Protokoll der Sitzung vom 19.03.2009

Also rufe ich auf den Tagesordnungspunkt 7

Gesetz zur Entlastung der Ge- meinden von Kosten für den Winterdienst Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 4/4807 - dazu: Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 4/5011 - ZWEITE BERATUNG

Jetzt muss ich einmal schauen, ob die Redeanmeldungen dazu gekommen sind - ja. Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und rufe für die CDU-Fraktion den Abgeordneten Schugens auf.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte für die CDU-Fraktion feststellen auch in zweiter Lesung, dass wir den Gesetzentwurf der SPD ablehnen. Wir hatten in der letzten Sitzung schon dargestellt, warum. Wir sind nicht der Meinung, dass wir die Baulast ändern und wir sind nicht der Meinung, dass es eine Aufgabe des Landes ist, im Territorium einer Kommune diese Aufgabe zu übernehmen. Wir haben das letzte Mal schon festgestellt, das ist ein Ordnungs- und polizeiliches Recht, das kommunale Hoheit hat und wir möchten diesen Tatbestand auch so belassen.

Meine Damen und Herren, es wird hier in der Vorlage davon gesprochen, dass dies immer nur eine Belastung sei, eine Straße, eine überregional bedeutende Straße in der Ortslage. Ich hatte Ihnen das letzte Mal schon meine Auffassung gesagt, es ist eine Privilegierung, mit einer überregionalen Straße einen Ort erschlossen zu haben und über diese Straßen zu Oberzentren schnell angebunden zu sein. Auch bei diesem Vorteil, den viele Kommunen in langjährigen Fristen und mit Kämpfen erwirken, stehen wir auf dem Standpunkt, es bleibt in der Gesetzeslage wie es ist.

Meine Damen und Herren, es gibt eine zweite Vorlage, einen Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE. Der ist nicht weniger unproblematisch, der ist eigentlich noch, ich betone das, gefährlicher. Denn dieser Antrag enthält ganz klar eine völlige Änderung.

(Beifall CDU)

Das bedeutet eine volle Kostenerstattung und die volle Kostenerstattung können wir schon überhaupt nicht tragen. Sie wissen, Herr Kuschel, nach unserer Auffassung ist über den KFA und die entsprechenden Regelungen diese Leistung abgegolten und ein

gearbeitet und ich kann meiner Fraktion und dem Hohen Haus nur empfehlen, auch diesen Änderungsantrag abzulehnen. Ich danke Ihnen.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE rufe ich Frau Abgeordnete Enders auf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Schugens, jetzt komme ich zu dem „gefährlichen“ Antrag der Fraktion DIE LINKE und zu einem großen Problem, das die Kommunen haben. Auch wenn in Erfurt schon fast die Schneeglöckchen blühen, ist das Winterdienstthema in den Thüringer Höhenlagen noch längst nicht vom Tisch. Dort haben die Kommunen nämlich immer noch mit den Schneemassen und mit den für die Räumung angefallenen und anfallenden Kosten zu kämpfen. Ich war erst vor wenigen Tagen am Rennsteig und konnte mich dort von der Lage überzeugen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Seid froh, dass Ihr welchen habt, da kommen wenigstens Touristen.)

Sehen Sie, wenn ich das immer höre.

(Unruhe im Hause)

Wissen Sie, was mein Kollege Bürgermeister Machleidt dazu gesagt hat? Er hat gesagt, er kann diese Argumentation nicht mehr hören.

(Unruhe im Hause)

Soll ich Ihnen einmal was sagen? Tourismus kostet auch viel Geld. Und wie hat er so schön gesagt, in der TA ist es nachzulesen: „Es ist doch nicht wie im Märchen; man kann nun mal nicht aus Stroh Gold oder aus Schnee Gold spinnen“. Und genauso ist das nämlich. Ich möchte jetzt zurückkommen auf die Situation.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Man kann ihn doch verkaufen.)

Das ist doch totaler Blödsinn,

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das war doch ein Scherz.)

also so ein totaler Blödsinn und das kann ich auch gar nicht mehr als Scherz bewerten, das möchte ich Ihnen mit aller Deutlichkeit sagen, denn die Kommu

nen haben ganz schön mit dem Schnee, den damit verbundenen Problemen und vor allem mit den Kosten zu kämpfen. Und Sie müssten das am besten wissen.

(Beifall DIE LINKE)

(Unruhe SPD)

Frau Abgeordnete, ich glaube, der Kollege Schugens möchte Ihnen eine Frage stellen. Gestatten Sie das?

Am Ende meiner Rede.

Dann am Ende, Herr Schugens.

Ich möchte noch einmal auf die Situation vor Ort eingehen. Insbesondere in Schmiedefeld und Frauenwald, aber auch in Stützerbach, türmt sich der Schnee an den Straßenrändern der Bundes- und Landesstraßen auch jetzt noch in Höhen von bis zu zwei Metern.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: In Mas- serberg auch.)

Der lang anhaltende Winter, teilweise extreme Schneefälle in der aktuellen Wintersaison und die damit verbundenen Kosten belasten die Kommunalhaushalte über Gebühr, und zwar nicht nur für die kommunalen Straßen, sondern insbesondere für Bundes- und Landesstraßen. Und wie mir mein Bürgermeisterkollege Hanft im Gespräch mitteilte, musste die Gemeinde Schmiedefeld, die - und das möchte ich hier auch sagen - 2,1 km Landes- bzw. Bundesstraße in ihrer Ortslage zu räumen hat, bereits dreimal Schnee abtransportieren lassen, um die Beräumung der Straßen überhaupt weiter durchführen zu können. Nach eigenen Aussagen, einmal eine Zahl genannt, damit man sich auch mal vorstellen kann, was das für die Kommunen bedeutet, in der Kommune Schmiedefeld müssen für den Winterdienst im Ortsbereich monatlich 20.000 € zur Durchführung aufgebracht werden. Das ist, gemessen an der zur Verfügung stehenden Finanzausstattung der Kommunen eine sehr große Summe, die sie dort aufzubringen haben. Ähnlich ist die Situation in Neustadt am Rennsteig - 2,4 km Landesstraße. Bereits mehrfach musste Schnee abtransportiert werden, um Normalstraßenbreite zu erreichen und überhaupt halbwegs den Gegenverkehr zu gewährleisten. Eine

solche Aktion kostet die Gemeinde Neustadt pro Tag 2.000 €, die der schmale Haushalt eigentlich gar nicht hat. Das sind nicht die einzigen Kosten. Ich habe am Anfang schon gesagt, im Übrigen verlangen auch die Wintersportler und Gäste, also diejenigen, die in Thüringen Ski fahren wollen, vernünftige Loipen- und Pistenverhältnisse und ordentlich beräumte Winterparkplätze - und auch dafür sind die Kommunen zuständig. Hinzu kommt, dass aufgrund der begrenzten finanziellen Mittel seit Jahren Technik auf Verschleiß gefahren wird - hohe Reparaturkosten sind die Folge. Die Gerätschaften und die Fahrzeuge, die für den Winterdiensteinsatz benötigt werden, sind meist zehn bis fünfzehn Jahre alt, die Anschaffungskosten um ein Vielfaches gestiegen und aus eigenen Kräften nicht zu schultern.

Meine Damen und Herren, die Kommunen fühlen sich vernachlässigt, sie fühlen sich nicht ernst genommen mit ihren Problemen. Und kaum eine Berücksichtigung - auch hier, wenn wir von Tourismus sprechen und sagen, Schnee ist etwas Tolles und etwas Wunderschönes - finden sie zudem in der Wintersportstudie des Landes. Einerseits präsentiert sich Thüringen als Tourismus- und Wintersportland und auf der anderen Seite hat es keine Unterstützung für die Rennsteig-Gemeinden. Sicher ist der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftszweig, in den Rennsteig-Gemeinden oftmals der wichtigste, der aber auch Geld kostet.

Meine Damen und Herren, auch die Übernahme der Kosten der Schneeabfuhr auf Antrag, wie es seitens des Verkehrsministers kürzlich in der Presse angekündigt wurde, löst vielleicht das Problem in diesem Wahljahr, löst aber das Problem für die Zukunft nicht, ganz zu schweigen davon, dass der diesbezüglichen Ankündigung Ende Februar noch keine Hinweise an die betroffenen Gemeinden hinsichtlich der Formalitäten und daher noch keine Zahlungen erfolgten.

Die Kommunen, meine Damen und Herren, brauchen endlich Rechtssicherheit und keine halbherzigen Lösungen, was die Finanzierung der Kosten für den Winterdienst, insbesondere hinsichtlich der Bundes- und Landesstraßen in den Ortslagen, anbelangt. Wir debattieren das Thema Winterdienst bzw. dessen Finanzierung Jahr für Jahr - eine Lösung ist bis heute nicht gefunden, weil es schlichtweg am politischen Willen mangelt und das hat auch Herr Schugens heute noch einmal deutlich gemacht. Es ist mir völlig unverständlich, mit welcher Ignoranz die Landesregierung und die CDU-Mehrheitsfraktion mit diesem Problem umgehen. Das Land zieht sich trotz entgegenstehender Forderungen der Kommunen seit Jahren sukzessive aus der Frage der Finanzierung zurück. Erhielten die Gemeinden im Rahmen der Winterdienstrichtlinie von 2002 noch Zuschüsse, wurde dieser sogenannte Winterdienstpakt 2005 gekündigt.

Dass die Kommunen damit jedes Jahr als Bittsteller auftreten und den Kampf um die Kostenerstattung erneut führen müssen, ist für uns nicht akzeptabel und ist einfach auch nicht rechtens. Es bedarf hier einer grundlegenden gesetzlichen Änderung, um endlich Rechtssicherheit für die Kommunen zu schaffen. Ein entsprechender Vorschlag zur Änderung des Thüringer Straßengesetzes liegt Ihnen heute mit dem Änderungsantrag meiner Fraktion bei.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Aber sa- gen Sie wenigstens, wer den Ursprungs- antrag gestellt hat, das gehört auch dazu.)

Dazu komme ich jetzt noch. Während wir die Intention des SPD-Antrags, die Kommunen finanziell zu entlasten, uneingeschränkt mittragen, plädieren wir aber dafür, dass die Zuständigkeiten und Entscheidungen bei den Kommunen verbleiben. Sie können am besten und am schnellsten auf die Gegebenheiten vor Ort reagieren. Wir plädieren für einen koordinierten Einsatz und nicht für im Extremfall drei bis vier verschiedene Zuständigkeiten im Ortsbereich aufgrund der unterschiedlichen Baulast. Das macht wenig Sinn. Die Koordination des Winterdienstes gehört in eine Hand, und zwar in die Hand der Kommune, deshalb halten wir die Kopplung des Winterdienstes an die Straßenbaulast für nicht zielführend. Daher auch unser Änderungsantrag, der den Kommunen einen vollständigen Erstattungsanspruch hinsichtlich der Kosten für die Durchführung des Winterdienstes auf Landes- und Bundesstraßen in den Ortslagen einräumt.

Der Änderungsantrag dürfte den meisten hier im Hause wie auch der Antrag der SPD bekannt sein. Ich habe schon mehrfach angekündigt, das Thema so lange auf die Tagesordnung zu rufen, bis auch eine akzeptable Lösung für die Städte und Gemeinden gefunden ist.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wartet doch bis Bodo kommt, der löst das so- fort.)

Ich will Ihnen mal etwas sagen, Herr Fiedler. Ich bin seit zehn Jahren Bürgermeister. Sie sind ja nun auch Bürgermeister..

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ich bin das seit 19 Jahren.)

Okay. Winterdienst gehört zu den Aufgaben, die ich immer jedes Jahr zu erledigen habe. Ich will Ihnen mal eins sagen, Bodo Ramelow hat es fertiggebracht, sich vor Ort ein Bild zu machen. Ich kann mich noch erinnern an die Jahre 2001 und 2002, da war er vor Ort. Er hat sich auch den Problemen der Kommunen

angenommen und hat es auch hier in diesem Landtag getan. Sie hingegen haben nichts gemacht.

(Unruhe im Hause)

(Beifall DIE LINKE)

Dürfte ich Sie jetzt darauf hinweisen, dass Frau Enders ihre Redezeit hat. Sie können sich alle gern noch zu Wort melden, aber nicht alle durcheinander.

(Unruhe im Hause)

Danke schön, Frau Präsidentin.

Herr Wucherpfennig, das, was Sie in der ersten Lesung sagten, bei der Ermittlung des Finanzbedarfs der Gemeinden nach dem neuen Finanzausgleichsgesetz ist der Finanzbedarf der Gemeinden auch für den Winterdienst auf Straßen in fremder Baulast berücksichtigt, ist für uns nicht nachvollziehbar. Scheinbar merken auch die betroffenen Kommunen hinsichtlich der Kosten des Winterdienstes keine Entlastung infolge der Neuregelungen des Kommunalen Finanzausgleichs - so zumindest auch die Aussagen der Kommunen.