 Platzverweise im letzten Jahr gibt, was ja in Anbetracht von 2.176 Einsätzen bei häuslicher Gewalt, sagen wir einmal, einem von 8 Fällen entspricht. Ist Ihrer Meinung nach an der Stelle das Instrument des Platzverweises wirklich ausreichend genutzt worden?
Möglichkeiten des Unterschreibens bei Volksbegehren
Im Rahmen des aktuell laufenden Volksbegehrens „Mehr Demokratie in Thüringer Kommunen“ stellt sich die Frage, wie es speziell Thüringer Bürgerinnen und Bürgern im Strafvollzug möglich ist, sich über das Volksbegehren zu informieren und mit ihrer Unterschrift zu beteiligen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie viele Thüringerinnen und Thüringer sind derzeit im geschlossenen Strafvollzug (bitte getrennt nach Geschlecht)?
2. Wie viele davon haben rechtlich die Möglichkeit, sich mit ihrer Unterschrift am Volksbegehren zu beteiligen?
3. Wie wird ihnen ermöglicht, sich über das Volksbegehren zu informieren und mit ihrer Unterschrift das Volksbegehren zu unterstützen?
Meine Nachfrage bezieht sich darauf, wie gelangen sie denn an den Unterschriftsbogen? Also, ist es unkompliziert möglich, dass von Besuchern Unterschriftsbögen in die JVAs oder Strafvollzugsanstalten mitgebracht und dann dort unterschrieben werden oder muss das über die Anstaltsleitung laufen? Ich weiß, es gibt bestimmte Restriktionen, Material mit in die Einrichtungen zu bringen.
Herr Minister Trautvetter, da Sie sich ja mit dem Preissystem der Bahn auskennen, gehe ich davon aus, dass Ihnen auch bekannt ist, dass die Preisgestaltung für Pendler in dem Moment, wo sie nicht jeden Tag fahren, nicht wirklich günstig ist, weil es einfach günstiger ist, mit der BahnCard zu fahren. Ich kann es Ihnen am Beispiel Eisenach - Erfurt klarmachen: In dem Moment, wo ich einen Tag im Monat nicht fahre, ist es günstiger, mir mit der BahnCard 50 jeden Tag einen Fahrschein zu holen. Da wir sehr unterschiedliche Berufstätigkeiten haben, wo es ganz normal ist, dass man einen Tag mal auf Dienstreise ist, da geben Sie mir doch recht, dass es für viele Pendler günstiger ist, jeden Tag mit der BahnCard 50 zu fahren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Antje Ehrlich-Strathausen hat völlig zu Recht gesagt, Schweden schwebte in letzter Zeit ungewöhnlich oft gerade durch diesen Saal und musste als Namensgeber herhalten für eine neue Thüringer Gleichstellungspolitik. Wir waren von Anfang an skeptisch, das gebe ich zu, heute wissen wir, wenn die Schweden wüssten, wofür sie herhalten müssen, würden sie, glaube ich, in einem Sturm der Entrüstung über uns herfallen.
Das hat es schon gegeben, aber dem schwedischen König heutzutage wünsche ich doch ein anderes Ende. Die Schweden sind Weltmeister in der Gleichstellung. Ich möchte Ihnen nur ganz wenige Zahlen nennen. Im Moment sind im schwedischen Parlament 47 Prozent Frauen. Wir können uns mal kurz hier im Saal umschauen, wie es hier aussieht.
Herr Wehner, es tut Ihnen gut, das auch zu hören. In der schwedischen Regierung - Sie können ja kurz schätzen, wie der Frauenanteil ist - liegt er nicht bei 50 Prozent, worüber die Schwedinnen und Schweden auch unglücklich sind, es sind nur 10 Ministerinnen bei 22 insgesamt in der Regierung. Ich möchte Ihnen ein Zitat bringen von der offiziellen Seite Schwedens, der Seite des schwedischen Instituts. Dort steht geschrieben - Frau Präsidentin, ich zitiere: „Schweden nimmt in der Gleichstellungsstatistik eine führende Rolle ein. Insbesondere gilt dies für die Forderung nach einer geschlechterspezifischen Statistik. Die offiziellen Statistiken über Einzelpersonen sollen erfasst, analysiert und nach dem Geschlecht repräsentiert werden.“ Das heißt, in Schweden ist es Usus, dass jede, aber auch jede Statistik, die über Menschen geführt wird, automatisch geschlechtersensibel geführt wird. In Thüringen müssen wir immer wieder feststellen, dass wir hier das große Fragezeichen haben. Ich erinnere mich noch mit Schrecken an eine Anfrage, wie viele Frauen wir zum Beispiel in Einrichtungen der Behindertenhilfe haben. Dazu gab es keine Erhebungen - in meinen Augen ein Skandal.
Wir, meine Fraktion, Herr Kubitzki hat es schon begründet, wollen einen Bericht über die Situation von Frauen in Thüringen und wir denken, dieser Antrag hilft bei der Umsetzung des schwedischen Modells. Nur wenn es möglich ist, Benachteiligungen sichtbar zu machen, kann man sie auch beseitigen.
Ich freue mich, dass der Ministerpräsident zumindest bei der Debatte anwesend ist, gebe aber zu, dass mich das Telefonat im Moment ein wenig stört. Es ist schade, dass die politische Kultur in diesem Saal so ist wie sie ist.
Frau Wackernagel, das war jetzt ein ganz wichtiger Einwurf.
Gleichstellungspolitik ist in meinen Augen nicht nur das Blümchen im Jackett. Es ist nicht die Kür, sondern es ist Pflicht. Ich will Ihnen aus der Verfassung zitieren: „Der Staat fördert die tatsächliche Gleichberechtigung von Männern und Frauen und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Das heißt, und da schlagen wir auch den Bogen zu der Debatte heute morgen, Geschlechtergerechtigkeit ist Grundlage der Demokratie. Bei uns ist Geschlechterpolitik oder Gleichstellungspolitik Chefsache. Ich bekomme Sorgen, das gebe ich zu, wenn ich sehe, welches Problembewusstsein hier gerade bei unserem Ministerpräsidenten existiert. Wir haben einen Männeranteil, das muss ich Ihnen hier nur kurz erläutern, in der Landesregierung von 90 Prozent. Wenn hier kein Problembewusstsein dafür ist, dass das auch ein demokratisches Problem ist, dann weiß ich auch nicht mehr weiter.
Wir wissen auch, mit welcher unglaublichen Macht das Landtagspräsidium im Vergleich zur Landesregierung gesegnet ist, Herr Minister.
Politik braucht als Grundlage für Handeln verlässliche Daten in allen gesellschaftlichen Bereichen. Wir wollen, dass der erreichte Stand dargestellt wird und das Ausmaß noch vorhandener Unterschiede und Defizite dargestellt wird.
Wir wollen einen Gesamtüberblick über die Arbeitsmarkt- und Lebenssituation von Frauen in Thüringen, weil das dann auch die Möglichkeit gibt, darüber in eine gesellschaftliche Diskussion zu kommen. Dazu wird relativ wenig eigene Forschungsarbeit nötig sein - Frau Ehrlich-Strathausen hat das völlig zu Recht angesprochen -, es gibt schon eine ganze Reihe von Zahlen. Es gibt schon eine ganze Reihe von Erhebungen, es ist aber notwendig, diese zusammenzufassen, diese zu interpretieren und zu analysieren. Die Grundlagen sind in der Literatur, in vorliegenden Forschungsprojekten, in Zahlen des Statistischen Landesamts, im Mikrozensus belegt, auch in Zahlen der Arbeitsagentur.
Ich möchte einige Schwerpunkte herausgreifen, warum wir diesen Datenbericht für so wichtig halten - Sie können die anderen in unserem Antrag natürlich gern nachlesen:
Die Frage der Abwanderung wurde schon angesprochen: Die Abwanderung ist überwiegend weiblich und was das für Auswirkungen auf unsere demographische Entwicklung in Thüringen hat, muss ich Ihnen hier nícht mehr erläutern, das wissen Sie selber. Wir müssen uns fragen, wo liegen die Gründe dafür und was sind die Schlussfolgerungen.
Zur Frage Arbeitsmarkt und Einkommen: Wir hatten und haben zum Teil noch die freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaft zur weiteren Umsetzung der Gleichstellung in der Privatwirtschaft. Ich frage mich, was hat sie in Thüringen gebracht. Dazu gibt es bisher meiner Kenntnis nach keine umfassende Beurteilung und Bewertung. Wie sieht die Einkommenssituation in Thüringen aus? Hier heißt es, die Zahlen wirklich noch mal genau anzuschauen und auch anzufassen. Wir haben in Deutschland eine skandalöse, wirklich skandalöse Zahl von 22 Prozent Einkommensunterschied von Frauen zu Männern. Schwedisches Modell als Blickpunkt - die sind im Moment bei 5 Prozent und darüber im Übrigen sehr unglücklich, dass sie diese 5 Prozent noch haben.
Zur Frage Politik und Gesellschaft: Die Landesregierung habe ich angesprochen, wir wollen natürlich auch wissen, wie ist die politische Verankerung und die Wahrnahme von politischer Verantwortung in Kommunen und in Kreisen. Das ist in meinen Augen auch ein ganz wichtiger Punkt.
Zur Frage Frauen und Gesundheit: An dieser Stelle wird für jeden offensichtlich, dass Frauen und Männer sehr unterschiedlich betroffen sind, auch in der Gesundheitspolitik. Da gehört auch das Zusammenspiel der Frage von Einkommen und Gesundheit dazu und hier sind wir wieder bei dem Rückschluss zu den 22 Prozent Einkommensunterschied. Denn, Sie wissen es selber, in den letzten Jahren gab es eine deutliche Verschlechterung der Gesundheitspolitik für schwächere Einkommensgruppen. Das Thema Praxisgebühr möchte ich hier nur ganz kurz nennen. Frauen sind überdurchschnittlich von Armut betroffen und dementsprechend auch stärker von den Kürzungen der Gesundheitspolitik betroffen. Wir erwarten Auskunft über die Fragen von Schwangerschaft, auch von ungewollter Schwangerschaft, weil wir denken, dass hier eine Analyse der Zahlen unbedingt notwendig ist und damit auch eine Diskussion über die Zahlen notwendig und auch möglich ist. Das wird in meinen Augen ganz offensichtlich bei der derzeitigen Diskussion. Erlauben Sie mir einen ganz kurzen Ausflug zu den Äußerungen von Herrn Böhmer. Die Äußerungen waren völlig inakzeptabel.
Sie sind wissenschaftlich falsch und diskriminieren Frauen auf unvorstellbare Art und Weise. Ich habe
dazu die Äußerung des Ministerpräsidenten gehört, in meinen Augen sehr enttäuschend, weil er sich nicht von den Äußerungen distanziert, sondern sich ausschließlich darauf bezogen hat, dass man damit den Osten schlechtredet und dass es auf diese Art und Weise zu einem Standortnachteil für den Osten kommt. Wir müssen uns distanzieren von den Äußerungen von Herrn Böhmer und uns nicht auf die Wirkung dieser reduzieren.
Herr Böhmer unterstellt Frauen, leichtfertig mit Schwangerschaft umzugehen und er stellt Abtreibung und Kindstötung auf eine Stufe. In meinen Augen wirklich ein unglaublicher Skandal.
Ich möchte, weil wir bei dem Thema Schweden, auch dank Frau Ehrlich-Strathausen, vorhin schon waren, uns noch einmal ganz kurz Schweden vor Augen führen. In Schweden gibt es nicht die Debatte Kindstötung und da gibt es auch von hier aus nicht die Debatte, was es für ein unmenschliches Land ist, wo Frauen einfach ihre Kinder abtreiben oder umbringen. In Schweden gibt es eine Fristenlösung bis zur 18. Woche ohne einen Beratungsschein, ohne eine ähnliche Reglementierung, sondern wirklich eine Fristenlösung bis zur 18. Woche. Ich würde mich freuen, wenn wir an der Stelle wirklich zu einer umfassenden, aber auch sachgerechten Diskussion kommen und fordere die Landesregierung nochmals ausdrücklich auf, sich von den Äußerungen von Ministerpräsident Böhmer zu distanzieren.
Ein paar Worte möchte ich zum CDU-Antrag sagen. Frau Ehrlich-Strathausen ist darauf richtigerweise eingegangen. Ich persönlich freue mich, wenn die CDU einen Antrag stellt, sich von der Landesregierung berichten zu lassen, wie im Moment die Frage der Geschlechtergerechtigkeit oder des GenderMainstreaming in der öffentlichen Verwaltung umgesetzt wird. Schön. Meine Freude endet aber an der Stelle, wo das Ganze als Alternativantrag zu unserem Antrag gestellt ist. Ich verstehe es nicht, Frau Tasch, warum Alternativantrag, zumal sich diese Anträge ergänzen und nicht ersetzen. Vielleicht können Sie mir das nachher erklären. Für mich wirken die Anträge wie Sonne und Mond, beide schweben im Universum, ansonsten haben sie relativ wenig gemeinsam.
Ein Bericht über den Sachstand der Umsetzung einer geschlechtersensiblen Sichtweise in der öffentlichen Verwaltung, so haben Sie es genannt, ist in meinen Augen wichtig und er ist genauso wichtig wie ein Bericht über die Situation von Frauen in Thüringen.